Die "Helden" der Jahre 2015 und 2016: Marco Russ und Benjamin Köhler noch zu gemeinsamen Eintracht-Zeiten im Training.
Die „Helden“ der Jahre 2015 und 2016: Marco Russ und Benjamin Köhler noch zu gemeinsamen Eintracht-Zeiten im Training.

Der 23. Juli 2015 war für einen Ex-Eintrachtler ein ganz besonderer Tag. Benjamin Köhler bekam bestätigt, dass er den Lymphdrüsenkrebs besiegt hatte. Sechs Monate lang wurde der Mittelfeldspieler intensiv behandelt, sechs Chemotherapien verlangten ihm alles ab. „Ich habe ihn zwischen den Behandlungen mal in Frankfurt getroffen und war ehrlich gesagt erschrocken“, gibt Marco Russ bei „Sport Bild“ zu und konkretisiert: „Man sah ihm an, wie es an ihm gezehrt hat.“ Köhler gibt zu, dass es nach der Behandlung einige Monate gedauert habe, „bis es in meinem Kopf klick gemacht hat und ich meinem Körper wieder vertrauen konnte.“ Inzwischen hat sich der 36-Jährige spürbar erholt. Neben seiner gewohnten „Igel-Frisur“ trägt er inzwischen wieder einen Vollbart.

Köhler war für Russ, der ebenfalls wieder Bart trägt und dessen Haarpracht zurückgekehrt ist, in den Monaten nach der Schockdiagnose ein Vorbild. Der 31 Jahre alte Defensivmann bekam kurz vor der Relegationspartie gegen den 1. FC Nürnberg mitgeteilt, dass er an Hodenkrebs erkrankt sei. Köhlers Krebserkrankung sei allerdings deutlich schlimmer gewesen, wie Russ erklärt: „Es klingt vielleicht etwas komisch, aber im Vergleich zu Bennys Krebs war meiner in Anführungszeichen ‚Kindergarten‘. Der Weg, den er beschreiten musste, war eine viel härtere Nummer als meine.“ Dennoch musste sich der gebürtige Hanauer auf eine ganz schwierige Zeit einstellen. Die Chemotherapien haben viel  Kraft gekostet, ferner hasste es Russ bereits als Kind, „wenn ich mich übergeben musste – das war meine größte Angst. Mir wurden drei unterschiedliche Gifte verabreicht. Cisplatin war das Schlimmste. Es dauerte drei Sekunden, da war mir total übel, und ich hatte einen oberekeligen Geschmack im Mund.“

Während der ersten Chemotherapie nahm er wegen der Infusionen 13 Kilogramm zu, erst in der zweiten „waren es nur noch 85 kg, weil ich gar nichts mehr runterbekommen habe.“ Köhler hingegen verlor kein Gewicht, „aber die Muskelmasse war komplett weg. Ich habe im Armdrücken einmal fast gegen meine Frau verloren.“ Der bei Zweitligist Union Berlin tätige Linksfuß hatte sich nach der Diagnose intensiv mit dem Tod beschäftigt und sich zunächst gefragt, wie es mit den Kindern weitergehen würde: „Sind sie versorgt, falls es nicht gut ausgeht? Mein Berater hat mir auch gesagt, dass wir ein Testament machen müssen – damit setzt man sich ja sonst nicht auseinander.“ Für Russ war es ebenfalls extrem schlimm, dass er in dieser Zeit seine Kinder nicht sehen durffte, „weil sie erkältet waren und das Ansteckungsrisiko für mich zu hoch war.“

Im Gegensatz zu Russ durfte Köhler bereits wieder vor Fans im Stadion auf den Fußballplatz zurückkehren. Am 18. März dieses Jahres wurde er beim 3:1-Heimsieg gegen Eintracht Braunschweig an der Alten Försterei in der 77. Minute eingewechselt. Es war der wohl größte Etappensieg in der Karriere von Köhler: „Jeder Moment steigert die Emotionen, man saugt jede Sekunde auf – bis zur Einwechslung. Sogar die Schmerzen fühlen sich geil an.“ Von diesem Moment ist Russ noch weit entfernt. Trainer Niko Kovac sagte zuletzt: „So schnell werden wir ihn in der Bundesliga nicht auf dem Feld sehen.“ Der Weg zurück ist mühsam, die Reise ins Trainingslager nach Abu Dhabi soll aber einen großen Schritt nach vorne bedeuten. Mittlerweile freut er sich darüber, dass er 30 bis 35 Minuten am Stück bei zehn km/h laufen kann. Ganz anders war das Gefühl jedoch nach dem ersten Koordinationstraining: „Da sind mir die Waden komplett um die Ohren geflogen.“

Russ hat keinen Zweifel daran, dass er wieder auf das Level zurückkehren kann, welches er vor der Krankheit hatte. Köhler will ebenfalls noch ein bis zwei Jahre spielen. Russ würde ihm wünsche, dass er „den entscheiden Freistoß oder Elfer im Relegationsspiel um den Aufstieg“ reinhaut – „das wäre doch eine geile Geschichte.“ Sein ehemaliger Mitspieler traut sich dies zu und hat noch einen großen Traum: „Danach komme ich zurück zur Eintracht, und dann spielen wir noch ein bisschen Champions League zusammen.“

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1 Kommentar

  1. Den Jungs kann man einfach nur das Beste wünschen!
    Und gegen Championsleague mit der Eintracht hätte ich auch nix einzuwenden 😀

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