Die Verzweiflung war Armin Veh zuletzt anzusehen
Die Verzweiflung war Armin Veh zuletzt anzusehen

Versuchen wir doch einfach einmal, die Beziehung zwischen Armin Veh und Eintracht Frankfurt als fiktive Liebesgeschichte zu erzählen: Ein adretter junger Mann, umworben von vielen Frauen, wird im Sommer 2011 von einem guten Freund überredet, eine nicht mehr ganz junge, verlebte und auf die schiefe Bahn geratene Dame zu heiraten. Aus der anfänglichen Vernunftehe wird mit der Zeit eine Bindung auf der Grundlage echter Zuneigung und Leidenschaft. Das Glück währt drei Jahre, dann verlässt unser Heißsporn seine Angebetete für eine vermeintlich reizvollere Dame, die bessere Perspektiven in Aussicht stellt. Nur kurze Zeit später muss er erkennen, dass die neue Liebe nicht das halten kann, was sie zu versprechen schien. Die Beziehung zerbricht, und nach nur wenigen Monaten kehrt der junge Mann zu seiner alten Liebe zurück – allen Warnungen des Umfelds zum Trotz, die ihm manche unbedachte Aussagen über das Aussehen der Geliebten nicht verziehen hatten. Doch wie im richtigen Leben müssen beide Seiten erkennen, dass der Zauber des ersten Mals verflogen ist. Trotz größter Bemühungen von beiden Seiten will der Funke nicht mehr überspringen, die Irritationen nehmen zu, man versteht sich nicht mehr und am Ende ist die Flamme der Leidenschaft gänzlich erloschen.

Trainerentlassungen, die einer unglücklichen Liebesgeschichte gleichen, bieten keinen Anlass für Genugtuung und Häme, allenfalls kann von Erleichterung oder – pathetisch – von Erlösung gesprochen werden. Das Ende der zweiten Amtszeit des gebürtigen Augsburgers bei Eintracht Frankfurt hat ohne Zweifel tragische Züge, es gibt (mindestens) zwei Verlierer und wie in einer Ehe lässt sich nicht nur ein Schuldiger für das Auseinanderbrechen der einst so strahlenden Beziehung identifizieren.

Wahrscheinlich fehlt es noch am zeitlichen Abstand, um mit letzter Sicherheit beurteilen zu können, woran Armin Veh wirklich gescheitert ist. Es fällt seinen Kritikern gewiss nicht schwer, die von ihm gemachten Fehler zu dokumentieren: die unzureichende Besetzung mancher Positionen, die Zusammenstellung des Kaders, für die er zusammen mit Bruno Hübner die Verantwortung zu tragen hat, das Vertrauen auf einen kleinen Kreis von 12 oder 13 Spielern, denen er immer wieder das Vertrauen schenkte, das fehlende oder nicht passende Spielsystem und viele andere Aspekte, die Veh zu Recht oder zu Unrecht vorgeworfen werden können. Letztendlich haben Leistungen und Ergebnisse nicht gestimmt, sodass die Trennung zwangsläufig war. Reichen die aufgezeigten Punkte aber aus, um das unglückliche Ende einer einst strahlenden Liebe zu erklären?

Bei der Vorstellung von Armin Veh am 15. Juni 2015 versprühten alle Beteiligten Optimismus
Bei der Vorstellung von Armin Veh am 15. Juni 2015 versprühten alle Beteiligten Optimismus

Nein. Armin Veh ist vor allem deshalb gescheitert, weil er und die Eintracht – vereint im Gefühl der wieder entdeckten oder aufgewärmten Zuneigung und in Erinnerung an längst vergangene Zeiten – zu sorglos den Neuanfang im letzten Sommer wagten. Mit Sebastian Rode, Pirmin Schwegler und Sebastian Jung waren drei Säulen seiner ersten Amtszeit nicht mehr dabei, die bis auf den heutigen Tag nicht adäquat ersetzt werden konnten. Fehlendes Tempo im Mittelfeld glaubte er mit der Erfahrung eines Stefan Reinartz ersetzen zu können, und der Weggang von Takashi Inui sollte durch junge, talentierte Kräfte kompensiert werden. Beide Überlegungen gingen nicht auf. Die Schaltzentrale im defensiven Mittelfeld sollte der Schwachpunkt der ganzen Saison sein und die linke Außenposition ist nach wie vor unzureichend besetzt. Aber Warnungen und Unkenrufe fanden bei den Verantwortlichen kein Gehör. Man war froh, einen Neuanfang starten zu können und dachte, die offenkundigen Defizite in der Kaderzusammenstellung durch Mannschaftsgeist und gute Stimmung überspielen zu können.

Hinzu kam, dass sowohl Armin Veh als auch Eintracht Frankfurt unterschätzten, dass der alte/neue Übungsleiter bei einem großen Teil des Anhangs jeglichen Kredit verspielt hatte. Seine eher flapsigen Sprüche nach dem Abgang 2014 wurden ihm bis zuletzt vorgehalten. Nur eine überdurchschnittliche Saison hätte die nachtragende Befindlichkeit der Fans beruhigen können. Ein Teil der Anhängerschaft wartete allerdings nur auf den kleinsten Anlass, um aufgestautem Unmut Ausdruck zu verleihen. Bereits in der Hinrunde boten die Darbietungen der Adlerträger genügend Grund, den Trainer infrage zu stellen. Armin Veh hätte selbst aber wohl kaum damit gerechnet, in welchem Ausmaß die sozialen Netzwerke genutzt wurden, um Angriffe gegen seine Person zu lancieren. Nicht wenige ließen dabei alle Masken fallen und überschütteten den Trainer mit hasserfüllten Tiraden, die jeglichen Respekt vermissen ließen und mit Kritik nichts mehr zu tun hatten.

Am Ende wurde es einsam um Armin Veh
Am Ende wurde es einsam um Armin Veh

Im Gegensatz zu der kurzen Amtszeit von Thomas Schaaf war das Verhältnis zur Mannschaft allerdings bis zum Schluss intakt. Das bezeugen auch die Aussagen vieler Spieler nach der Entlassung von Veh, die sich zudem nach Informationen der F.A.Z. beim Vorstand und Sportdirektor über die Demission ihres Trainers beschwerten – eine ebenso ungewöhnliche wie unüberlegte Aktion. Dabei waren es in erster Linie die Spieler selbst, die ihren Übungsleiter im Regen stehen ließen. Wer hätte vor Saisonbeginn prognostiziert, dass mehrere vermeintliche Stützen der Mannschaft – an dieser Stelle seien nur Oczipka, Aigner und Seferovic genannt – sich monatelang in einem Tief befinden würden, aus dem sie bis heute nicht herausgefunden haben? Letztendlich konnte sich Veh nur darauf verlassen, dass Lukas Hradecky, Alex Meier und – mit Abstrichen – Marc Stendera ihr Leistungsvermögen abriefen. Das ist zu wenig, um den Klassenerhalt zu schaffen und war nicht ausreichend, um dem geliebten Trainer den Job zu retten.

Der Abschied von Armin Veh hinterlässt einen faden Beigeschmack. Unbeschadet aller Fehler, die er als Trainer zu verantworten hatte, konnte man ihm zu keinem Zeitpunkt Einsatz und Leidenschaft für Eintracht Frankfurt absprechen. Er hat sicher alles versucht, um die Mannschaft aus der Krise zu führen. Am Ende ist er gescheitert, da er an seinen Leistungen und nicht an seinen Emotionen gemessen werden musste. Gleichwohl gebührt ihm unser Dank für viele schöne gemeinsame Stunden und für sein unbestreitbar großes Engagement. Wir hätten Armin Veh gewünscht, dass ihm in den letzten Wochen – bei aller Kritik – von den Eintracht-Fans auch der Respekt entgegen gebracht worden wäre, den er verdient hat.

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13 Kommentare

  1. @Bernemer: Um im gewählten Stil von Ralf zu bleiben: Das bringen Scheidungen so mit sich ;D

    Insgesamt ein guter Vergleich mit dem entsprechenden Augenzwinkern, aber eben keinem Nachtreten und einem ordentlichen, respektvollen Ende. Ich habe mich beim Lesen amüsiert, erinnerte mich ein wenig ans Feuilleton 🙂

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  2. Ich denke es war eine Verkettung von vielen Umständen die zu seinem Aus geführt hat. Vor der Saison wurde schon falsch eingekauft, kein neuer RV und kein etatmässiger LM wurden geholt. Die Umstellungen dabei haben viele verwirrt , auch die ständigen Systemwechsel. Ich fande das mit der Raute mal eine gute Idee, vielleicht hätte man sie nur etwas modifizieren müssen damit sie wieder klappt. Meier und Hasebe wurden oft falsch eingesetzt , Waldschmidt öffentlich brüskiert und Stendera sollte es im Mittelfeld alleine richten. Dazu auch Formtiefs vieler Spieler wie Aigner und Otsche zB. Auch gab es oft kein Plan B nach Rückstand und die Auswerchslungen waren oft wirkungslos oder zu spät. Dazu das Festhalten an den falschen Leuten. Ich glaube Veh war bei der Eintracht verbraucht und konnte einfach keine neuen Impulse setzen. Ich wünsche ihm bei seiner nächsten Station mehr Glück , es hat einfach diese Saison wenig gepasst und irgendwie scheint er auch nicht mehr das glückliche Händchen von früher zu besitzen.

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  3. Netter Abschlussbericht Ralf. Ich würde bei der einen oder anderen Sichtweise widersprechen, aber bin der Meinung, das wir das Thema Armin Veh wirklich nicht mehr diskutieren müssen. Auch und gerade deshalb nicht, um bei der pathetischen Ausdrucksweise zu bleiben, ein zartes Pflänzchen Hoffnung auf eine neue Beziehung am erspriessen ist und sich unser Forum hier zu einer Kuschelwiese gleichgesinnter entwickeln könnte. Armin hat es selbst auf einer seiner letzten PK´s gesagt, Trainer und Spieler kommen und gehen, wir sind immer da. Naja, abgesehen vom Server von SGE4EVER..^^

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  4. Wir sollten uns daran erinnern was wir veh zu verdanken haben. Er hat viel für uns getan. Das er am ende nicht früher gegangen wurde oder ein schnitt im winter gemacht wurde ist nicht seine schuld. Man muss auch klar sagen, dass die trainertreue diesesmal zu lange gehalten hat. Aber nun sollten wir nach vorne blicken und die positiven dinge sehen es sind noch 9 spiele ich hoffe das reicht für die kovac brüder. Die zeit ist arg knapp bemessen…

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  5. Hoffentlich klappt es bei der verlebten Dame mit dem feurigen Balkanesen besser. Ich denke schon. Ist ja schließlich nicht nur der Zauber des ersten Mals, auch seine zupackende Art könnte für Befriedigung sorgen.

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  6. Ich werde Veh immer dankbar sein, dass ich auch wegen ihm ua in Tel Aviv stehe durfte.

    Ich hoffe, alles geht gut aus!

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  7. Armin Veh ist Geschichte !
    Schluß Aus !
    wir hatten 2,1/2 Jahre viel Freude mit Ihm , danach ging es bergab und das in immer schnelleren Tempo.
    Seine zweite Verpflichtung war ein Fehler und nach dem unglücklichen Abgang von der Eintracht auch etwas charakterlos. Welche Arbeitgeber im normalen Berufsleben hätte das gemacht ? Sicher die wenigstens.
    Jetzt ist es vorbei, die Wäsche ist gewaschen !
    Forza SGE !

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  8. Hallo Ralf, auch von mir ein großes Lob – ein sehr gelungener, lustiger und wahrer Bericht – Danke

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  9. Hallo Ralf, prima“Nachruf“.

    Veh hat wahrscheinlich den Hauptfehler gemacht, 2014 zu gehen. Eintracht hat dann den Fehler gemacht ihn zurückzuholen und dann wahrscheinlich auch den Fehler, etwas zu lange jetzt mit Vehs Demission zu warten.
    Egal, die schönen Euro-Erinnerungen mit Veh werden bleiben, und die schlechten Gefühle werden auch verfliegen, wenn Trainer Kovac erfolgreich durchstartet.

    Ich wünsche Veh bei seinem nächsten Verein und natürlich Kovac jetzt bei uns viel Freude bei der Arbeit und allzeit große Erfolge!

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