Robert und Niko Kovac wohnen in Frankfurt zusammen im Hotel - in getrennten Zimmern!
Robert und Niko Kovac wohnen in Frankfurt zusammen im Hotel – in getrennten Zimmern!

Niko Kovac ist so etwas, wie der neue Star bei Eintracht Frankfurt. Der Coach der Hessen hat die Mannschaft im März in einer schwierigen, fast schon hoffnungslos erscheinenden Lage übernommen und sie noch zum unerwarteten Klassenerhalt geführt. Ob Medien, Fans oder Verantwortliche – der Kroate hat alle überzeugt und durch harte, disziplinierte Arbeit eine neue Ordnung in das zuvor etwas außer Tritt geratene Umfeld gebracht. Er betont allerdings immer wieder, dass dies ohne den Staff – sein im Hintergrund wirkendes Team – nicht möglich gewesen wäre. Ein wichtiger Baustein dabei: Bruder Robert. Zusammen wuchsen die Geschwister in Berlin-Wedding auf und gingen, wie sie im Gespräch mit dem Magazin „11Freunde“ erzählen, vermutlich auf demselben Platz kicken, auf dem auch die Brüder Jerome und Kevin-Prince Boateng gegen den Ball traten. „Und der Platz ist immer noch da, ich habe ihn neulich besucht“, sagt der ältere der beiden, Niko Kovac, und richtete seinen Blick für einen Moment in die Vergangenheit: „In nostalgischer Stimmung bin ich dann am Neujahrstag den Wedding abgefahren. Wo wir groß geworden sind, bin ich ausgestiegen und habe die wichtigsten Stationen besucht, auch den Bolzplatz. Er steht noch so da wie früher.“

Bis 1995 wohnten die Brüder zusammen bei den Eltern, bevor sich die Wege erstmals trennten. Schon immer drehte sich im Hause Kovac alles um den Fußball – im Zimmer hingen keine Bravo-Poster, sondern eine „kicker“-Stecktabelle oder das aktuellste Poster der deutschen Nationalmannschaft. Auch in Sachen Musik gab es keinen Streit: „Wir haben dasselbe gehört, was bei uns alle hörten: Funk, Soul und Rap.“ Robert verließ mit 21 Jahren im Jahr 1995 erstmals die Heimat und ging von Hertha Zehlendorf zum 1. FC Nürnberg, wo er eine Spielzeit in der 2. Bundesliga mitwirkte und in 33 Partien einen Treffer erzielte. Niko, der ältere Bruder, spielte zu dieser Zeit noch bei Hertha BSC und so trafen sich beide erst im Jahr 1996 bei Bayer 04 Leverkusen wieder. Dort teilten sie sich in der ersten Saison noch ein Zimmer im Mannschaftshotel. Erst im zweiten Jahr, als Boris Zivkovic zur Werkself kam, wechselte Robert das Zimmer: „So konnte ich ihm etwas mit der neuen Sprache helfen.“ Dennoch war es immer von Vorteil, mit dem Bruder zusammen in einer Mannschaft zu spielen: „Wir waren immer füreinander da und haben uns gegenseitig den Rücken freigehalten, auch auf dem Platz.“

1999 trennten sich erneut die Wege. Niko ging zum Hamburger SV, während Robert noch zwei Jahre bei Leverkusen blieb. Erst 2001 waren die Geschwister erneut vereint: Beim FC Bayern München, für den sie auch so lange es noch ging in der Altherrenmannschaft gespielt haben, gingen sie zusammen auf Titeljagd. Während Niko 2003 als Weltpokalsieger und deutscher Meister in die Heimat zurückging, blieb Robert noch bis 2005 beim deutschen Rekordmeister. Der neue Sportvorstand Fredi Bobic und Niko Kovac spielten parallel dazu gemeinsam in der Hauptstadt: „Wir teilten das gleiche Schicksal. Ich kam vom FC Bayern, Fredi hatte vorher für Borussia Dortmund und Hannover 96 gespielt, und die Erwartungshaltung war dementsprechend groß. Die Hertha spielte im UEFA-Cup und wollte dort viel erreichen.“ Was folgte, war eine Zeit der Enttäuschung, die beinahe im Abstieg endete. Erst in der Endphase der Saison 2003/04 konnte das Ruder noch herumgerissen werden, Trainer Hans Meyer brachte die Arbeit des zuvor unglücklich agierenden Vorgänger Huub Stevens noch zu einem guten Ende – sehr zum Ärger der Eintracht, die damals absteigen musste. In dieser Zeit lernten sich die beiden Ex-Profis gut kennen, weshalb Niko Kovac sagt: „Zwischen uns passt kein Blatt Papier!“

Niko und Robert Kovac vor einer der ersten Trainingseinheiten in Frankfurt.
Niko und Robert Kovac vor einer der ersten Trainingseinheiten in Frankfurt.

Auch zu dem ehemaligen Vorstandsboss Heribert Bruchhagen hatte der inzwischen 44-Jährige einen guten Draht aufgebaut und lobt ihn für sein Lebenswerk: „Er ist einfach jemand, der das Herz am richtigen Fleck trägt. Dass der Klub dort steht, wo er heute steht, hat er zum Großteil ihm zu verdanken.“ Der Kontakt zu dem häufig knorrig wirkenden Ostwestfalen, der seit dieser Spielzeit als Sky-Experte bei den Topspielen am Samstagabend mit am Tisch sitzt, kam bereits im Juni 2015 zustande. Kroatien spielte in der EM-Qualifikation gegen Italien in Split und die Kovac-Brüder waren noch als Nationaltrainer tätig: „Wegen der guten Ausgangsposition, die wir zu dieser Zeit hatten, haben Robert und ich entschieden, in Kroatien weiterzumachen. Als dann jetzt im Frühjahr die Situation kritisch war, ist die Eintracht wieder auf uns zugekommen. Wir haben gar nicht mehr lange überlegt, sondern sofort zugesagt.“

Es war der Beginn einer sehr intensiven Zusammenarbeit. Robert Kovac nahm die Eintracht vor allem in den 90er-Jahren wahr: „Das war die erfolgreiche Zeit mit Anthony Yeboah, Maurizio Gaudino, Manfred Binz, Jay-Jay Okocha und Uli Stein. Für mich wurde der Klub zu einem Begriff, weil dort zu dieser Zeit so ein schöner Fußball gespielt wurde.“ Davon waren die Hessen im Frühjahr 2016 allerdings weit entfernt. Ein kurzer Rückblick auf den 24. April: Die Frankfurter trafen im Heimspiel des 31. Spieltag am Sonntagabend um 17.30 Uhr auf den 1. FSV Mainz 05. Jedem im Stadion war bewusst – verliert das Team heute, ist der Abgang in Liga 2 so gut wie besiegelt. Am Wochenende zuvor gab gegen Bayer 04 Leverkusen einen Tiefschlag. 0:3 verloren, Tabellenplatz 17, sieben Punkte weg vom rettenden Ufer, weil die gesamte Konkurrenz gewann – der Glaube an das Wunder vom Main war weit weg.

Weil die Konkurrenz an diesem Spieltag in großen Teilen patzte, gab es im Nachbarschaftsduell noch einmal die große Chance, wieder an den Relegationsplatz und die Nicht-Abstiegs-Ränge heranzurücken. So hieß es nach nervenaufreibenden 93 Minuten dank Treffern von Marco Russ und Änis Ben-Hatira 2:1. Es war gerade für Robert Kovac ein sehr bewegender Moment: „Als es mir nach dem dramatischen 2:1 gegen Mainz nicht gut ging – die Partie war mir emotional schon sehr ans Herz gegangen – hat er mich beruhigt und mich wieder aufgebaut.“ Niko Kovac blieb nach außen hin zu jeder Sekunde ruhig und gelassen. Der ehemalige Mittelfeldspieler weiß mit Druck umzugehen und versucht zu immer „einen kühlen Kopf zu bewahren.“ In der Endphase der vergangenen Spielzeit, die erst am 23. Mai mit dem erlösenden Schlusspfiff und dem 1:0-Sieg beim 1. FC Nürnberg in der Relegation endete, erlebte das Brüderpaar die wohl härteste Situation in der Karriere.

Dabei hatten sie zuvor schon als Nationaltrainer viel durchmachen müssen, als 2015 eine „merkwürdige“ Entlassung folgte, weil „man die Qualifikation gegen Gegner wie Malta und Bulgarien auch hätte schaffen können.“ Sie spürten zuvor bereits, dass die Überzeugung nicht mehr da gewesen ist. Ein erfreulicher Moment war dies nicht, wie Niko Kovac erklärt: „Entlassen wurde ich auch schon bei Red Bull Salzburg. Es ist nie schön, egal ob als Trainer oder anderer Arbeitnehmer, wenn du entlassen wirst.“ Das Verhältnis zwischen den Brüdern hat darunter jedoch nicht gelitten: „Wichtig ist, sich zu hinterfragen. Nur so kann man sich weiterentwickeln und vorankommen.“

Niko und Robert Kovac tauschen sich ständig aus und pflegen einen ganz engen Kontakt.
Niko und Robert Kovac tauschen sich ständig aus und pflegen einen ganz engen Kontakt.

Die Pause haben die Geschwister genutzt, um unter anderem bei Pep Guardiola oder Jürgen Klopp zu hospitieren und neue Ideen einzufagen. Die sogenannte Generation „Laptoptrainer“, wie Experte Mehmet Scholl etwas abschätzig sagte, wird auch von den Kovac-Brüdern vertreten: „Es ist unabdingbar, auch die neuesten technischen und wissenschaftlichen Kenntnisse zu nutzen.“ Robert lobt seinen großen Bruder dafür: „Er verbindet das, was er als Trainer gelernt hat, mit seinen Erfahrungen als Spieler. Und das funktioniert ja nicht so schlecht.“ Wie lange dies noch in Frankfurt passiert, ist derzeit allerdings offen. Die Frage nach der Zukunft wischte Niko Kovac – höchstwahrscheinlich als Sprachrohr auch für seinen kleinen 42-Jährigen Bruder – bei der Pressekonferenz mit einem Lächeln weg: „Ich und mein Staff – wir fokussieren auf unseren täglichen Ablauf. Ich habe mich mit meinem Vertrag nicht beschäftigt, als ich in einer schwierigen Situation war. Und das mache ich auch jetzt noch nicht, wo es etwas entspannter zugeht.“

Bevor es so weit ist, sich Gedanken über eine Verlängerung des bis 2017 laufenden Vertrags zu machen, blickt er nur auf die aktuell laufende Spielzeit und zeigt sich vom neu zusammengestellten Team überzeugt: „Wir haben eine junge Mannschaft, die einen guten Charakter besitzt und gut arbeitet.“ Auch wenn der Umbruch auf allen Ebenen groß war, glaubt er daran, „dass wir die Saison stressfreier bestreiten werden.“ Und dann schon bald die hohen Erwartungen des Umfelds befriedigen werden? Derzeit sind der Eintracht die Grenzen noch gesetzt. „Dennoch“, so Niko Kovac, „glaube ich, dass bei der Eintracht Potenzial schlummert, und hoffe, dass dies eines Tages zum Vorschein kommen kann.“

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