Willian Pacho ist in seiner ersten Saison bereits gesetzt in Frankfurt. (Foto: IMAGO / HMB-Media)

Feuerwehrmann, Pilot, Rennfahrer, Fußballprofi – das sind wohl die gängigsten Berufswünsche von Jungs im Kindesalter. Bei Eintracht-Innenverteidiger Willian Pacho war dies anders, wie er im Interview mit dem Vereinsmagazin „Eintracht vom Main“ erklärte, denn seine Mutter habe immer gewollt, dass der Ecuadorianer Seeman wird. „Deswegen hatte ich diese Ausbildung immer im Kopf. Ich glaube, wenn ich kein Fußballer wäre, dann wäre ich wohl Seemann geworden“, erklärt der 22-Jährige.

Allerdings gab er zu, dass ihn viele Dinge von den typischen Seemännern und deren Klischee unterscheiden. Er habe zum Beispiel keine Tattoos oder Ohrringe, erneut war seine Mutter hier der Grund: „Meine Mutter mochte weder Tattoos noch Ohrringe. Ich habe ihr versprochen, dass ich mir niemals Tattoos oder Ohrringe stechen würde.“ Eine Sache habe er dann aber doch mit den Seemännern gemeinsam: Die Liebe zum Meer und den Strand. „Ich mag den Strand sehr, ich liebe ihn. Ich war noch nicht in Mexiko. Vielleicht geht es also im nächsten Urlaub dorthin“, gab er an. Mexiko sei aber auch ein Ziel seiner Karriere, denn im Jahr 2026 findet die Fußball-Weltmeisterschaft unter anderem in Mexiko statt. „Wir wollen uns qualifizieren, das ist klar. Im Moment bin ich Nationalspieler und möchte natürlich auch in zwei Jahren im Kader stehen“, sagt er selbstbewusst.

Wer Pacho in Frankfurt Fußball spielen sieht, der hat daran derzeit keine großen Zweifel. Obwohl er erst vor dieser Saison Von Royal Antwerpen nach Frankfurt kam, scheint er derzeit nicht mehr aus der Startelf wegzudenken. Die meiste Zeit präsentiert er sich zweikampfstark, schnell und resolut im Zweikampf, dazu meist sehr passsicher – und immer mit Kaugummi. Ein Tick, denn er aus seiner Zeit in Belgien habe: „Ich glaube, es liegt an der Kälte hier in Europa. Wenn es zu kalt ist, habe ich Lust auf einen Kaugummi, dann mag ich es sehr. Bei jedem Spiel hat mir der Kaugummi auch geholfen, meine Konzentration aufrechtzuerhalten.“

Über die Stürmer-Position in die Innenverteidigung

Der 22-Jährige ist in der ecuadorianischen Provinz Esmeraldas aufgewachsen und lernte hier auch das Fußballspielen – obwohl er zu Beginn nicht in der Verteidigung wie heute zuhause gewesen sei: „Ich habe bei Alfaro Moreno in Quinindé angefangen, wo ich geboren bin. In diesem Verein gab es einen Lehrer, der mich anfangs immer als Mittelstürmer oder zumindest offensiv eingesetzt hat. Später habe ich es dort geschafft, mich als Innen- oder Linksverteidiger zu positionieren, das hat mir gefallen. Anschließend habe ich für mehrere andere Mannschaften gespielt, auch für Avila in Quinindé.“

Von dort sei es zu Independiente del Valle gegangen, wo er zum Profi wurde und von wo er anschließend nach Belgien ging. Die Zeit bei Independiente habe ihn sehr stark beeinflusst: „Als ich zu Independiente kam, fing ich an zu träumen, Ziele zu haben, dass ich gehen und eine Menge Dinge erreichen würde, weil ich die anderen sah, die genauso anfingen wie ich. Das Personal, das Training und all die Geräte, die zum Trainieren da waren, waren sehr professionell. Auch die Schule dort in Independiente del Valle war besser ausgestattet als in Quinindé. In dieser Zeit bei Independiente habe ich viele Ziele erreicht, das war wirklich gut. Ich habe es geschafft, alles zu erreichen, was ich dort erreichen wollte. Deswegen bin ich dem Verein sehr dankbar.“

Im Allgemeinen zeigte sich sehr heimat- und familienverbunden. Derzeit sei seine Freundin in Deutschland, wo er oft mit ihr südamerikanisch koche, erklärte der Linksfuß. Aber auch der Kontakt zur Familie sei ihm sehr wichtig: „Das klappt echt gut. Ich versuche, die Familie anzurufen, wann immer ich kann. Und jetzt, wo es die Technologie gibt, ist es für mich einfacher. Ich bin daran gewöhnt, seit ich sehr jung war. Ich musste mich früh von meiner Familie trennen, also weiß ich, wie ich damit umgehen muss.“ Weiterhin sei er „wann immer es die Zeit erlaubt“ in Ecuador, vor allem in der spielfreien Zeit. „Sie kommen ebenfalls gut damit zurecht. Und wenn wir dann zusammen sind, machen wir das Beste daraus.“ Dabei erzählte er lachend, dass auch sein Vater, den er allerdings nie hat spielen sehen, und sein Bruder aktive Fußballer gewesen seien. Aus seiner Heimat habe er auch noch ein großes Vorbild: „Antonio Valencia vor allem, denn ich bin damit aufgewachsen, ihn spielen zu sehen. Als er in Manchester war, habe ich vor allem morgens den Fernseher eingeschaltet, um zu sehen, ob er spielt. Ich habe versucht, jedes Spiel von ihm zu schauen.“

Schwieriger Beginn in Europa

Mittlerweile schauen die Kids zu Pacho selbst auf, das Trikot mit der Nummer 3 wird immer öfter im Frankfurter Stadtwald getragen. Dabei sei ihm die Umstellung von Ecuador nach Europa im Jahr 2022 sehr schwer gefallen. Er habe vor allem seine Familie und das Essen vermisst. Dies sei allerdings Vergangenheit: „Jetzt bin ich noch motivierter, weil ich angepasster bin und mich immer besser daran eingewöhnt habe. Aber am Anfang war es wirklich schwer, ich erinnere mich an diesen Moment. Es war hart für mich, ohne meine Familie und das gewohnte Essen. Mittlerweile habe ich diese Probleme gut gelöst.“ In Europa habe ihm vor allem die Sicherheit und die daraus resultierende Freiheit gefallen: „Ich kann auf die Straße gehen und habe das Gefühl, dass ich entspannt sein kann. Das ist für mich besonders hier.“

Die Beziehung zur SGE begann für Pacho aber nicht erst im vergangenen Sommer, als er zu den Hessen wechselte, sondern schon vor mittlerweile sechs Jahren. „Wir haben mit Independiente 2018 gegen Frankfurt gespielt, ich war 16 Jahre alt. Das ist eine schöne Geschichte, denn damals wusste ich natürlich noch nicht, was das Schicksal für mich bereithält. Ich habe noch den Wimpel der Eintracht bei mir zu Hause, denn ich war Kapitän in diesem Spiel. Der geht normalerweise einfach zum anderen Verein. Da die Eintracht die erste europäische Mannschaft war, gegen die wir gespielt haben, habe ich gefragt, ob ich den Wimpel mit nach Hause nehmen darf. Er war mir sehr wichtig. Ich habe auch ein schönes Bild zu Hause von der Platzwahl“, erinnert er sich.

Nächstes Ziel: Tore für die SGE

Mittlerweile ist er also nicht mehr Kapitän der gegnerischen Jugendmannschaft der SGE, sondern selbst Stammspielen in Frankfurt. Auch durch die Nationalmannschaft und die langen Reisen zu dieser sicher ein anstrengender Job. „Ich versuche immer, mich viel auszuruhen. Ich weiß, dass meine Situation herausfordernd ist, also gebe ich mein Bestes, verantwortungsbewusst damit umzugehen“, erklärte Pacho sein Geheimnis, fit zu sein und brachte ein Beispiel an: „Der Flug von Ecuador hierher ist sehr lang. Also versuche ich, so viel wie möglich zu schlafen. Ich versuche auch, ins Fitnessstudio und in den Whirlpool zu gehen, weil ich das Gefühl habe, dass mir das hilft, sodass ich mich wohlfühle und so viele Spiele wie möglich bestreiten kann.“

Als knallharter Verteidiger soll sich der 22-Jährige mittlerweile auch schon in die Notizblöcke einiger Topklubs gespielt haben. Dabei ist das Verteidigen eine Art Leidenschaft für ihn: „Ich liebe einfach das Verteidigen und versuche immer, mein Bestes zu geben in jeder Situation.“ Während er für die SGE offensiv bisher noch nicht erfolgreich war, ist ihm das für die Nationalmannschaft schon zweimal in neun Spielen gelungen. „Tore zu schießen ist aber natürlich auch herrlich, insbesondere wenn es für dein Land ist. Aber natürlich möchte ich auch bald für die Eintracht treffen“, erklärt er sein Ziel – dagegen dürfte wohl kein Eintracht-Fan etwas haben!

- Werbung -

4 Kommentare

  1. Hammer Typ, er wirkt so geerdet. Wenn man nur seine Statements liest, spürt man schon so eine innere Ruhe, das färbt ab.

    22
    0
  2. Nice! So langsam lernen wir unsere Spieler besser kennen.
    Guter Typ, cooler Name!

    1
    0

Keine Kommentare mehr möglich.

- Werbung -