KraazVielen Zeitungen war diese Meldung nur eine Randnotiz wert: Eintracht Frankfurt meldet seine U23 ab. Im April vergangenen Jahres entschlossen sich Verantwortlichen der Hessen, die Nachwuchsmannschaft aus dem Verkehr zu ziehen. Wieder dümpelte die von Alexander Schur betreute U23 im Mittelfeld der Regionalliga Südwest umher, an einen Aufstieg in die 3. Liga war weder sportlich, noch finanziell zu denken. Der letzte Spieler, der noch den klassischen Weg über das Amateurteam gegangen ist, war Sebastian Jung. Dies ist allerdings bereits sechs Jahre her, 2009 wurde der gebürtige Königsteiner Profi. Das anfangs mulmige Gefühl, welches Armin Kraaz, Leiter des Nachwuchszentrums, zu Beginn noch hatte, sei heute aber wie weggeflogen. Viel mehr sieht der 50jährige im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau nach der Abmeldung eine gute Gesamtentwicklung: „Wir haben die Möglichkeit bekommen, unsere talentiertesten Jugendspieler direkt bei den Profis zu präsentieren – von denen ja mit Enis Bunjaki und Yannick Zummack jetzt zwei einen Vertrag bekommen haben.“ Die Top-Talente spielen eben in der U19 und müssten schon frühzeitig an den Profikader herangeführt werden. Ein verlässliches Fazit, ob die Abmeldung der U23 wirklich etwas gebracht habe oder nicht, ließe sich aber erst in drei, vier Jahren ziehen. „Heute„, so betont Kraaz aber deutlich, „würde ich die Entscheidung wieder so treffen.“

Viele Anhänger beschleicht dennoch immer wieder ein ungutes Gefühl, wenn sie dann lesen, dass die U19-Akteure bei anderen Clubs umkommen müssen, weil es für den Profikader nicht gelangt hat. So trainierten Lori Weiss und Ilias Azouaghi bereits bei den Offenbacher Kickers zur Probe mit. Kraaz aber weiß, dass man talentierte Spieler, „wie einen Joel Gerezgiher oder einen Luca Waldschmdt“ nicht in der Regionalliga fördern könne. Der Nachwuchschef schlägt daher ein Alternativmodell vor: „Da ist es sinnvoller, ihm einen Profivertrag zu geben und in die Zweite oder Dritte Liga zu verleihen. Quasi als zweiten Bildungsweg.“ So seien beispielsweise auch ein Philipp Lahm (2004 zum VfB Stuttgart) oder David Alaba (in der Winterpause 2010/11 zur TSG Hoffenheim) vom FC Bayern München weiterverliehen worden, um Praxis auf höchstem Niveau zu sammeln. „Denen hätte es nichts gebracht, Regionalliga zu spielen.“

Wie aber setzte der Verein das freigewordene Geld ein? Nach der Abmeldung wurde von knapp 900.000 Euro gesprochen, die neu verteilt werden könnten. „Ein Teil ist bei der AG geblieben, wir konnten in Personal investieren: Videoanalyse, ein hauptberuflciher Scout, ein Sportpsychologe, auch die schulische Betreuung haben wir erweitern können„, freut sich Kraaz über die Neueinführungen. Und auch personell konnte dieses Jahr erstmals außerhalb der Region gegraben werden: „Wir konnten einen Innenverteidiger vom HSV (Niklas Thiel, Anm. d. Red.) und einen Torwart aus Wolfsburg (Leon Bätge, Anm. d. Red.) holen, das haben wir vorher noch nie gemacht.“ Ferner kann man sich mit den beiden Ex-Profis Schur und Uwe Bindewald zwei hauptamtliche Trainer leiten. Schur soll zudem auch noch näher an die 1. Mannschaft herangeführt werden und für die noch engere Verzahnung von Leistungszentrum und Profis sorgen. Einen Wettbewerbsnachteil, weil es keine U23 mehr gibt, sieht Kraaz dabei nicht: „Abgesagt hat uns deswegen noch keiner.“ Im Gegenteil: „Zu sagen, ihr von der U19 seid der Backup für die Profis – das ist sogar ein Argument, das bei jungen Spielern extrem zieht.“

Wo spielen die ehemaligen U23-Spieler heute? Hat jemand den großen Durchbruch geschafft? Hier eine Übersicht:

Position Name Verein Liga
Torhüter Marco Aulbach Preußen Münster 3. Liga
Torhüter Philipp Wolf SG Büdingen 05 Aufstieg in die Gruppenliga
Abwehr Alexander Hien SV Wiesbaden Hessenliga
Abwehr Baldo Di Gregorio Germania Schwanheim Verbandsliga Hessen Mitte
Abwehr Max Denefleh VfR Mannheim Verbandsliga Nordbaden
Abwehr Hassan Amin 1. FC Saarbrücken 3. Liga
Abwehr Marco Müller Waldhof Mannheim Regionalliga Südwest
Abwehr Erik Wille MSV Duisburg 2. Bundesliga
Abwehr Kristian Maslanka Kickers Offenbach Regionalliga Südwest
Abwehr Markus Gröger FC Hansa Rostock 3. Liga
Mittelfeld Toni Reljic SV Wiesbaden Hessenliga
Mittelfeld Marcel Fahrenholz Montevallo Falcons Universitätenliga
Mittelfeld Daniel Di Gregorio SV Waldhof Mannheim Regionalliga Südwest
Mittelfeld Atilla Yilmaz derzeit unbekannt, zuvor Viktoria Aschaffenburg Regionalliga Bayern
Mittelfeld Christos Almpanis SC Freiburg U23 Regionalliga Südwest
Mittelfeld Andre Flies SG Rot-Weiß Frankfurt Hessenliga
Mittelfeld Sven Hassler SG Bad Soden Kreisoberliga Fulda Süd
Sturm Zahit Findik VfR Wormatia Worms Regionalliga Südwest
Sturm Jannik Sommer SV Waldhof Mannheim Regionalliga Südwest
Sturm Ugur Albayrak derzeit unbekannt, zuletzt Eintracht Trier Regionalliga Südwest
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3 Kommentare

  1. Ich bin da geteilter Meinung. Marco Reus, Nicolai Müller und Jonas Hector sind nur einige Beispiele dafür das es auch mit einer 2. Mannschaft funktioniert. Bis auf Stendera könnte sich ja auch noch keiner bei den Profis festspielen. Man muss wirklich noch 2/3 Jahre abwarten um ein Fazit zu ziehen. Mir tun nur die Jungs leid die jahrelang aufgebaut werden bzw. viel investieren und dann nach der U19 gehen müssen. Vielleicht wäre 1 Mio p.a.für die U23 doch eine rentable Investition in die Zukunft.

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  2. Naja ich war anfangs auch eher gegen die Abmeldung, aber man muss nur mal sehen, dass das Profigeschäft knallhart ist. Entweder man packt den vorgegebenen Weg oder eben nicht. Da sind 1 Mio p.a. dann doch eher Geldverschwendung, wenn doch nur der soziale Aspekt bedient wird!

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  3. Wo haben denn Reus und N. Müller in der U23 gespielt bzw. den Durchbruch in „Amateurteams“ geschafft? Reus hat den Einstieg ins Profigeschäft über LR Ahlen und N. Müller über Greuther Fürth in der 2. Liga geschafft. Finde, wenn eine U23 nur in der Regionalliga spielt, dann ist es für diese Jungs extrem schwer den Sprung in eine BL-Mannschaft zu schaffen. Wer wirklich topp ist, wie zuletzt Stendera und Waldschmidt, die bekommen nach der U19 auch einen Anschlussvertrag im Profibereich und können sich beweisen. Wenn wir pro Jahrgang mindestens einen Spieler hochziehen, ist das ein nachvollziehbares Konzept. Die kommende Saison wird für Bunjaki zum 1. Lehrjahr im Profibereich und nach einer Saison kann das Trainerteam einschätzen, ob es für die BL reicht oder der Weg über die 2. oder 3. Liga sinnvoller erscheint.

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