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23.08.2014, Fussball, 1. BL, Eintracht Frankfurt - SC Freiburg

Thomas Schaaf: “Mir geht es auch darum, kein Gegentor zu bekommen”

Wer es als Trainer der Mannschaft mit den meisten Gegentreffern der Liga schafft, auf einer Pressekonferenz nur über die Qualitäten des Gegners zu reden und alle Fragen über das eigene Team mit geschickten Volten wieder in Richtung des Gegners zu lenken, beherrscht die große Kunst der Öffentlichkeitsarbeit, der Rhetorik und der Dialektik. Eintracht-Trainer Thomas Schaaf war – das mussten die Pressevertreter alsbald registrieren – keineswegs geneigt, über eigene Defensivprobleme oder Lösungen derselben zu sprechen. Hierzu hatte er im kleinen Kreis am Mittwoch – SGE4EVER.de berichtete – aus seiner Sicht alles Notwendige gesagt.

Nachdem sich Schaaf minutenlang über die Qualitäten der Schalker und ihres Trainers di Matteo ausgelassen hatte, musste er sich selbst eingestehen: “Jetzt habe ich alles erzählt, jetzt können wir dicht machen.” In der Tat: Die Ausführungen des SGE-Trainers dürften den Schalker Verantwortlichen ob des Lobes die Schamesröte ins Gesicht getrieben haben. Das Schalker Spielsystem – von vielen als zu defensiv und destruktiv kritisiert – könne man, so Schaaf,  nur vor dem Hintergrund der Teilnahme an der Champions League verstehen. Dort dürfe sich eine Mannschaft wie Schalke keine Fehler erlauben: “Mein Kollege hat eine klare Linie und setzt intensiv auf die Defensive, er hat stark daran gearbeitet und vielleicht auch einkalkuliert, dass der ganz große Offensivschwung nicht vorhanden ist.” Di Matteo sei aber erfolgreich damit und habe es geschafft, Punkte zu holen und der Mannschaft Sicherheit zu geben. “Es wird sehr schwer werden, gegen die massive Abwehr zu agieren und sich durchzusetzen. Sie stehen unheimlich kompakt, sie stehen sehr dicht, sie stehen sehr geschlossen.” Schalke als Vorbild für die SGE? Warum nicht? “Das würde ich auch für uns akzeptieren. Wenn man jedes Spiel 1:0 gewinnen kann, ist es auch gut.

20.09.2014, Fussball, 1. BL, Schalke 04 - Eintracht FrankfurtWird die Eintracht also gegen ein Abwehrbollwerk spielen müssen? Mitnichten: “Sie kommen schnell raus und kontern sehr schnell, sind mit ihren Leuten vorne immer gefährlich.” Kann man sie denn vielleicht locken und sie zwingen, offensiver nach vorne zu spielen? “Es ist immer die Frage, ob der Gegner sich locken lässt. Schalke 04 ist sehr diszipliniert, es wird schwer sein, die Lücke zu finden. Vielleicht kann man sie mit einer Eins-zu-Eins-Situation locken. Freiwillig werden sie keinen Hurra-Stil nach vorne spielen. Das, was sie sich mühsam erarbeitet haben, werden sie nicht aufgeben“, so Schaaf. Also müssen wir doch eine defensiv eingestellte Mannschaft erwarten? Keineswegs: “Es hört sich so an, als ob sie mit elf Mann nur am Sechzehner stehen. Die haben schon ihre Qualitäten nach vorne, schalten schnell um und haben im Mittelfeld spielerisches Potenzial, mit dem sie den Gegner auch in Not bringen. Es ist auch eine Mannschaft, die darauf ausgerichtet ist, vorne das Tor zu machen.”

Irgendwann war es einem Pressevertreter dann doch zuviel des Lobes und er fragte Schaaf, ob ihm der Schalker Fußball gefalle. “Das habe ich nicht zu beurteilen. Ich habe genug mit Eintracht Frankfurt zu tun, mir Gedanken zu machen, ob mir das gefällt, was ich dort sehe, oder nicht. Das gefällt mir sehr oft, was ich dort sehe, aber nicht immer.”  Und nachdem er sich fast nur über die Schalker geäußert hatte, folgte die einzigartige Schaafsche Pirouette: “Ich rede nur über Frankfurt, über Schalke rede ich nicht.

Apropos Frankfurt. Mit welcher Aufstellung will die Eintracht den Westfalen denn Paroli bieten? Das wollte sich der Trainer wie gewohnt nicht entlocken lassen, nur so viel: Hasebe und Stendera werden wohl auflaufen können; Zambrano fehlt gelbgesperrt und Anderson aufgrund eines Infektes. Und wo wird Marco Russ auflaufen? Schaaf: “Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er in der Innenverteidigung dabei sein wird.”

Ach, und da war doch noch etwas: Die Begegnung gegen Schalke 04 ist das 500. Spiel von Thomas Schaaf als Trainer. Was ihm das bedeutet? “Es besagt, dass man seit 15 Spielzeiten Trainer ist. Irgendwo macht es mir auch Angst, dass ich schon so alt bin. Es sagt aber auch aus, dass man manche Sachen richtig und gut gemacht hat. Ich glaube, dass ich noch immer mehr Spiele gewonnen habe als verloren und dass eine ganz gute Quote dabei rumkommt. Drei Punkte am Samstag sind für mich wichtiger als diese 500 Spiele.”

Als Schaaf gefragt wird, was sich geändert habe in der Spielvorbereitung seit 1999, kommt er plötzlich ins Plaudern, zeigt sich als sensibler Pädagoge, spricht über junge Spieler, ihre Interessen, die Notwendigkeit, mit ihnen zu reden. Die Frage, ob er sich als Person verändert habe, konnte er gewohnt souverän kontern: “Das müssen die beurteilen, die seit 15 Jahren neben mir herrennen oder hinter mir herrennen oder vor mir wegrennen.”

Es hatte fast den Anschein, als könne er sich vor den wirklich unangenehmen Fragen der Journaille in Sicherheit bringen, als ihm der Kollege Kilchenstein von der FR schließlich doch noch eine Antwort auf die Frage abringen wollte, ob morgen zwei Philosophien, zwei Welten aufeinander treffen? Schaaf antizipierte die Gefahr, wusste, dass er in diese Falle nicht treten durfte und schloss die Pressekonferenz mit einer letzten großartigen Rochade: “Ich sehe nicht so einen riesengroßen Unterschied. Mir geht es auch darum, kein Gegentor zu bekommen. Ich schieße aber auch gerne Tore.”

 

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