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Nicht nur das Torhüten, sondern auch gesellschaftliche Präventionsarbeit will sich Lea Paulick zur Aufgabe machen. Foto: Imago / Sports Press Photo

Torhüterin Paulick will gesellschaftlichen Beitrag leisten

Aufgewachsen in Ostdeutschland, Fußballprofi in Westdeutschland. So ungefähr kann man die Vita von Lea Paulick in zwei Sätzen skizzieren. Seit Beginn der Saison 2024/25 steht sie als zweite Torwartin hinter Stina Johannes bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag. In sympathischer, bodenständiger und ehrlicher Manier sprach sie in der Dokumentationsserie der ARD „Generation grenzenlos? Gen Z zwischen Ost und West“ über ihre Heimat, „den Osten“, wie sie zum Fußball kam und wie sie einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft leisten möchte.

Ende Mai dieses Jahres gab die Eintracht offiziell bekannt, dass sich Paulick nach acht Jahren beim 1.FC Nürnberg den Hessinnen anschließt und einen Vertrag bis 2027 unterzeichnet. Ihr Pflichtspieldebüt für ihren neuen Club feierte die 25-Jährige beim 10:0 im Pokalspiel bei FFV Erfurt. Sie darf sich heute mit vollem Stolz Profifußballerin nennen, aber wie ist die Torfrau zu diesem Sport gekommen? „Ich bin zum Fußball gekommen durch meinen Cousin. Wir sind wie Geschwister aufgewachsen. Als er dann damals gesagt hat, er meldet sich jetzt beim Fußballverein an, war ich eigentlich auch direkt dahinter und habe gesagt, ich habe auch Bock darauf“, lacht Paulick. Als einziges Mädchen unter Jungen zu sein, sei ihr gleichgültig gewesen. Damals hütete sie auch nicht das Tor, sondern ging als Stümerin vielmehr auf Torejagd. „Ich habe relativ schnell gemerkt, dass ich nicht so gut im Tore schießen bin. Ich bin dann ins Tor gegangen und bis heute dort geblieben“, schildert sie die Positionsumstellung.

Paulick erinnert sich an ihr damaliges großes Ziel: in die Sportschule in Jena zu gelangen. „Ich habe sie in meiner Region als sehr elitär wahrgenommen“, begründet sie ihren Traum. Sie blickt auf eine positive Zeit in der Sportschule zurück. „Es wurde schon sehr gut vorbereitet, dass du den Leistungssport und die Schule super gut vereinbaren konntest.“ Bei ihrem Werdegang konnte sie auf familiäre Unterstützung setzen, was sie als nicht selbstverständlich erachtet. „Meine Eltern haben mich da immer zu 100% unterstützt, was ich im Nachgang krass finde, gerade von meiner Mutter, die quasi bewusst diese Entscheidung unterstützt, ihr Kind im Endeffekt mit zwölf Jahren dann von Zuhause aus loszulassen“, zeigt sie sich dankbar.

Heimatliebe mit klarem politischem Statement

Paulick spielte für den 1.FC Nürnberg, heute ist sie eine Adlerträgerin. Doch weder Nürnberg, noch Frankfurt sind ihre Heimat, denn sie wuchs in Ostdeutschland auf. Die Keeperin wurde im thüringischen Suhl geboren, wo auch ihr Elternhaus liegt und ländlich aufgewachsen ist. Schämen muss sich die gebürtige Thüringerin für ihre ostdeutsche Herkunft nicht, im Gegenteil, sie steht dazu, warum auch nicht. „Ich empfinde das nicht so, dass mich in meinem Leben oder auch meine Familie einschränkt, dass wir jetzt gebürtige ‘Ossis‘ sind.“ Witze über Ostdeutsche ertragen zu müssen, beispielsweise über ihren Akzent, empfindet Paulick dennoch als unangebracht, denn sie können nichts dafür und seien so aufgewachsen. „Mich persönlich macht es eben traurig, dass meine Heimat oft in diesem negativen Licht quasi steht und darauf reduziert wird“, betont sie und fordert eine faire Behandlung. Für die negativen Reaktionen auf die aktuellen politischen Entwicklungen in Ostdeutschland rund um die AfD zeigt sie ihr vollstes Verständnis. „Wenn man die hohen Zahlen von Parteien wie der AfD zum Beispiel sieht, dann ist man schockiert und traurig und hinterfragt das natürlich auch, warum das so ist“, macht sie unmissverständlich klar. Auch das Gefühl, sich dafür rechtfertigen zu müssen, habe die Spielerin zwar nicht, aber sie verspüre ein unangenehmes Gefühl, „wenn meine Heimat in diesem Kontext erwähnt wird.“

Paulick weiß als Nummer zwei hinter Johannes, dass im Fußball das Leistungsprinzip gilt. Dass deshalb beispielsweise für den Olympiakader keine Spielerin aus dem Osten nominiert wurde, sondern überwiegend Spielerinnen aus Wolfsburg, Frankfurt oder von Bayern München halte sie für gerechtfertigt. „Für mich hat es keine Relevanz, ob sie aus den West- oder Ostbundesländern kommen“, unterstreicht die Schlussfrau. Trotzdem sieht sie eine positive Entwicklung im ostdeutschen Fußball. „Jena ist zum Beispiel als Standort wieder in die Bundesliga aufgestiegen. Auch Potsdam und RB Leipzig machen gute Arbeit“, freut sie sich.

Zweites Standbein und Appell an die Vereine

Paulick ist bescheiden genug, um anzuerkennen, dass der Job als Profifußballerin ein tolles Privileg ist. Ihr ist es deswegen wichtig, neben der Fußballkarriere ein zweites Standbein aufzustellen, denn gerade im Frauenfußball können viele Spielerinnen nicht nur von dem leben. Dieses zweite Standbein soll nicht irgendeins sein, sondern mit einem guten Zweck. Sie möchte etwas Wichtiges zur Gesellschaft beitragen und so fiel die Entscheidung auf ein Studium auf Grundschullehramt. „Als es um die Wahl ging, welches Studium oder welche Richtung ich gehen möchte, war für mich quasi von Anfang an klar, dass ich was Soziales machen möchte, weil ich es liebe, mit Menschen, vor allem mit kleinen Menschen zu interagieren“, begründet sie ihren Entschluss und erklärt die Intention dahinter: „Wenn es zum Beispiel um Klischees, Schubladendenken geht, einfach schon ganz früh zu versuchen, diese Schubladen aufzubrechen.“

Sie möchte als Vorbild ihrer Vorbildfunktion gerecht werden und Präventionsarbeit leisten, dafür nimmt sie auch die Fußballvereine, etwa ihren Ex-Club Nürnberg und die SGE mit in die Pflicht. „Ich finde es auch super wichtig, dass Vereine mit so einer großen Stahlkraft wie Nürnberg oder Eintracht Frankfurt diesen Einfluss über den Sport, über den Sportplatz hinaus nutzen.“

2 Kommentare

Avatar Der User hat SGE4EVER.de mit mind. 100 € finanziell unterstützt, als es um den großen Relaunch 2024 ging. 1. zueri adler 09. Oktober 24, 15:29 Uhr

Vielen Dank Emre für diesen Artikel.

Lea scheint viel im Köpfchen zu haben. Prima.

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Fallback Avatar Der User hat SGE4EVER.de mit mind. 100 € finanziell unterstützt, als es um den großen Relaunch 2024 ging. 2. Gastautor Emre Erdem 10. Oktober 24, 15:58 Uhr Zitat - zueri adler Vielen Dank Emre für diesen Artikel. Lea scheint viel im Köpfchen zu haben. Prima. Path

Hallo zueri adler,
freut mich, dass du Spaß beim Lesen hattest. :)
Deinen Worten schließe ich mich an, Lea Paulick ist eine sehr sympathische Adlerträgerin. :)

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