Als Thomas Schaaf im vergangenen Sommer seinen Dienst bei Eintracht Frankfurt antrat, versprach der neue Coach auch zugleich, dass er ein Auge auf die jungen Spieler haben werde. “Es geht darum, jemanden aufzubauen“, setzte der Trainer die Messlatte hoch an. Es dauerte daher auch einige Wochen, bis der 53-Jährige seinen Worten auch Taten folgen ließ. Vor allem Marc Stendera, im Sommer frisch gebackener U19-Europameister, konnte sich im Laufe der Hinrunde durchsetzen und einen Stammplatz erobern. Zu Beginn der Saison aber musste sich der gebürtige Kasseler erst einmal gedulden. “Ich kam von der Europameisterschaft, die wir gewonnen hatten, und wollte so schnell wie möglich spielen. Da ist es nicht einfach, wenn man zwei Wochen raus ist und beim ersten Pokalspiel nicht zum Kader gehört“, lässt der 19-Jährige, der heute ehrlicherweise zugibt ein bisschen platt gewesen zu sein, den Saisonstart im Kicker noch einmal durch den Kopf gehen. “Es bringt aber nichts, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern man muss weitermachen.”
Davon kann Sonny Kittel, knapp 150 Kilometer von Kassel in Gießen aufgewachsen, ein Lied singen. Bislang konnte der 21-Jährige in der 1. Bundesliga noch nicht nachhaltig auf sich Aufmerksam machen. Der Weg des B-Jugend-Südwestmeisters von 2010 war von schweren Verletzungen gepflastert. Ein Kreuzbandriss und zwei Knorpelschäden ließen die Entwicklung des so hochbegabten Technikers stagnieren. Immer dann, wenn Kittel wieder dran war und sich an den Kader herankämpfte, gab es den nächsten Rückschlag. “Einmal muss wahrscheinlich jeder Profisportler so eine Phase durchmachen. Wenn man dreimal erwischt wird, ist es brutal“, gibt das Eigengewächs der Adler tiefe Einblicke in sein Seelenleben. Es sei daher kein Wunder, dass der Anfangselan vom Trainer etwas gebremst wurde. “Ich musste aufpassen, dass ich nach der erneuten Knorpel-Operation am Knie nicht zu früh zu viel mache. Aber es lief ganz gut, der Übergang vom Rehazentrum ins Training war ziemlich optimal“, so der Blondschopf rückblickend. Gegen Hannover 96 am 10. Spieltag war es dann auch endlich so weit. Kittel durfte, zusammen mit Stendera, im Mittelfeld von Beginn an auflaufen und ließ dabei sein Können phasenweise aufblitzen.
Auch wenn es in den letzten Partien dann nicht mehr für einen Platz in der ersten Elf langte, war er nun deutlich näher an der Mannschaft dran und wirbelte es Einwechselspieler die gegnerischen Reihen durcheinander. In den Partien gegen Borussia Mönchengladbach (3:1) und bei der TSG Hoffenheim (2:3) schrammte er nur knapp am ersten Bundesligator vorbei. Beim verrückten Spiel gegen Hertha BSC Berlin verlängerte das Eigengewächs den Ball per Kopf weiter zu Alex Meier, der dann zum vielumjubelten 4:4 einschob. Es sind die kleinen Schritte, die Kittel gehen muss, um nach vorne zu kommen. Aufgeben? “Für mich existierte immer nur der Weg, alles für das Comeback zu tun“, so die Maxime des Mittelfeldspielers, der keinen “Plan B” in der Tasche hat(te).
Dem Ziel, einmal ein gestandener Bundesligaprofi zu werden, kam Stendera, vom Kicker in dessen Rangliste ins Blickfeld eingestuft, im letzten Jahr ein deutliches Stück näher als Kittel. “Vor allem für Marc lief es wirklich super“, lobt der Gießener seinen Zimmerkollegen, der in den kommenden Jahren hoch hinaus möchte. “Ich glaube, jeder Spieler träumt davon, irgendwann in der Champions League aufzulaufen“, wünscht sich Stendera Spiele gegen die europäische Elitekicker. Dafür aber müsse er alles geben, “jeden Tag im Training und am Wochenende im Spiel. Wenn uns das gelingt, wird der Rest von alleine kommen.” Kittel strebt natürlich auch das Maximum in seiner Karriere an, wobei für ihn vor allem zählt, “dass mein Knie hält. Ich weiß, was ich kann und arbeite hart an mir.” An Ehrgeiz und Selbstvertrauen mangelt es den beiden großen Eintracht-Talenten also nicht. Aber blockieren sie sich nicht gegenseitig auf dem Platz im zentralen Mittelfeld? “So ähnlich, wie viele meinen, sind wir gar nicht“, gibt Stendera zu bedenken. “Sonny ist ein ganz anderer Spielertyp. Seine Stärken sind die Schnelligkeit und das Eins-gegen-eins. Dafür mache ich mehr mit dem Auge. Ich sehe uns auf dem Platz nicht als direkte Konkurrenten.” Kittel springt seinem Kumpel bei: “Ich auch nicht, wir stehen uns nicht im Weg. Wenn wir im Training zusammen in einer Mannschaft spielen, kann man sehe, dass wir uns gut verstehen.” Er hofft daher, dass der Partie in Hannover, als beide zusammen in der Startelf standen, noch viele weitere folgen werden.
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