04.12.2005, Fussball, 1. BL., FSV Mainz 05 vs. VfL Wolfsburg
Sieht ebenfalls einen Transferirrsinn. Sport1-Experte Thomas Strunz (Mitte).

Denn eines darf bei dieser ganzen Diskussion nicht unterschätzt werden – „Fabelsummen“ hauen die Teams aus England nur dann raus, wenn sie wirklich von einem Spieler und dessen Qualitäten überzeugt sind. Der Wunsch einiger, dass vielleicht auch Bankdrücker noch für einige Euronen Richtung Insel transferiert werden könnten, wird sich nicht erfüllen. Dieses rationale Denken der Engländer macht sich vor allem bemerkbar, wenn Liga-Chef Richard Scudamore die Ziele der Liga ausgibt: Nicht die Jugendarbeit müsse vorangetrieben werden, sondern die Vermarktung des „Produkts“ im Ausland. Dafür brauche es prall gefüllte Arenen – eine gute Nachricht für den Stadiongänger, der wohl auf ein Absenken der Ticketpreise hoffen darf. Im Gegenzug dazu aber wird der „Pay-TV-Zuschauer“, wovon es knapp 16 Millionen auf der Insel gibt, noch mehr zahlen müssen – dieser aber scheint sich damit zu arrangieren. Während in Deutschland viele Anhänger Probleme mit „Pay-TV“ haben, ist dieses Modell am Ärmelkanal gang und gäbe.

Die Bezahlsender arbeiten somit nicht nur kostendeckend, sondern erzielen auch noch einen beachtlichen Gewinn – und das, obwohl nicht einmal alle Spiele gezeigt werden. In der Bundesrepublik hingegen dauerte es sieben Jahre, bis Sky überhaupt erstmals schwarze Zahlen schrieb – obwohl der Fan hier alle Spiele der 1., 2. Bundesliga und Champions League sehen kann und ferner auch noch mit den wichtigsten Partien aus der Europa League und England versorgt wird. Ob hier die Idee, zehn Montagsspiele einzuführen, wirklich für einen weiteren Aufschwung bei den Abo-Zahlen sorgen kann? Zweifel sind wohl erlaubt! „Das englische Geld macht alle wahnsinnig„, meinte Sport1-Experte Thomas Strunz beim Doppelpass. So auch die DFL-Macher, die nach neuen Möglichkeiten suchen, um mehr Gelder zu generieren. Matthias Sammer, Sportdirektor der Bayern, sieht dem Treiben etwas entspannter entgegen: „Es fließt derzeit sehr viel Geld in den deutschen Fußball. Der eine kriegt 80 Millionen, der andere 30 Millionen. Die Frage ist, was man strategisch daraus macht. Wir müssen konstruktiv nach vorne gucken und nicht kapitulieren.“ Man müsse also vielmehr sehen, „was das für Chancen beinhaltet.“ Also doch mehr Segen als Fluch?

Verstecken jedenfalls braucht sich die Bundesliga nicht. Mit den Münchenern, Borussia Dortmund, dem VfL Wolfsburg und auch Bayer Leverkusen ist man auch im internationalen Vergleich durchaus ordentlich aufgestellt. Ferner bestechen diese Clubs durch Kontinuität und ein klares Konzept in ihren Personalplanungen – was sich bemerkbar macht in der 5-Jahres-Tabelle. Der 2. Platz hinter Spanien ist die Folge konzeptioneller, intelligenter Arbeit. Schwachpunkte wurden gezielt durch gutes Scouting ausgemerzt, die Gelder sinnvoll eingesetzt. Auch ohne die Geldkoffer, die vom englischen Laster fallen könnten, wie BVB-Coach Thomas Tuchel humorvoll anmerkte, sei die Bundesliga somit gut aufgestellt. Und dies nicht nur auf Vereins-, sondern auch auf Nationalmannschaftsebene, Stichwort WM-Titel 2014. Die Engländer werden wohl nur noch davon träumen können, irgendwann wieder einen Weltmeistertitel zu holen. 49 Jahre liegt das siegbringende „Wembley-Tor“ nun schon zurück. Auch bei der im nächsten Sommer stattfindenden Europameisterschaft in Frankreich werden die Engländer nicht zu den Topfavoriten zählen.

Die Fans aber scheint dies nicht zu stören. Sie sind stolz auf ihr „Monster Premier League“, das wächst, gedeiht und weltweit beliebt ist. Aber nicht jeder verfällt dem warmen Geldregen, der über die Bundesliga herunterkam. Thomas Eichin, Sportdirektor des SV Werder Bremen, lehnte laut BILD ein Angebot für Innenverteidiger Jannik Vestergaard ab. „Was uns vorlag, war nicht in der Größenordnung, dass wir hätten schwach werden müssen.“ Die klammen Hanseaten lehnten ein 12 Millionen Euro Angebot trocken ab. Es zeigt – Geld ist nicht alles! Und es ist in dieser Zeit, in der man das Gefühl hatte, dass englische Vereine nur noch mit dem Finger schnippsen mussten, ein Sieg für das konzeptionelle und sinnvolle Arbeiten – wenn auch nur auf einer ganz kleinen, kaum wahrnehmbaren Ebene.

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13 Kommentare

  1. Für die Bundesliga ein Segen, weil somit auch mal Geld in die mittelklassigen Teams gepumpt werden aber ein Fluch für Eintracht Frankfurt, weil wir nicht in die Lage kommen auch mal einen Spieler für 20-30 Mio zu verkaufen.

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  2. @ 1
    Ist das jetzt nicht ein bisschen viel Kaffeesatzleserei, wenn Du sagst die Eintracht wird nicht in die Lage kommen, auch mal einen Spieler für 20 – 30 Mio zu verkaufen? Ich denke, wir haben 3 sehr, sehr hoffnungsvolle Nachwuchsleute. Da traue ich dem einen oder anderen durchaus auch den Durchbruch in diese Kategorien zu. Auch bei ein paar gestandenen Spielern ist noch nicht unbedingt das Ende der Fahnenstange erreicht. Warten wir es doch einfach mal ab.
    Trotzdem, auch ich glaube eher, dass diese Unsummen letztendlich den Fußball kaputtmachen, weil nach meiner Meinung der normale Fan sich eher den Ligen zuwenden wird, wo er den Eindruck hat, das sind noch Menschen wie Du und ich.
    Wie gesagt, warten wir es ab …
    VG

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  3. Dieser Monster-TV-Deal der Engländer, der zunächst einmal geil und faszinierend (für die Engländer selbst) anmutet, wird sich auch für die Insulaner als Fluch erweisen. So eine finanzielle Vorherrschaft in Europa – selbstredend in kleineren absoluten, aber nicht relativen Sphären – gab es schon einmal. Die Achziger und die Hälfte der Neunziger Jahre waren doch fest in italienischer Hand. Wo sind die Azzuri heute?
    Die PL bläht seine Liga und Vereine mit bunten Stars aus aller Welt, bisweilen Konzept- und planlos, mächtig auf. Auf Kosten der eigenen Jungs. Erstens, werden die Engländer alle 2 Jahre daran erinnert, wie schlecht sie im Grunde sind, wenn sie regelmäßig bei den “ globalen Festspielen“ (WM) oder der kontinentalen Ausgabe früh die Segel streichen müssen, und, zweitens, sind zusammengewürfelte Stars ohne größeres bindendes Konzept kontraproduktiv für den Erfolg. Ich wage mal die These, dass außer den drei, vier großen englischen Vereinen, kein weiterer international für Aufsehen sorgen wird – trotz vieler Millionen und den daraus resultierenden Transfers.
    Was anerkannt werden muss: der Markt gibt es her. Wenn eine TV-Anstalt so viel Gewinn macht, dann darf und kann sie so viel ausschütten. Basta.
    Ich hoffe, dass die BuLi-Vereine weiter „traditionell und erdverwachsen“ agieren. Selbst wenn Sky in 4 oder 5 Jahren noch mehrere hundert Millionen Euros in die DFL reinbuttern sollte. Ich will die „Mannschaft“ weiter siegen sehen. Und ich möchte im Waldstadion lieber Stendera als Sterling jubeln sehen.

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  4. Was für eine DIskussion wollen wir führen? Ob 80 Millionen Ablösesumme moralisch besser sind als 8 Millionen? Ob man von Bundesliagmanagern erwarten kann, dass Sie bewusst mit PL-Vereinen KEINE Geschäfte machen, weil sie die Entwicklung für schädlich halten?

    Die Entwicklung wird ihren Lauf nehmen. Geld fliesst nun mal. Wenn mehr rein kommt, fliesst auch mehr raus. Die Premier League wollen mehr Menschen am TV sehen als die BuLi und dafür auch mehr zahlen. Die Vereine wollen damit noch attraktiver werden und holen sich nun die ALLE Top-Spieler Europas. Ob sie damit sportlich erfolgreicher oder gar dominant werden muß sich erst zeigen. In der aktuellen 5-Jahres-Wertung hat die BuLi die Premier-League jedenfalls deutlich überholt, trotz der bereits in den letzten 5 Jahren schon vorhandenen finanziellen Unterschiede.

    Die entscheidende Frage ist doch nur, wie kann die BULI möglichst viel davon abhaben. Natürlich indem sie möglichst viele gute Spieler ausbildet. EIne Chance für die BuLi, denn in diesem Punkt ist sie hervorragend aufgestellt. Und für die Bundesliga ist es auch eine CHance, dass die Bruchhagensche Schere sich vielleicht doch nicht so schnell öffnet. Wenn gute Ausbildungsvereine wie Mainz, Freiburg und Frankfurt (!) ab und zu mal einen Volltreffer landen, tut das dem finanziellen Gleichgewicht in der Bundesliga sicher gut. Und eine WM ohne England? Es gibt Schlimmeres 😉

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  5. @3: Bis ein Frankfurter Spieler (wer auch immer jetzt aktuell) den Verein für 20 – X Millionen verlässt, wird noch sehr viel Wasser den Main runter laufen. Frankfurt hat die Lobby derzeit gar nicht. Wenn der Spieler jedoch eine Zwischenstation zu Schlacke, Golfsburg, BASF oder Bayern macht, wäre auch für diesen eine solch „utopische“ Summe möglich.
    Mit den Trapp-Millionen haben wir für Frankfurter Verhältnisse schon viel, aber leider vermutlich auch den Zenit erreicht.

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  6. @g-block
    so viel wasser ist das gar nicht, harris geht nächstes jahr für über 20 millionen nach england( freuen werde ich mich deswegen trotzdem nicht, aber er wird eine Riesensaison spielen)

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  7. Wenn die Bundesliga halbwegs schlau ist macht sie es (wie vom Mainzer Manager angeregt) clever und investiert das Geld sinnvoll. Siehe (erneut) Mainz.
    IMHO hat Mainz um die 50-60 Millionen für den Bau des Stadions bezahlt.
    Man stelle sich vor die Eintracht bekäme in den kommenden 1-2 Jahren für (beispielsweise) Stendera ein entsprechendes Angebot aus England (z.B. 20 Millionen)…. BAM 1/3 schon mal „weg“.
    Dann hätten wir das elendige Thema mit der Stadionmiete vom Tisch. Man könnte vielleicht pro Saison ein paar Millionen mehr in Mannschaft oder auch Infrastruktur (Nachwuchs?) stecken.

    Natürlich würde ich mir wünschen:
    a) Stendera bleibt bei uns
    b) wir bauen uns auch so ein EIGENES Stadion vom Lotto-Jackpot welches eh 1.000x schöner, größer und stimmungsvoller wird als bei den Bonbon-werfern.

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  8. Wie wäre es denn, wenn man5% von jedem Transfer in eine Solidarkasse für die 2./3. Ligisten zahlen und die verbindlichen Standards für die Jugendarbeit für alle Vereine nochmals deutlich erhöhen würde?

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  9. 1. Stellt Euch vor wir kriegen mal 80 Mio für Castaignos, dann können wir das Stadion kaufen, oder anfangen ein neues zu bauen. 2020 ist es fertig und der Vertrag mit Netzer läuft aus. Die Eintracht wäre frei und 2025 Meister 🙂
    2. Stellt Euch vor Sky International geht pleite, so viele Scheichs gibt es gar nicht mehr die den englischen Fußball retten können. Die Spieler werden dann in der Bundesliga aufgenommen, schöner Preisverfall 🙂 und die Sportschau lacht sich kaputt!

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  10. 5 % in eine Solidarkasse, sehe ich als unrealistisch an. Das machen die großen nicht mit. Und dann würde ja auch RB Lepzig Geld von uns kriegen, fühlt sich falsch an. Und Lösungen die nur ein Land betreffen, helfen nicht. Es müsste in der UEFA einheitliche Vorgaben geben, dann wäre das eine gute Idee. Auch der Schutz von Jugendspielern müsst noch mal deutlich verbessert werden, in der UEFA. Das ist inzwischen krank.

    Solange das aber nicht passiert ( und hier werden die Großen aus allen Ländern zusammenhalten) wird es so weiter gehen und wir müssen das Beste drauss machen. Ich glaube auch, dass England sich mit der Entwicklung keinen gefallen macht und wir von deren Gled mehr profitieren als sie.

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