Fredi Bobic sorgt sich um die Stehplätze in deutschen Stadien. (Foto: Heiko Rhode)

Seit dem 1. Juni 2016, also seit mittlerweile dreieinhalb Jahren, ist Fredi Bobic Sportvorstand bei Eintracht Frankfurt. Und seit der 48-Jährige bei den Hessen ist, ging der Weg des Vereins stetig bergauf. Erst mauserte man sich vom Relegationsteilnehmer zum Europapokal-Anwärter, dann zum Pokalsieger und anschließend zum Halbfinalist in der Europa League. Dabei war der Weg, den die Eintracht und ihre Verantwortlichen zu gehen hatten, aber nie einfach. Zu Beginn hatte man mit einem minimalen Budget zu kämpfen, anschließend mit vielen Begehrtlichkeiten und Umbrüchen in den Transferphasen.

Eintracht-Boss Fredi Bobic: „Bei mir ist diese Emotion raus“

So auch in der vergangenen Transferphase, als die SGE mit Luka Jovic, Ante Rebic und Sebastien Haller gleich drei Angreifer und damit die fast schon europaweit bekannte „Büffelherde“ abgeben musste. Was für viele Anhänger der Hessen ein Schock war, ordnet Bobic im Interview mit dem „Kicker“ ganz sachlich ein: „Es ist nachvollziehbar, dass viele sich in das verliebt haben, was wir letztes Jahr gesehen haben. Aber bei mir ist diese Emotion raus. Ich habe gesagt, dass es passieren kann, dass wir alle drei verlieren und dann eben ein paar neue Stürmer holen werden.“ Dabei habe es im vergangenen Sommer aber einen deutlichen Unterschied zu den Sommern davor gegeben: „Diesmal haben wir in Substanz für die nächsten Jahre investieren können, weil wir durch die Verkäufe größere finanzielle Möglichkeiten hatten.“ Er betonte, dass der Umbruch im Sturm in seinen Augen gelungen sei. „Wir sind sehr stolz, dass wir wieder unterschiedliche Stürmertypen haben. Goncalo Paciencia hat seit dem letzten Jahr gerade körperlich einen großen Sprung gemacht, hat seine Torjägerqualitäten gezeigt und sich die Nominierung für die portugiesische Nationalmannschaft wie auch André Silva verdient. Bas Dost muss ich nicht groß erklären, der weiß, wo das Tor steht. Im Hintergrund entwickeln wir Dejan Joveljic“, so der ehemalige Nationalstürmer.

„Bin geholt worden, damit wir uns keine Sorgen um den Klassenerhalt machen“

Im Gegensatz zu Rebic, Jovic und Haller sollen die oben genannten Stürmer die SGE durch Europa schießen. Hier steht das Weiterkommen der Hessen nach der knappen sowie späten 1:2-Niederlage gegen Standard Lüttich in den Sternen. Trotz des Rückschlags sieht Bobic die SGE noch immer mit guten Chancen ausgestattet: „Es ist das passiert, was ich am Fußball liebe, aber genauso hasse: Innerhalb von 20 Sekunden bist du entweder in der K.-o.-Phase oder es steht ein Fragezeichen dahinter. Ich bin immer noch davon überzeugt, dass wir es in dieser nicht einfachen Gruppe schaffen können, wenn wir gut in die letzte Phase nach der Länderspielpause kommen. Auch in London können wir etwas holen, wenn wir an unser Limit gehen.“ Trotz allem betont der 48-Jährige, dass man den Boden unter den Füßen nicht verlieren dürfe. Zwar sei es besonders bei der Verteilung der internationalen Fernsehgelder wichtig gewesen, dass man sich erneut für den Europacup qualifiziert habe und das vergangene Jahr sei ein überragendes für die SGE gewesen, allerdings sei dies eben nicht selbstverständlich. Er erinnere sich hierbei noch gut an seine ersten Tage und Woche bei der Eintracht: „Ich bin 2016 geholt worden, damit wir uns an Weihnachten keine Sorgen um den Klassenerhalt machen und uns nicht den Kopf darüber zerbrechen müssen, ob wir unsere Jobs verlieren. Nichtsdestotrotz haben wir natürlich Ansprüche und wollen uns in der oberen Tabellenhälfte festsetzen. Wir hassen Niederlagen und wollen gewinnen.“

Bobic offen für Neuerungen

Bobic sorgt sich, dass Stehplätze irgendwann einmal verboten werden könnten. (Bild: Heiko Rhode)

Neben dem Sportlichen gehört natürlich auch Finanzielles zur Arbeit des ehemaligen Stuttgarters. Während der Euro-Raum für viele Experten in Richtung einer Krise schlittert, wächst der Profifußball immer weiter, die Ablösesummen steigen exponentiell weiter und die Gehälter werden immer höher. Völlig losgelöst sieht Bobic dies aber trotzdem nicht voneinander, auch wenn er den Fußball in einer guten Position sieht: „Wenn irgendwann eine richtige Rezession, eine Weltwirtschaftskrise kommt, wird das auch Einfluss auf den Fußball haben. Alle wären betroffen: TV-Anstalten und Sponsoren ebenso wie Klub-Eigentümer, die ihr Privatvermögen investieren. Der Fußball ist aber sehr erfinderisch und manchmal wie ein Chamäleon. Er kann sich sehr schnell verwandeln und neue Geldquellen erschließen.“ Trotz der Erfolgsgeschichte, die der Fußball in den letzten Jahren genommen hat, sei es wichtig, dass man den Kern dieses Geschäfts, nämlich den Sport selbst, nicht vergesse, so der ehemalige Nationalstürmer. Bobic gilt seit langem als einer, der sich nicht vor Neuerungen im Fußballgeschäft scheut, so lange diese in seinen Augen Sinn machen. Daher habe er auch kein Problem damit, dass sich viele Spieler in sozialen Netzwerken immer mehr selbst inszenieren. „Irgendwo wird das von den Massen auch verlangt, denn wenn es keinen interessieren würde, würde man das nicht machen. Der Fußball ist Teil der Unterhaltungsbranche“, so der 48-Jährige. Auch im E-Sport sieht Bobic viele Möglichkeiten: „Das ist ein riesiger Markt, da kommt eine große Welle auf uns zu. Die Kids sehen das als Möglichkeit, sich da auszuleben und Fußball zu spielen. Das ist weltweit ein brutaler Wachstumstreiber, und es ist gut, dass sich die Vereine damit beschäftigen und E-Sports-Teams gründen“. Der Eintracht-Vorstand ist überzeugt: „Aber die Kinder werden weiterhin Fußball spielen, auch in zehn Jahren wird sich nicht jeder eine Konsole leisten können.“

Bobics Angst, dass „etwas ganz Schlimmes passiert“

Ein elementarer Bestandteil des „realen“ Fußballs sind die aktiven Fanszenen. Und mit eben jener hat Bobic sich zuletzt mit deutlichen Worten angelegt. Es ging um die Personalie Andreas Möller, der entgegen Kritik der aktiven Fans das Nachwuchsleistungszentrum übernommen hat. „Die Personalentscheidung für Möller war ein sauberer Prozess, der über drei Monate ablief“, so Bobic. Zugleich betont der SGE-Boss, dass er den Dialog mit organisierten Fanklubs und Ultras für wichtig hält, aber bei gewissen Themen sich die handelnden Personen nicht reinreden lassen sollten. Denn ihre Namen stünden letztlich für Erfolg oder Misserfolg, sie würden eingesetzt und entlassen. Im Zusammenhang mit den Fans treibt Bobic vor allem eines um. „Meine große Sorge – und die teile ich mit vielen Kollegen – ist, dass irgendwann wirklich mal etwas ganz Schlimmes passiert, der Gesetzgeber daraufhin wie in England und anderen Ländern einschreitet und Stehplätze verboten werden. Das möchte sicherlich niemand, kein Normalo und auch kein Ultra.“ Denn nur noch Sitzplätze würden das Stadionerlebnis massiv verändert – die Stimmung, Fankultur und soziale Vielfalt. „Wir wollen, dass das Stadion für alle zugänglich ist: für den sozial Schwächeren genauso wie für den Reichen, der sich eine Loge leisten kann. Der Fußball ist für alle da.“

Fredi Bobic zusammen mit Peter Fischer und Andy Möller. (Bild: Eintracht Frankfurt)

Bobic über Möller: „Für mich der geeignetste Mann“

Und geht es nach den Eintracht-Fans, dürfte bald wieder einmal ein Talent aus der eigenen Riederwald-Jugend den Sprung in die erste Mannschaft schaffen. „Wir werden versuchen, verstärkt auf Talente zu setzen, das braucht aber Zeit. Erst mal muss das Fundament bei der U 10 bis U 15 geschaffen werden. Wir haben Schwachpunkte entdeckt, wo wir uns verbessern und professionalisieren müssen“, so Bobic. Andy Möller soll als neuer NLZ-Boss den Weg ebnen. „Für mich und auch viele im Verein ist er der geeignetste Mann. Andy bringt unheimlich viele Attribute mit, hat als Fußballlehrer Erfahrungen gesammelt und – trotz aller Geschichten und Mythen um seine Person – eine Verbundenheit zur Eintracht“, erklärt Bobic, warum die Wahl auf den umstrittenen Weltmeister fiel. „Es deckt sich mit unserer Denkweise, wie er die Aufgabe angehen möchte und versuchen will, in den nächsten Jahren noch mehr Jugendliche in den Profifußball zu führen.“ Mit Möller und Marco Pezzaiuoli sei man gut aufgestell. Doch weitere Veränderungen werden folgen, kündigt Bobic an. Denn Stillstand ist für Bobic Rückschritt.5

 

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6 Kommentare

  1. Das muss man gar nicht schreiben, dass es bitter wäre, wenn auch in DE Stehplätze verboten würden. Ich hoffe aber, dass es die richtigen Leute lesen.

    Die Eintracht hat doch eine komplette Abteilung mit hauptamtlichen Fanbetreuern (https://www.eintracht.de/fans/die-fanbetreuung/die-fanbeauftragten/) und Ehrenamtlichen. Ein Interview mit denen würde ich gern mal hier bei SGE4EVER lesen.

    Jugend: Ich wünsche mit immernoch und weiterhin hier ein Interview zum Thema Jugend, Ideen, aktueller Stang und Pläne. Entweder noch von Pezzaiuoli oder, wenn er sich schon aus der Deckung traut, Möller. Und das aus der Deckung trauen meine ich in keiner Weise despektierlich, ich würde an seiner Stelle auch erst mal eine ganze Weile in Ruhe arbeiten wollen, ohne mich wieder von manchen Fans durch die Medien treiben zu lassen. Daher vielleicht doch noch von Pezzaiuoli. Und wenn ein Jahr rum ist, dann was von Möller als Update.

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  2. Da kann man mal wieder sehen, wie seriös Fredi B. unterwegs ist. Der guckt ständig über den Tellerrand.

    Lassen wir den Mann in Ruhe arbeiten. Bei allem was er hier gut gemacht hat, hat er bei mir Kredit bis unendlich. Fehleinkäufe und umstrittene Personalentscheidungen inklusive.

    “ … dass irgendwann etwas Schlimmes passiert … “ Wäre für mich, wenn Bobic hier seine Koffer packt.

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  3. Hooliganverachter, 100% Zustimmung, das wäre der Supergau!!!!!

    Fredi Bobic war/ist die beste Personalie!
    Ohne ihn wären wir sicher nicht da wo wir sind.

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  4. @Bobic ist der Superstar der SGE, mit seinem Team. Er hat uns in wenigen Jahren auf eine Wettbewerbsebene gebracht, die so kaum vorstellbar war. Natürlich sind die Transfers von Haller und Jovic sportlich schmerzhaft, aber nötig gewesen, um der SGE etliche Spieler zu verpflichten, die sonst nicht möglich gewesen wären. Bei Rebic steht ja noch einiges offen, sportlich und finanziell. Es ist zu hoffen, dass Bobic nicht die Lust verliert und der SGE noch lange treu bleibt.

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  5. Es ist wie immer im Fußball, solange der Erfolg und oder eine positive Entwicklung zu sehen ist, solange steht man zusammen.
    Welche Blüten das andersherum haben kann, sieht man in diversen Clubs am Rhein, auch beim BVB oder den Puppenspielern aus Augsburg.
    Ganz klar ist FB der richtige Mann für uns, doch bitte nicht die Arbeit von Aufsichtsrat, Vorstand und Präsidium des e.V. vernachlässigen. Es ist absolut wohltuend, dass bei der „Diva vom Main“ Ruhe, sachliche Arbeit und gegenseitiges Vertrauen Einzug gehalten haben. Jeder macht „seinen Job“ und sie machen ihn gut.
    Zur Situation im NLZ wurde hier in letzter Zeit schon gesprochen, absolut unbefriedigend und da darf man auch mal feststellen, dass sich hier , gemessen an den Ergebnissen und der Entwicklung von Profis, die nicht nur die Quote erfüllen, in den 3 Jahren sehr wenig getan hat. Bin gespannt was sich da tun soll und hoffe auf wirkliche Verbesserungen.
    Forza SGE !

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  6. Selbstverständlich sind auch die Gremien neben Bobic und Team von grösster Bedeutung. Aber, es gibt schon die, die den Unterschied ausmachen. Die Organe sind vorgegeben, dass Steubing Bobic durchsetzen konnte, der Beginn des Aufstiegs. Dann war und ist Bobic der Gestalter. Das möchte ich schon betonen, ohne andere herabzuwürdigen. So soll es gemeint sein und so wird es wohl, zumindest überwiegend auch
    verstanden.

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