Die Zeit von Robin Koch bei Eintracht Frankfurt ist bisher eine absolute Erfolgsgeschichte. Seit seinem Wechsel aus England an den Main ist der 28-Jährige aus der Mannschaft nicht mehr wegzudenken und auch bei den Fans ist der Innenverteidiger sehr beliebt. Mittlerweile führt Koch die SGE als stellvertretender Kapitän aufs Feld und das bestätigt er Woche für Woche mit starken Leistungen. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen spricht die Abwehrkante über seine Geduld im Nationaltrikot, seine Heimatverbundenheit und die Träume von Titeln mit seiner Eintracht.
„Ehrlich gesagt bin ich eher ungeduldig“, erzählt Robin Koch. „Ich bin froh, dass wir gerade so viele Spiele haben, dann muss ich nicht so lange über das vergangene Spiel nachdenken.“ Trotzdem hat der 28-Jährige in den letzten Jahren gerade in der Nationalmannschaft viel Geduld bewiesen. Vier Jahre hatte es gedauert bis er vergangene Woche gegen Ungarn für die DFB-Elf mal wieder 90 Minuten auf dem Platz stehen durfte: „Ich bin relativ jung zur Nationalmannschaft gekommen, 2019, da war ich 23, war dann eigentlich immer dabei und habe unter Jogi Löw einige Spiele auch über 90 Minuten gespielt, war auch bei der EM damals dabei“, erinnert sich der Innenverteidiger. „Danach kam immer wieder etwas dazwischen, eine kleinere Verletzung oder Corona, was Pech und hin und wieder schlechtes Timing war. Umso schöner ist es, jetzt wieder regelmäßig dabei zu sein. Dafür gebe ich jedes Spiel und jedes Training alles.“ Aktuell zählt Koch in der DFB-Elf eher zu den Ergänzungsspielern. Trotzdem ist es für ihn immer wieder eine große Ehre dabei zu sein. „Bei der Nationalmannschaft spielen die besten Spieler Deutschlands. Das ist die Endstufe. Schauen Sie mal auf meiner Position: Da zu den vier, fünf besten Spielern zu gehören ist über die ganze Karriere hinweg schon ein riesiger Anreiz für mich. Wie eng es von der Qualität her ist, sieht man, wenn jemand ausfällt.“ Umso größer war die Freude über die beiden Einsätze in der vergangenen Länderspielpause: „Ich habe mich sehr gefreut, auch schon über die Einwechslung im Spiel gegen Bosnien und Herzegowina davor. Es ist immer etwas Besonderes für mich, bei der Nationalmannschaft dabei zu sein, die Europameisterschaft war ein riesiges Erlebnis. Ich will meiner Rolle gerecht werden und die Mannschaft unterstützen, egal wie. Aber klar, am liebsten will ich auch auf dem Platz stehen und aktiv dazu beitragen, dass wir erfolgreich sind.“ Beim 1:1 gegen Ungarn wurde dann ausgerechnet der Adlerträger nach einer eigentlich starken Leistung kurz vor Schluss zum Pechvogel. Ein gegnerischer Schuss landete an Kochs Hand, was zum Strafstoß und schließlich zum Ausgleich führte. „Wenn ich an das EM-Halbfinale gegen Spanien im Sommer zurückdenke, ist es Wahnsinn, dass so ein Elfmeter gepfiffen wird. Ich drehe mich weg, und der Ball berührt meine Hand. Das ist natürlich ärgerlich, weil ein Sieg der perfekte Abschluss für ein starkes Jahr gewesen wäre. Aber ich denke nicht, dass es meine Leistung schmälert.“
Fußballprofi statt Industriekaufmann
Aufgewachsen ist Robin Koch in Trier, rund eineinhalb Stunden von Frankfurt entfernt. Auch deshalb fühlte er sich in Frankfurt von Beginn an pudelwohl: „Ich habe meine Familie ums Eck, auch viele Freunde aus meiner Kindheit sind noch in der Region. Einer ist Lehrer, ein anderer arbeitet im Büro, noch ein anderer macht Marketing. Jeder hat sein eigenes Leben“, erklärt der gebürtige Kaiserslauterer. „Als Fußballprofi ist es nicht immer einfach: Jeder kennt dich aus dem Fernsehen und spricht dich an. Von daher ist es mir sehr wichtig, ein Privatleben und ein gemischtes Umfeld zu haben, mit Leuten, die nichts mit dem Fußballgeschäft zu tun haben. Und meine Jungs freuen sich auch, sie kommen immer mal wieder vorbei.“ Ein wichtiger Vertrauter ist sein Vater Harry Koch, der mit dem FC Kaiserslautern die Meisterschaft und den Pokal holte. „Weil er so lange selbst gespielt hat, hat er ein gutes Gespür, wann er etwas sagen sollte und wann vielleicht eher nicht. Klar, wir sprechen kurz über das Spiel, aber das ist keine Taktikanalyse. Meistens hält er sich raus. Meine Mutter und er wünschen mir vor dem Spiel Glück, und wenn wir gewinnen und danach zusammen essen, freuen sie sich mit mir.“ Die Familie kennt also das Leben im Profifußball bestens und weiß welche schnellen Wendungen dieses nehmen kann. Auch deshalb war es vor allem Kochs Mutter sehr wichtig, dass er sich nicht nur auf den Fußball konzentrierte: „Auch wenn alles gut lief in der Jugendzeit, hat meine Mutter mir immer gesagt: Mach deine Ausbildung, es kann alles so schnell gehen. Wie viele werden am Ende wirklich Profi? Das habe ich gemacht und bin Industriekaufmann“, erinnert sich Koch. „Der Fokus meiner Eltern war immer auf der Schule und dem Fußball, sie haben mich gerade in der Kindheit sehr unterstützt. Ich glaube, dass sie heute beide, meine Mutter und mein Vater, sehr stolz auf mich sind.“ Allgemein spielen die Eltern in Robin Kochs Leben eine große Rolle. Vor allem in schweren Zeiten und bei Verletzungen kann der 28-Jährige immer auf seine Familie zählen: „Da ist es für mich am schwierigsten, geduldig zu bleiben. Du siehst die anderen auf dem Platz, willst mitspielen, musst aber stattdessen jeden Tag ins Fitnessstudio und läufst auf Krücken rum. Die Geduld zu behalten, während man schnell zurückkommen will, ist hart. Die Zeit, in der du warten musst, ist am schlimmsten. Natürlich fängt die Rechnerei an: Wenn ich bis März fit bin, wie viele Spiele kann ich dann überhaupt noch machen? Aber das bringt nichts. Ich versuche bei Verletzungen, die Sache von Tag zu Tag anzugehen, auch wenn das eine Floskel ist.“
„Ich würde den Titel nehmen“
Nach seinen ersten fußballerischen Schritten bei Eintracht Trier und dem FC Kaiserslautern zog es den Innenverteidiger über den SC Freiburg 2020 schließlich nach England zu Leeds United. „Es war immer mein Traum, in der Premier League zu spielen. Und die Jahre in Leeds, unter dem sehr detailversessenen Trainer Marcelo Bielsa, haben mir extrem viel gebracht. Ich war weg von der Familie, in einer neuen Stadt, einer neuen Kultur. Das waren Herausforderungen, die ich gesucht habe und die mich nicht nur als Sportler vorangebracht haben. Das war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich, und ich werde die Zeit in Leeds immer in bester Erinnerung behalten. Aber als das Angebot der Eintracht kam, wollte ich diese Möglichkeit ergreifen.“ Seit Sommer 2023 streift sich Koch das Trikot mit dem Adler über. Praktisch ohne Anlaufschwierigkeiten wurde er zum absoluten Stamm- und Führungsspieler, der eine zentrale Rolle in der Innenverteidigung einnahm. Dazu reifte Koch mit seiner Mentalität, Zweikampf- und Kopfballstärke schnell zum Publikumsliebling am Main. „Ich hatte von Anfang an ein sehr gutes Gefühl. Und dieses Gefühl hat sich in den ersten eineinhalb Jahren bestätigt“, schwärmt der stellvertretende Kapitän der SGE. „Schon in England dachte ich über die Eintracht: ein großer Verein, dazu die Fans – das könnte gut passen. Aber im Fußball kann es auch immer anders laufen. Ich fühle mich hier extrem wohl. Die Eintracht und ich, das ist ein perfect match, eine perfekte Verbindung.“ Seine zweite Saison bei der SGE läuft sportlich bei ihm persönlich und beim Team blendend und das, obwohl im Sommer mit Makoto Hasebe und Sebastian Rode zwei sehr erfahrene und wichtige Spieler den Verein verließen: „Wir haben jetzt eine noch jüngere Mannschaft, in der viele Spieler mit großem Potenzial dabei sind, die aber auch mal an die Hand genommen werden müssen. Ich glaube, wir haben das alle gemeinsam gut aufgefangen. Im Großen und Ganzen sind wir jetzt seit einem Jahr als Gruppe zusammen und haben uns im Sommer gut verstärkt. Die Entwicklung geht in die richtige Richtung.“ Aktuell steht die Eintracht in der Bundesliga auf Platz zwei und ist dazu noch im DFB-Pokal und in der Europa League vertreten. Über die ganz großen Erfolge will der Innenverteidiger allerdings noch nicht nachdenken. „An dem Punkt, dass wir uns einen Titel aussuchen können, sind wir nicht“, lacht der 28-Jährige. „Jeder Titel ist etwas ganz Besonderes und wäre traumhaft. Träumen allein bringt aber gar nichts. Es geht nur mit harter Arbeit. Es ist ein Ziel von mir, mal in der Champions League zu spielen. Aber wenn ich mich zwischen der Champions League und einem Titel entscheiden müsste? Ich würde den Titel nehmen.“ Wie gut, dass er sich auch hier Tipps bei seiner Familie abholen kann. Sein Vater wird auf dem Betzenberg nach wie vor als harter Verteidiger gefeiert und ist dort eine Vereinsikone. Einen Traum, den auch Robin Koch in seiner Karriere noch hat. Vielleicht ja sogar bei der Eintracht: „Mein Vater spielte lange beim FCK, gewann Titel. Nur so ist das möglich. Wenn ich mir für meine Karriere noch etwas aussuchen könnte, wäre es, Titel zu gewinnen.“
3 Kommentare
Koch ist mit Sicherheit kein genialer Techniker und hat auch keine herausragende Spieleröffnung. Aber er ist einfach konstant und grundsolide, gewissermaßen der Fels in der Brandung, auf den sich die Nebenmänner verlassen können.
Sowohl Tutas neu gewonnene Stabilität, als auch die Tatsache, dass Kristensen und Theate so schnell integriert werden konnten und auch Collins und Brown direkt funktionieren, hängt imho zu einem großen Teil auch mit Koch zusammen.
Ich weiß (oder vermute), dass Du es anders meinst, aber ich finde "konstant und grundsolide" schon fast beleidigend. ;-)
Robin hält den Laden Woche für Woche zusammen, strahlt dabei Ruhe, Übersicht und Gelassenheit aus und packt auch Mal selten den Agressiv Leader aus. Ein anderer Typ, aber für mich füllt er sportlich die Lücke, die Hinti hinterlassen hat. Fels in der Brandung trifft es schon ziemlich gut. Tolle Verpflichtung.
Naja. Ich meine eigentlich schon konstant und grundsolide, allerdings im besten Sinne.
Koch ist nicht so schnell wie Abraham, er schaltet sich nicht regelmäßig durch starkes Kombinationsspiel in die Offensive ein, wie N'Dicka, ist kein Zweikampfmonster wie Hinti (diese Saison 56%, was für einen IV eigentlich kein guter Wert ist), hat nicht die Antizipation von Hasebe und von ihm kommen auch selten so starke Pässe wie von Theate oder Tuta.
Aber er macht einfach so gut wie keine Fehler, hat fast nie einen richtigen Bock in seinem Spiel. Inkl. verschuldeter Elfmeter hat er glaube ich insgesamt drei oder vier Tore verschuldet, seit er bei uns ist, damit dürfte er ligaweit in der Spitze sein. Er weiß genau, wann er lieber ein Foul zieht oder eine gelbe Karte kassiert. Einen Platzverweis hat er in seiner gesamten Profikarriere noch nicht gesammelt.
Er kocht die Gegner (gerade die, vor denen man am meisten Angst hat wie Kane oder Kleindienst) ab, ohne das es so richtig auffällt. Man merkt nur irgendwann im Laufe des Spiels, dass sein direkter Gegenspieler eigentlich überhaupt nicht richtig am Spiel teilnimmt.
Und er beherrscht Kettenverhalten perfekt, weiß genau, wann er sich wohin bewegen muss, um seine Nebenmänner abzusichern.
Diese Kombi macht ihn so stark.
Du musst eingeloggt sein, um einen Kommentar zu schreiben.