Frankfurt-Legende Bernd Nickel und Thomas Rohrbach bringen die Kickers in Bedrängnis (Quelle: imago images / Ferdi Hartung)

Auf der einen Seite des ehrwürdigen Waldstadions wehten die Schwarz-Weißen Banner der Eintracht, auf der entgegengesetzten die rot-weißen Flaggen der Kickers. Eintracht-Star Jürgen Grabowski meldete sich nach Oberschenkelverletzung zurück – alles war angerichtet für einen heißen Derby-Fight.

 

Die Kickers kommen mit breiter Brust

Der 02. März 1974 war ein sonniger Tag und der kleine Nachbar aus Offenbach war zu Gast in Frankfurt. 42.000 Fans füllten das Waldstadion. Die erhofften 63.000 kamen nicht. Vielleicht lag es daran, dass die Eintracht die letzten drei Derbys allesamt verloren hatten. Ob die Fans mit dem Adler auf der Brust eine weitere Derby-Niederlage verkraftet hätten? Man weiß es nicht. Trainer Dietrich Weise setzte auf seine Flügelstürmer Grabowski und Thomas Rohrbach, im Zentrum sollte Bernd Hölzenbein wirbeln. Eine Position, mit der Hölzenbein gar nicht glücklich war. „Den Raum, den mein Spiel braucht, den habe ich im Sturm nicht“ gab er im Vorfeld zu Weises Überlegungen zum Protokoll. Das letzte Wort sollte aber der Trainer haben und so ging die Eintracht im 4-3-3 in die Partie.

Anpfiff in Frankfurt

Die Partie begann mit Frankfurter Überlegenheit. Die Kickers wussten gar nicht wie ihnen geschieht, als Grabowski immer wieder seine Elf dirigiert. Im Zusammenspiel mit dem nimmermüden Charly Körbel wirbeln sie durch die Offenbacher Reihen, doch die Adlerträger blieben in ihren Angriffen zu ungenau. Nach diesem anfänglichen Sturmlauf, fingen sich die Kickers in der Defensive und kamen nun besser in die Zweikämpfe, wenn auch in gewohnt ruppiger Gangart. In der 15. Spielminute dann die erste Großchance für die Eintracht: Uwe Kliemann steckt einen traumhaften Pass durch die Kickers-Abwehr, Hölzenbein ist auf und davon und überwindet OFC-Keeper Bockholt, der Ball klatscht aber nur an den Pfosten. Das hätte die Führung sein müssen. Doch die Eintracht-Fans mussten nicht lange auf die nächste Chance warten. Keine Minute später schlägt Grabowski eine Ecke in den Strafraum, Kliemann hält seinen Wuschelkopf in die Flugbahn und wuchtet die Kugel unter die Latte – 1:0!

Die Eintracht und der Linienrichter zu unkonzentriert

Die Kickers taumelten und die Eintracht gab weiter Vollgas. Roland Weidle zog in der 23. Minuten aus der Distanz ab, der Schuss flog wie ein Strich in den Winkel, doch Bockholt brachte die Fingerspitzen an den Ball und parierte. Dieses Bild, sollte die restliche erste Halbzeit prägen. Die Eintracht kam immer wieder zu guten Chancen, doch entweder war der Kickers-Torwart oder das Aluminium im Weg. Es fehlte die letzte Präzision im Abschluss. Nur einmal gelang es den Adlerträgern in den ersten 45 Minuten noch Bockholt zu überwinden: Rohrbach ließ OFC-Spieler Meyer ins Leere laufen und schloss eiskalt zum 2:0 ab. Der Jubel währte aber nur kurz, der Linienrichter hatte eine Abseitsposition erkannt – er war wohl der einzige unter den 42.000 im Waldstadion. Doch musste die Eintracht sich an die eigene Nase fassen, zu viel hatte man in Hälfte Eins liegen lassen.

Die Nachlässigkeit rächt sich

Grabowski war seinerzeit Taktgeber der Frankfurter Eintracht. (Quelle: Imago Images / Ferdi Hartung)

Die Adler kommen aus der Kabine und machen dort weiter, wo sie aufgehört haben. Erst verfehlt Hölzenbein nach tollem Doppelpass mit Grabowski knapp, dann scheitert Trinklein an Bockholt. In der 53. Minute gelingt dem OFC dann der erste gefährlich Konter, Schäfer bricht durch die Verteidigung, Eintracht-Torwart Günther Wienhold stürmt heraus, lässt den Ball aber durch rutschen und bringt Schäfer zu Fall. Schiedsrichter Gerd Henning blieb nichts anders übrig als Strafstoß zu pfeifen. Ritschel verwandelt trocken zum 1:1 Ausgleich. Die Eintracht war nun merklich verunsichert. Jürgen Kalb vertändelt im Mittelfeld leichtfertig den Ball, OFC-Star Hickersberger entwicht Körbel, kann in letzter Sekunde aber vom starken Gert Trinklein am Torschuss gehindert werden. Trainer Weise reagiert und holt Jürgen „Bruder Leichtfuß“ Kalb vom Platz und bringt Bernd „Dr. Hammer“ Nickel in die Partie. Nickel war lange verletzt und noch nicht in Topform, doch brachte er sich gleich mit einer schönen Kombination mit Hölzenbein und Rohrbach mit ein, an deren Ende Rohrbach erneut am Pfosten scheiterte. Nur wenige Minuten zuvor hatte Weidle nach schöner Finte aus spitzem Winkel verzogen. Die Eintracht konnte sich auf den Kopf stellen, der Ball wollte nicht ins Tor.

Heiße Schlussphase

Schuss um Schuss flog auf den Kasten der Kickers. Weidle, Kliemann, Nickel und Rohrbach, sie alle verfehlen knapp oder scheiterten am starken Bockholt. In den letzten zehn Minuten der Partie drehen die Kickers dann nochmal auf. Motiviert vom Unvermögen der Eintracht, will man den Spielverlauf auf den Kopf stellen. OFC-Stürmer Held zieht aus mittiger Position ab, Wienhold machte sich ganz lang und lenkte den Ball zur Ecke. Die Offenbacher witterten ihre Chance und so war es Hickersberger, der in der 86. Minuten Kliemann aussteigen ließ und überlegt zum 1:2 einschob. Das Rennen war gelaufen, der Drops gelutscht. Die Kickers waren plötzlich in Führung und keiner wusste so wirklich warum. Trainer Weise wollte das nicht hinnehmen. Er brachte den jungen Wolfgang Kraus für Weidle und in der 88. Minute, nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung, dringt Kraus in den gegnerischen Sechszehner ein, wirbelt hindurch und lässt sich nur durch ein Foul stoppen. Elfmeter. Sicherster Schütze der Frankfurter war ohne Frage Kalb, doch den hatte Weiser bereits aus der Partie genommen. 42.000 Zuschauer hielten den Atem an. Wer war dem Druck gewachsen? Nach solch einer Partie, in der alles gegen die Eintracht zu laufen schien, in der das Tor wie vernagelt schien. Es war der Kapitän. Grabowski schnappte sich den Ball. Legte ihn sich säuberlich zu recht. Mit einem Blick schickt er Bockholt in die falsche Ecke und schiebt beinah mittig ins Tor ein – 2:2! Der Ausgleich war geschafft. Wäre das Spiel verloren gegangen, die Eintracht wäre an der Welt verzweifelt. So wurde das Unentschieden gefeiert wie ein Sieg.

 

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2 Kommentare

  1. Wie oft haben wir gegen den OFC verloren.
    Manchmal waren da richtige Klatschen (5:2) dabei.
    Die beiden wichtigsten Spiele, ’59 um die Meisterschaft und das „Abstiegsendspiel ’71
    in Offenbach haben wir aber gewonnen.

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