18.01.2015, Fussball, Testspiel, Al Ain FC - Eintracht FrankfurtHeute liest sich die Bilanz – bescheiden ausgedrückt – wesentlich freundlicher, als noch vor 16 Jahren. „Wir sind gesund. Wir haben keine Schulden„, bekräftigt Hellmann. Die Eintracht stellt den klassischen Mittelklasseverein in der Bundesliga dar: Sowohl sportlich als auch wirtschaftlich bewegt sich der Verein mit einem Umsatz von 81 Millionen Euro genau in der Mitte zwischen Gut (Plätze 1-6: durchschnittlicher Umsatz von 95 Millionen Euro) und Böse (die sechs Erstligisten im letzten Drittel: durchschnittlicher Umsatz von 67 Millionen Euro). Eine Steigerung dessen ist in dieser Saison nur noch schwer möglich, da keine internationalen Gelder in die Kasse fließen und im DFB-Pokal schon in Runde 2 Schluss war. Der Finanzvorstand kalkuliert daher, trotz steigender Medienerlöse von 27 Millionen Euro, mit einem Minus von vier bis sechs Millionen Euro. Das Eigenkapital, welches vor der Spielzeit 12 Millionen Euro betrug, musste für die Erhöhung des Spieleretats (34 Millionen Euro) angeknabbert werden. Die von Bruchhagen ausgegebene Prämisse, dass das vorhandene Eigenkapital nicht unter 6 Millionen Euro rutschen dürfe, werde aber „natürlich eingehalten.“ Doch wie wird es weitergehen, nachdem mit Stefan Aigner, Bamba Anderson, Kevin Trapp oder höchstwahrscheinlich auch mit Bastian Oczipka in dieser Saison kostspielig verlängert wurde? Sie alle kamen 2011 und 2012 aus der 2. Bundesliga oder von Absteigern und steigerten in den vergangenen Jahren deutlich ihren Marktwert. Die Gehaltsspirale, die so lange niedrig gehalten wurde, droht jetzt deutlich nach oben zu drehen.

Vor allem bei Kapitän Trapp streckten sich die Frankfurter an die Decke, die Verlängerung bis 2019 überstieg sogar „kurzfristig unseren Finanzrahmen„, wie Bruchhagen im Bericht der Sportschau weiter einräumt. Wenn man bedenkt, dass Carlos Zambrano auch noch seine Unterschrift unter einen neuen Kontrakt setzen soll, wird immer deutlicher, wie nötig alternative Finanzierungsmodelle werden. Hellmann, dessen Vertrag bis 2019 verlängert wurde, soll diese Potenziale freischöpfen. Schon im August 2014 gab der Jurist die Richtung vor: „Wir müssen uns die Frage stellen: Bleiben wir bei der eigenen Betriebsleistung oder beschäftigen wir uns entgegen der Zurückhaltung der letzten zehn, zwölf Jahre mit der Frage, ob wir uns im Markt Kapitalisierungspartner suchen.“ Es wäre ein Paradigmenwechsel nach einem Jahrzehnt „der ruhigen Hand“. Sicherlich keiner ohne Risiko. Aber einer, der zumindest gründlich überdacht werden muss, wenn man in den kommenden Spielzeiten dauerhaft im oberen Bereich der Tabelle beheimatet sein möchte. Neben dieser brisanten Frage, die beantwortet werden muss, ist dann ja auch noch immer ein weiteres hochsensibles Thema, welches die Gemüter seit Jahren erregt. Es handelt sich dabei um, wie sie Hellmann süffisant bezeichnet, „unsere liebe, teure Stadiongesellschaft und unseren lieben, teuren Vermarkter„. Wie viel Geld hier tatsächlich jedes Jahr fließt, wissen wohl nur diejenigen, die diese Verträge unterschrieben haben. Mit mindestens 8 Millionen Euro per anno kann aber durchaus gerechnet werden.

Bis 2020 sind der Betrieb und die Vermarktung des Waldstadions noch in fremder Hand. Erst dann bestünde auf diesem Sektor tatsächlich mehr Spielraum. Fünf lange Jahre also noch – es ist also an der Zeit, neue Wege zu beschreiten. Denn nichts käme teurer zu stehen als ein erneuter Abstieg: „Das hat uns mit allen Auswirkungen, vor allem beim Fernsehgeld, 50 Millionen Euro gekostet„, sagt Hellmann mit Rückblick auf die „Rückrunde der Schande 2011“. Und der Finanzvorstand fügt noch hinzu: „Heutzutage wären es sogar 70 Millionen.“ Davon allerdings wären die Adler, wenn sie sich am Sonntag zum 116. Geburtstag mit einem Sieg beim 1. FC Köln selbst beschenken, aktuell ganz weit entfernt.

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7 Kommentare

  1. Schöne Zusammenfassung……aber der Artikel fängt erst mit Seite 2 an, dann folgt Seite 1 und dann nochmal Seite 2.

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  2. Sehr interessanter Bericht, mit der einen oder anderen „Aha-Situation“ beim Lesen. Danke für die Mühe Christopher

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  3. @SGE74 und koppweh: Ja, danke Herri für vieles – das große ABER darf trotzdem nicht verschwiegen werden. Wo wären wir, wenn 2011 nicht gewesen wäre? Und diese Rückrunde hat Bruchhagen mit zu verantworten. In den ersten Wochen der Rückrunde, als unsere Stamminnenverteidigung ausfiel, wurde der Karren in den Dreck gefahren. Man hatte, obwohl mit drei Niederlagen in den ersten drei Rückrundenspielen, noch die Chance für die Innenverteidigung oder eine andere Position nachzulegen. Leider hatte man sich auf sein Punktepolster verlassen und nur die wenigsten hätten nach der damals so positiven Hinrunde noch an einen solchen Totalabsturz gedacht. Solange aber rechnerisch noch alles möglich ist, muss ein solches Szenario, gerade bei Mittelklasseklubs, immer wieder in Betracht gezogen werden. Der Abstieg 2011 wird auch immer wieder das Gesicht von HB tragen, wie er gegen Köln auf der Tribüne saß und eine Zigarette nach der anderen rauchte. Ein Bild, was ich persönlich auch vier Jahre später noch nicht vergessen habe.

    ABER – und jetzt kommt der Punkt, den ich ihm hoch anrechne – er hat die Konsequenzen getragen, sich gehäutet und geöffnet für neue Wege. Ein Sportdirektor wurde installiert, mit Veh ein Trainer verpflichtet, der gerne aneckt und seine Meinung kund tut – und HB hat sich in dieser Zeit finde ich sehr gewandelt. Wo er oftmals verbissen und verkrampft wirkte, ist er jetzt eine Spur lockerer geworden. Und das er sich jetzt auch für den „Paradigmenwechsel“ öffnet und weiterbildet, zeigt die Tatsache, dass er Vorträge zu diesem Thema besucht. Es ist sicherlich nicht immer einfach gewesen mit Herri und manchmal hat man schon die Faust in der Hosentasche geballt, wenn er uns wieder die Mittelklasse als etwas großartiges verkaufen wollte. ABER – und das war ein großer Schritt – er hat es geschafft, dass wirklich viele eingesehen haben, dass eine Zeit lang wohl nicht mehr möglich war. Diesmal aber – 2015 – ist wieder viel Bewegung in der Bundesliga – und wenn wir diesmal die Chance nutzen und im Strudel in die richtige Richtung treiben – dann kommen wirklich tolle Jahre auf uns und unsere Eintracht zu. Da warten spannende Monate auf uns – sowohl auf sportlicher, als auch auf finanztechnischer Ebene.

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  4. Lieber Christopher.

    Mit Herri kam die Seriosität und die notwendige Kontinuität wieder.
    Der Imagewechsel war ein wichtiger Baustein der garnicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
    Die Eintracht ist ein schlafender Riese.
    Das wir nicht ins Koma gefallen sind ist Heriberts verdienst.

    Die Ära Bruchhagen geht zu langsam zu ende und mit Hellmann sind wir gut aufgestellt fuer die Zunkunft.

    Solange Bruno bei der Eintracht bleibt is mir nicht bange.

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