Makoto Hasebe läuft auch mit fast 40 Jahren keiner weg. (Bild: Foto Rhode)

„Makoto“ bedeutet aus dem Japanischen übersetzt „Aufrichtigkeit“. Auch die Begriffe Loyalität, Bescheidenheit, Zuverlässigkeit oder absoluter Teamgeist könnten als Synonyme für seinen Namen dienen. Denn, selbst wenn er nicht immer in der ersten Reihe zu finden ist und nicht gerne im Mittelpunkt steht, ist er auf und neben dem Platz einer der zentralen Protagonisten des Erfolgs der letzten Jahre. Besonders in dieser Saison ist er unverzichtbarer Teil einer Mannschaft geworden, die sich wieder neu finden musste und vor der Herausforderung steht, den neuen Ambitionen des Vereins und der Fans gerecht zu werden: Makoto Hasebe. Mit 39 (!) Jahren spielt er seine neunte Saison in Frankfurt und vielleicht seine wichtigste für den Klub.

Warum er für den Spirit der Mannschaft so wichtig ist und warum der dienstälteste Profi der Liga auch mit 40 Jahren noch auf dem Platz stehen könnte, hat sich SGE4EVER.de etwas genauer angeschaut.

Es ist nichts Neues. Von Saison zu Saison ranken sich Gerüchte um das Ende der aktiven Karriere des Japaners. Er selbst scheint noch lange nicht genug vom Fußballer-Alltag zu haben. „Ich bin total glücklich, dass ich noch immer auf solch hohem Niveau Fußball spielen kann“, teilte er erst neulich auf einer Presserunde mit. Auch dem Leistungsdruck ist der Routinier weiterhin gewachsen. Vielmehr mache ihm der Konkurrenzkampf gegen 20-Jährige Spaß. „Ich muss noch mit meiner Familie sprechen, dann entscheide ich zeitnah“, erklärt er fast etwas wehmütig seine Zukunftspläne als aktiver Profi. Mit einem Schmunzeln im Gesicht ergänzt er: „Wenn meine kleine Tochter ’nein‘ sagt, muss ich noch einmal überlegen.“

Aber von Beginn an: 1984 im japanischen Fujieda geboren, startete Hasebe seine sportliche Laufbahn in seiner damals noch wenig fußballbegeisterten Heimat. Die Urawa Red Diamonds statteten den damals 18-Jährigen 2002 mit seinem ersten Profivertrag aus. Fünf Jahre verweilte der Japaner bei seinem Heimatverein in der Präfektur Saitama. Mit den Red Diamonds gewann Hasebe fünf nationale Titel sowie 2007 die asiatische Champions League, nachdem er im Jahr zuvor zum Nationalspieler für sein Heimatland avancierte.

Nationalmannschaftsdebüt und der Schritt nach Europa

Auch wenn ihm nach seinem Nationalmannschaftsdebüt gegen die USA die Nominierung für den Kader der WM 2006 noch vergönnt blieb, wurde er nach der WM zum festen Nationalspieler der Samurai Blue. Am Ende seiner Nationalmannschaftskarriere kann Hasebe auf stolze 114 Länderspiele in unter anderem drei Weltmeisterschafts-Endrunden und einen Triumph bei der Asienmeisterschaft zurückblicken.

Mit 22 Jahren, dem asiatischen Champions-League-Titel im Gepäck und als frischgebackener Nationalspieler zog es Hasebe von seinem Heimatverein hinaus in die weite Fußballwelt. Seine ersten Zelte in Europa schlug er in Niedersachsen auf. Beim VfL Wolfsburg debütierte Hasebe zur Rückrunde der Saison 2007/2008 in der Bundesliga.

Überraschungsmeisterschaft mit den Wölfen und Champions-League-Luft

Bereits in der darauffolgenden Saison gelang Hasebe und den Wolfsburgern mit der Meisterschaft im Zweikampf mit dem FC Bayern München sein bis hierhin größter sportlicher Erfolg. Auch für den Verein war der erste Meistertitel der Geschichte etwas Historisches.

Japanisches Duell um jeden Zentimeter gegen seinen späteren Mannschaftskollegen Takashi Inui (Foto: Heiko Rhode)

In die aus dem Titel-Erfolg resultierende Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League startete der Japaner als unangefochtener Stammspieler und stand in fünf von sechs Gruppenspielen von Beginn an auf dem Platz. Für den großen Coup – den Einzug ins Achtelfinale der Königsklasse – reichte es zwar nicht, mit dem dritten Platz qualifizierten sich die Wölfe jedoch für die Endrunde des UEFA Cups, wo für den Japaner mit seinem Team dann im Viertelfinale gegen den FC Fulham Schluss war.

Sportlicher Abstieg in Franken

Nach fast sechs Jahren in Wolfsburg suchte der 1,80 Meter große Japaner eine neue Herausforderung. Für eine Ablösesumme von 2,5 Millionen Euro schloss sich Hasebe zur Saison 2013/14 dem 1. FC Nürnberg an. Verpflichtet wurde er mit der Intension der Verantwortlichen des FCN, die Mannschaft zum Klassenerhalt zu führen. Hasebe zog sich allerdings vier Monate nach seinem Wechsel an die Pegnitz eine Meniskusverletzung zu, die ihn den Abstieg der Nürnberger in derselben Saison größtenteils als Zuschauer bekleiden ließ.

Mit der SGE von der Relegation in den europäischen Olymp

Die eingangs angedeutete Erfolgsgeschichte für Verein und Spieler begann dann im Jahr 2014: Um weiterhin im Oberhaus spielen zu können, beendete Hasebe das Kapitel beim FCN nach nur einer Spielzeit und schloss sich zur Saison 2014/15 der Frankfurter Eintracht an. Schnell entwickelte er sich zum unverzichtbaren Stammspieler im Mittelfeld der Hessen. In seiner ersten Bundesliga-Saison für die Frankfurter durfte er in 33 Spielen von Beginn an ran. Hasebe sah sich allerdings bereits in der darauffolgenden Saison in der Mainmetropole einer ähnlich unbequemen Situation wie in Nürnberg ausgesetzt.

Die SGE landete unter dem neuen Trainer Niko Kovac auf dem 16. Tabellenplatz, was gleichbedeutend war mit zwei Relegationsspielen gegen den Drittplatzierten der zweiten Bundesliga. Für Hasebe kam es zum Wiedersehen mit dem 1. FCN, welches er knapp für sich und die Adler entscheiden konnte.

Cheftrainer Niko Kovac mit seinem Routinier (Foto: Heiko Rhode)

Kovac zog Hasebe primär auf die zentrale Position der Abwehr-Dreier bzw. Fünferkette zurück. Von dort war er zur neuen Saison nicht mehr wegzudenken. Auch aufgrund grundsolider Leistungen des Japaners schafften es die Hessen, sich in der Liga zu stabilisieren und ins DFB-Pokal-Finale einzuziehen. Zwar musste sich die SGE hier noch mit 2:1 Borussia Dortmund geschlagen geben, doch nur ein Jahr später ist es die Eintracht, die den DFB-Pokal in den Berliner Nachthimmel stemmen darf. Mit einem großartigen Fight rangen die Adlerträger im Pokal-Finale von 2018 den haushohen Favoriten FC Bayern München mit 3:1 nieder. Mittendrin: Makoto Hasebe auf alter Position als Abräumer vor der Abwehr.

In der auf den DFB-Pokal-Sieg folgenden Vorrunde der Europa-League lief Universalwaffe Hasebe unter dem neuen Trainer Adi Hütter wahlweise in der zentralen Innenverteidigung oder als defensiver Mittelfeldspieler auf. Der flexible Japaner absolvierte alle 14 Spiele des Wettbewerbes von Beginn an und wurde für seine Leistung mit 86 Prozent gewonnenen Zweikämpfen im Achtelfinal-Hinspiel gegen ein robust auftretendes Inter Mailand (0:0) sogar vom „Kicker“ mit der Gesamtnote 1,0 ausgezeichnet.

Über einen soliden siebten Tabellenplatz in der Liga gelang der Eintracht die erneute Teilnahme an der Europa-League, in der Hasebe wieder als Stammspieler fungierte.

Selbst als er für den neuen Coach Oliver Glasner zur neuen Saison nur noch die fünfte Wahl in der Verteidigung war und auch in der neu formierten Mittelfeldzentrale kein Stammplatz für ihn vorgesehen war, kam Hasebe noch auf 26 Pflichtspieleinsätze. Er konnte seine Rolle ob seines Alters von immerhin mittlerweile 37 Jahren verkraften. Beim größten Triumph seiner Karriere, dem Sieg der Europa-League 2022 in der Hitzeschlacht von Sevilla gegen die Glasgow Rangers, wurde Hasebe gegen den verletzten Tuta in einer Phase eingewechselt, als das Spiel in Richtung der Rangers zu kippen drohte.

Der Musterprofi verhalf mit seiner Ruhe am Ball und seiner enormen Spielintelligenz zum ersten internationalen Titel seit 42 Jahren.

Enorme Bedeutung in der aktuellen Saison

Martin Hintereggers überraschender Rücktritt vom Profifußball im Sommer 2022 rief Hasebe schneller wieder auf den Plan als angedacht. So kommt er in der aktuellen Spielzeit bereits auf insgesamt 15 Einsätze, acht davon über die vollen 90 Minuten.

Ursprünglich vorgesehen von Glasner für das Spielsystem mit Dreierkette war Tuta als zentraler Mann. Allerdings ob der ohnehin dünn besetzten Verteidigung durch jenen Abgang von Hinteregger und spätestens mit der Verletzung von Almamy Touré, war der Coach zum Umdenken gezwungen. Dem Neuzugang aus Split, Hrvoje Smolcic, wollte der Cheftrainer die zentrale Position offensichtlich nicht gleich zu Beginn seiner Zeit in Frankfurt zutrauen, weshalb zunächst Kristijan Jakic auf die zentrale Position in der Dreierkette rückte. Dass der ewige Jungbrunnen Hasebe in dieser Spielzeit mehr als ein Backup war, bewies er spätestens mit einem überragenden Hinspiel in der Gruppenphase der Champions League gegen die Tottenham Hotspurs (0:0), als er dem wuchtigen Harry Kane trotz Schnelligkeitsdefizit mit seinem überragenden Stellungsspiel und der nötigen Körperlichkeit nicht den Hauch einer Chance ließ. Der Punktgewinn gegen die Londoner ebnete den Weg in die Champions-League-Endrunde.

Konzentriert und völlig abgeklärt im Duell mit den Nordlondonern um Harry Kane (Bild: Heiko Rhode)

Auch wenn die Luft nicht mehr für beständig zweimal 90 Minuten in der Woche ausreicht, ist der Evergreen aktuell im wahrsten Sinne des Wortes der zentrale Mann der Verteidigung. Weil die junge Verteidigung in der Vergangenheit immer wieder wacklig agierte und durch Unkonzentriertheiten einzelner Akteure ins Schwimmen geriet, braucht es mit Hasebe einen erfahrenen Stabilisator. Mit seiner Erfahrung von insgesamt 780 Profispielen weiß er Spiele zu beruhigen und zu strukturieren. Gerade die jungen Innenverteidiger-Kollegen N’Dicka, Tuta oder Smolcic können sich stets an ihm orientieren. Seine sportliche Bedeutung für das Team lässt sich auch statistisch belegen. Mit Hasebe holte die Eintracht wettbewerbsübergreifend in dieser Saison im Schnitt immerhin knapp 1,5 Punkte pro Spiel.

Der Vater von zwei Kindern zeigt sein Engagement aber nicht nur auf dem Platz. Kinderhilfsprojekte liegen dem Wahl-Frankfurter besonders am Herzen. In seiner Rolle als UNICEF-Botschafter besucht er regelmäßig Gebiete, in denen Kinder besonders von Armut betroffen sind. Zudem engagiert er sich bei UNICEF für die internationale Zusammenarbeit zwischen Japan und Deutschland und verhalf im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit jungen Fußballspieler*innen aus seiner Heimat, deutsche Fußballvereine zu besuchen. Für seinen Einsatz erhielt Hasebe 2021 sogar einen Preis des japanischen Außenministers.

Lebenslang für die SGE?

Auf den Fall, dass Hasebe die Fußballschuhe doch irgendwann einmal an den Nagel hängen könnte, sind die Verantwortlichen der Eintracht vorbereitet. Bereits im letzten Jahr einigten sie sich mit dem Routinier auf einen Vertrag bis 2027. Dieser beinhaltet eine Funktion im Trainer-Team der Eintracht nach der aktiven Spieler-Karriere. „Frankfurt ist für mich in den vergangenen Jahren meine Heimat geworden, die Eintracht mein Klub“, wird er in einer auf den ausgehandelten Vertrag hin veröffentlichen Mitteilung von Eintracht Frankfurt zitiert. „Ich freue mich, dass die Reise weiter geht.“ Das Ende seiner aktiven Karriere war ursprünglich für den Sommer 2023 angedacht, scheint derzeit aber – wieder einmal – nicht absehbar zu sein. Die Entscheidung darüber ist für März dieses Jahres angekündigt. Wann Hasebe tatsächlich genug hat vom aktiven Profigeschäft, das fragen wir aber am besten seine Tochter.

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4 Kommentare

  1. Wow, vielen Dank für diesen sehr ausführlichen Artikel!
    780 Profispiele, meine Güte, Respekt!
    Ich für meinen Teil würde mich sehr freuen,
    wenn wir Makoto noch lange in FFM erleben dürfen,
    egal ob auf, oder neben dem Platz

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  2. „…die ihn den Abstieg der Nürnberger in derselben Saison größtenteils als Zuschauer bekleiden ließ.“

    Ich meint wohl eher begleiten statt bekleiden oder?^^

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  3. Ich liebe Hasebe… kann ich einfach nicht ander sagen.

    Muster Profi wie es ihm besser einfach nicht geben kann! Wird für mich mit Oka einfach für immer ein Symbol für die Eintracht bleiben

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