Die Eintracht wollte nach den zwei schlechteren Leistungen gegen Riga und Union Berlin unbedingt an ihrer zuvor gezeigten Stärke anknüpfen und in der zweiten Runde des Pokals gegen Borussia Mönchengladbach ins Achtelfinale einziehen. Am Ende sollte sich ein denkwürdiger Abend im Frankfurter Waldstadion entwickeln, der neben dem 2:1-Sieg in Unterzahl vor allem eines bewiesen hat: Diese Mannschaft hat wieder diese besondere Magie, die es braucht, um etwas Großes zu erreichen. SGE4EVER.de hat das Spiel wie immer noch einmal analysiert:
Toppmöllers Coaching-Masterclass
Eintracht-Trainer Dino Toppmöller war aufgrund des Ausfalls von Rasmus Kristensen dazu gezwungen, seine gut funktionierende Abwehr neu aufzustellen. Er entschied sich zur Umstellung auf Dreier- bzw. Fünferkette und startete mit Tuta, Robin Koch und Arthur Theate in der Zentrale. Auf den beiden Außenpositionen durften Nathaniel Brown (der gleichzeitig sein Startelf-Debüt feierte) und Dina Ebimbe auflaufen. Die Mittelfeldzentrale sollte erneut aus Hugo Larsson, Ellyes Skhiri und Mario Götze bestehen, während vorne dieses Mal Hugo Ekitike und Igor Matanovic starteten. Die Hessen kamen gut ins Spiel und doch sollte ihr gesamter Matchplan bereits in der 15. Spielminute dahin sein. Die Rote Karte gegen Theate, der reflexartig im Fallen mit dem Ball zur Hand ging, sollte den gesamten Abend auf den Kopf stellen. In genau diesem Moment folgte die Schlüsselentscheidung Toppmöllers. Während die meisten Trainer vermutlich einen Stürmer rausgenommen hätten, um die Fünferkette wieder aufzufüllen, entschied sich der Trainer der SGE für eine deutlich riskantere Variante. Mit Nnamdi Collins brachte er zwar einen etatmäßigen Innenverteidiger, allerdings für Ebimbe und nicht für einen der beiden Stürmer. Dies hatte zur Folge, dass die Eintracht fortan mit Viererkette agierte und Collins die Rolle des Rechtsverteidigers spielen musste. Nicht nur die mutige Umstellung auf Viererkette trotz Unterzahl, sondern auch die Einwechslung des jungen Collins, statt des deutlich erfahreneren Aurele Amenda, überraschte. Collins zeigte sich unbeeindruckt und begeisterte stattdessen das Frankfurter Waldstadion. Furchtlos, entschlossen, körperlich stark und mit einer enormen Geschwindigkeit beeindruckte er ab der ersten Minute seiner Einwechslung. Am Ende krönte der junge Verteidiger seine starke Leistung sogar noch mit der Vorarbeit des Siegtreffers durch Omar Marmoush. Mit Collins hat Toppmöller nun aus der Not heraus und völlig überraschend seinen Kristensen-Ersatz gefunden und es würde stark verwundern, wenn am Samstag jemand anderes als Collins die Kristensen-Position übernehmen würde.
Team wächst in Unterzahl über sich hinaus
Während die Gladbacher in Überzahl agierten und zudem bereits seit vergangenem Freitag Regenerationszeit hatten, sollten die müden Frankfurter in Unterzahl über ihre Grenzen gehen. Über weite Strecken der Partie war schlichtweg überhaupt nicht ersichtlich, dass die Eintracht in Unterzahl agierte. Mit Götze als enorm ballsicheren Spieler in der Zentrale sollte die SGE immer wieder selbst in Ballbesitzphasen kommen. Angetrieben vom Frankfurter Publikum ließen die Adlerträger sich auch durch den ärgerlichen Ausgleichstreffer kurz nach Wiederanpfiff nicht aus der Ruhe bringen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte man eigentlich gedacht, dass man der Unterzahl und den schwindenden Kräften Tribut zollen muss, aber das Team bewies das Gegenteil. Eine wahnsinnige Teamleistung, pure Leidenschaft und der unbedingte Wille die nächste Runde zu erreichen. Es war aber tatsächlich nicht nur der Kampf, der die Eintracht in die nächste Runde bringen sollte, sondern vor allem auch die spielerische Klasse, die das Team mittlerweile besitzt. Trotz Unterzahl konnten die Hessen die Gladbacher Defensive immer wieder schwindelig spielen und mit ihren Ausnahmekönnern Marmoush und Ekitike für enorme Gefahr sorgen. Ekitike, der mit einer tollen Einzelleistung nach überragender Vorarbeit von Skhiri die Führung besorgte, war an diesem Abend besonders on fire. Man spürte förmlich, dass er gerade in Abwesenheit von Marmoush (der eine verdiente Pause erhielt) beweisen wollte, dass er auch den Unterschied machen kann. Trotzdem passte es natürlich perfekt in diesen Abend, dass die überforderte Gladbacher Abwehr in der letzten halben Stunde auch noch mit Marmoush in Topform konfrontiert werden sollte. Marmoush war es dann nach Vorarbeit von Collins, der aus einer eigentlich aussichtslosen Situation den Siegtreffer erzielte. Der Jubel mit der Maske von Ersatztorhüter Kaua Santos sollte dann nochmals unterstreichen, welchen Spirit diese Mannschaft hat.
Eine besondere Mannschaft
2018 beim Pokalsieg und auch 2022 beim Europa-League-Triumph hatten die Hessen schon einmal besondere Mannschaften. Insbesondere beim Europa-League-Sieg war es im Grunde genommen nur der einzigartige Spirit und die Symbiose mit den Fans, die diesen Erfolg überhaupt ermöglichten, denn rein vom Papier her, war die damalige Mannschaft alles andere als ein Titelfavorit. In diesem Jahr hatte sich schon in Istanbul und beim Last-Minute-Remis gegen den FC Bayern München angedeutet, dass die aktuelle Mannschaft irgendwie besonders ist. Toppmöller nutzt die Breite des Kaders, jeder fühlt sich wichtig und jeder Spieler hat inzwischen schon seinen Teil zu dieser bisher so erfolgreichen Saison beigetragen. Egal ob Brown, Can Uzun, Collins, Dahoud oder Santos – sie alle hatten schon ihre Momente in dieser Saison und spüren ihre Wichtigkeit. Dies führt dazu, dass dieses Team füreinander durchs Feuer geht und jeder für den anderen rennt und kämpft. Keine Missgunst, sondern pure Freude miteinander. Das Kollektiv steht im Fokus. Toppmöller hat es nach der schwachen Saison im vergangenen Jahr mit dem neu zusammengestellten Kader geschafft, diese Einheit zu formen und zudem auch spielerische Fortschritte verzeichnet. Die Hessen haben zwar eine unglaublich junge Mannschaft, aber gleichzeitig eben die perfekte Mischung mit Routiniers wie Kevin Trapp, Götze und Koch. Auch Tuta, der oft in der Kritik stand, entwickelt sich mehr und mehr zu einem echten Leader. Dieser große Erfolg gestern gegen Gladbach in Unterzahl wird der Mannschaft weiteres Selbstvertrauen geben und auch die Fans sind wieder entzückt von ihrer Mannschaft. Wenn die Eintracht schon am Samstag gegen Bochum daran anknüpfen könnte, könnte in dieser Saison tatsächlich etwas Großes entstehen.
10 Kommentare
Ich muss auch Toppmöller loben. Für viele wäre der logische Schritt gewesen und man nimmt einen Stürmer aus dem Spiel, um die rote Karte zu kompensieren. Mutiger Wechsel. Hut ab.
Matanovic war etwas unglücklich, aber das Spiel in Unterzahl ist nichts für so einen großen Stürmer - denke der Matchplan sah mehr Flanken vor, damit er ins Duell kommt. Aber alle haben gekämpft, war sehr schön anzusehen.
Selten hat mich ein Spiel so gepackt wie das gestern. Ich war extrem nervös bis zum Schluss. Wäre Skiris Lupfer reingegangen wäre das die Kirsche auf der Torte gewesen. Versteh aber auch Toppi, dass der sich aufgregt, dass man das in der Situation so lösen will :-)
Wahnsinnig stolz auf diese Mannschaft.
Wie die das zu 10t gemacht haben. RESPEKT!!
Gänsehaut auf der Gänsehaut.
Ich bin so froh, an diesem Abend dabei gewesen zu sein.
Welch eine Leistung!
Die Eintracht Fanfamilie verneigt sich demütig vor unseren Jungs.
Forza SGE und Grüße aus Hasungen
Tolle Analyse Laura, perfekt zusammengefasst. Auch ich jetzt noch voll geflasht von der Leistung und der Atmosphäre im Stadion.
Ein Haar in der Suppe: "Theate, der reflexartig im Fallen mit dem Ball zur Hand ging", ging in Wahrheit mit der Hand zum Ball. Ist am Ende aber auch egal. Zum Glück haben wir nächsten Donnerstag schon wieder EL, da kommt Arthur nicht völlig aus dem Rhythmus.
Begeisternd leidenschaftlicher Fussball der einen von Berlin träumen lässt. Die Truppe macht einfach nur Spaß!
Und bei aller Euphorie wünsche ich mir nach vor einen echten 6er mit CL-tauglichen Qualitäten: Top-Kicker mit Spielmacherskills + ordentlich Speed. So einen schon im Winter zu kriegen, klingt utopisch - ist es wohl auch, würde uns aber nochmal dichter an die ersten 5 Plätze anschließen lassen.
Ich ärgere mich maßlos…
Über mich selbst!
Fühlte mich gestern nicht wirklich gut und habe dann bei der roten Karte gedacht „Scheiße, das war’s. Wir werden abgekocht“ wie das letztes Jahr passiert wäre und hab ausgeschaltet, weil es mir schon schlecht ging.
Zu meiner freudigen Überraschung, dann am Morgen die Sensation.
<tja erschrocken waren wir auch im Stadion auch weil MG bis dahin schon sehr gut mitspielte. Ich bin mit Erkältung hin und dachte auch ...........
aber es wurde ein klasse Pokalfight .Ja wir hatten auch brenzliche Situationen . Aber das is halt so wenn immer ein Mann des Gegners frei steht.
Aus diesem Spiel kann man mehr schöpfen als aus einem 3zu0
einfach nur geil das spiel
Ich habe irgendwann aufgehört, die ganzen Superlative im Text zu zählen - weil sie voll berechtigt sind! WIE GEIL WAR DAS DENN GESTERN?
Das Paradox ist: Theate hat keinen "Bärendienst" mit seinem Aussetzer geleistet, der JEDEM passieren kann und eine schöne Geschichte für seine Enkelkinder wird (zwei direkte Platzverweise, hoffentlich macht er nicht die Drei voll :-p).. durch diese Willensleistung in Unterzahl hat die Eintracht nun ihre psychologische Robustheit, die keinesfalls zu unterschätzen ist, voll unter Beweis gestellt: ein Team, dass über 70 Minuten in Unterzahl gegen einen "gestandenen Bundesligisten" (der mit Seoane ein Abstiegskandidat ist) derart agiert und zu keinem Zeitpunkt Gefahr lief, die Kontrolle zu verlieren, kann man nur solche Superlative attestieren.. es ist ein gewaltiger Schritt nach vorne für Psyche, Moral und eine erfolgreiche Saison.. in dem Sinne, danke Arthur, in ca. einer Woche freuen wir uns auf Dich auf den Platz.
Großartig, diese Eintracht... das soll erstmal jemand nachmachen (oder besser nicht ;-) )...
ich finde auch, dass der Platzverweis spielentscheidend war - und im Nachhinein dann zu unseren Gunsten. So mussten die verbleibenden Spieler einfach jeder für sich und den anderen alles rausholen und Toppis Entscheidung auf Viererkette umzustellen, war einfach nicht nur mutig sondern genial.
Als dann Omar eingewechselt wurde, war das auch ein klares Zeichen an die Mannschaft, dass wir jetzt den Sieg wollen. Dieses Spiel hat gezeigt, was in der Mannschaft steckt und wir müssen da jetzt nur dran bleiben. Gegen Bochum erwarte ich demnach einen klaren Sieg und dann geht wieder das Flutlicht an gegen Prag. Was kann es Schöneres geben?
Du musst eingeloggt sein, um einen Kommentar zu schreiben.