Auch das Abrechnungsverfahren im Frankfurter Waldstadion ist in die Kritik geraten.
Auch das Abrechnungsverfahren im Frankfurter Waldstadion ist in die Kritik geraten.
Jeder kennt sie, niemand mag sie, aber es geht kaum ein Weg an ihnen vorbei, wenn man in den Bundesligastadien seinen Hunger oder Durst stillen will: das bargeldlose Bezahlsystem in Form von Plastikkarten. Auch im Frankfurter Waldstadion haben sich Fußballinteressierte seit Jahren an die Justpay-Karte gewöhnt, die – wenn man sie nicht zu Hause vergessen hat – bei Heim- und Gästefans zu ganz neuen Erfahrungen in der Kommunikation („Wo ist die Rückgabestation?“) und beim Schlangestehen führt. Spätestens seit der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 heißt es in München, Gelsenkirchen, Hannover oder eben Frankfurt: Entweder darben oder die umstrittene Bezahlkarte erwerben! Nachdem die Proteste der Stadionbesucher lange Zeit ungehört verhallten, sorgt nun ein Undercover-Test der ARD-Radio-Recherche Sport für Schlagzeilen.

Die ARD-Experten haben zusammen mit Verbraucherschützern in fünf Stadion das bargeldlose System untersucht und dabei so gravierende Unregelmäßigkeiten zutage gefördert, dass die Verbraucherzentralen gegen die Betreiber in München, Augsburg und Gelsenkirchen mit Abmahnungen vorgehen wollen. Gegen die Verantwortlichen in Frankfurt prüft die Verbraucherzentrale in Hessen rechtliche Schritte. Auch gegen die Stadien in Dortmund und Berlin wurden Kritikpunkte erhoben. Worum geht es?

Der Vorwurf lautet, dass die untersuchten Stadien ihren Kunden zum Teil unzumutbare Bedingungen boten, wie Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern am Beispiel München darlegte: „Man muss sich anstellen, um die Karte zu bekommen. Man muss sich anstellen, um dann die Getränke und das Essen zu kaufen. Und schlussendlich muss man sich nochmal anstellen, um die Karte umzutauschen, und sein Geld wieder zurückzubekommen.“ Außerdem gebe es bei der Kartenrückgabe „zu wenig geöffnete Schalter und viele Wege“, was zwangsläufig bei der Untersuchung die Frage aufgeworfen habe: „Was passiert mit den Geldern, die nicht zurückabgewickelt werden.“ 

Bleiben wir beim Beispiel München: ARD-Radio-Recherche Sport hat ermittelt, dass die Bayern im Jahr 2010 durch die dafür zuständige GmbH rund 2,4 Millionen Euro Erträge durch verfallene Bezahlkartenguthaben ausgewiesen hatten. Seitdem möchte sich der Rekordmeister dazu nicht mehr äußern, weist lediglich die Kritikpunkte am Bezahlsystem zurück. Angesichts von Millionenbeträgen, die auf diese Weise den Weg vom Fan zum Verein finden, ist die gern gewählte Bezeichnung „Schlummergroschen“ für den Restbetrag ein ärgerlicher Euphemismus.

Während der DFB kein Interesse zeigt, die Angabe der eingezogenen Erträge einheitlich zu regeln, dringen die Fan-Organisationen „Unsere Kurve“ und „ProFans“ auf Transparenz und fordern Aufklärung, was mit den Bezahlkarten-Guthaben passiert und inwiefern die Vereine davon profitieren. „Das ist ja nichts anderes als ein zinsloses Darlehen, das ich dem Verein gebe. Und da wäre schon mal interessant, wie viel dann letztendlich an Geld den Vereinen zur Verfügung gestellt wird, und womit die dann sofort arbeiten können“, wird Rainer Vollmer von „Unsere Kurve“ zitiert.

Die Abmahnungen in Richtung München und Augsburg betreffen eine Gebühr für die Rückerstattung der Bezahlkartenguthaben, die die Betreiber-Firma des FC Bayern erhebt und mit dem hohen Aufwand begründet. Zudem wird eine zu kurze Gültigkeit und Rückzahlungsfrist für die Karte beanstandet. Davon wollen die Betreiber in München nichts wissen und weisen darauf hin, dass selbst nach Ablauf der Frist auf Kulanz Restbeträge ausgezahlt würden. In Gelsenkirchen – wo man im Jahre 2001 mit der „Knappenkarte“ als erster Verein eine Bezahlkarte im Scheckkartenformat einführte – fallen bei der Rücküberweisung von Kartenguthaben ebenfalls Gebühren an; außerdem könne das Verfahren bis zu eineinhalb Jahre dauern.

In Dortmund und Berlin sind die Vorwürfe nicht so gravierend, da es sich dort nicht um „geschlossene“, sondern um“offene“ Systeme handelt, bei denen auch mit Bargeld bezahlt werden kann. Nicht so in Frankfurt: Aufgrund zu langer Wartezeiten, zu wenig Personal und Rückgabestellen sowie einer Gebühr für die Rücküberweisung der Kartenguthaben prüft die hessische Verbraucherzentrale rechtliche Schritte. Die Frankfurter Betreiber-Firma kündigte immerhin an, die Missstände anzugehen. Außerdem werde es in Frankfurt bald eine App fürs Handy geben, damit das Bezahlen im Stadion abgewickelt werden könne.

Angesichts des seit Jahren wahrnehmbaren Unmuts über das bargeldlose Bezahlsystem ist es erstaunlich, dass diese Abrechnungsform erst jetzt in den Fokus der Verbraucherschützer gerät. Unter Fans galt es seit langem als ausgemacht, dass der „Schlummergroschen“ eine Subventionierung der Betreibergesellschaften darstellt, die neben dem Paymentsystem selbst am stärksten von der bargeldlosen Abwicklung profitieren. Zudem wurde das Versprechen von „Justpay“, „kürzere Schlangen an Getränke- und Verpflegungsstationen und damit kürzere Wartezeiten“ zu schaffen, kaum einmal eingelöst. Aus Fansicht ist es wünschenswert, nicht nur die Qualität und den Preis der dargebotenen Produkte einer Überprüfung zu unterziehen, sondern auch die Form der Bezahlung. Die Beanstandungen der Verbraucherschützer sollten den Auftakt zu einer kritischen Reflexion der Dienstleistungen rund um den Stadionbesuch bilden.

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14 Kommentare

  1. Genau und dann werden noch Zwangs Kartenwechsel vorgenommen. Ich kenne auch jemanden der seine alte Karte zurückerstattet haben wollte, das Geld ist seit 3 Jahren oder so nicht eingegangen, Rückruf? Keine Chance.
    Und genug Leute zum Aufladen, ja die sind natürlich da.
    Ich habe zwar so ein Ding aber ich nur für den größten Notfall. Ansonsten lieber genug Bier und Worscht draußen, vorher und nachher dann läuft´s schon

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  2. „Die Frankfurter Betreiber-Firma kündigte immerhin an, die Missstände anzugehen. Außerdem werde es in Frankfurt bald eine App fürs Handy geben, damit das Bezahlen im Stadion abgewickelt werden könne.“
    Ist ja lächerlich. Hat einer von den Betreibern mal versucht während einem Spiel ein Handy zu nutzen. Meist sind doch die Netze da völlig überlastet und kommen mit der Menge an Kommunikation nicht zu recht. Wie soll da noch ein PaySystem funktionieren? Oder sollen wir dann schon einen Tag vorher das PaySystem aufladen um im Stadion was kaufen zu können? Das bezeichnet man als Verschlimmbesserung.

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  3. Hallo Ultras,

    Nehmt euch des Themas bitte an. Ihr steht unbestritten gegen die fan-feindliche Kommerzialisierung des Fussballs. Die Bezahlkarten nerven zumindest die meisten Fans mehr als der DFB.

    Danke.

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  4. Da lach ich mich doch schlapp: als unzumutbare Bedingung wurde festgestellt: „Man muss sich anstellen, um dann die Getränke und das Essen zu kaufen.“ Geht es bei Barzahlung etwa ohne anstellen?
    Mal im Ernst, liebe Verbraucherschützer, wie soll man bei 50.000 Besuchern Wartezeiten, gerade kurz, vor oder nach dem Spiel bzw. in der Halbzeitpause vermeiden?
    Tut lieber mal was gegen die vom DFB verhängten Kollektivstrafen.

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  5. ich verstehe die Aufregung nicht. Ich finde diese Bargeldlose Zahlung sauber und das meine ich im wahrsten Sinne des Wortes denn Geld stinkt bekanntlich und ist dreckig. Ich habe kein Bock, dass mit der gleichen Hand mit der die Scheine und die Münzen gehalten werden auch mein Brötchen gehalten wird selbst mit einer Servierte, die ich mir dann vielleicht um die Lippen reibe zum abputzen. Und auf Fans die eine Karte kaufen und nach dem Spiel wieder verkaufen sozusagen die Event Fans, die ein mal im Jahr gegen Bayern oder Dortmund ins Stadion gehen kann ich eh verzichten, ich weiß gar nicht wie viele Jahre ich meine Karte schon habe und wenn einer keine 5 Minuten investieren kann um die Karte im Stadion wieder abzugeben, der ist selbst schuld wenn er Gebühren zahlen muss.
    Beispiel: In Hoffenheim wurde die Karte wieder abgeschafft, ist ja auch logisch was für Fans gehen dort überwiegend ins Stadion … ja genau viele Event Fans genau deswegen wurde es wieder abgeschafft … sorry aber wer auf solche Fans Rücksicht nimmt ist selbst schuld.

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  6. @4 Marie
    es geht hier um das doppelt und dreifache anstellen, dass man für seine Wurst ansteht, bei vollem Stadion, ist sicher auch den Verbraucherschützern klar.

    Trotz allem finde ich das System nicht schlecht und habe meine Karte auch schon seit Jahren. Ich freue mich immer wieder, wenn ich im Stadion bin und vom letzten Besuch noch genügend aufgeladen ist, was ich gar nicht mehr auf dem Schirm hatte, weil´s beim letzten mal wieder ein Bier zuviel war. 🙂

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  7. zum Thema Anstehen: Ich kann kaum glauben, dass es in Summe mehr zeit kostet 1x oder sogar nur alle 2-3 x Stadionbesuch (je nachdem wie viel man ausgibt und wie Ramada schreibt wie viel Bier man trinkt) Geld aufzuladen als bei jedem Bier und bei jeder Wurst das Geld zu geben zu warten bis das Geld eingetippt wurde und das Geld aus der Kasse genommen wurde usw. (zwischendurch fällt auch mal ne Münze runter oder kein passende Wechselgeld, wer kennt das nicht) das halte ich für ein Gerücht wohl haben das irgendwelche Vollexperten sich so ausgedacht.

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  8. das Bezahlsystem mit Karte ist einfach und gut zu handhaben, zumindest für 99 % der Besucher. Ich kenne wirklich keinen in meinem Stadionumfeld, wer sich daran stört. Mit Barzahlung würden in der Halbzeitpause (das ist jetzt schon schwer) noch weniger ihr Bierchen oder die Wurst bekommen.
    Selbst von Gästefäns habe ich noch keine Kritik gehört. Keiner „muss“ auch nur 1 Cent Verlust machen.
    Offensichtlich haben sich hier wieder mal „Profis“ Gedanken gemacht , die aber ansonsten mit Fußball in einem größeren Stadion nicht viel zu tun haben.
    Wer keine anderen Probleme hat ?!
    Forza SGE !

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  9. Ich finde das bargeldlose System für mich vollkommen ok.
    Mal 2Beispiele aus dem Leben:
    1. Die Bahn verlangt für stornierung/umbuchung von Fahrkarten 17.50€. Bei einem Sparpreisticket von 28.50€ sind dies satte 60 %.
    2. Gängige Praxis bei Volksfesten (Schützenfest Karneval etc.)
    Abgabe von Speisen und Getränken nur gegen Wertmarken die oft nur in 10er Paketen verkauft werden.
    Rückgabe und Erstattung nicht verbrauchter Wertmarken sind ausgeschlossen.
    Verbraucherschutz bitte übernehmen Sie.

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  10. keine Ahnung wie es bei euch läuft, bei uns ist es auch schon immer ein Thema gewesen. Das sind Wirtschaftsunternehmen die im maximum denken. Die SGE sieht keinen Cent von den Einnahmen im Stadion während der Heimspiele. Die Verlierer diese Systems sind die Auswärtsfans und die Frankfurter Familien die ab und zu zum Spiel gehen wollen. Die gängigen Fans haben sich schon längst mit Gruppierungen etwas einfallen lassen. Wenn ich wüsste das die SGE davon profitieren würde, hätte ich nichts dagegen. Aber so erwarte ich ein funktionales System, welches nicht gegeben ist! Ich muss nicht ein französisches Medienunternehmen glücklich machen ,weil ich die SGE Supporte.

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  11. toni01
    hoffen wir einfach mal, dass sich der zweite Satz ab 2020 ändert, laut Hellmann will man da ja etwas ändern und das ist auch dringend notwendig will die Eintracht dauerhaft in Liga 1. mitspielen.

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  12. Adlerherb
    deswegen hoffe ich das Bruchhagens Vision eintritt. Das die SGE 2018/19 wirtschaftlich gut dasteht, um wieder das vertrauen der Stadt und den Einfluss des Waldstadions zugesprochen bekommt. Falls nicht, Pläne für ein eigenes Stadion schon jetzt überlegen und planen! Nur so bekommst du wieder das vertrauen der Stadt, nach jahrelanger Geißlung von Idioten in der SGE zustande.

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  13. Das man beim Getränke oder Würstchen holen anstehen muss ist vermutlich nur schwer vermeidbar. Da hat sich die Zahl der Stände auch bereits vervielfacht im Gegensatz zu früher im altern Waldstadion, wobei es da rund ums Stadion auch unabhängige Stände gab, die heute von der Betreiberfirma mit Einheitsware ersetzt wurden, aber gut.

    Was nervt sind die Schlangen beim Aufladen und bei der Becherrückgabe, insbesondere nach dem Spiel sind hier schnell die Kapazitäten erschöpft, ich habe auf meiner Karte auch stets so 20 EUR drauf, mit diesem Geld kann die Betreiberfirma arbeiten! Auch bei dem Becherpfand machen die ihren Schnitt, ich habe bestimmt schon 20 Becher zuhause.

    Da hilft halt nur eines, vorm Stadion versorgen, ich trinke auch mittlerweile sehr selten ein Bier im Stadion. Da geht denen halt Umsatz verloren, den man durch Service einfangen könnte. Ich frage mich wo man mehr verdienen kann, an den verfallenen Karten oder Bechern oder mit dem entgangenen Mehrumsatz? Sollte die Betreiberfirma auch mal betriebswirtschaftlich überdenken. In Frankfurt haben wir glaube ich auch die höchsten Bierpreise in der BuLi, muss auch nicht sein.

    Bei Auswärtsfahrten stimme ich hier voll zu, wegen einem Spiel eine karte kaufen, aufladen, usw. idR verfällt ja der Rest, ich bin z.B. auch nicht jedes Jahr in Schalke / Knappenkarte. Manche Stadien (Freiburg z.B.) haben fanfreundlich im Gästebereich auch wieder Barzahlung eingeführt!

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