Redet gerne Klartext: Eintracht-Sportvorstand Fredi Bobic.
Redet gerne Klartext: Eintracht-Sportvorstand Fredi Bobic.

Den 1:0-Auswärtssieg auf Schalke beobachtete Fredi Bobic in der Gelsenkirchener Arena wie gewohnt von der Tribüne aus. Auf die Bank zieht es den Sportvorstand von Eintracht Frankfurt weniger. Er hat lieber den kompletten Blick auf das Geschehen und kann aus der Distanz ganz anders urteilen, als es vom Spielfeldrand aus der Fall wäre. Diese Nähe braucht er nicht, hat er mal behauptet. In seinen Zeiten als aktiver Fußballprofi war das natürlich anders. Da stand er bevorzugt auf dem Platz und ließ Tore für sich sprechen. Diese Zeiten sind aber schon ein paar Jährchen her. Heute redet Bobic in verantwortlicher Position lieber Klartext, wie er in einem Interview mit „hr-iNFO“ verraten hat: „Da habe ich meine Freude dran.“

Schlecht für Bobic – gut für die Eintracht

Dabei hat sich der 45-Jährige vor allem in seiner vierjährigen Amtszeit beim VfB Stuttgart nicht immer Freunde gemacht. Im Ländle wurde seine Arbeit in der Öffentlichkeit oft als Misserfolg angesehen, weshalb der Familienvater von zwei Töchtern einem Dauerfeuer von negativer Kritik ausgesetzt war. Das war keine leichte Zeit für Bobic, über die er ein gemischtes Fazit zieht: „Wir hatten schwierige, aber auch schöne Zeiten.“ Dreimal hat der VfB in Europa gespielt, einmal standen die Stuttgarter im Pokalfinale, doch der 37-fache deutsche Nationalspieler weiß ebenso um die Schattenseiten seiner Zeit in Stuttgart: „Wir haben auch zweimal gegen den Abstieg gespielt.“ Bobic findet eine Begründung und verweist auf die Konsolidierungsphase bei den Schwaben: „Das ist nie einfach und gegen den sportlichen Erfolg. Ich habe diese Aufgabe aber trotzdem mit vollem Einsatz wahrgenommen und habe sicherlich meine Erfahrungen gemacht – positiv wie negativ. Ich glaube, das ist etwas, was mich weitergebracht hat.“

Was zunächst schlecht für Bobic war, ist jetzt gut für die Eintracht, könnte eine Formel lauten. Er reflektierte viel und hinterfragte, was er beim nächsten Verein besser machen könne. „Auch wenn die Entscheidungen falsch waren, kann man daraus für später lernen“, gibt sich der ehemalige Stürmer einsichtig. Sein Vorgehen bei der Eintracht sei viel konsequenter geworden. „Wo ich das eine oder andere Mal vielleicht mal ein Auge zugedrückt habe, würde ich jetzt sicherlich anders reagieren“, erklärt Bobic. In Stuttgart habe er damit Schwierigkeiten gehabt, denn da kannte er viele Leute aus dem Verein noch aus seiner Zeit als Spieler: „Vielleicht hatte ich deswegen Gewissensbisse, den einen oder anderen Schritt zu machen, den ich hätte machen müssen. Aber man muss konsequent den Weg gehen und auch dafür einstehen.“ Bei der Eintracht falle ihm das Ganze leichter, „weil ich hier keine Vergangenheit als Spieler hatte.“

Bobic geht seinen Weg in Frankfurt

Dennoch hatte er einen schwierigen Start in Frankfurt. Vor seinem Amtsantritt am Main schlug ihm aufgrund seines Scheiterns am Neckar ordentlich Gegenwind ins Gesicht. Bei einer Umfrage auf SGE4EVER.de sprachen sich 79% der knapp 1100 beteiligten User gegen Bobic als Nachfolger von Heribert Bruchhagen aus. Gerade einmal elf Prozent hatten Vertrauen zu ihm, der Rest der Teilnehmer äußerte sich nicht dazu. Keine Zahlen, die Mut machen. Bobic wusste jedoch mit diesen Vorbehalten umzugehen: „So was hat mich das ganze Leben im Fußball begleitet. Wenn du ins Tor getroffen hast, warst du der größte Held. Hast du vorbeigeschossen, warst du der größte Versager. Man entwickelt da eine gewisse Mentalität und weiß, wie man diese Dinge einzuschätzen hat.“ Es sei wichtig auf Kurs zu bleiben, auch wenn es Kritik hagelt.

Heute wird Bobic als gute Wahl für den Verein gesehen. Der Torschützenkönig von 1996 hat die Sachen bislang erfolgreich angepackt und profitierte dabei auch von seinem Vorgänger: „Dadurch, dass ich zu Heribert Bruchhagen immer einen guten Kontakt hatte, ist mir vieles leichter gefallen. Er hat mir viele wichtige Tipps gegeben.“ Diese Ratschläge, kombiniert mit seiner eigenen Philosophie von Fußball und Vereinsführung, hätten zum erfolgreichen Start seiner Tätigkeit bei den Hessen beigetragen. Als erstes hat er sich dabei auf die Fahnen geschrieben, der Eintracht ein neues Gesicht zu verpassen, für das er sich aber nicht allein verantwortlich fühlt. „Wir“, sagt der Europameister von 1996, „haben Dinge verändert, optimiert und justiert, um frische Reize zu setzen. Das war sehr wichtig.“

Wenn Bobic von „wir“ spricht, bezieht er sich dabei auf seine Kollegen und meint unter anderem Trainer Niko Kovac, Sportdirektor Bruno Hübner und Chefscout Ben Manga. „Am Anfang der Saison haben wir jeden Stein umgedreht und uns gefragt, was wollen wir eigentlich, wie können wir Erfolg mit diesen wirtschaftlichen Voraussetzungen haben“, erinnert sich Bobic an die Klausurtagung in Salzburg im Sommer. Sie fanden einen Weg, wie sie Herr der Lage über die fehlenden finanziellen Mittel für neue Spieler werden wollten: „Wir wollten Dinge verändern, gerade im Team um das Team.“ Qualität im Funktionsteam zu haben, sei ein sehr wichtiger Faktor, ist sich Bobic sicher und erklärt weiter: „Wir wollen dadurch die Mannschaft fördern, aber auch fordern.“

Ben Manga bei der Copa America der U20

Halten die Augen nach neuen Spielern für die Eintracht auf: Ben Manga und Fredi Bobic.
Halten die Augen nach neuen Spielern für die Eintracht auf: Ben Manga und Fredi Bobic.

So kam etwa Co-Trainer Armin Reutershahn von der TSG Hoffenheim zurück. Mit ihm habe die Eintracht „Erfahrung dazugewonnen“. Die Installierung von Ben Manga wurde ebenfalls von Bobic vorangetrieben. Der Chefscout sei „ein Mensch, der ähnliche Gedanken wie ich pflege. Er weiß, was wir wollen.“ Gefühlt sei Manga „drei Tage im Monat zuhause“, ansonsten reise er durch die Weltgeschichte, immer auf der Suche nach passenden Spielern für die Eintracht. Derzeit weile Manga beispielsweise in Ecuador bei der Copa America der U20-Nationalmannschaften Südamerikas. „Wir haben aber trotzdem täglich Kontakt. Vertrauen untereinander ist schon etwas, was sehr wichtig ist. Deswegen bin ich auch glücklich, dass er hier ist“, zeigt sich Bobic begeistert und sagt weiter: „Man hat seinen Mehrwert schon gesehen.“

Von den von Manga vorgeschlagenen Spielern konnten bislang nur die Wenigsten fest verpflichtet werden. Das Konzept mit den vielen geliehenen Spielern geht in dieser Saison zwar auf, die Aussicht auf langfristigen Erfolg sei dadurch jedoch begrenzt: „Mit vielen Leihspielern zu arbeiten geht nicht jedes Jahr. Du musst schauen, dass du frisches Kapital generierst.“ Mit dem Geld sollen nicht unbedingt fertige Topstars geholt, sondern die passenden Kandidaten für die Mannschaft gefunden werden. Im Vordergrund stehe dabei das Kollektiv: „Es wird immer über das Team funktionieren, das zeigt die Bundesliga. Wenn du nicht geschlossen agierst, wirst du in dieser Liga aufgefressen und wirst durchgereicht.“

„In erster Linie geht es um den Sport“

Natürlich gelte auch weiterhin das Motto: „Geld schießt Tore.“ Utopische Träumereien sind jedoch nicht das Ding von Bobic, weshalb der Faktor Teamwork ganz oben steht, „damit wir dementsprechend Ergebnisse auf dem Platz hinbekommen gegen Mannschaften, die wirtschaftlich mehr Möglichkeiten haben.“ Das hat in dieser Saison überraschenderweise gut geklappt. Der Sieg auf Schalke am Freitagabend dient dabei als bestes Beispiel. „Wenn du nicht so viel hast, aber so gut aufgestellt bist wie Eintracht Frankfurt, bedeutet das, dass auch die Eintracht mit diesem Budget ein 2:2 gegen Bayern München oder einen 2:1-Sieg gegen Borussia Dortmund erreichen kann“, kommt Bobic in Fahrt, um daraufhin gleich wieder auf die Euphoriebremse zu treten: „Aber du kannst auch gegen Darmstadt verlieren.“

Trotz der finanziell eher angespannten Lage bei der Eintracht schaut der 108-fache Bundesligatorschütze nicht neidisch nach England oder China, wo aktuell irrwitzige Preise und Gehälter für Spieler gezahlt werden. Da ist Bobic eher Fußballromantiker, denn er sagt: „In erster Linie geht es um den Sport.“ Das sei überall auf der Welt so, denn „wir wollen den Fußball sehen. Dafür kommen wir ins Stadion und nicht wegen den Summen, die gezahlt werden.“ Es sei aber so, dass das Geld eben auf dem Markt ist „und dementsprechend wird es verteilt.“

Die Eintracht besitzt freilich nur ein paar kleine Krümel vom Kuchen, „aber Geld ist nicht alles“, sagt der Schwabe. Der Realität sieht Bobic dennoch wachsam ins Auge: „Wir werden schauen, wie wir uns für die Zukunft aufstellen können. Das müssen wir.“ Im gleichen Atemzug geht er einen Schritt weiter: „Wir müssen auch überlegen, was passiert, wenn eine Regelung wie 50+1 fällt.“ Solange dies nicht der Fall sei, „müssen wir auch keine Angst haben, dass irgendein Scheich kommt, der uns aufkauft.“ Bobic spricht zwar an, dass es nicht nur in England oder China, sondern auch in Deutschland Vereine gibt, „die anders aufgestellt sind und eine andere Historie haben“, doch ist er weit davon entfernt zu lamentieren: „Wir haben aber unsere Historie und auf die sind wir stolz!“

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12 Kommentare

  1. Ich gebe offen zu, dass ich vehement gegen Bobic war.
    Für große Bereiche muss ich mich hiermit korrigieren.
    Alle Themen, die eng am operativen Fußballgeschäft hängen,
    behandelt er sehr gut und ist wohl eine optimale Ergänzung
    zu NK, den er in seiner Arbeit bestärkt und mit ihm und Manga
    zusammen hat er geholfen uns eine Perspektive zu geben, mit
    der keiner so gerechnet hat.
    Was ich mir zusätzlich gewünscht hätte, wäre die strategische
    Marketing und Finanzkomponente, verbunden mit offensiver
    Arbeit bei Firmen, im Mitgliederbereich und ganz besonders
    im moderner Mediamanagement.
    Hier haben wir aus meiner Sicht immer noch eine Baustelle.

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  2. Das dachte ich auch gerade, Charly. Super für uns an diesem Spieltag gelaufen. Aber jetzt müssen wir gegen Darmstadt nachlegen und den Sieg gegen Schalke veredeln. Zu mindest ein Unentschieden. 🙂

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  3. Kann mich garnicht mehr erinnern, wann wir mal 3. am Ende eines Spieltages waren. Muss schon ewig her sein.

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  4. Vor allem 3. nach dem 18. Spieltag. Das dürfte über 20 Jahre her sein. Schöne Momentaufnahme, die man einfach geniessen muss.

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  5. Ein Supergefühl und unbeschreiblich, ja auch ein wenig unheimlich auf die Tabelle zu schauen. Ein Spieltag wie für uns geschaffen. Schön wie viel man mit ehrlicher und harter Arbeit erreichen kann. Wenn man sich die Etats der anderen geschlagenen Gegner ansieht. Aber machen wir uns trotzdem nichts vor, auf Dauer geht das nicht. Wir brauchen frisches Kapital und mehr Unterstützung von den großen Firmen in unserer Metropole. Da muss auf Dauer mehr kommen, auch durch das Sponsoring. Glaube da sind wir nicht am Zenit und haben Luft nach oben. Sportlich geht nicht mehr, vor allem viel erfolgreicher mit unseren finanziellen Mitteln!

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  6. Ein Teil unserer Historie ist aber leider auch, dass wir nach großartigen Spielen gegen große Gegner, kleine Leistung gegen kleine Gegner bringen. Fast schon karmisch. Irgendwie habe ich aber diesmal ein gutes Gefühl, dass es anders sein wird, als so oft in unserer Vergangenheit.
    Ich bin mal gespannt, wen Manga in Südamerika so für uns beobachtet haben wird. Vielleicht erfahren wir ja in der kommenden Saison in Form von Neuzugängen davon.

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  7. Wichtiger als Hertha und BVB ist m.E. aber noch, dass Leverkusen und eben Schalke verloren haben. Denn das waren zwei Mannschaften, die uns in der Rückrunde noch Plätze kosten könnten, sodass wir gabz aus den Top 6-9 herausfallen. Und das ist die Region, auf die ich schaue.

    Das mit dem Sponsoring stimmt, so gesehen ist es aber vielleicht gar nicht schlecht, dass unser Hauptsponsorenvertrag am Ende dieser Saison ausläuft. Egal welcher Platz es am Ende genau wird, unsere Verhabdlungsposition witrd recht gut sein. Besonders wenn die Fans in der Rückrunde weiter keineeen Scheiß aber super Support machen. Das ist für die Außenwirkung extrem wichtig. Und seit Magdeburg war da ja m.W. Ruhe…

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  8. Also zum Thema kann ich nur sagen, tut mir Leid Freddi… Ich habe mich wohl geirrt.

    Ich dachte auch, nach der Stuttgarter Zeit, bloß nicht. Lass das lieber den Zeugwart machen. Aber der Freddi, auch von den Statements her, immer solide, fair und kompetent. Ich würde mir wünschen, dass die Erfolge so weiter gehen. Nicht nur die aktuellen Spiele, sondern auch künftige Verpflichtungen. Im Moment ist es, wie unser verdammt geiler Tabellenplatz, eine Momentaufnahme. Ich bin allerdings, wie für uns Frankfurt Fans üblich, einfach optimistisch. Jeder macht seinen Job gut bei uns, die anderen patzen (wie Tabang ausführte) und am Ende werden die Sponsoren von alleine kommen.

    Das ist ja leider das große Problem, wenn wir nur mittelmäßig spielen, werden wir nur mittelmäßige Firmen zu uns locken. Aktuell haben wir allerdings die Chance, eine starke Saison hinzulegen und vllt mit europäischer Luft um einiges interessanter zu sein.

    Doch wenn ich heute Nacht ins Bett gehe, schaue ich mir einfach nur nochmal am Handy die Tabelle an, lächle und träume vom Saisonende 😉

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  9. Auch ich war einer der 77% die absolut gegen Bobic waren.
    Aber ca 8 Monate nach seinem Einstieg bei der Eintracht kann ich nur meinen Hut vor Herr Bobic ziehen!
    Absolut grandios was dieses Team (Kovac, Bobic, Hübner und Manga) aufgebaut haben und was sie aus diesem Kader rauskizzeln. Auch wenn es am ende der Saison nicht für einen Internationalen Platz reicht bin ich doch froh zu Wissen, dass dies erst das erste Jahr unserer neuen Führungsebene war…. Da geht bestimmt noch einiges!

    Noch etwas was ich heute richtig gut finde (wovon ich zu beginn nicht so begeistert war), ist die Aussortierung im „team hinter dem Team“, wie man mittlerweile sieht gelangt eigentlich kein Transfer bzw kein Name vorher an die Presse. Vorallem bei nem Verein wie der Eintracht ist es wichtig das keine Finanziell starken Teams bei nem Transfer dazwischen grätschen können.

    So und jetzt erstmal Darmstadt am Sonntag für das Flanken Tor im Hinspiel bestrafen und dann wieder eine ganze Woche die Tabelle genießen!

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  10. @8 G-Block: Mandela spielt doch nicht bei der u20 Meisterschaft in Südamerika mit.

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