Zum Inhalt Zum Hauptmenü

Franzose Hugo Ekitiké gehört bei der Eintracht nach dem Marmoush-Abgang zu den Hoffnungsträgern. Hier im Duell mit Landsmann Nordi Mukiele. Foto: IMAGO / HMB-Media

Frankreich im Frankfurter Transfer-Visier

Hugo Ekitiké zieht von der Mittellinie aus zum Sprint an, um einen Götze-Pass zu erlaufen. Er gewinnt das Sprintduell gegen Nordi Mukiele, aber kann den Ball nicht entscheidend kontrollieren. Ekitikés Gegenspieler drängt ihn ab, erläuft den Ball und spielt ihn zurück auf seinen Keeper Lukas Hradecky. Doch der Pass ist zu kurz, der Eintracht-Stürmer bleibt in der Situation, erreicht den Ball vor Hradecky, umkurvt den finnischen Torhüter und schiebt fallend aus der Drehung ins leere Tor ein.

Es ist das zwischenzeitliche 1:3 im Top-Spiel gegen Bayer Leverkusen. Die Hessen verlieren das Duell zwar am Ende verdient mit 1:4, doch es ist bereits das 13. Bundesliga-Saisontor für den 22-jährigen Franzosen. Er ist der mit Abstand erfolgreichste Stürmer im aktuellen Kader und Hoffnungsträger für die Rückrunde. Der Treffer zeigt, was den Tempodribbler ausmacht: sein Torhunger, seine Athletik sowie Technik.

„Landen oft in Frankreich.“

Die Eintracht ist ein Multikulti-Club. Kein anderer Bundesliga-Verein setzte in dieser Saison so viele Legionäre so vieler verschiedener Nationalitäten in einem Spiel ein. Ausländische Spieler sind für die Hessen wichtig: 66% Spielanteile für und 84% geschossene Tore durch Legionäre. Spieler aus dem Ausland tragen die Adler. Aktuell sind 20 Adlerträger Legionäre, fünf davon sind Franzosen, zwei weitere sind in Deutschlands großem Nachbarland geboren und wurden in französischen Fußballschulen ausgebildet. Damit hat die SGE die meisten der 33 Franzosen aus Deutschlands höchster Spielklasse in ihren Reihen. Dennoch beteuerte Sport-Direktor Timmo Hardung gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS)“: „Wir sind nicht auf Frankreich festgelegt. Es ist dem Fußballmarkt geschuldet, dass wir oft in Frankreich landen.“

Seit Markus Krösches Übernahme als Sport-Vorstand im Jahr 2021, hat bei der Eintracht das Daten-Scouting Einzug gefunden. Heute werden die Leistungen der Kicker auf dem Platz durch Daten messbar gemacht. Anhand von auf den Klub zugeschnittenen Algorithmen spuckt eine Datenbank Spieler aus, die auf das gesuchte Anforderungsprofil passen könnten. Laut Hardung spucke der Computer dann eben häufig Spieler aus Frankreich aus.

Franzosen bringen viel Athletik mit

In einem Interview mit der „Hessenschau“ vor rund einem Jahr erklärte der 35-Jährige: „Wie schnell jemand ist, wie man seine Schusstechnik bewertet – solche Dinge wissen wir. Aber die menschliche Komponente ist nicht zu unterschätzen.“ Gemeint ist damit, dass eben nicht nur Kraft, Ausdauer, Geschwindigkeit, Schusshärte und Ballkontrolle über den Erfolg einer Karriere entscheiden, sondern auch mentale Fitness. Profifußball ist eine große psychische Belastung, dafür ist nicht jeder gemacht.

Es ist kein Wunder, dass der Eintracht-Algorithmus oft französische Nachwuchsspieler vorschlägt. „Die Franzosen haben viele athletische Profile“, begründete Hardung im Gespräch mit der „FAS“. Im Kader etwa das Kraftpaket Junior Dina-Ebimbe oder Sprinter Niels Nkounkou. Auch die Offensivspezialisten Hugo Ekitiké und Jean-Mattéo Bahoya bringen mit ihrer Geschwindigkeit und Dynamik herausragende athletische Voraussetzungen mit.

Doch wie Hardung ansprach, spielt auch die mentale Komponente rein. Speziell bei Ebimbe und Farés Chaibi hat man immer wieder das Gefühl, sie könnten noch mehr aus ihren Fähigkeiten machen, wenn sie im Kopf fokussierter wären. So zeigen beide immer wieder starke Schwankungen in ihren Leistungen. An manchen Tagen spielen sie die Sterne vom Himmel, an anderen sind sie unauffällig oder schaden ihrem Team gar durch Fehler.

SGE mittlerweile angesagte Nachwuchs-Adresse

Frankreich scheint im Nachwuchsbereich einiges richtig zu machen. Spieler und Talente aus Paris und Umland sind in den europäischen Top-Ligen gefragt wie nie. In der Bundesliga und der italienischen Serie A sind die meisten Legionäre aus Frankreich. In der Premier League und der spanischen La Liga stellt die Gruppe der Franzosen die zweitgrößte Anzahl an ausländischen Spielern. So ist es kein Wunder, dass die französische Nationalelf seit Jahren zu den erfolgreichsten der Welt gehört. Viele Spieler der „Equipe Tricolore“ bekommen regelmäßig in Europas besten Ligen Spielpraxis.

Mittlerweile habe sich die SGE eine starke Position am Markt erarbeitet, ist der gebürtige Heidelberger Sport-Direktor stolz. Vielversprechende französische Spieler entscheiden sich mittlerweile für den nächsten Entwicklungsschritt zu einem Wechsel in die hessische Bankenstadt. „Die Franzosen wissen auch, was wir hier spielen: schnellen, intensiven Umschaltfußball.“, sagte er im Gespräch mit der „FAS“. Dieser passt zu den Voraussetzungen, die viele französische Talente mitbringen: Gute Technik, hohe Geschwindigkeit und eine starke Physis.

In diesem Bereich konnten die Hessen die Lücke zu Borussia Dortmund verkleinern. Konnten die Westfalen vor einigen Saisons noch regelmäßig die gefragtesten Top-Talente an Land ziehen, entscheiden sich immer öfter vielversprechende Nachwuchshoffnungen für den Weg an den Main. So zum Beispiel Hugo Larsson, Hugo Ekitiké, vor einiger Zeit Randal Kolo Muani oder zuletzt Elye Wahi.

Fokus wieder mehr auf deutsche Talente?

Am Frankfurter Stadtwald will man in Zukunft aber auch wieder vermehrt auf die eigene Jugend setzen. Hardung stellte klar, dass es auch in Deutschland genügend Talente gebe. Es müssten sich aber mehr Vereine trauen, Talenten Einsatzzeit zu gewähren. „Dann könnten wir uns auch vorstellen wieder mehr auf deutsche Spieler zu schauen“, versprach der Transferplaner. Bestes Beispiel ist der „Frankfurter Jung“ Elias Baum, der alle Eintracht Nachwuchsmannschaften durchlief und jetzt durch eine Leihe zum SV Elversberg eine Menge Spielpraxis sammelt.

Eher unwahrscheinlich ist aber dennoch, dass Markus Krösche und Timmo Hardung die französischen Nachwuchsakademien aus den Augen verlieren. Denn Hardung weiß: „Wenn die Franzosen weiter mutig bleiben und an ihre Talente glauben, bleibt das ein spannender Markt.“ So ist es kein Wunder, dass die Eintracht laut „Bild“-Zeitung mit Dilane Bakwa erneut einen französischen Rechtsaußen auf dem Zettel hat.

Weitere Artikel

Ein Kommentar

Fallback Avatar Der User hat SGE4EVER.de mit mind. 25 € finanziell unterstützt, als es um den großen Relaunch 2024 ging. 1. Italo-Hesse 03. März 25, 10:08 Uhr

sehr interessanter Bericht...mir gefällt der franz. Markt, da dieser voll von tollen Talenten is...woran das liegt, liegt ja auf der Hand....die Ballungsgebiete, Migration, Strasse...hier lernen viele der Jungs noch das "Kicken"...sich gegen ältere und stärkere messen und behaupten (ähnlich wie die Doku über Prince Boateng und seiner Berliner Jungs; empfehlenswert!).
Zu Hardungs Aussage: warum sollten die Franzosen nicht mehr an ihre Talente glauben? die haben gar keine andere Wahl (im positiven Sinne), da die Liga nur aus PSG und ab und zu Marseille, Lyon und Lille besteht....außer PSG, spielen alle Teams mit ganz vielen Talenten aus den eigenen Reihen. Einerseits weil der eigene Markt dies hergibt, andererseits weil die Liga nicht wirklich attraktiv ist für ausländische Spieler oder Talente (abgesehen von PSG's Kohle) und das ist das große Glück des franz. Fussballs!

Lustigerweise hatte ich paar Tage vor diesem Bericht bereits meinen Kommentar zu genau diesem Thema geposted:

2. Italo-Hesse
27. Februar 25, 11:31 Uhr
das ist die crux mit den franz. Spielern...einerseits profitiert der franz. Fussball stark davon, dass die Liga so "schwach ist" und sich dort eine unfassbar hohe Anzahl von Talenten genug Spielzeit abholen und ohne Druck entwickeln können...die Jungs werden dann aber dann relativ schnell zu teuer, deswegen "muss" man schon früh zuschlagen...das passt dann aber bei vielen noch nicht...und das is meiner Meinung nach das Problem bei unseren genannten Jungs...Talent haben sie alle, aber entweder hätten sie noch 2-3 Jahre in Frankreich benötigt oder man konnte sie nicht zu 100% scouten und analysieren (vor allem ihre Defizite), da die Zeit knapp bzw die Konkurrenz zu groß wurde.....schwierige Charaktere oder Probleme mit Druck/Konkurrenz noch gar nicht berücksichtigt....gibt aber natürlich auch genügend Gegenbeispiele

3

Du musst eingeloggt sein, um einen Kommentar zu schreiben.

Weitere Artikel