Oliver Frankenbach blickt mit sorgenvoller Miene in die Zukunft.

Dass sich diese Transfer-Periode anders anfühlt als normalerweise, dürfte mittlerweile nahezu jeder Fan bemerkt haben. Die große Aufbruchsstimmung der letzten Jahre scheint ein wenig ins Stocken geraten zu sein. Während sonst die aberwitzigsten Transfergerüchte ihre Kreise um den Stadtwald zogen, herrscht diesen Sommer Stille. Der Grund ist Covid-19.

In einem ausführlichen Interview mit dem „Kicker“ äußerte sich Frankfurts CFO (Chief Financial Officer) Oliver Frankenbach nun zur finanziellen Lage. Für Frankenbach, der seit über 22 Jahren bei der Eintracht arbeitet – seit fünf Jahren als Finanzvorstand, stelle die derzeitige Lage die anspruchsvollste dar, die er je miterlebt habe: „Wir hatten in dieser Zeit zwar auch einige andere Krisen, aber die waren absehbar. Die Pandemie und ihre Folgen prasselten hingegen unangekündigt auf uns herab.“

Der Gürtel muss sehr eng geschnallt werden

Die Budgetplanung für die nächste Saison sei nicht unbedingt darauf ausgerichtet, dass die Spielzeit komplett ohne Zuschauer stattfinden werde. Bislang gehe die Planung davon aus, dass die Hinrunde vollständig ohne Zuschauer stattfinden werde, die Rückrunde dafür aber unter Vollauslastung. „Zum Zeitpunkt der Planung stellte sich das Horrorszenario – eine ganze Saison ohne Fans – nicht dar. Das wird jetzt wieder etwas greifbarer. Wir planen anhand gewisser Wahrscheinlichkeiten, müssen die Risiken aber komplett abdecken können.“ Um diese großen Gewinneinbußen tatsächlich komplett abdecken zu können, sei man unter Umständen auf Hilfe von Kreditlinien angewiesen. Das oberste Ziel, so Frankenbach, sei, dass man eine ausreichende Liquiditätsvorsorge aufrechterhalten könne.

So verfüge die Eintracht über Kreditlinien, die man schon während des Lizenzverfahrens vor der Corona-Krise hatte. Damals habe man diese aber nicht in Anspruch nehmen müssen. „Es gibt aber auch Chancen wie Transfererlöse, der Transfermarkt entwickelt sich positiver als noch vor drei, vier Monaten gedacht.“ Leistungsträger wie Filip Kostic oder Martin Hinteregger müsse man deshalb aber noch nicht zwangsläufig verkaufen, so der Finanz-Chef. Käme allerdings ein Angebot, über das man nachdenken könnte, so könne man das nicht kategorisch aussschließen. Es erscheint fast logisch, dass bei einem etwaigen Verkauf eines Leistungsträgers nicht der gesamte Erlös wieder in neue Spieler gesteckt werden könne. „In der aktuellen Situation ist das nicht vorstellbar. Alles, was wir jetzt tun, um den Betrieb nachhaltig aufzustellen und durch die Saison zu bringen, bedeutet, dass wir ins Obligo gehen. Die Kreditlinien werden wir zum Teil in Anspruch nehmen müssen. Deswegen wäre es wirtschaftlich unklug, Transfererlöse zu 100 Prozent sofort wieder zu reinvestieren. Denn irgendwann müssen wir die Kredite tilgen.“

Dass sich der Umsatz von 280 auf 140 Millionen halbiere, sei auch darauf zurückzuführen, dass man fast 100 Millionen an Transfererlösen erzielte. Diese 100 Millionen subtrahiert, und man wäre schon bei 175 Millionen Umsatz, so der Finanzchef. Der Rest der Einbußen gehe auf die fehlenden Zuschauer zurück.

Gehaltseinsparungen sind essenziell 

Um Geld einzusparen, sollen die Profis weiterhin auf Gehalt verzichten. Den Spielern müsse man dies eben sensibel und auf vernünftige Art und Weise erklären. „Wenn der Klub insgesamt weniger Umsätze erzielt, möglicherweise auch über diese Saison hinaus, muss man versuchen, die Spieler mitzunehmen, weil sie diejenigen sind, die von dem ganzen System am stärksten profitieren. Das ist vielleicht nur ein Vorbote dessen, was noch in der Zukunft kommt. Das verstehen die Spieler bisher auch“ So der 53-Jährige,  „Wenn Sie aber einem Spieler erklären, dass sein Gehalt nicht voll bezahlt werden kann, weil es die Umsatzsituation in dieser außergewöhnlichen Lage nicht hergibt, kann er versuchen, woanders einen Vertrag zu bekommen. Vielleicht gibt es den einen oder anderen Verein. Aber wenn sich das Ganze rasend schnell nach unten bewegt, wird es wenige Möglichkeiten geben. Außer für die Top-Spieler.“

Kritische Zahlen

Heimspiele ohne Fans kosten die SGE derzeit 2,5 Millionen Euro pro Spiel. Dies sei aber nicht nur auf die fehlenden Ticketkäufe zurückzuführen.  „Viele glauben, dass es nur um die Ticketeinnahmen geht. Doch das zieht sich wie ein roter Faden durch alle möglichen Umsatzkategorien. Davon sind auch einige Sponsorenverträge betroffen, auch wenn wir bislang von dieser Seite in der abgelaufenen Saison eine große Unterstützung durch die Umgestaltung von Leistungspaketen erfahren haben.“ Dies sei aber auch daran geknüpft, wie gut eben jene Sponsoren mit der Corona-Situation umgehen können.

Die neue Saison könnte Umsatzeinbußen von 60-80 Millionen Euro generieren. Eine Summe, die Konsequenzen mit sich bringen könne: „Dauerhaft wird man das als Klub sicherlich nicht überleben. Denn man muss jedem Kreditgeber klar und verständlich machen, wie man das zukünftig wieder auffangen kann. Transfererlöse sind eine Möglichkeit, aber keine dauerhafte Lösung.“

Mögliche Ersatz-Sicherheiten

Eine mögliche Lösung könnten dabei Landesbürgschaften sein. Doch Frankenbach bewertet das neutral. Bundesliga-Klubs seien Wirtschaftsunternehmen und sollten demnach auch genauso behandelt werden, wie jedes andere Unternehmen. Weder besser noch schlechter. Natürlich müsste die Eintracht aber Strukturfinanzierungen und Kreditlinien sichern. Normalerweise geschehe dies, indem man Einnahmen aus der TV-Vermarktung, den Ticketverkäufen, der Hospitality und dem Sponsoring hinterlege. Da diese nun teilweise wegfallen, müsse man sich eben nach anderen Möglichkeiten der Sicherung umschauen.  „Eine Landesbürgschaft kann dann durchaus eine Möglichkeit sein. Es klingt in der Öffentlichkeit immer so, als wäre die Bundesliga hochverschuldet und hätte Kredite in Milliardenhöhe – was nicht stimmt. Es ist völlig normal, dass man Kreditlinien zur Absicherung des laufenden Geschäftsbetriebes oder größerer Investitionen nutzt. Den Bau unseres Proficamps finanzieren wir auch über einen Kredit, den wir beispielsweise mit TV-Vermarktungserlösen besichert haben.“

Eine Gleichverteilung der Fernsehgelder unter allen Bundesligisten, wie etwa Mainz das fordert, sieht Frankenbach indes kritisch: „Wohin soll eine Gleichverteilung führen? Zu einer Verbesserung des sportlichen Wettbewerbs? Dafür sind die Umsatzunterschiede der Klubs mittlerweile zu groß. Wir haben eine marktwirtschaftliche Struktur in Deutschland und leben nicht im Sozialismus. Am Ende soll doch derjenige gestärkt werden, der Leistung erbringt. Auch bei der Verteilung der TV-Gelder muss daher das Leistungsprinzip verankert werden. Dazu zähle ich auch den Wert eines Klubs für das Vermarktungsvolumen der Bundesliga.“ Mit Platz sieben der TV-Tabelle profitiert die Eintracht vom derzeitigen System.

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19 Kommentare

  1. ob diese Erklärungen denen wohl reicht, die immer noch so tun, als ob wir trotz Corona im Geld schwimmen ?
    Manche Einsichten brauchen sehr, verdammt lang.
    Forza SGE !

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  2. @2
    richtig, wir sind definitiv kein Gewinner der Corona Krise. Das sind Investoren Clubs und Vereine mit CL Einnahmen. Es trifft uns lediglich etwas weniger schlimm als beispielsweise Schalke.

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  3. Na dann… Dann ist ja Platz 7 zukünftig save. Nach Bayern, Bayer, Wolfsburg, Leipzig, Hoffenheim und Wolfsburg müssten wir ja „Best of the Rest“ sein 🙂

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  4. @4
    Wolfsburg nur einmal, dafür plus BVB, Gladbach und leider auch die Hertha (wenn die mal ihre PS auf den Rasen bekommen). Wenn also alles normal läuft sollten wir erneut 9. werden. Holt der Trainer wieder mehr raus und andere schwächeln, ist auch Platz 6-7 drin. Das ist realistisch. Alles was nicht einstellig ist, sollte mittlerweile unter unseren Ansprüchen liegen.

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  5. @Hr. Frankenbach: Kann man denn nicht die Gegentribüne zur Werbefläche gestalten? Ist ja derzeit ungenutzte Premium-Fläche. Auch Trikots haben noch bisher ungenutzte Fläche im Angebot. Ob die DFL da nicht entgegenkommen kann?

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  6. Der ein oder andere hat es vielleicht auch schon gelesen: Der FC Malaga hat allen Spielern gekündigt. Vielleicht bleiben einige Spieler, sicher werden aber auch viele sich einen neuen Verein suchen.
    Ob das erst der Anfang ist? Das ist evtl. auch das Kalkül von FB; ein paar günstige Spieler finden, deren Vertrag aufgelöst wird.

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  7. @5

    Ich hatte mich schon selbst gewundert. Hoffenheim fehlte in der Aufstellung, hatte es noch editiert – und dann gewundert, dass es nicht 4 Plastikclubs + Bayern waren.

    Gladbach, Dortmund und Hertha hatte ich extra weg gelassen, die dürften ja – ob ihres teuren Kaders – auch in Schlagweite sein, eventuell mal Dortmund außen vor.

    Will sagen – Wenn man jetzt schon die Corona Karte zieht, dann müssten wir am oberen Tabellendrittel schnüffeln… Ich seh uns aber mit der Mannschaft und dem mittelfristigen Potential eher ein Drittel weiter unten. Und das beißt sich irgendwie.

    Offensichtlich unterschätze ich Hütter und das noch vorhandene Entwicklungspotential der Sows, Tourés und Co. und überschätze gleichzeitig den anstehenden Verlust von Abraham und Hasebe…

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  8. Diesen Artikel bitte auf der Seite fest und sichtbar installieren, damit die Forderungen mancher nach vermeintlichen Starspielern zurückgeschraubt werden. Mein Wirtschaftsszenario zum Jahreswechsel ist schwarz und da ist der Fußball nur ein kleiner Teil. Die Weltwirtschaftskrise ist nur durch den ersehnten Impfstoff zu verhindern.

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  9. @6, Dribbelstaedter

    Interessanter Vorschlag, wir haben das in der Redaktion auch kurz diskutiert. Das Problem ist aber, dass sich derzeit kaum Firmen finden, die das Geld zum Sponsoring haben. Meiner Meinung nach, gesetzt den Fall, dass die DFL ein O.K. gäbe zu deinem Vorschlag, würde die Eintracht schon einen Sponsor finden. Aber wäre das Geld, dass das einspielt dann auch den Aufwand wert? Einerseits dürfte es derzeit eine sehr günstige Werbefläche sein, andererseits müssen eben auch die ganzen Firmen schauen, wo sie bleiben während der Krise..

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  10. 9. Grantler: Guder Vorschlag, hoffe es hilft bei dem einen oder anderen!
    An kleinere Brötchen (nicht nur im Fussballzirkus!) sollte man sich schnellstmöglich gewöhnen.

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  11. Würde meine Dauerkarte auch ohne Spiele im Stadion erwerben…!

    Vielleicht gibt es da noch ein paar und schwups schon sind wieder ein paar Euronen mehr auf der Habenseite 😉

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  12. Denke nicht das es so kommt, dass wir die ganze Saison ohne Fans spielen.
    In Sachsen-Anhalt sollen bald Sportveranstaltung mit 2000 Zuschauern wieder erlaubt werden in Leipzig wurde ein Konzert in der Arena mit 2000 Fans geprobt. Und das Supercup-Spiel zwischen Valencia und Bayern soll in Bukarest mit mehr als 20.000 Fans Ende September gespielt werden. Wir brauchen Brot und Spiele.
    https://www.t-online.de/sport/fussball/champions-league/id_88458812/uefa-supercup-ueber-20-000-zuschauer-finale-mit-fc-bayern-wohl-vor-publikum.html

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  13. Dauerkarten auszugeben, finde ich falsch, am Ende muss die Eintracht alles zurückzahlen.

    Vielleicht eine gute Marketing Aktion wie in Gladbach – kauf dir einen Platz im Stadion und ein Bild von dir wird dort platziert. Ich würde das bestimmt machen – bessere Plätze (im TV sichtbar) kosten mehr – Start 150€ bis 1500€ – für alle Spiele bis die Zuschauer wieder kommen. Ich würde es machen.

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  14. @10 Folke: Danke. Ich dachte auch eher an ähnliches Material, wie bei der Choreo – Tücher/Planen, deren Bedruckung nicht die Welt kosten, aber sehr auffällig/wirksam sind. Das Anbringen block- oder abschnittweise wäre technisch auch keine allzu große Herausforderung. Einzig die DFL müsste zustimmen. Ich stelle mir ne ganze Tribüne z.B. mit der neuen MB. A-Z Klasse, dem neuen 1-7 er B.W oder sonstigem neu eingeführten Produkt als imposant vor. Verglichen zu einem 10 Sekunden TV Werbespot in der Pause wäre das ein ungleich wirksameres Schnäppchen.

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  15. Ich hoffe und glaube, dass es im nächsten Jahr intelligente Lösungen geben wird, um Zuschauer in den Stadien zuzulassen und natürlich vordringlich die Gesellschaft wieder zu normalisieren. Ein Pilotprojekt für den UEFA-Supercup zwischen Bayern und Sevilla mit einer 30% Auslastung läuft schon, etliche und davon vielversprechende Impfstoffforschungen sind schon in der letzten Testphase, u.A. Es wird höchste Zeit, es geht nichts über die Atmosphäre in unserem Stadion beim Spiel unserer Jungs auf dem Rasen.

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  16. Sorry, gerade erst gesehen, dass Nicknackman
    den Link über das Pilotprojekt schon ins Netz gestellt hatte, umso besser.

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  17. Corona ist sicher nicht an allen finanziellen Sorgen schuld. Man generierte unglaubliche Erträge durch zweimal EL, DFBPokalsieg und Halbfinale und besonders enorme Transfererlöse, wobei man m. E. nur mit bescheidenem Erfolg reinvestierte. Wo sind die Summen, die Normalverbraucher gar nicht ermessen kann, geblieben? Gibt es Rücklagen? Ich bin nicht dafür, dass der Steuerzahler hier bürgen sollte, denn wo solche Summen fließen, muss man sich erst einmal auf Normalmaß bescheiden. Ein paar % Gehaltsverzicht reichen da nicht, wenn ich bei 5Mio Gehalt auf 5% verzichte, verdiene ich immer noch 4,75 Mio Euro. Lieber mit Steuergelder den „kleinen Mann“ und die Familien unterstützen.

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  18. @18
    Dir ist schon klar, dass eine Bürgschaft nicht mit einem Kredit gleichzusetzen ist oder?
    Erstmal kostet es das Land nichts, wenn es für die SGE bürgt. Im Falle einer Insolvenz würde das anders aussehen aber erstmal kostet es den Steuerzahler nichts.

    Klar ist eine Forderung nach Gehaltsverzicht bei den Profis eine feinen Sache. Lässt sich auch sehr gut verkaufen. Nehmt es den reichen und gebt es den armen. Nur gibt es halt nun mal Verträge. Und aufgrund dieser Verträge müssen mit den Spielern Lösungen gefunden werden. Bei einseitigem Vertragsbruch der SGE ist der Spieler unter Umständen vertragslos und damit ablösefrei. Vom juristischen Aufwand mal ganz abgesehen.

    Zur Frage mit den Rücklagen. Diese Rücklagen gab es und gibt es. Im Abschluss 2018 wurden 30 mio an Bestand bei Kreditinstituten erfasst. Und das war vor den Einnahmen durch die Transfers. Wenn man das Interview im ganzen liest, dann sagt Frankenbach auch ganz klar, dass 100 mio der Umsatzeinbußen aufgrund der letztjährigen Transfererlöse zustande kommen und somit nie einkalkuliert waren. Er gibt aber auch offen zu, dass aufgrund der damaligen Aussagen und Berechnungen damit kalkuliert wurde, dass in der RR 2020/21 wieder Fans ins Stadion dürfen. Aktuell bedeutet jedes Heimspiel ohne Zuschauer einen Umsatzverlust von ca. 2,5 mio. Wenn man das mal hochrechnet und dann noch die Ablösen mit dazu nimmt wird relativ schnell klar wie Frankenbach zu diesem Szenario kommt.

    Dieses Problem haben ja aber nicht nur wir. Wir sind aber in der Lage diese Kreditlinien auszuschöpfen um einen gewissen Zeitraum zu überbrücken. Aktuell mussten wir wohl noch nichts davon in Anspruch nehmen. Das zeigt wie gesund wir vor Corona waren. Schade ist nur, dass jetzt wo wir endlich quasi Herr im eigenen Stadion sind, unsere Finanzen so gut wie nie waren und das Grundgerüst der Mannschaft auch so stark wie lange nicht ist, wir durch Corona nicht die nächsten großen Schritte gehen können. Andere werden das zwar auch nicht aber der oftmals zitierte schlafende Riese muss sich bis zum vollen Erwachen wohl noch etwas gedulden.

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