Niko Kovac, Bruder Robert und Co-Trainer Armin Reutershahn (von re. nach li.) suchen nach den richtigen Lösungen.
Niko Kovac, Bruder Robert und Co-Trainer Armin Reutershahn (von re. nach li.) suchen nach den richtigen Lösungen.

Wenn Niko Kovac am morgigen Dienstag die Spieler von Eintracht Frankfurt zum gemeinsamen Üben auf den Platz im Schatten des Waldstadions bittet, ist er 140 Tage im Amt. Es hat sich seitdem viel getan – sowohl im Kader, als auch hinter den Kulissen. Sportvorstand Fredi Bobic und Bruno Hübner haben in Zusammenarbeit mit dem Trainer an vielen Stellschrauben gedreht und dem Klub das akribisch geplante neue Gesicht verpasst. Ob die Macher die richtigen Schlüsse nach der enttäuschenden letzten Spielzeit gezogen haben, werden bereits die ersten Wochen der neuen Saison zeigen. Kovac warnt im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung allerdings vor überhöhten Erwartungen und mahnt zur nötigen Geduld: „Wir werden nicht sofort durchstarten. Aber ich bin mir sicher, dass es auf Dauer besser laufen wird als in der vergangenen Saison.“

Die Weichen dafür wurden nach Ansicht der sportlichen Leitung gestellt. Mit Guillermo Varela konnte am Samstag bereits der achte Neuzugang fixiert werden. Zusammen mit Taleb Tawatha, Ante Rebic, Danny Blum, Branimir Hrgota, U19-Torhüter Leon Bätge, Omar Mascarell und Jesús Vallejo soll er dafür sorgen, dass eine neue Mentalität entwickelt und die Handlungsschnelligkeit der einzelnen Akteure erhöht wird. Mehr Technik, mehr Eins-zu-Eins-Situationen, mehr Mumm und Verve – die häufig als zu brav geltenden Frankfurter sollen eine unangenehm zu bespielende Mannschaft werden. Kovac zog in den ersten beiden Vorbereitungswochen deutlich die Zügel an, ließ lange trainieren  und legte den Fokus vor allem auf den Bereich Kondition, die taktischen und technischen Feinheiten sollen folgen. Er erklärt, dass diese Umfänge nötig seien, um vor allem die konditionelle Basis schaffen zu können.

Die Eintracht müsse physisch stärker sein als der Gegner, die technischen Vorteile vieler Konkurrenten dadurch ausgleichen, dass diese gar nicht ins Spiel finden. Neben einer guten Kondition bedarf es dabei auch die Wahl der richtigen Taktik. Schon im Endspurt war zu beobachten, dass die Spieler genau auf den Kontrahenten eingestimmt wurden. „Never change a winning team“? Nicht unter Kovac, der rotieren ließ und auf viele verschiedene Akteure zurückgriff. Und dennoch mussten Spieler, die im Endspurt eine wichtige Rolle spielten, gehen. Änis Ben-Hatira etwa, der mit Toren und Vorlagen gegen Hannover 96 (1:0) und den 1. FSV Mainz 05 (2:1) ein Garant für die beiden so überlebensnotwendigen Siege war.

Bis auf Johannes Flum, der wegen seiner schweren Verletzung gesondert betrachtet werden musste, kamen die Verantwortlichen zu dem Schluss, dass die Spieler, deren Verträge ausliefen, nicht mehr weiterhelfen und der Kader „frisches Blut und eine neue Qualität“ brauche. Die Veränderungen sollen dafür sorgen, dass eine Siegermentalität entwickelt wird und es einen stärkeren Konkurrenzkampf gibt. Keiner im Kader dürfe sich seines Platzes sicher sein, die häufig kritisierte „Wohlfühloase“ Eintracht Frankfurt soll es nicht mehr geben. Stattdessen will Kovac mit der Mannschaft zusammen Antworten entwickeln – Antworten auf die schwierigen Fragen, die in der Bundesliga wöchentlich gestellt werden. Der Kroate erkennt vier Phasen im Fußball: „Ballbesitz, Ballbesitz des Gegners, Umschaltspiel positiv, Umschaltspiel negativ.“ Eine stabile Defensive soll das Fundament bilden, auf denen nach Lösungen gesucht wird: „Wir wissen, dass wir eine Reihe Teams spielerisch nicht dominieren werden. Im Gegenteil, dass wir manchen deutlich unterlegen sind. Da haben wir gegen Bayern und Dortmund ganz gute Antworten gefunden.“

Für Sonny Kittel und Änis Ben-Hatira hat es bei der Eintracht nicht mehr gereicht.
Für Sonny Kittel und Änis Ben-Hatira hat es bei der Eintracht nicht mehr gereicht.

Allerdings gibt es auch die vielen Gegner auf Augenhöhe, die sich als unangenehme Widersachen im wöchentlichen Abnutzungskampf erweisen. Die Mannschaft müsse deshalb verschiedene Taktiken beherrschen, um ein Tor mehr zu schießen als der Gegner. Doch aktuell wird es schwierig sein, die Defensive stabiler zu bekommen, schließlich steht mit David Abraham nur ein gesunder Innenverteidiger zur Verfügung. Kovac kündigte bereits an, dass mit Hochdruck nach Verstärkungen gesucht werde, konkrete Namen sind jedoch noch nicht gefallen. Werden sich die Hessen noch internationaler aufstellen? Der Trainer erklärt, dass die Verantwortlichen mit deutschen Spielern gesprochen hätten. Aber den Frankfurtern sind die Hände auf dem Transfermarkt gebunden: „Weil die anderen mehr Gehalt bieten und weil die anderen auch mehr Ablöse zahlen. Jetzt könnten wir Deutsche nehmen, die keiner will, aber wem ist damit geholfen?“

Das verantwortliche Trio sucht nach Spielern á la Mijat Gacinovic – jung, günstig – vor allem aber talentiert und fußballerisch stark. So habe auch Borussia Mönchengladbach begonnen, die diesen Sommer 45 Millionen Euro für Granit Xhaka von Arsenal London überwiesen bekamen. Dahin, so formuliert Kovac das Ziel, müsse die Eintracht auch kommen. Da würd es wenig Sinn machen, einen 29-Jährigen Akteur zu verpflichten, dessen Marktwert sich nicht mehr weiter steigern wird. Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich der Klub bewegt. Kovac weiß: „Wir werden sicher auch mal schiefliegen mit unseren Transfers.“ Wichtiger aber sei, Phantasie zu haben. „Und vielleicht schaffen es es ja mal, einen Spieler für zehn Millionen zu verkaufen, Und der bringt uns dann irgendwann mal in die Situation, in der Gladbach heute ist. Wir müssen Schritt für Schritt gehen.“

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2 Kommentare

  1. Ich weiß auch nicht, aber irgendwie erweckt die klare Art und Weise wie Kovac seine Ideen rüberbringt die große Hoffnung in mir, dass die Saison gut wird. Bisher hat er eigentlich noch gar nicht beweisen können, was er wirklich kann. Ich will seine Leistung keineswegs schmälern – mit Veh hätten wir den Klassenerhalt nie geschafft und es ist daher zu 99% Kovac anzurechnen, dass wir überhaupt als Erstligist in die neue Saison gehen. Aber er hat eben eine spezielle Situation vorgefunden. Einerseits kam er zu einer völlig verunsicherten Mannschaft, die seit Wochen schon dem Abschied entgegentaumelte und man hatte das Gefühl, dass weder einer der Verantwortlichen noch einer der Spieler irgendeine Idee hatte, was man ändern kann. Andererseits was bei Kovacs Übernahme eigentlich klar, dass die Mannschaft nichts mehr zu verlieren hat. Nach dem Spiel in Leverkusen, hat das Umfeld schon fest mit dem Abstieg gerechnet. Er konnte mit seiner Alles oder Nichts – Mentalität die Mannschaft mitreißen, noch mal Energien freisetzen um im Endspurt das Ziel auf allen vieren zu überqueren.
    Nun muss er beweisen, dass er eine Mannschaft auf eine Saison vorbereiten kann. Er hat neue Spieler, seine Spieler, bekommen, muss diese in die Mannschaft integrieren und der Mannschaft neues Leben einhauchen. Hierbei hat er die Möglichkeit neue Ideen, ein neues System und neue Ausrichtungen zu erschaffen. Aber hier liegt eben auch das Risiko, jetzt muss er die Basics legen. Und er muss es dann schaffen, die Mannschaft in und durch eine Saison zu führen. Er muss das richtige Mittel zwischen Strenge und Lockerheit finden.

    Was ich sagen will: Obwohl er das noch alles nicht bei uns zeigen konnte, hat er es bei mir und einem großen Teil der Fans schafft, so richtig Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Die Saison hat noch nicht angefangen und keiner erwartet mehr als den Klassenerhalt und hofft, dass dieser möglichst früh erreicht wird. Aber irgendwie höre ich immer im Hintergrund eine leise Stimme, die seit langer Zeit das erste Mal die Hoffnung hat, dass wir am Beginn von einem Weg sind, der uns Schritt für Schritt weiter nach oben bringt. Naiv? Kann sein, aber isso 🙂

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