15.08.2010, Fussball, 1. BL, Saisoneröffnungsfeier Eintracht FrankfurtKarl-Heinz Körbel gehört neben Jürgen Grabowski und Bernd Hölzenbein zu den Idolen einer ganzen Generation von Eintracht-Fans und trug insgesamt 602-mal das Trikot unserer SGE. Damit ist er Rekordspieler in der Bundesliga, und es ist fraglich, ob diese Marke jemals übertroffen werden wird.

Heute feiert Charly Körbel seinen 60. Geburtstag und die Redaktion von SGE4EVER.DE gratuliert ihm ganz herzlich, wünscht ihm Gesundheit und freut sich, dass er nach wie vor als Aushängeschild unseres Vereins aktiv ist.

Wenn man sich die Karriere unseres „treuen Charly“ als Spieler und Trainer vor Augen führt, drängt sich die Frage auf, was erstaunlicher ist: dass er von 640 möglichen Bundesligaspielen im Laufe von 19 Jahren trotz eines Schienbeinbruchs nur 38 verpasst hat oder warum er dem Verein, der ihn nicht immer anständig behandelte, so lange treu geblieben ist.

Die großen Erfolge unseres langjährigen Mannschaftskapitäns wurden vielfach aufgezählt und beschrieben: 602 Bundesligaspiele, 48 Europapokalspiele, 6 A-Länderspiele, 10 B-Länderspiele, Amateur-Europameister 1974, UEFA-Pokalsieger 1980, DFB-Pokalsieger 1974, 1975, 1981, 1988. Anlässlich seines heutigen Geburtstages möchten wir einer Frage nachgehen: Wie kam Charly eigentlich zur Eintracht?

Im Jahre 1972 wechselte Körbel vom FC Dossenheim zur SGE. Dossenheim? Ja, unser Charly ist weder in Frankfurt noch in Hessen geboren, sondern am 1. Dezember 1954 in einer kleinen Gemeinde im Rhein-Neckar-Kreis nördlich von Heidelberg. Dort erlernte er ab seinem 4. Lebensjahr das Fußballspielen. In einem lesenswerten Interview, das in der Montagsausgabe des KICKER abgedruckt ist, schildert Körbel, wie er mit seinem Onkel im Hof auf Beton gekickt hat. In dieser Zeit war der „Treue Charly“ von Sepp Maier so beeindruckt, dass er gerne als Torhüter spielte. Da er keine eigenen Torwarthandschuhe hatte, zog er den Tischtennisschläger ab und klebte die Noppen – sehr zum Missfallen seiner Mutter – auf seine normalen Handschuhe.17.01.2013, Karl-Heinz Charly Körbel

Als 17-Jähriger Spieler wagte Körbel den Schritt in die Großstadt und absolvierte ein Probetraining – in Hamburg, beim Hamburger SV. Drei Tage lang kämpfte der „Nobody“ aus Dossenheim auf dem Trainingsplatz am Ochsenzoll gegen den damals populärsten deutschen Fußballer: Uwe Seeler. Am Ende der Probezeit stand ein konkretes Vertragsangebot des HSV. Körbel sagte zu, vertröstete die Hanseaten aber vor dem Rückflug, er müsse noch mit seinen Eltern reden. Als er auf dem Frankfurter Flughafen abgeholt wurde, wusste er, dass er nicht nach Hamburg wechseln würde. „Es war schlicht und einfach Heimweh“, schildert Charly seine Gefühle in der längst vergriffenen Biografie „Der treue Charly“ von Hartmut Scherzer und Peppi Schmitt. Er blieb stattdessen noch ein Jahr in Dossenheim und stand fortan im Fokus der süddeutschen Vereine. Neben dem VfB Stuttgart waren vor allem die Offenbacher Kickers an einer Verpflichtung des kräftigen Abwehrspielers interessiert, doch das Gefühl sprach gegen den Bieberer Berg: „Ich weiß eigentlich nicht warum, aber etwas sträubte sich in mir gegen die Kickers,“ wird Körbel in dem Band von Scherzer und Schmitt zitiert. Es war schließlich Wolfgang „Scheppe“ Kraus, der Charly bei Spielen der Jugend-Nationalmannschaft von der Eintracht überzeugen konnte – und das, obwohl der damals neunjährige Junge sich am 19. September 1964 bei seinem ersten Besuch eines Bundesligaspiels im Waldstadion nach  einer 0:7-Niederlage gegen den Karlsruher SC geschworen hatte: „Da geh´ich nie hin.“

Zum Glück brach Charly im Sommer 1972 diesen Schwur. Ernst Berger, der damalige Spielausschussvorsitzende, und Geschäftsführer Jürgen Gerhardt besuchten Körbel in Dossenheim und luden ihn nach Frankfurt ein. Am Riederwald wohnten damals viele junge Spieler der Eintracht: Jürgen Kalb, Bernd Nickel, Peter Reichel. Dem jungen Dossenheimer gefiel diese Truppe, mit der er zusammenwohnen und -spielen konnte. Der damalige Trainer Erich Ribbeck wollte ihn in den erweiterten Bundesligakader aufnehmen, er sollte mit den Profis mittrainieren, aber in der A-Jugend und bei den Amateuren unter Trainer Hermann Höfer Spielpraxis sammeln. Dieses Angebot gefiel Charly, und so unterzeichnete er einen Vertrag als „Olympia-Amateur“, der ihm 800 DM netto pro Monat garantierte. Dem FC Dossenheim wurde der Verlust des bedeutendsten Spielers seiner Vereinsgeschichte mit 48.000 DM versüßt.

Der Rest ist bekannt: Das Bundesliga-Debüt bestritt der 17-Jährigen gegen Bayern München am 14. Oktober 1972. Sein Gegenspieler war kein Geringerer als Gerd Müller. Die Eintracht gewann 2:1 durch Tore von Weidle und Hölzenbein, Gerd Müller hingegen schoss nur einen Treffer. Mit gerade 20 Jahren absolvierte Körbel sein erstes Länderspiel gegen Malta, mit 21 Jahren sein sechstes und letztes gegen Griechenland. Danach wurde er wegen „Deckungsuntreue“ gegenüber „Kaiser“ Franz Beckenbauer nie mehr von Bundestrainer Helmut Schön nominiert.

KörbelIm Juni 1991 beendete er im Alter von 36 seine eindrucksvolle Karriere. Im KICKER wurde er gefragt, ob ein Wechsel in 19 Profijahren niemals ein Thema gewesen sei. „Doch,“ antwortete Körbel, „zum Beispiel 1983. Ich war mit Bruno Pezzey im Urlaub. Ihm war im letzten Spiel in der Halbzeit gekündigt worden, weil kein Geld da war. Gerade als er wegen einer Platzwunde genäht wurde, kam Schatzmeister Knispel zu ihm: „Suchen Sie sich einen neuen Verein.“ Im gleichen Sommer ging Bum-Kun-Cha nach Leverkusen. Wir verloren zwei unserer wichtigsten Spieler. Ich rief aus den USA in Frankfurt an und kündigte meinen Vertrag. Fristlos. Bruno sagte zu mir, komm mit mir nach Bremen, und bot an, Otto Rehhagel anzurufen.“ Danach erst bemühte sich die Eintracht verstärkt um ihre Gallionsfigur: „Alle appellierten an mein Eintracht-Herz.“ – und Charly blieb. Auf die unglückliche Zeit als Chef-Trainer bei der Eintracht, die mit seiner Entlassung 1996 endete, wollen wir schamhaft besser nicht eingehen.

Heute ist Charly Körbel Vorstandsberater und Leiter der Eintracht-Fußballschule, die er selbst im Jahr 2001 ins Leben gerufen hat. Er ist vielfältig sozial engagiert und gehört für alle Zeiten zu den Helden der SGE. Seit 2013 ist sein Bild auf einer der „zwölf Säulen der Eintracht“ in der U-Bahn-Station Willy-Brandt-Platz in Frankfurt zu sehen.

Alles Gute, Charly Körbel, zum 60. Geburtstag!

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7 Kommentare

  1. Herzlichen Glückwunsch Charly.
    Dass die Eintracht zum teil die Gehälter nicht zahlen konnte, ist bekanmt,
    aber was meinst du mit „Deckungsuntreue“ Ralf?
    Die Differenz zwischen Beckenbauer und Charly ist mir nicht bekannt.

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  2. Eintrachtkafka: Beckenbauer hatte ja seine Spieler von Bayern, die er um sich versammelt wissen wollte, v.a. seinen Vorstopper Schwarzenbeck. Gegen die Bayern-Lobby hat Charly Körbel keine Chance. Nach dem Länderspiel gegen Griechenland regte sich Beckenbauer mächtig auf, beschwerte sich bei Bundestrainer Schön und warf Körbel „Deckungsuntreue“ vor – ein schönes Wort, das seitdem kaum mehr in der deutschen Sprache verwandt wurde. Was Beckenbauer damit zum Ausdruck bringen wollte: Körbel deckt nicht so wie Schwarzenbeck; deshalb will ich meinen „Katsche“ wieder haben. Charly machte nie mehr ein Länderspiel.

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  3. Schöner Bericht, aber irgendetwas stimmt da nicht:

    Wie kann er 1974 als 17jähriger gegen Bayern spielen, wenn er 1954 geboren wurde?

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  4. Was wären wir ohne unsere aufmerksamen Leser?. Vielen Dank, eintrachtadler, für den Hinweis! Körbel war in der Tat gerade einmal 17 Jahre alt, aber er machte sein erstes Spiel gegen Bayern bereits im Jahre 1972. Ich habe es korrigiert.

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  5. Danke auch Ralf, dies war damals mein erster Besuch bei einem Eintrachtspiel mit 5 Jahren.
    Mama hat mir damals eine Fahne mit schwarzem und weissen Stoff genäht an einer Vorhangstange!
    Und Papa nahm mich mit ins Stadion auf die Gegentribühne.
    Seitdem bin ich der Eintracht verfallen!

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