Djibril Sow hat mit der SGE noch Großes vor.

Er brauchte ein wenig Anlaufzeit – mittlerweile ist Djibril Sow aber nicht mehr aus der Mannschaft der Frankfurter Eintracht wegzudenken. Er ist Taktgeber des Eintracht-Spiels, läuft mit Abstand am meisten und hat in dieser Saison auch seine Torgefahr gefunden, drei Tore und vier Vorlagen sprechen hier eine klare Sprache.

Diese Entwicklung freue ihn selbst sehr, wie der Schweizer im Gespräch mit dem „Kicker“ erklärte: „Sicherlich habe ich bei der Eintracht – und speziell auch in dieser Saison – noch mal einen großen Schritt nach vorne gemacht. Ich freue mich, dass ich nun auch mit Toren und Assists helfen konnte.“ Einen Grund für seine Steigerung sieht er im Vertrauen, das er bei der Eintracht erfahren darf und seiner Erfahrung: „Ich bin jetzt schon im dritten Jahr hier und habe mich in der Stadt, der Mannschaft und der Liga völlig akklimatisiert.“ Aber auch der neue Coach der SGE, Oliver Glasner, habe seinen Teil dazu beigetragen: „Oliver Glasner legt großen Wert auf das Positionsspiel der Sechser und will, dass wir immer schnelle Lösungen finden. In diesen Bereichen konnte ich sicherlich einen Schritt nach vorne machen.“ Während sich der ehemalige Trainer der SGE, Adi Hütter, und sein Nachfolger laut in der Philosophie nicht sehr unterscheiden, liegt dieser Unterschied aber woanders: „Adi Hütter kommt stärker über seine Ansprachen. Oliver Glasner arbeitet mit uns sehr detailliert und nutzt noch mehr Video- material, um seine Ideen in die Köpfe der Spieler zu implementieren. Ich denke, das ist der größte Unterschied.“
Bessere Balance für bessere Ergebnisse
Die Saison der Eintracht ist – das muss man deutlich sagen – bisher weder Fisch, noch Fleisch. Nach schwachem Start hat sich die SGE gefangen, lässt in den letzten Spielen aber wieder Erfolge vermissen. Sow erklärt dies auch in den viele Unsicherheiten und Veränderungen im vergangenen Sommer: „Durch den Führungswechsel im vergangenen Sommer, neue Spieler, Corona-Ausfälle und wenig gemeinsame Trainingszeit kam viel zusammen, was es auch für den Trainer schwer macht, seine Vorstellungen vollständig umzusetzen.“ Das Team sehe zwar noch Verbesserungspotenzial in der Defensive und der Offensive, aber im Spielaufbau seien schon „große Fortschritte erzielt“ worden, erklärte der Vater einer kleinen Tochter. Auch die kommenden Aufgaben seien jetzt klar: „Was wir jetzt noch lernen müssen, ist die richtige Balance zu finden. Wir dürfen die defensive Stabilität nicht vernachlässigen und müssen wieder alles dafür tun, um so wenige Gegentore wie möglich zu bekommen. Denn wir können uns nicht darauf verlassen, dass wir vorne immer zwei, drei Tore schießen.“ Die Defensive müsse nun automatisiert werden, erklärte der 25-Jährige. Ein Beispiel hatte er auch parat: „Wenn ich zum Beispiel an unseren 1:0-Sieg gegen Mainz denke, da haben wir kein überragendes Spiel gemacht, aber Mainz kam kaum gefährlich vor unser Tor. Das zeigt: Wenn wir zu null spielen, haben wir eine sehr gute Chance, unsere Spiele zu gewinnen, weil wir immer für ein Tor gut sind.“
Während die SGE eine durchschnittliche Spielzeit spielt, startet Sow voll durch – auch als Führungsspieler: „Das Testspiel in Mainz neulich ist ein gutes Beispiel. Da bekam ich in der zweiten Hälfte die Kapitänsbinde. Vor zwei, drei Jahren wären noch 18 oder 19 andere Spieler vor mir an der Reihe gewesen. Mein Standing hat sich also schon verändert. Ich merke das auch daran, dass mich Mitspieler um Rat fragen und ich Gehör finde.“ Und das zahlt er zurück, unter anderem durch überragende Laufarbeit. In der Liste der laufstärksten Spieler der Liga findet man den Rechtsfuß mit 239,52 Kilometern bereits auf dem zweiten Platz – gute zwei Kilometer hinter Wolfsburgs Maximilian Arnold, der aber auch ein Spiel mehr absolvierte. Dabei sei die Ausdauer früher nicht wirklich eine Stärke gewesen, wie er zugab: „Früher war ich in den Ausdauertests nie gut, weil ich dabei nicht so richtig motiviert war. Im Spiel kommt das instinktiv, ich will überall auf dem Platz meinen Mitspielern helfen. Das ist einfach mein Spiel, und in der Bundesliga muss ein Mittelfeldspieler diese läuferische Klasse auch draufhaben, vor allem bei unserem sehr laufintensiven Spiel.“

Premier League als Ziel – Eintracht als Gegenwart

Vor kurzem wurde bekannt, dass Sow vor seinem Wechsel zur SGE auch ein Angebot von Paris St. Germain hatte, welches er aber nicht annahm. Mit Recht, wie sich mittlerweile herausgestellt habe: „Ich habe den Schritt zur Eintracht zu keinem Zeitpunkt bereut. Wenn ich auf die vergangenen zweieinhalb Jahre zurückschaue, habe ich in der Eintracht den perfekten Verein für meine Entwicklung gefunden. Hier bekam ich Vertrauen und die nötige Ruhe. Bei einem so großen Verein wie PSG wären die Spielminuten ganz anders ausgefallen, außerdem gibt es dort keine Eingewöhnungszeit. Frankfurt war die richtige Entscheidung.“ Nachdem der 25-Jährige vor einigen Jahren die englische Premier League als sein Traumziel ausgegeben hatte, wird er immer wieder mit diesem Ziel in Verbindung gebracht. Wirklich Sorgen müssen sich die SGE-Fans aber zunächst nicht machen, erklärte er: „Die Premier League ist immer noch ein Traum von mir. Aber ich habe nie eine Karriereplanung gemacht, die vorsieht, dass ich nach zwei, drei Jahren wegmuss. Es müsste schon vieles passen, damit ich die Eintracht verlasse. Ich fühle mich hier sehr wohl, und der Verein nahm in den vergangenen Jahren eine positive Entwicklung.“ Auch eine Qualifikation für den Europapokal sei dabei nicht Hauptentscheidungskriterium: „So ein Ultimatum würde ich nicht setzen. Aber natürlich bin ich ambitioniert, und ich will auch, dass der Verein ambitioniert bleibt. Wenn wir jedes Jahr gegen den Abstieg spielen würden, müsste ich mich schon fragen, ob meine Ziele und die des Vereins zusammenpassen. Aber ich sehe hier mit den jungen Spielern, die bereits kamen, und weiteren, die noch folgen werden, immer noch viel Potenzial.“

Auch aufgrund dieses Potenzials hat der Schweizer noch große Ziele. Eines davon ist die Europa League, wo die SGE bereits das Achtelfinale erreicht hat. Vor allem wenn die Fans zurückkehren würden, sei hier einige möglich: „Ab jetzt ist es ein K.-o.-Turnier, da kann alles passieren. Ich glaube an jede noch so kleine Chance. Vor allem, wenn wir hoffentlich wieder vor unseren Fans spielen können. Ich muss Sie sicher nicht daran erinnern, was in Frankfurt bei so einem K.-o.-Spiel los ist. Das könnte uns einen zusätzlichen Push geben. Ich sehe auch den Vorteil, dass diese Spiele für uns ein richtiges Highlight sind, während es andere Teams gewohnt sind, in der Champions League zu spielen.“ Apropos Fans: Nachdem zuletzt wieder einige Fans in die Stadien durften, gibt es immer mehr Diskussionen darüber, ob es nach Corona wieder eine Euphorie rund um den Fußball geben wird, wie es vorher der Fall war. Sow glaubt nicht, dass die Fans müde vom Fußball sind, sondern dass dies eher von den Corona-Regeln der Fall ist. „In der Phase, in der die Fans wieder im Stadion waren, hatte ich das Gefühl, dass die Leute heiß sind und uns anfeuern. Ich bin guter Dinge, dass die Stadien wieder voll sein werden, wenn wir zur Normalität zurückkehren. Wir alle im Verein wünschen uns das sehr. Die Fans in Deutschland haben eine solche Leidenschaft für den Fußball, das verfliegt nicht einfach so“, so der Schweizer.

Stammspieler als WM-Ziel

Ein anderes Ziel ist auch die WM im Dezember dieses Jahres in Katar. Er betonte zwar, dass die WM auch in der Schweiz kritisch gesehen wird, trotzdem seien seine Ziele hoch, auch wenn er betonte, dass die Konkurrenz im Mittelfeld der Schweizer Nationalmannschaft groß ist. „Sollte ich nicht spielen, kann ich mich nicht hinstellen und sagen: Das ist völlig unfair. Granit Xhaka und Remo Freuler sind bei Arsenal und Atalanta Bergamo nicht nur Stammspieler, sondern auch Führungskräfte, und Denis Zakaria ist gerade zu Juventus Turin gewechselt. Da kannst du bei Eintracht Frankfurt sehr gute Leistungen bringen, aber bei der starken Konkurrenz kann man nicht davon ausgehen, bei der Nati einen Stammplatz zu haben.“ Trotzdem versuche er jede Minute mitzunehmen und aufzusaugen:  „Obwohl ich nicht so viel gespielt habe, war auch die vergangene EM ein Highlight für mich. Natürlich habe ich trotzdem den Traum, irgendwann mal bei einem großen Turnier eine wichtige Rolle zu spielen. Ich bin jung und geduldig, um mir diesen Traum noch zu verwirklichen.“

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