Szabolcs Huszti trifft zum 1:1 gegen Bayern München und hebt ab.
Szabolcs Huszti trifft zum 1:1 gegen Bayern München und hebt ab.

Beinahe hätte Szabolcs Huszti seiner Mannschaft beim 2:2-Unentschieden gegen den FC Bayern München einen Bärendienst erwiesen. Denn nachdem Eintracht Frankfurt in der 62. Spielminute durch einen Treffer von Joshua Kimmich gegen den Rekordmeister zum zweiten Mal in dieser Partie in Rückstand geraten war, sorgte Huszti nur drei Minuten später für weitere Aufregung in diesem kurzweiligen Spiel. Es lief die 65. Minute, als sich der Ungar an der Seitenlinie vor der Bayern-Bank auf ein Privatduell mit Münchens Renato Sanches einließ. Dieser hatte – das sollte nicht unerwähnt bleiben – im Zweikampf den Ellenbogen ausgefahren, was dem Frankfurter Mittelfeldspieler gar nicht behagte. Huszti wollte sich das nicht gefallen lassen und baute sich mit breiter Brust vor dem Portugiesen auf, sodass beide präpubertär die Muskeln spielen ließen und sich Auge in Auge gegenüberstanden. Man kann darüber streiten, wie gravierend oder sanktionsbedürftig die Handlung war. Fakt ist: Huszti ließ sich dazu hinreißen, eine Kopfnuss anzudeuten, was eine Rudelbildung und die gelb-rote Karte für den Linksfuß zur Folge hatte. „Das war eine Dummheit“, ließ Eintracht-Sportdirektor Bruno Hübner nach dem Spiel verlauten – und niemand wollte ihm widersprechen. So etwas darf – trotz aller Emotionen – einem so erfahrenen Spieler eigentlich nicht passieren.

Der Platzverweis für Huszti hätte den endgültige Knock-out für die SGE bedeuten können. Dennoch sollte man die Kritik an ihm nur auf seine impulsive, manchmal unbeherrschte Art beschränken, die ihn in den Spielen zuvor bereits an den Rand eines Platzverweises gebracht hatte. In den 65 Minuten, die der frühere ungarische Nationalspieler auf dem Platz stand, gehörte er zu den auffälligsten und besten Spielern der Mannschaft. Er hielt zusammen mit Omar Macarell das Zentrum im Mittelfeld dicht, was dazu führte, dass sich die Bayern nicht so entfalten konnten, wie man es vom Branchenprimus gewohnt ist. Gleichzeitig schaltete sich Huszti immer wieder in die Offensive ein. Er war oft anspielbereit und verteilte die Bälle im Mittelfeld. Fußballerisch hatte er an diesem Tag eine über jeden Zweifel erhabene Vorstellung abgeliefert. Belohnt wurde das mit dem zwischenzeitlichen 1:1, für das Huszti höchstpersönlich verantwortlich zeichnete. Mit ein bisschen Glück bekam er einen Pressball in seinen Lauf gespielt, um Sekunden später Manuel Neuer keine Chance zu lassen und eiskalt einzunetzen. Das war in der 43. Spielminute, womit sich die Eintracht nach einem couragierten Auftritt in der ersten Hälfte noch mit einem verdienten Unentschieden in die Pause retten konnte.

Huszti war bis zu seinem Platzverweis einer der besten Spieler auf dem Feld.
Huszti war bis zu seinem Platzverweis einer der besten Spieler auf dem Feld.

Auch wenn sein Arbeitstag nach der Ampelkarte frühzeitig beendet war, zeigte dieses Spiel einmal mehr, wie wertvoll der häufig kritisierte Huszti für die Mannschaft von Trainer Niko Kovac ist. Der Übungsleiter baut große Stücke auf den Ungarn und verzichtet nur ungern auf ihn. Huszti ist eine der Korsettstangen im Eintracht-Ensemble. In jeder der sieben Spiele in dieser Saison stand der Linksfuß in der Startelf. Dabei überzeugte er immer mit seinem leidenschaftlichen Einsatz, denn Huszti kann mit seiner Galligkeit ein ekliger Gegenspieler sein. Zudem versucht er auch spielerische Elemente ins Spiel einzustreuen, was dem Spielaufbau aus dem defensiven Mittelfeld heraus gut tut. Er ist ballsicher und kann die Kugel auch behaupten, wenn es eng wird und das Spielgerät danach klug verteilen. Dass dann nicht jeder Pass ankommt oder auch öfter Sicherheitspässe dabei sind, wird ihm von manchen Fans verübelt, bei denen er nicht den besten Stand hat. Andererseits verfügt Huszti über so viel Spielverständnis, um zu wissen, wann er Risiko eingehen kann und in welchen Situationen das weniger angebracht ist.

Nicht viele hätten Huszti nach seiner Rückkehr in die Bundesliga im letzten Winter zugetraut, dass er der Mannschaft wirklich weiterhelfen könnte. Viele haben nicht daran geglaubt, dass er nach seinem Engagement in China an sein altes Leistungsniveau herankommen werde. Doch Ungarns Fußballer des Jahres von 2006 und 2013 strafte seine Kritiker Lügen. Schon in der Rückrunde der abgelaufenen Saison war Huszti Stammspieler und stand in 15 von 17 Spielen auf dem Platz. Besonders nach Kovac‘ Amtsantritt – der immer wieder betont, wie wichtig Huszti für die Mannschaft ist – blühte der frühere Hannoveraner auf und stellte unter Beweis, dass er trotz seines Ausflugs in das Reich der Mitte noch etwas zu leisten im Stande ist. Vielleicht hatte man auch falsche Erwartungen an seine Verpflichtung: Zunächst sah man ihn als Mann auf der linken Außenbahn, um die Lücke zu stopfen, die der Weggang von Takashi Inui gerissen hatte. Man tritt Huszti mit der Feststellung, dass er nicht mehr zu den Schnellsten zählt, sicherlich zu nahe; dafür macht er vieles durch seine Routine wett. Diese kann Huszti am Freitag gegen den Hamburger SV aufgrund seiner Sperre nun nicht einbringen. Wie sehr er der Mannschaft an der Elbe fehlen wird, werden wir erst nach Spielende wissen. Erinnern wir uns: Seinen bislang besten Auftritt im Trikot der Adlerträger zeigte Huszti im Frühjahr beim 1:0-Sieg gegen Borussia Dortmund. In diesem Spiel sah er jedoch zugleich seine fünfte gelbe Karte, fehlte im entscheidenden Spiel gegen Werder Bremen, in dem man ihn an allen Ecken und Enden vermisste.

Schließlich ist auch Husztis Erfahrung nicht von der Hand zu weisen. Mit 33 Jahren ist der 51-malige Nationalspieler Ungarns nach Kapitän Alexander Meier der älteste Spieler im Kader der SGE. Damit ist er den Jüngeren in der Mannschaft im Training, aber vor allem auch auf dem Platz eine wichtige Stütze. Huszti gehört dabei nicht zu den lauten Vertretern seiner Zunft, trotzdem ist er einer der wenigen Führungsspieler der Eintracht, die Verantwortung auf dem Spielfeld übernehmen. Die Medien sind ihm egal und nur ungern gibt Huszti Interviews. Er lässt lieber Taten sprechen. So sagte er kürzlich vor der Partie gegen die Bayern in einem seiner seltenen Pressegespräche: „Es spielt keine Rolle, was die Leute über mich denken oder die Zeitungen über mich schreiben. Wichtig ist nur, dass ich die Erwartungen des Trainers erfülle.“ Das tut Huszti ganz offensichtlich.

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