Die Eintracht wollte nach dem sensationellen Weiterkommen im DFB-Pokal im Heimspiel gegen den kriselnden VfL Bochum unbedingt nachlegen und auch in der Liga weitere wichtige Punkte sammeln. Mit Bochum kam der abgeschlagene Tabellenletzte ins Waldstadion und alleine diese Konstellation sorgte im Frankfurter Umfeld für ein mulmiges Gefühl, denn nicht selten waren die Frankfurter in solchen Situationen der ersehnte Aufbaugegner. SGE-Trainer Dino Toppmöller schaffte es, dass sein Team den Schwung aus dem Gladbach-Spiel mitnahm und am Ende fulminant mit 7:2 siegte. SGE4EVER.de hat das Spiel wie immer noch einmal analysiert:
Breiter Kader als Schlüssel zum Erfolg
Die Kaderbreite wurde bereits zuletzt mehrfach thematisiert, denn Toppmöller schaffte es bisher hervorragend durch die Englischen Wochen. Er schonte die Vielspieler im richtigen Moment (siehe Omar Marmoush gegen Gladbach) und gab auch der jungen zweiten Reihe immer wieder Chancen sich zu zeigen. Dies wird einer der Gründe sein, weshalb der Teamzusammenhalt in diesem Jahr so besonders ist, denn jeder einzelne Spieler fühlt sich wichtig. Gegen Bochum musste Toppmöller nicht mehr nur auf den verletzten Rasmus Kristensen, sondern auch auf den gesperrten Arthur Theate verzichten und baute die Startformation entsprechend erneut um. Nathaniel Brown, der gegen Gladbach seine Chance nutzte durfte in der Viererkette bleiben und auch Nnamdi Collins, der nach Einwechslung zu überzeugen wusste, sollte dieses Mal von Beginn an starten dürfen. Tuta und Robin Koch komplettierten die neu zusammengestellte Viererkette, während in der Zentrale dieses Mal Mo Dahoud neben Ellyes Skhiri starten durfte. Auch in der Offensive überraschte der Trainer. Mit Jean-Matteo Bahoya und Ansgar Knauf, sowie den beiden Stürmern Hugo Ekitike und Omar Marmoush startete man dieses Mal in einem klassischen 4-4-2. Trotz der zahlreichen Wechsel und vielen jungen und unerfahreneren Spielern signalisierten die Hessen von Anfang an, wer heute als Sieger vom Platz gehen würde. Die Bochumer versuchten es mit hohem Pressing, aber die Eintracht hatte immer eine spielerische Lösung und konnte das weite Aufrücken der Bochumer schon beim ersten Tor durch Ekitike bestens nutzen. Nach überragender Vorarbeit von Marmoush vollendete der Franzose überragend und brachte die SGE früh auf die Siegerstraße. Schon kurze Zeit später traf Marmoush per direktem Freistoß zum 2:0, ehe Knauf gar auf 3:0 erhöhte. Die Adlerträger zeigten den Bochumern deutlich ihre Grenzen auf.
Viele verschiedene Torschützen machen es dem Gegner schwer
Auch wenn sich vieles um Überflieger Marmoush und seinen kongenialen Partner Ekitike dreht, sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die bisher erzielten 23 Treffer sich inzwischen auf zehn unterschiedliche Torschützen verteilen. Neben den beiden Starstürmern trafen auch Hugo Larsson, Mario Götze, Tuta, Mo Dahoud, Can Uzun, Igor Matanovic, Brown und Knauff. Dies macht die Eintracht-Offensive noch unberechenbarer, denn selbst wenn es gelingt Marmoush weit vom Tor fernzuhalten, bleiben noch immer viele andere Akteure, die Torgefahr ausstrahlen und die oftmals sensationellen Assists von Marmoush zu nutzen wissen. Einer dieser außergewöhnlichen Assists war die Vorlage für das Debüt-Tor von Uzun, der nach einem sensationellen Pass des Ägypters nur noch vollenden musste. Auch Dahoud kam bei diesem Torspektakel noch zu seinem Premierentor, genauso wie Brown, der ausgerechnet nach Vorarbeit von Collins traf. Auch wenn die Frankfurter sich in der Defensive die obligatorischen Unachtsamkeit leisteten und so einen strauchelnden Gegner durch die beiden Gegentreffer kurzzeitig wieder stark machten, wirkte der Sieg nie gefährdet. Die SGE zog das Tempo schnell wieder an und die Gier nach weiteren Toren war im gesamten Stadion zu spüren. Kein Verwalten, kein Ausharren – immer weiter nach vorne. Diese Gier ist letztlich auch dem großen internen Konkurrenzkampf geschuldet, denn jeder Spieler auf dem Platz weiß, wenn er auch nur wenige Prozente nachlässt, wird er durch jemanden ersetzt, der sein Herz auf dem Platz lässt.
Toppmöller gewinnt an Profil
Toppmöller beweist in dieser Saison immer wieder das richtige Händchen. Tolle taktische Umstellungen, mutige Ingame-Reaktionen wie gegen Gladbach, aber auch harte Entscheidungen, die einstige Leistungsträger treffen kann. Farés Chaibi ist ein solcher Härtefall. Der Algerier zählte in der letzten Saison zu den absoluten Leistungsträgern und hätte sich seine zweite Saison in Frankfurt sicher anders vorgestellt. Toppmöller gab dem jungen Mittelfeldspieler auch immer wieder Chancen, aber er konnte seine letzte Chance gegen Union Berlin nicht nutzen und fiel insbesondere durch fehlende Körpersprache und mangelnder Laufbereitschaft auf. Nun ist Chaibi aktuell außen vor – eine harte Entscheidung, aber Toppmöller, der viel kommuniziert hofft sicherlich auf den Ebimbe-Effekt. Dina Ebimbe, der ebenfalls eine Zeit lang außen vor war, kämpfte sich furios zurück und zählt inzwischen längst wieder als echter Startelfkandidat. Diese Härte, so weh sie im Einzelfall auch tut, schärft das Profil eines Trainers und er signalisiert damit jedem Einzelnen, dass einzig und allein das Leistungsprinzip gilt. Natürlich war die Einwechslung von Timothy Chandler vermutlich eher ein menschlicher Akt, aber Urgestein-Chandler bringt eben auf vielen anderen Ebenen jeden Tag Höchstleistungen. Er ist Integrator, Ansprechpartner für die neuen Spieler und mit seinem einzigartigen Charakter einfach unglaublich wichtig für die Kabine. Das Stadion hat bei Chandlers Einwechslung emotional reagiert und auch die Mitspieler freuten sich sehr für die Legende. Nebenbei bemerkt hat das Frankfurter Urgestein auch kein schlechtes Spiel gemacht und wie immer sein Herz auf dem Platz gelassen, was bei jedem Ballkontakt frenetisch gefeiert wurde. Die Mischung bei dieser Eintracht stimmt aktuell auf vielen Ebenen. Eine junge hochtalentierte Mannschaft, ein breiter und sehr klug aufgestellter Kader, ein inzwischen wieder euphorisiertes Umfeld und ein Trainer, der sich in so vielen Hinsichten weiterentwickelt hat und dessen Handschrift inzwischen klar erkennbar ist. Toppmöller gibt den jungen Spielern in den richtigen Momenten ihre Chancen, schenkt ihnen auch in schwierigen Situationen das Vertrauen und hat einen großen Anteil an der Weiterentwicklung der vielen jungen Talente. Mit dieser wahnsinnig guten Mischung auf allen Ebenen schwimmen die Frankfurter aktuell auf einer Erfolgswelle, die hoffentlich in allen drei Wettbewerben noch lange anhält.
12 Kommentare
Unser Pharao Kristensen :-)
Ich finde den Fokus der Analyse super: einfach mal das Ganze im Kader, die Handschrift des Trainers, und spielentscheidende Kniffe herauszustellen, die letztendlich den Unterschied machen. Deine Analysen setzen Standards, die inhaltlich und im Aufbau kaum besser sein könnten.
Einen kleinen Vorschlag habe ich: ich finde es schön, von "Ramses" Kristensen zu lesen, so kann man beim Lesen sogar noch mehr als nur aus Zufriedenheit lächeln... ;-)
LG
Danke für den Hinweis. Habe unserem neuen Hinti jetzt auch wieder seinen echten Vornamen gegeben :-)
Danke auch für dein Feedback @sgeubin. Das freut mich wirklich sehr. Ich wollte nicht mehr nur das aktuelle Spiel betrachten, sondern eben auch mal die Gesamtentwicklung etwas einbeziehen. Und über diese Entwicklung nachzudenken, macht aktuell auch richtig Spaß!!
Hallo Laura
Ich bin gerade in Äthiopien, und lese genüsslich deine klasse zusammen gefasste Analyse.
So bekomme ich auch hier einen schönen Eindruck von dem Spiel, b.z.w.dem Umfeld.
Vielen Dank.
Am Ende der letzten Saison wurde hier in der Spielanalyse oft sehr kritisch mit Toppmöller umgegangen und gefühlt auch sein Rauswurf gefordert. Zu dem Zeitpunkt konnte ich es verstehen und es wurde immer mit vielen Fakten untermauert. Trotzdem war es mir oft zu viel. Daher bin ich sehr froh, solche positive Analysen zu lesen und natürlich die positive Entwicklung des Trainers und der Mannschaft zu sehen. Man darf aber nicht vergessen, dass die Grundlage in der letzten Saison gelegt wurde. Ein Punkt der mich sehr an Toppmöller und Team fasziniert, dass sie trotz viel Kritik immer weiter gemacht haben, ihre Ziele verfolgt haben und ihren Weg weiter gegangen sind. Da gibt es nur wenige Trainer, Vereine die da stark bleiben und so aus einer "Krise" rauskommen!
Das stimmt. Ich war sehr kritisch mit Toppmöller. Mir hat aber auch einfach unser Eintracht-Gefühl gefehlt. Die Art und Weise wie wir gespielt haben war mein Problem, nicht die Ergebnisse. Ich bin froh, dass die Verantwortlichen an ihm festgehalten haben und es besser wussten. Die Stellschrauben im Kader haben einen wahnsinnig großen Effekt gehabt und auch der neue Co-Trainer tut richtig gut.
Momentan macht es einfach Spaß und wir sollten das Gefühl mitnehmen und genießen. Wer weiß, vielleicht kommen auch schon bald wieder andere Zeiten? Die Mannschaft macht aber an sich einen sehr gefestigten Eindruck, meine Sorgen halten sich in Grenzen.
PS: Auch lobend zu erwähnen, war die Lestung des Schiris! Eine absolut souveräne und hervorragende Leistung. Er hat alles, aber auch wirklich alles richtig gepfiffen. Das Tor von Dahoud steht dafür sinnbildlich.
Hallo zusammen,
ich persönlich gebe hier vielen Lesern Recht, was die aktuelle Situation betrifft. Ich war jetzt gegen Bayern, Riga, Gladbach und auch Bochum im Stadion. Abgesehen vom Riga Spiel traut man sich echt seinen Augen kaum, im Vergleich zur letzten Saison sind endlich wieder Emotionen da! Es macht super viel Spaß ins Stadion zu gehen oder sich die Spiele im Fernseh anzuschauen.
Und jetzt kommt aber der "Sammer" in mir raus, ich genieße zwar den Moment, aber ob Dino und die Mannschaft wirklich einen Schritt gemacht haben, bewerten ich erst nach der Rückrunde! Zu oft war der Herbst hui und der Frühling pfui.
Wir müssen nicht unbedingt auf einem CL Platz enden, aber eine konstante und ähnliche gute Rückrunde im Vergleich zur aktuellen Form wäre wünschenswert.
Aber egal wie es am Ende läuft, die Entwicklung der SGE allgemein ist fantastisch. Mit den Fans, dem Umfeld und der Vereinsführung wird mir nicht bange um unsere Eintracht.
Forza SGE
Genauso sehe ich es auch...super Hinrunde mit mehr als 30 punkten und dann im Frühjahr mühsam um die 15 Punkten eingefahren...
Selbst letzte Hinrunde hatten wir 27 Punkte erzielt.
Ich freue mich aktuell auch - nur wie lange der derzeitige Flow anhält....in Leipzig kann man im Pokal schon rausfliegen...das kann schon der erste Stimmungskiller werden....und dann wird man sehen ob das wieder eine Déjà-vu Saison der Vorherigen wird....
Bzgl. Schiri:
Alles hat er Imho nicht richtig entschieden. Der Freistoß vor dem Anschlusstor von Bochum war schon diskutabel, weil Knauff eigentlich nur stehen bleibt. Ihm dafür auch noch die gelbe Karte zu geben, war aber eine Frechheit.
Ansonsten war es aber wirklich eine gute und souveräne Spielleitung und so eine kleine Fehlentscheidung nehme ich dann auch gerne hin. Der SR kann, je nachdem wo er steht, auch nicht alles immer perfekt einschätzen.
Ah stimmt, jetzt wo du es sagst, kann ich mich an die Szene erinnern. Ja, das hätte man nicht unbedingt pfeifen müssen, aber grundsätzlich war das wirklich eine sehr angenehme Spielführung.
Hi Laura,
Klasse Analyse und perfekte Zusammenfassung der aktuellen Situation rund um das Team!
Wenn es Toppi jetzt noch schafft unserem Kevin 'Fuß'ball beizubringen 😉 stimmt dann aktuell wirklich fast alles!!
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