30.10.2015, Fussball, 1. BL, Eintracht Frankfurt - Bayern MünchenAufbruchstimmung nach dem Sieg in Hannover, Depression nach dem Pokal-Aus in Aue und Euphorie nach dem Punktgewinn gegen die vermeintlich übermächtigen Bayern: Die Spieler von Eintracht Frankfurt haben ihren leidgeprüften Anhängern innerhalb von einer Woche ein nicht unbekanntes Wellenbad der Gefühle bereitet. Die Mannschaft versteht es, ihre treuen Fans immer wider zu überraschen – im positiven wie im negativen Sinne. Das torlose Unentschieden gegen den Rekordmeister war eine taktische Glanzleistung des zuletzt vielgescholtenen Trainers, der seinen Kollegen Pep Guardiola mit einigen unkonventionellen Entscheidungen vor fast unlösbare Probleme stellte.

Bereits nach 19 Sekunden sollte jedem Bayern-Spieler klar geworden sein, was sie an diesem Freitag im Waldstadion erwarten sollte: einen Kampf der Underdogs aus Frankfurt bis zum Umfallen. Stefan Aigner fuhr dem nichts ahnenden Rafinha derart rüde in die Parade, dass dem guten Schiedsrichter Daniel Siebert nichts anderes übrig blieb, als unserer Nummer 16 nur wenige Sekunden nach dem Anpfiff die gelbe Karte zu zeigen. Damit war aber das Zeichen für die Mitspieler gesetzt, dass der Spitzenmannschaft aus München nur über bedingungslosen Einsatz beizukommen sein würde. Das andere Signal kam von Trainer Armin Veh schon vor dem Anpfiff: die zuletzt formschwachen Stefan Reinartz und Marco Russ mussten mit einem Platz auf der Bank vorlieb nehmen; für die beiden rückten David Abraham und Aleksandar Ignjovski in das Team – Veh versprach sich damit wohl mehr Dynamik und Tempo im Spiel der Hessen. Auf der linken Außenbahn rückte zudem Bastian Oczipka für Constant Djakpa in die Mannschaft.

Aber in welchem Spielsystem würde die Mannschaft auflaufen? Auf dem Papier sprach viel für ein 4-2-3-1 mit Alex Meier als einziger Spitze, doch schon sehr bald wurde klar: Ein Stürmer war bei der Eintracht heute nicht vorgesehen. Alex Meier reihte sich im Mittelfeld ein und Haris Seferovic ergänzte die Viererkette nicht selten zu einer Fünferkette, indem er Bastian Oczipka dabei unterstützte, den zuletzt starken Kingsley Coman im Zaum zu halten. Da Makoto Hasebe auf seiner rechten Seite regelmäßig Unterstützung von Aigner bekam, waren die beiden bärenstarken Flügelzangen Costa und Coman weitgehend entschärft, sodass insbesondere Robert Lewandowski und Arjen Robben (der zumeist hinter den Spitzen agierte) auf sich allein gestellt waren. Das Ergebnis im ersten Durchgang: anderthalb Chancen für die Bayern durch Kopfbälle von Vidal (11.) und Martinez (30.). Die Eintracht fand offensiv fast gar nicht statt; der Vollständigkeit halber soll ein Distanzschuss von Seferovic erwähnt werden (12.).

Haris Seferovic, der Aushilfsverteidiger, im Duell mit Kingsley Coman
Haris Seferovic, der Aushilfsverteidiger, im Duell mit Kingsley Coman

Der zweite Durchgang begann mit einem Paukenschlag. Erst wenige Sekunden waren gespielt, als erst Abraham und dann Zambrano den guten Eindruck, den beide Innenverteidiger in der ersten Halbzeit hinterlassen hatten, zunichte machen wollten. Doch Costa, der mit Abstand agilste Angreifer der Bayern, konnte diese Chance nicht nutzen und scheiterte an Hradecky. Es sollte auch für lange Zeit die letzte erwähnenswerte Torschussgelegenheit des Rekordmeisters sein. Denn plötzlich erinnerte sich die Eintracht ihrer offensiven Qualitäten und versuchte – zumeist über den engagierten Aigner – für Entlastung zu sorgen. In der 53. Minute wären die Hessen fast in Führung gegangen, doch nach einem Freistoß von Stendera gelang es Meier nicht, den Ball aufs Tor zu schlagen. Nur eine Minute später die größte Chance der Eintracht in diesem Spiel: Manuel Neuer leistete sich einen Querschläger, doch Stendera kann freistehend vor dem Tor keinen Druck hinter die Kugel bringen, sodass der Nationaltorhüter seinen Fehler wieder ausbügeln konnte.

Die Bayern versuchten alles, wechselten Thomas Müller, David Alaba und Thiago ein, die allesamt ursprünglich für das Spiel gegen Arsenal geschont werden sollten. Gleichwohl: Es nutzte alles nicht. Die Hoffnungen der Bayern-Fans und die Befürchtungen der SGE-Anhänger, dass der Heimmannschaft die Kraft ausgehen werde, erfüllten sich nicht. Mit Ausnahme des Aussetzers in der 46. Minute gelang es den Hessen über die komplette Spielzeit diszipliniert aufzutreten und die taktische Marschroute beízubehalten. Am Ende des Spiels waren die Hessen 116,05 km und damit fast 7 km mehr gelaufen als die Gäste. Alex Meier wies mit 12,35 gelaufenen Kilometern den besten Wert aller Spieler auf dem Platz auf.

Aus den Kommentaren mancher Bayern-Spieler nach der Begegnung war eine gewisse Häme über das Spielsystem der Eintracht nicht zu überhören. Aber nicht nur der Erfolg gibt Armin Veh recht. Wenn eine Mannschaft die Bayern-Offensive so nachhaltig aus dem Spiel nehmen kann, wie es den Eintracht-Akteuren gestern gelungen ist, dann verdient dies Respekt und Anerkennung. Der Schachzug mit Seferovic zur Unterstützung von Oczipka war zwar nicht neu (auf diese Idee war im vergangenen Jahr gegen denselben Gegner auch Thomas Schaaf gekommen), aber erfolgreich. Vor allem aber hat die Mannschaft durch nimmermüden leidenschaftlichen Einsatz die Sympathien ihrer Anhängerschaft zurückgewonnen und damit die Reaktion gezeigt, die wir alle erhofft haben.

Auch an deisem Spieltag könnt Ihr die Leistung der Spieler wieder bewerten. Hier könnt Ihr das tun.

 

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20 Kommentare

  1. Typisch Eintracht! Warum nicht immer hundert Prozent geben? Sollte einfach selbstverständlich sein. Freuen wir uns über einen nie für möglich gehaltenen Punkt 🙂

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  2. man muss bei diesem spiel auch mal den schiri assi loben! man hat gesehen wie sehr er mit seiner entscheidung gezögert hat und dann doch die fahne noch nimmt! in 60% – 70% der spiele hätten andere den treffer gegeben super auge und courage!

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  3. Alles wieder gut
    Eine Stimmung wie im Championsleaguefinale, mit ausschließlich Fans einer Mannschaft.
    Phantastische kämpferische Leistung. Ein Super-Hradecky.
    Und immer wieder wirst du bestätigt: du weißt nie was drin ist, wenn Eintracht draufsteht…

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  4. Springe immer noch im Dreieck vor Freude aber das Aue(a) Spiel ist nicht vergessen und gänzlich Sympathien hat die Mannschaft nicht zurück gewonnen. Es ist nur auf einem guten Weg.
    Weiter machen wo wir aufgehört haben.
    Aus diesem Spiel lernen und es am besten die restliche Saison umsetzen.
    Danke Eintracht!
    Im Moment spricht niemand mehr von der Blamage!

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  5. Lahm beschwert sich öffentlich über unsere Spielweise!
    Da ist wohl jemand gestern verzweifelt und immer noch angefressen,oohh der Arme Kleine :-))
    Danke Jungs, alleine das war es wert!

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  6. Freue mich echt über den Punkt und über den Willen der Mannschaft. So bringt man auch das Stadion zum kochen…war echt OK.
    Aber mal ehrlich…mit Fußball hatte das ganze nichts zu tun und wir wollen so was ja eigentlich gar nicht sehen….aber Punkt erkämpft und gut.
    Aber wie geht es jetzt weiter? Spielen wir jetzt wieder tollen oder ausreichend guten Fußball um in Hoppenheim zu bestehen? Die Fragezeichen sind geblieben was das fußballerische angeht. Der Trainer weiter Planlos und kein Konzept weit und breit in Sicht. Der Punkt gegen die Bauern löst nicht die gesamten Baustellen unserer Krise!
    Hoffe das die Mannschaft das Heft in die Hand nimmt und ein gewisses Konzept entwickelt und wir auch endlich mal eine eingespielte „Stammelf“ bekommen…wird es mal Zeit….

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  7. @Attila
    Warum hatte hier der Trainer keinen Plan und kein Konzept? Kannst Du Deine Aussage bitte mal begründen?
    Wer hat die Mannschaft so aufgestellt und so eingestellt? Wer hat die Taktik für das Spiel erdacht?
    Schon mal Danke für die Info.

    Noch was: Es war kein schöner Fußball wenn ich den spielerischen Teil betrachte. Wenn ich die Spannung und den Erfolg betrachte dann war es doch schöner Fußball.
    Wenn wiir uns im Abstigskampf befinden, dann ist schön spielen nicht immer das Mittel, oder?
    Und Abstiegskampf? In der Tabelle vor dem Spieltag waren es +5 Punkte und +1 Tor zu Platz 6 sowie -5 Punkte und -7 Tore zu Platz 16. Die Liga ist immer noch eng.
    Abstiegskampf könnte ich durch das Auftreten der Mannschaft in Aue oder auch in Ingoldstadt verstehen aber erst einmal nicht durch die Punkte.

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  8. Schau die die ganzen Spiele noch mal an…welche Spieler wo und wie gespielt haben, ein planloses hin und her, die meistens nicht zu verstehende Wechsel, wenn er mal überhaupt wechselt ( meistens zu spät) Systeme hin und her und höre doch bitte auch mal was der Typ von sich gibt….
    Was war jetzt gestern so schwer oder dem Trainer zu verdanken????? 6-3-1 mit viel Zement oder 10-0-0 🙂 Ich freue mich ja über den Punkt und den fight aber ändert nichts an unserer Situation…

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  9. Ei dann schließ isch misch mal der Aussache vom Alpi an un geb die Woch Ruh. Is ja eh schon alles gesacht worn.

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  10. Es gibt sogenannte Fans, die haben es nicht verdient, sich über das Ergebnis gestern zu freuen

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  11. @ReinholdFanz: Ich weiß nicht, was Du unter „Bildern“ verstehst. Alle Beiträge, die wir zu den Spielen veröffentlichen (Live- und Spielberichte, Stimmen etc.) werden mit aktuellen Bildern des jeweiligen Spieles versehen. „Bewegte Bilder“ gibt es bei uns hingegen nicht, da musst Du auf die einschlägigen Seiten der Rechteinhaber gehen.

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  12. Frustrierte Bayern Was will man mehr. Sie haben jetzt Angst das Arsenal London das kopiert. Was ein ERfolg hehe

    Spiegel online schreibt

    Angetrieben von einer frenetischen Kulisse, die die Bayern von der ersten Sekunde an gnadenlos auspfiff und jeden Zweikampf bejubelte, als laufe beim Stand von 0:0 bereits die Nachspielzeit.

    “Die haben 30 Meter vor dem Tor mit zehn Mann verteidigt. Das habe ich so noch nicht erlebt”, sagte Jérôme Boateng, der das mit Blick auf das Frankfurter Pokal-Aus am Dienstag beim Drittligisten Aue aber legitim fand. Bei Philipp Lahm, der keinen Hehl daraus machte, genervt zu sein, war das anders: “Wir haben die letzten Wochen immer gesagt, der Gegner hat sehr, sehr defensiv gespielt. Man kann nicht glauben, dass es noch defensiver geht. Da wurden wir eines Besseren belehrt”,

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  13. @SGEMainhattan
    ja da hast du recht. Die schäumen .Was wollen wir mehr ,Sie haben Angst das Arsenal das nächste Woche kopiert. Es wurde am Freitag der Catenaccio 2020 erfunden. Waren viele Bayernfans uff unserer NW Tribüne .(Hatte auch einen dabei) War schön in die Gesichter zu schauen und die konnten auf der Tribüne nicht die Fresse aufreisen . So wie wir sie geärgert haben .Wie sie sich geben hätten sie mit einer Niederlage besser leben können. Das sie spielerisch kein Mittel fanden ist für sie der worst case. Nehme mal an das sie uns jetzt bestrafen und den Stendera wegholen wollen oder A Veh .Schönen Sonntach Gemeinde

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  14. Was beschweren sich die Bayern eigentlich? Was erwarten die? Das wir offensiv spielen und uns 10 Stück einfangen?

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  15. @7 Attila
    … das hatte sehr wohl was mit Fussball zu tun. Es gab einen Matchplan, der auf den Erfahrungen dervletzten Spiele beruhte. Die Mannschaft glich die im Vergleich zu Bayern bestehende individuellen spielerischen Schwächen durch große Laufbereitschaft und Engagement aus, durch Stellungsspiel in der Defensive und durch verstärke Abwehrketten gab es keinen Raum für die Außenstürmer und die Mitte wurde dicht gemacht. Es war ein perfektes taktisches Spiel gegen einen hòherklassigen Gegner. Hätte die Eintracht versucht „mitzuspielen“, hätte sie vielleicht nichts geholt außer im besten Falle Lob für ein „gutes Spiel“ und eine nicht zu hohe aber gerechte voraussehbare Heimniederlage.
    Alle Mittel, die man gegen eine Übermannschaft hat, wurden klug und wirksam eingesetzt.
    Es ist ein Unterschied, wenn man gegen die Bayern spielt. Das hat selbst Arsenal kürzlich schon so gemacht und gezeigt, dass dann was geht.

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