Niko Kovac ist das Gesicht der Eintracht.
Niko Kovac ist das Gesicht der Eintracht.

Ein Jahr Trainer bei Eintracht Frankfurt – und das auch noch passend zum Geburtstag des Vereins am Mittwoch, den 8. März. Die Installation von Niko Kovac vor fast zwölf Monaten hat bei den Hessen viel bewirkt, auch wenn der Coach erstmals in seiner Amtszeit vier Bundesliganiederlagen am Stück verdauen musste. Wer den Kroaten in den vergangenen 365 Tagen näher kennenlernen durfte, der weiß, wie groß sein Ehrgeiz ist und wie sehr die aktuelle Leistungsdelle seiner Mannschaft an ihm nagt. Vor allem aber stört er sich daran, wenn er sein Team ungerecht behandelt sieht – wie am Sonntag bei der 1:2-Heimniederlage gegen den SC Freiburg.

„Ich habe derzeit das Gefühl, weil wir Eintracht Frankfurt sind, dass die Schiedsrichter einiges gegen uns pfeifen“, wetterte der Trainer bei „Sky“ nach den vielen falschen Entscheidungen der Unparteiischen in den vergangenen Wochen. Drei der letzten sechs Gegentreffer, die die Hessen gegen den FC Ingolstadt, Hertha BSC (jeweils 0:2) und jetzt die Breisgauer kassierten, waren irregulär. Ob es eine Ecke gab, die keine war oder die Torschützen im Abseits standen – in den engen Situationen wurden die Frankfurter nicht vom Glück geküsst.

Kovac wird dennoch aus dieser schwierigen Situation seine Schlüsse ziehen müssen. Hilft es weiter, so oft wie möglich öffentlich anzuprangern, dass die Schiedsrichter anders pfeifen und mehr durchgehen lassen müssen? Ist es richtig, die Aktion von Ante Rebic, als er seinem Gegenspieler Lukas Kübler in der 39. Minute etwas länger auf dem Fuß stand, mit Verweis auf schnelle Faller und Theatralik der anderen Akteure zu decken? Fragen, auf die es wohl keine richtige oder falsche Antwort geben wird.

Kovac will Infrastruktur weiter verändern

Die aktuelle Niederlagenserie ändert allerdings nicht daran, dass die Zeit von Kovac bei der Eintracht bislang als reine Erfolgsstory bezeichnet wird. „Unser Klub ist en vogue, wir sind in aller Munde“, freut sich der Coach im „kicker“ über die Entwicklung der Hessen in kürzester Zeit. Abstiegskampf, Relegationsspiele gegen den 1. FC Nürnberg, Klassenerhalt – und dann der so nicht zu erwartende Aufschwung in der Hinserie der aktuell laufenden Spielzeit. Neben dem sichtbaren sportlichen Erfolg wurden auch im Hintergrund einige Steine ins Rollen gebracht. „Sachen, die mir negativ auffallen, müssen wir versuchen zu verändern. Bei den Klubs, bei denen ich gespielt habe, war die Infrastruktur sehr gut – das ist hier nicht so“, stellt der Ex-Profi klar.

Der Jubel war groß, nachdem die Vertragsverlängerung von Niko Kovac bekannt gegeben wurde.
Der Jubel war groß, nachdem die Vertragsverlängerung von Niko Kovac bekannt gegeben wurde.

In den kommenden Jahren soll eine Infrastruktur aufgebaut werden, die dem Klubs gewisse Sachen erleichtert. Ein neues Trainingszentrum, eine modernere Kabine und mehr Nähe zu den Jugendmannschaften sind Themen, die auf der Agenda stehen: „Alleine die Tatsache, dass wir an der Commerzbank-Arena und unsere Jugendmannschaft im Frankfurter Stadtteil Riederwald trainieren, ist nicht nur suboptimal, sondern schlecht. Gerade die A-Junioren müssen nah bei uns sein.“ Kovac weiß um die Langfristigkeit dieser Projekte, weshalb er seinen Kontrakt – vielumjubelt vom Anhang – bis 2019 ausdehnte. Ob es schon Anfragen anderer Klubs gab, wollte der Coach nicht beantwortet, dies sei nach der Vertragsunterschrift auch „überhaupt kein Thema.“

Der in Berlin geborene Kroate wird sich mit Stillstand jedoch nicht zufrieden geben und weiter antreiben. Kovac lebt die Werte wie Disziplin, Kampfgeist und Ehrgeiz authentisch vor. Sich permanent zu motivieren, sei „tatsächlich nicht leicht, aber ich bin noch relativ jung in dem Geschäft, mir bereitet das bisher keine Probleme.“ Dennoch sieht er sich in der Rolle als Coach im Nachteil gegenüber den Spielern. Während sich die Profis 90 Minuten auf dem Feld auspowern können, „muss man als Trainer vor allem mentale Kraft verbrauchen. Nach einem sehr konzentrierten Tag merkt man das schon, dass die Substanz am Abend ein bisschen verloren geht.“ Trainer sein bis 74, wie etwa Giovanni Trapattoni? Für Kovac ist dies keine Option: „Das ist ein Beruf, der Spaß macht und einen nicht loslässt, aber irgendwann musst du aufhören.“

Kovac will die Eintracht konstant in das obere Drittel führen

Von einem solchen Zeitpunkt ist Kovac jedoch noch ganz weit entfernt. Wenn von den Überraschungen der Saison gesprochen wird, ist sein Name nicht weit entfernt. Zusammen mit Ralph Hasenhüttl oder Julian Nagelsmann zählt er zu den Bereicherungen der Bundesliga, mit seiner offenen Art hat er das komplette Umfeld von sich eingenommen. Er will weiterhin Träume haben – auch wenn diese nicht gleich einen Gewinn der Deutschen Meisterschaft beinhalten: „Aber wenn sich der Verein so aufstellen kann, dass er konstant im oberen Drittel mitspielt, wäre das ein großer Erfolg.“ 

Ob schon in diesem Jahr ein erster Schritt in diese Richtung gelingt? Derzeit muss die Eintracht dem enormen Tempo der Hinserie etwas Tribut zollen und viele Verletzungen und Sperren verkraften. Während die Hessen in der Hinrunde 90 Minuten problemlos durchzumaschieren schienen, wirkt der eine oder andere Akteure inzwischen etwas frühzeitiger platt. „Es geht in die Richtung, dass das alles Hochleistungsathleten sind, die auf vieles achten müssen“, weiß Kovac um die Komplexität des Sports und verweist auf einen Weltklassespieler: „Der Fitnesszustand der Sipieler unterscheidet sich sehr im Vergleich zu der Zeit vor 10, 15 Jahren. Wenn ich mir anschaue, wie Cristiano Ronaldo dasteht, dann sieht man schon, dass das ein Profi ist, der mehr macht als manch anderer.“ Die Kader werden daher immer größer, die Verletzungen häufen sich und die Partien werden immer intensiver und enger. Vor allem die hohe Pressingbereitschaft in allen Zonen des Feldes ist ein Merkmal der Entwicklung des Fußballs.

Ferner müssen die „Spieler viel reisen“ – gerade dann, wenn sie international spielen. Europa League oder Champions League, Nationalmannschaft, etwaige Marketingtouren mit den Klubs. Die Anzahl der Begegnungen wurde peu à peu gesteigert, der Zwang auf allen Ebenen nachzuziehen ebenso. Trotz der Mehrfachbelastung würde Kovac die Europa League niemals als „Cup der Verlierer“ bezeichnen, wie der Vorgängerwettbewerb UEFA-Cup einst von Franz Beckenbauer bezeichnet wurde. „Als junger Spieler habe ich gelernt, dass einem jedes internationale Spiel weiterhilft. Die Bundesliga ist sicher wichtig, aber eine internationale Partie bringt dem Spieler das Doppelte oder Dreifache.“ Kovac erlebte als Profi auf internationalem Parkett seine schönsten Spiele, „weil man gegen andere Nationen, Mentalitäten und Kulturen spielt.“ Es wären mit Sicherheit auch als Trainer echte Festtage für den Kroaten, der immer nach dem Höchsten strebt.

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8 Kommentare

  1. Ist ‚Cristiano Ronalda‘ die weibliche Form von Ronaldo?
    Ansonsten top. Viel Erfolg Niko weiterhin!

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  2. Sein Interview nach dem Spiel gestern bei SKY hat meine Meinung über ihn weiter gefestigt. Ein Schmunzeln und Applaudieren konnte ich mir nicht verkneifen, als er sich zum Thema #tretertruppe geäußert hat. Ein super-sympathischer Kerl, der sehr akribisch arbeitet und immer realistisch bleibt. Zudem spricht er das an, was HB und BH jahrelang versäumt haben zu korrigieren/verbessern. Sicherlich können auch einige Transfers kritisch betrachtet werden, aber am Ende der Saison zählt nur der Klassenerhalt und das die Weichen auf stetige Verbesserungen gestellt sind.

    Weiterhin viel Erfolg Niko Kovac!

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  3. Interessante Phase gerade was die Arbeit von NK angeht. Nach einer überragenden Hinserie jetzt der lange erwartete Hänger. Aber immernoch auf Rang 6 und im Pokalhalbfinale.
    Noch hat er Kredit bei den Anhängern und im Umfeld. Aber wenn jetzt gegen die Bayern verloren wird und auch gegen den HSV kein Sieg rausspringt werden mit Sicherheit die ersten Stimmen laut… Ob diese Sinn machen sei mal dahingestellt, aber es gibt immer welche die die Schuld allein beim Trainer suchen…

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  4. „Kovac will die Eintracht konstant in das obere Drittel führen“ DAS und die dazugehörenden Zeilen, sind mal Worte auf die Wochen oder gar Monate gewartet habe. Nicht immer nur „Wir gehören da nicht hin“
    Klar in dieser Saison eher nicht Europa. Habe Schiss vor der Doppelbelastung unserer Mannen. Aber Mittelfristig sollte es schon mal Europa sein.

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  5. @Tschups
    Im EuropaLeague-Fall: Es wird dann nächste Saison eben genau so laufen wie in dieser. Es werden talentierte Leihspieler geholt, die die Chance bekommen sich auf der Bühne Bundesliga und Europaleague zu beweisen. Nur haben wir dann den Trumpf in der Hand, dass wir international spielen und nucht ein fast-Absteiger sind. Es werden dann nur ein paar mehr Spieler sein, die die Doppelbelastung machbar machen

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  6. @4 So seh ich das auch. Wenn man immer gewinnt ist alles super. Der wahre Charakter zeigt sich, wenns mal nicht so läuft und wie man die Krise bewältigt. Ich habe da keine Sorge und bin nach wie vor von NK als Trainer begeistert aber es ist auch für ihn als Trainer ne neue Situation wo man sehen muss, wie er diese meistert.

    Es wäre auch Zeit nach nem halben Jahr ein Fazit über unsere Verpflichtungen zu machen. Am Anfang ist die Euphorie immer groß (auch wenn man wohl außer Hrgota und mit Abstrichen Rebic nur als absoluter Fußballfachmann auch nur einen der gekauften oder geliehenen Spieler wirklich kannte). Wie ist die Arbeit von Hübner und Bobic zu bewerten – evtl. auch ohne die nicht vorhandenen finanziellen Mittel mit in die Betrachtung einzubeziehen. Wer sollte gehalten und wer abgegeben werden und wo fehlt es am dringlichsten.

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  7. Meinen Dank und Gratulation zum 1-jährigen Jubiläum. In diesem Geschäft sollte 1 Jahr soviel wert sein wie 5-10 Jahre im „normalen“ Berufsleben. Niko Kovac, schön dass es Dich gibt!

    Schön, dass er Zuversicht verbreitet. Ich glaube an ihn. Oberes Drittel ist für mich jedoch keine Pflicht.

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