Im Jahr 2018 wurde schon einmal mit Tennisbällen demonstriert: Damals von Eintracht-Fans gegen Montagsspiele. Nun fliegen die gelben Filzbälle durch nahezu alle Bundesligastadien, dieses Mal geht es um die DFL-Investoren. (Foto: Heiko Rhode)

Seit einigen Wochen demonstrieren Fußballanhänger gegen die Beteiligung von Investoren und damit dem Milliarden-Deal an der Deutschen-Fußball-Liga (DFL), beispielsweise durch das Werfen von Tennisbällen auf das Spielfeld. Mitunter sorgt dies für unzählige Spielunterbrechungen und zweistelligen Nachspielzeiten. Der Grund für die Wahl von Tennisbällen ist einfach: Sie lassen sich leicht werfen und sich wegen ihrer Größe leicht ins Stadion schmuggeln. Nach Fanaussagen lassen sich diese Tennisbälle auch so werfen, dass es niemandem schadet. Dies zeigt, wie kreativ und engagiert Fans in ihren Protestformen sein können, ähnlich wie die Gemeinschaft, wenn sie eine passende Online-Spielhalle finden will.

Das Ziel der Protestaktion ist es nicht, den Spielern zu schaden, sondern das Spiel gezielt zu pausieren. Für diese Unterbrechungen nutzen die Anhänger jedoch nicht ausschließlich Tennisbälle, sondern greifen auch zu schokoladigen Goldtalern, anderen Süßwaren oder Hüpfbällen – allesamt Dinge, die man ebenfalls problemlos werfen kann.

Warum sind die Fans so verärgert?

Die Verärgerung der Fans rührt nicht nur daher, dass eine Abstimmung der Bundesliga-Vereine stattgefunden hat, sondern auch aus der Art und Weise, wie diese Abstimmung zustande kam. Im Dezember stimmten 24 der 36 Profiklubs für den Einstieg eines Investors, wodurch die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit nur knapp erreicht wurde. Eine Schlüsselfigur in dieser Angelegenheit war Martin Kind, der Geschäftsführer der Profiabteilung von Hannover 96, der entgegen der Anweisung seines Vereins seine Stimme für den Investoreneinstieg gegeben haben soll. Hätte der 79-Jährige anders entschieden, wäre das Investorenvorhaben vermutlich gescheitert. Kind entkräftete Zweifel an seinem Votum mit dem Hinweis auf die Geheimhaltung der Wahl, obgleich viele Klubs ihr Votum danach offenlegten.

Wie lange wird der Protest noch dauern?

Es ist momentan nicht abzusehen, wie lange die Proteste der Fans noch andauern werden. Nachdem Eintracht-Vorstandssprecher und DFL-Präsidiumsmitglied Axel Hellmann eine Neuwahl in der Investorenfrage trotz anhaltender Proteste ausgeschlossen hatte, lud die DFL letzte Woche Fanvertreter zu Gesprächen ein, eine Einladung, die die Fans ablehnten.

In einer gemeinsamen Erklärung, die von fünf Fan-Organisationen unterschrieben wurde, wird argumentiert, dass das Ziel der DFL lediglich sei, noch einmal zu erläutern, was der Investoren-Deal bedeutet und was nicht, und den Fanvertretern nahezulegen, die Protestaktionen nicht weiter zu intensivieren. Es gebe keine Auseinandersetzung mit der Kritik am Zustandekommen des Abstimmungsergebnisses, keine Anerkennung der Erschütterung der 50+1-Regel und keine Ansätze, wie die DFL auf die Kritiker zugehen möchte.

Die Fanvertreter werfen der DFL vor, die Kritik aus den Fankurven zu ignorieren und scheinbar darauf zu setzen, den Konflikt einfach auszusitzen. Das gegenwärtige Dialogangebot sei keine echte Selbstreflexion, sondern lediglich ein Feigenblatt, da es keine Grundlage für echte Verhandlungen biete. Klarheit besteht für die Fans darin, dass eine neue Abstimmung über den Investoren-Deal stattfinden muss. „Protest, der nicht stört, ist kein Protest. Jetzt tut es ein bisschen weh, aber auch im übertragenen Sinne. Denn es wird ein Fußballspiel unterbrochen. Es wird niemand verletzt, niemandem geschadet“, erklärte Thomas Kessen, Sprecher des Fan-Dachverbands „Unsere Kurve“, kürzlich gegenüber RTL/n-tv. Laut ihm habe die DFL „kein verhandlungswürdiges Angebot vorgelegt“.

Wäre ein Spielabbruch möglich?

Ein Spielabbruch in der Bundesliga ist nicht von der Hand zu weisen. Es scheint, als würden die Ultra-Gruppen genau darauf hinarbeiten. Ein Beispiel dafür sind die Plakate, die während des Spiels von Hannover 96 gegen den Hamburger SV im Gästeblock von einigen Hartnäckigen gezeigt wurden, auf denen die Köpfe potenzieller Investoren und Martin Kinds in einem Zielfernrohr dargestellt waren.

Laut den DFL-Regeln könnte ein Spiel auf Grund solcher Aktionen abgebrochen werden. Beim Spiel zwischen Union Berlin und dem VfL Wolfsburg (1:0) am Samstag stand ein solcher Abbruch kurz bevor. In Fachkreisen wird spekuliert, dass die DFL den Fans diesen „Triumph“ nicht zugestehen möchte.

Der Protest – Mehr als nur die Kurven?

Nicht nur die Stimmung in den Fanblöcken ist von den Protesten geprägt. Fredi Bobic sorgte während der Partie des VfB Stuttgart gegen Mainz 05 für Aufsehen, indem er sich klar gegen die Proteste aussprach. Der ehemalige Angreifer äußerte sinngemäß, dass die Mehrheit der Fans schlichtweg Fußball genießen möchte und die Unterbrechungen viele Zuschauer verärgern.

Diese Ansicht wird vom Fanbündnis, zu dem auch „Unsere Kurve“ e.V. zählt, herausgefordert. Sie argumentieren, dass es ein Irrglaube sei, anzunehmen, nur eine Minderheit der Fans würde sich gegen den Einstieg von Investoren durch die DFL und insbesondere gegen die Art und Weise, wie dieser zustande kam, wehren. Die Proteste seien landesweit verbreitet und die Legitimität der erreichten Zwei-Drittel-Mehrheit werde energisch in Frage gestellt.

Unterstützung findet diese Position in einer Umfrage, über die zunächst der Spiegel berichtete. Laut dieser Untersuchung steht die Mehrheit der deutschen Fußballfans dem Vorhaben der DFL kritisch gegenüber. Die Umfrage ergab, dass etwa 62% der Befragten sich gegen einen Investoreneinstieg aussprechen. Die Erhebung wurde von Sportwissenschaftlern in Kooperation mit der Umfrageplattform FanQ in der ersten Februarwoche durchgeführt, dabei wurden 2.090 Personen befragt.

Hat der Protest eine Wirkung?

Tatsächlich hat der Protest bereits Wirkung gezeigt und ein deutliches Zeichen gesetzt. Die aufkommenden Zweifel am Ergebnis der Abstimmung haben nicht nur Claus Vogt, den Präsidenten des VfB Stuttgart, bewegt, sich persönlich – auch wenn außerhalb seiner offiziellen Kapazität – für eine Neuabstimmung auszusprechen. Vertreter der Berliner Vereine, Union Berlin und Hertha BSC, zeigten sich ebenfalls offen für diese Forderung. Diese Entwicklung unterstreicht die Bedeutung eines transparenten und demokratischen Entscheidungsprozesses innerhalb der Fußballwelt.

„Die öffentlichen Bekundungen einiger Klubvertreter, die unsere Ansichten unterstützen, begrüßen wir ausdrücklich. Zudem erwarten wir von allen Mitgliedern der DFL – unseren Vereinen –, dass sie gemäß der Meinung ihrer Mitglieder agieren und sich folgerichtig für eine neue Abstimmung starkmachen“, so die Mitteilung der Fanrepräsentanten. Diese Aussage betont die Hoffnung und das Bestreben der Fans, dass eine kollektive und repräsentative Meinung der Basis einen Einfluss auf die strategischen Entscheidungen der Liga haben sollte. Es ist ein klares Zeichen dafür, dass die Stimme der Fans und der Gemeinschaft Gehör finden muss, um das Fundament des Fußballs – Fairplay, Transparenz und die Liebe zum Spiel – zu bewahren und zu stärken.

Die Reaktion der Vereinsvertreter und die damit verbundene öffentliche Diskussion zeigen, dass der Dialog zwischen den Fans, den Vereinen und den Leitungsgremien des Fußballs essentiell ist, um eine gemeinsame und zukunftsfähige Basis zu schaffen und alle einzelnen Positionen im Fußball zu verstärken. Es verdeutlicht die Notwendigkeit, Brücken zu bauen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die den Fußball als Ganzes stärken und ihn für zukünftige Generationen sichern.

Einfluss der Proteste auf die Investorensuche

Ja, die Proteste haben tatsächlich Auswirkungen auf die Investorensuche gehabt, was von den Ultra- und Fangruppen als Erfolg angesehen werden kann. Die DFL erlebte in dieser Woche einen deutlichen Rückschlag bei der Suche nach potenziellen Finanzpartnern, als das Finanzunternehmen Blackstone sich aus dem Bieterverfahren zurückzog. „Wir bestätigen, dass Blackstone, nach konstruktiven Gesprächen aus verschiedenen Gründen, nicht länger als strategischer Vermarktungspartner für die Bundesliga und 2. Bundesliga in Betracht kommt“, gab die DFL bekannt.

Die DFL fügte hinzu, dass ihr und den Klubs stets bewusst war „dass die im Dezember festgelegten Grundsätze und Grenzen hohe Anforderungen an mögliche Partner stellen würden“ und erwähnte weiter, dass man aufgrund des andauernden Prozesses keine weiteren Details preisgeben möchte.

In einem Bericht von Bloomberg werden als Gründe für den Rückzug von Blackstone die Protestaktionen der Fans sowie das zögernde Verhalten der Bundesliga-Vereine genannt. Somit bleibt nur noch CVC als potenzieller Kandidat übrig, der sich bislang nicht offiziell geäußert hat. „Die DFL wird den Prozess gemäß dem geplanten Zeitrahmen mit CVC fortsetzen“, verkündete die DFL.

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