Geht er oder bleibt er? Man wird es sehen. (Foto: IMAGO / HMB-Media)

Djibril Sow gehört mittlerweile zum festen Inventar der Eintracht. Der Schweizer beackert unermüdlich das Mittelfeld der Hessen und ist so etwas wie ein heimlicher Star im Ensemble der SGE. Unauffällig, aber immens wichtig sorgt er für Stabilität, Aufbauspiel und Struktur im Spiel der Mannschaft. 

Der 26-Jährige äußerte sich nun in einem Interview mit der „Bild-Zeitung“ zum Pokalfinale, der Situation der Eintracht und seiner persönlichen Perspektive.

Titel mit der Eintracht zu gewinnen – Etwas ganz besonderes

Die Zeit bei der Eintracht habe ihn nicht verändert, so Sow, dafür aber weitergebracht. „Was ich gemerkt habe, ist, dass man das schon wertschätzen muss. Weil nicht viele Fußballer solche Momente erleben, wie ich sie hier bislang erlebt habe. Auch mit den Fans. Das wird bleiben, auch nach meiner Karriere.“ Dass die Eintracht eben kein Top-Verein wie Real Madrid ist, mache das alles noch viel besonderer. „Man kann zum größten Verein gehen und all das erreichen. Aber es mit Eintracht zu schaffen – die Chance in der Champions League zu haben, Titel zu gewinnen und jetzt wieder in einem Finale zu stehen – man merkt schon, was das den Fans bedeutet, wenn man mal raus geht auf die Straße. Das ist pure Emotion! Und das macht es so speziell in Frankfurt!“ Durch soziale Medien, und den Abstand zu den Fans sei das Fußballgeschäft insgesamt kälter geworden, führt Sow weiter aus. Aber: „Frankfurt ist da noch etwas anders.“

Obwohl der Mittelfeldmann zweimal Meister in der Schweiz wurde, wäre ein potenzieller Pokalgewinn am morgigen Samstag sein zweitgrößter Triumph: „Über den Europa-League-Titel geht gar nichts, wann hat man schon die Chance, den zu gewinnen? Der DFB-Pokal wäre aber bedeutender als die Titel in der Schweiz. Denn so oft hat man nicht die Gelegenheit, mit Frankfurt im zweiten Jahr in Folge ein Finale zu gewinnen.“

Mit RB Leipzig steht der SGE allerdings nicht irgendein Gegner bevor, sondern eine der Top-Mannschaften der Liga. Auf die Frage hin, was auf die Eintracht zukomme, findet der 26-Jährige eine schnelle Antwort: „Auf mich vor allem Dani Olmo. Leipzig spielt fast ohne echte Flügel, praktisch alles läuft durchs Zentrum. Und da haben sie mit Olmo, Forsberg und Nkunku unglaubliche Qualität. Das wird eine große Herausforderung für uns Mittelfeldspieler und die Innenverteidiger, das zu unterbinden.“ Würde man solche Akteure ihr Spiel aufziehen lassen, so hätte man fast keine Chance. „Aber auf solche Spiele freue ich mich, da kannst du über dich hinauswachsen“, zeigt sich Sow dennoch positiv über die anstehende Herausforderung. Und wenn die Mannschaft über sich hinauswächst, da ist er sich sicher, dann habe man auch eine gute Chance, das Spiel zu gewinnen.

Nicht zuletzt schöpft Frankfurts Nummer acht seinen Optimismus aus dem letzten Liga-Sieg gegen Freiburg: „Das war ein Boost! Solche Emotionen nach dem Spiel haben wir ja länger nicht mehr gehabt. Es war ein sehr, sehr schönes Gefühl, mit den Fans zu feiern. Diese Euphorie kann dich noch mal beflügeln. Und ich glaube, dass wir im Finale auch mehr Fans auf unserer Seite haben. Das ist immer ein Vorteil. Ich hoffe, dass wir wieder etwas Außergewöhnliches schaffen, denn dieser Verein und die Stadt haben es verdient.“ 

Mit der Energie der Fans könne man etwas außergewöhnliches schaffen. „Und mit dieser Energie, die wir mit unseren Fans im Rücken aufbauen können, haben wir gezeigt, dass wir jeden schlagen können. Der Europa-League-Sieg hat gezeigt, dass wir uns vor keinem verstecken müssen.“ Dass Leipzig auf dem Papier der Favorit in diesem Spiel sein wird, spielt für Sow daher keine übergeordnete Rolle. Und auch einen weiteren Vorteil hatte der Sieg gegen Freiburg und die damit verbundene Qualifikation zur Europa Conference League: „Wir wissen, dass wir in Europa dabei sind. Es gab keinen Knacks durch eine Niederlage im letzten Heimspiel. Wir sind voller Euphorie. Jetzt können wir dieses Finale auch genießen.“ 

Direkt nach dem Finale wird es bei der Eintracht einen großen Umbruch im Kader geben. Das weiß auch der gebürtige Züricher. Der Wille, allen Spielern, die den Verein verlassen werden durch den Pokalsieg einen gebührenden Abschied zu ermöglichen sei sehr groß in der Mannschaft: „Das ist ein Ansporn für die ganze Mannschaft und kann am Ende ausschlaggebend sein. Spieler wie Daichi Kamada oder Almamy Touré sind schon so lange hier. Sie haben einen solchen Abschied verdient. Und nicht nur sie wollen ihn – die ganze Mannschaft will ihn auch für sie und den Trainer, der sehr gute Arbeit geleistet hat. Das kann noch mal die paar Extra-Prozent rausholen, um das Spiel für uns zu entscheiden.“

Kein persönliches Bekenntnis zur SGE

Ein Bekenntnis zur Eintracht vermeidet Sow selbst allerdings auch. So könne er noch nicht mit Sicherheit sagen, ob das Pokalfinale auch sein eigenes Abschiedsspiel wird. „Nein. Also wirklich, ganz offen ­– ich war und bin auch immer offen mit Markus (Sport-Vorstand Krösche, Anm. d. Red.): wenn ein Angebot kommt, schauen wir uns das gemeinsam an. Ich habe keine Tür zugemacht – weder für eine Vertragsverlängerung noch, dass ich im Sommer gehe. Ich bin da völlig entspannt. Der Austausch mit Markus Krösche ist offen, transparent und sehr positiv.“

Es gebe eine Vereinbarung zwischen Sow und seinem Berater, dass während der Saison keine Gerüchte, Anfragen anderer Vereine oder Ähnliches an ihn herangetragen werden. Er möchte sich voll und ganz auf das Finale konzentrieren und freuen können und nicht durch Störgeräusche von außen „genervt“ werden. „Bald sind wir in Berlin. Ich war noch nie dort im Finale. Das wird ein spezielles Spiel für mich. Ich freue mich sehr darauf.“

Die Unruhe von außen habe ein Stück weit auf die Mannschaft übertragen

Deutliche Worte fand Sow dafür für die Störgeräusche aus dem Eintracht-eigenen Umfeld. Die Machtkämpfe, die Trennung vom Trainer etc. So sei dies nicht spurlos an der Mannschaft vorübergegangen: „Und die Ergebnisse haben auch nicht mehr gestimmt. Natürlich habe auch ich mitbekommen, dass nicht mehr alles so rund läuft. Auch wenn man versucht, es auszublenden – man hat schon gemerkt, dass es sich vielleicht ein Stück weit auf die Mannschaft übertragen hat. Und es war ja nicht zum ersten Mal so in Frankfurt. Aber immer, wenn es ruhiger war‚ lief es auch sportlich besser.“ So sei es im Endeffekt auch kein Zufall gewesen, dass die Ergebniskrise prompt endete, sobald die Trennung von Trainer Oliver Glasner entschieden war: „Vielleicht war es so, dass wir wieder befreiter spielen konnten. Ich persönlich sehe kein Problem mit dem Trainer. Aber man hat schon gespürt, dass alle Beteiligten etwas gelöster wurden, nachdem Planungssicherheit da war. Seitdem weiß jeder, woran er ist, und der Fokus ist voll auf die Ziele gerichtet. Vielleicht hat er die Probleme auf sich genommen, damit die Mannschaft wieder befreiter ist. Denn in dieser Phase war es wirklich so, dass man ständig gedacht hat, irgendwas kocht auf. Da kam auch viel von außen, speziell nach dem Hoffenheim-Spiel.“

Stress und Frustration sei auf jeden Fall ein Thema gewesen in der Rückrunde, so Sow weiter. „Du nimmst dir jede Woche so viel vor, und dann liegst du wieder zurück und verlierst das Spiel praktisch schon in der ersten Halbzeit, wie in Hoffenheim. Das war sehr frustrierend. Und in dem Moment fühlst du dich hilflos, weil du nicht weißt, was du verändern kannst. Du trainierst gut, hast ein gutes Gefühl. Und am Wochenende läuft in der ersten Halbzeit wieder alles gegen uns.“ 

Knackpunkt SSC Neapel

Als Knackpunkt für die schwache Rückserie nennt Sow die Weltmeisterschaft im Winter. So sei ihm direkt danach schon aufgefallen, dass die Spieler nicht dieselbe Energie hatten, wie davor. Zunächst stimmten die Ergebnisse noch, doch dann kam die Champions-League-Spiele gegen die SSC Neapel. „Da haben wir vielleicht gemerkt, dass dies das Limit war. Bis dahin ging es bei uns immer aufwärts. Alle haben darauf hingefiebert, und plötzlich waren wir chancenlos. Da war plötzlich eine Grenze erreicht. Und ab da war es verkrampft. Wir mussten plötzlich sehr viel Aufwand betreiben, um Tore zu schießen. Vielleicht hat das Spiel bei uns im Kopf eine zu große Rolle gespielt. Denn Neapel war zu dem Zeitpunkt eine der stärksten Mannschaften in Europa, wenn nicht die Stärkste. Da kannst du auch mal verlieren.“

Dass Glasner nach der Saison geht, sei einfach Teil des Geschäfts. „Bei kleineren Klubs kannst du halt auch viermal verlieren. Wir haben hier mittlerweile andere Ambitionen. Da haben wir auch selbst die Latte hoch gelegt durch den Erfolg, den wir hatten. Es ist immer schade, wenn es zur Trennung von einem Trainer kommt, mit dem man viel erreicht hat. Im Nachhinein hätte ich mir gewünscht, dass die Rückrunde natürlich anders verlaufen wäre.“ Der volle Fokus liege jetzt darauf, den Pokal nach Frankfurt zu holen.

 

 

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1 Kommentar

  1. Top Interview (auch wenn es wohl mit der Bild war…)

    Die WM als Haupt-Schuldigen für die Rückrunde habe ich schon lange im Verdacht. Die liegt auch den Bayern auf der Leistung.
    Freiburg und Union hatten dagegen kaum WM-Fahrer und auch die Italienischen Mannschaften nicht, die dieses Jahr international außergewöhnlich erfolgreich sind.

    Wenn Sie jetzt wieder volle Energie haben und Morgen den Pott holen, ist es trotzdem eine tolle Saison.

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