Im Jahr 2032 noch immer auf der Bank eines Bundesligisten, vielleicht sogar bei der Eintracht sitzen? Wie einst Otto Rehhagel, der einfach nicht loslassen konnte vom Trainerjob? “Das mache ich nicht. Versprochen“, legt sich Thomas Schaaf nun im Gespräch mit dem Kicker fest. Wichtiger als die ferne Zukunft ist die Gegenwart. Und da stehen die Frankfurter, nachdem der Motor in den ersten Herbstwochen bedenklich stotterte, ganz ordentlich da. Rang 9, 23 Punkte und ein Torverhältnis von 34:34 – liest man diese Bilanz, dann stehen die Hessen derzeit genau da, wo sie auch hingehören. Und doch sorgte vor allem die Entwicklung in den letzten Wochen vor der Winterpause dafür, dass die Fans und Verantwortlichen mit einem guten Gefühl in die Winterpause gingen. “Wir haben gewusst, dass es Veränderungen in der Mannschaft gibt und mussten dem Rechnung geben. Das gelingt uns im Moment ganz gut“, lobt der Coach daher auch die Entwicklung seiner Mannschaft. In dieser unberechenbaren Bundesliga, wo – ausgenommen vom FC Bayern München – wirklich jeder jeden schlagen kann, möchten die Adler den positiven Trend in der Rückrunde fortsetzen. Schaaf weiß, welcher Druck auf ihm und dem Team lastet. Als vom 8. bis zum 11. Spieltag und im DFB-Pokal fünfmal in Serie verloren wurde, läuteten viele schon den Abstiegskampf ein. Mit maximal zwei Siege, wenn überhaupt gegen den SV Werder Bremen und Hertha BSC Berlin, rechnete das Umfeld.
Ein Fall von “Denkste”. Der in Bremen so lange erfolgreiche Coach setzte auf den Dialog mit der Mannschaft und schaffte den Umschwung. Mit seiner nach außen hin so ruhigen Art überzeugte der gebürtige Mannheimer in dieser Phase. In Frankfurt scheitern? Von wegen! “Ich habe in den 14 Jahren als Werder-Trainer Einiges erlebt. Nicht nur die großen Erfolge, sondern auch andere Situationen. Man muss sich nur vor Augen führen, unter welchen Umständen ich 1999 eingestiegen bin als Cheftrainer, da waren wir im Prinzip schon abgestiegen“, erinnert Schaaf an die Anfänge seiner Trainerkarriere. Tatsächlich stand der SV Werder Bremen nach einer 1:2 Niederlage – ausgerechnet gegen die Eintracht – am Abgrund. Doch das Urgestein der Werderaner konnte das Ruder noch herumreissen, mit drei Siegen aus den letzten vier Partien und dem Gewinn des DFB-Pokals gegen die Bayern für den großen Umschwung sorgen. Der Mann, der diese tägliche Arbeit mit den Spielern liebt und sich einen Job als Manager oder Sportdirektor (derzeit) nicht vorstellen kann, hat schon so viel erlebt, dass ihn eine kleine Negativserie in der Mitte einer Hinrunde wohl wirklich nicht mehr aus der Ruhe bringen kann.
In der Rückserie gilt es nun, die Mannschaft weiter zu stabilisieren und nach vorne zu bringen. Mit einer unveränderten Mannschaft? Die Gerüchte klingen derzeit jedenfalls nicht ab. Die Frankfurter Rundschau berichtet in der heutigen Ausgabe, dass es Überlegungen gebe, den 32-Jährigen Alexander Madlung abzugeben und durch einen jüngeren und schnelleren Innenverteidiger zu ersetzen. Wirklich konkrete Anhaltspunkte für diese These gibt es aber nicht. Und ein großer Umbruch im Winter scheint auch nicht nötig zu sein: “Wir sind mit dem Team gut aufgestellt, haben schon viele Mosaiksteine zusammengefügt und sehr viel erreicht.” Man dürfe nicht vergessen, dass Leistungsträger wie Kevin Trapp (dessen Ausstiegsklausel im Sommer nach neuesten Informationen der FR sogar nur bei 3 Millionen Euro liegen soll…) oder Carlos Zambrano zurückkehren werden. “Darüber haben wir noch einige Spieler mit einem größeren Stellenwert, die wenige Einsatzzeiten hatten, wo also noch Potenzial brachliegt.” Dennoch sei es die Pflicht der Verantwortlichen, immer wieder nachhaltig zu schauen, ob der Club in allen Bereichen richtig aufgestellt und Veränderung nötig sei. Es ist aber schwer vorstellbar, dass in den nächsten Wochen Spieler auf dem Markt gefunden werden, die auf Anhieb einschlagen und die Mannschaft qualitativ voranbringen. Der Kern der Mannschaft wird sich daher aller Voraussicht nach nicht verändern – und das scheint auch nicht nötig zu sein. Jetzt zähle daher auch erst einmal, dass man an die Leistungen, die vor dem Jahreswechsel gezeigt wurden, herankomme. “Ich habe meinen Spielern in der ersten Trainingswoche deutlich gesagt, dass sie sich jetzt erst wieder einkriegen und darauf konzentrieren müssen, was sie vor der Pause super gemacht haben. Zunächst wird es unsere Arbeit sein, schnell wieder aufeinander eingestimmt zu sein.
Und dann dafür zu sorgen, dass bei jedem Spieler noch ein paar Prozent mehr herausgekitzelt werden. Damit weiterhin so viele Tore geschossen und vielleicht ein paar weniger kassiert werden. Dabei wäre es hilfreich, “bei Ballbesitz weniger Fehler zu machen. Und natürlich geht es darum, den Ball selbstsicherer nach vorne zu tragen. Außerdem wollen auch wir den Gegner in seiner Wirkung begrenzen“, gibt Schaaf die Marschrichtung vor. Der Coach der Eintracht möchte die Leute weiterhin begeistern – “ein heroisches Ziel. Wir müssen sie in die Position bringen, dass sie unbedingt dabei sein wollen. Das gilt auch für die handelnden Personen in den Banken.” Damit man nicht von den vielen Retortenclubs aus Leipzig, Hoffenheim, Wolfsburg, Ingolstadt oder Leverkusen ins absolute Nichts, dauerhaft ins graue Mittelfeld (oder gar die 2. Bundesliga?), verdrängt wird. Trotzdem hebt Schaaf bei dieser Diskusion mahnend den Finger. Man dürfe sich nicht nur von einem Investor füttern lassen und hoffen, dass er dann für immer da bleibt und treu die Stange hält. Vielmehr müsse man dahin kommen, dass sich die für den Verein interessierenden Menschen, auch engagieren. Nur so könne man “generell gut aufgestellt sein.” In vielen Phasen der Gespräche mit Thomas Schaaf hat man das Gefühl, dass man es mit einem Philosophen zu tun hat, der permanent die Dinge hinterfragt und sich auf neue Gegebenheiten problemlos einzustellen scheint. Auch die Flut an Beratern, die nach dem Bosman-Urteil im Jahr 1996 auf den Markt stürmten, bringen den stoischen Familienvater nicht aus der Ruhe. “Welche Chancen hat der Spieler denn? Wenn einer 13 Jahre alt ist, einigermaßen geradeaus laufen kann und dabei noch einen Ball trifft, hat er mindestens einen Berater.” Früher sei dies anders gewesen, da hatten nur die Stars, wie etwa Franz Beckenbauer, einen Berater. Schaaf hingegen war immer für sich selbst verantwortlich. “Es ist die Frage, was wir unseren Spielern heute alles abnehmen, und dabei geht auch viel von der Persönlichkeit verloren.”
Der unmündige Fußballprofi, dem jede noch so kleine Aufgabe abgenommen werden muss? Aber das ist ein anderes Thema. Wichtiger hingegen die die Zielsetzung für die Rückrunde. Dürfen die Fans wieder von tollen Reisen ins europäische Ausland träumen? Vier Punkte Rückstand auf Platz sechs geben Anlass zu träumen – oder? “Ich muss keine Ziele ausgeben, um etwas aufzubauen, was dann vielleicht von außen als Super-Motivation betrachtet wird“, entgegnet Schaaf trocken. “Wenn wir so engagiert sind, dass wir uns Tag für Tag alles abfordern, sich die Spieler untereinander reiben, wieder heißspornig werden, dadurch ihre Qualitäten abrufen, dann brauche ich die ganzen anderen Dinge nicht.” Und wagt dann abschließend doch einen Blick in die ganz ferne Zukunft: “Wenn wir ganz weit vorausschauen, dann blicken wir bis zum ersten Rückrundenspiel in Freiburg. Maximal.”
2 Kommentare
Wichtig wird sein, Spielern von denen man überzeugt ist, langfristig Verträge zu geben und zwar ohne Ausstiegsklauseln u. ä. Wenn Spieler und deren Berater das nicht mitmachen, dann kann man sie halt nicht halten ENDE! Natürlich werden wir weinen, wenn dann im aktuellen Fall Trapp und/oder Zambrano gehen, aber sie sind nicht unersetzlich zumal dann auch wieder Kohle frei wird.
@Grantler
Absolut richtig.
War es nicht so, dass Zambrano vor ein paar Tagen bekundet hat gerne bei der Eintracht zu bleiben?!
Was ist eigentlich aus Reinhold Yabo, der bei uns gehandelt wurde. Mittlerweile hört man nur noch Interesse von anderen Clubs?!
Und Kadlec geht er nun nach Nürnberg?
Was machen wir mit unsere Abwehr die löcherig ist wie ein schweizer Käse?!
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