(Foto: EintrachtTV)
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Caio, Martin Fenin, Ümit Korkmaz, Habib Bellaid, Giorgios Tzavellas, Ricardo Clark – man könnte die Liste der Fehleinkäufe, die Eintracht Frankfurt in den vergangenen zehn Jahren getätigt hat, immer weiter fortsetzen. Mit Sportdirektor Bruno Hübner wurde hier schon ein großer Schritt in die richtige Richtung gegangen. In die Amtszeit des 54jährigen fallen unter anderem die Namen Stefan Aigner, Carlos Zambrano, Kevin Trapp, Haris Seferovic oder Bastian Oczipka. Es hat sich in diesem Bereich also schon einiges getan bei den Hessen. Eher still und heimlich tätigten die Frankfurter aber im vergangenen Oktober einen Toptransfer. Bernd Legien verließ den FC Ingolstadt. Der bayrische Aufsteiger bedauerte den Abgang damals sehr. „Alle Transfers, die wir getätigt haben, haben uns verstärkt“, ließ sich FCI-Geschäftsführer Harald Gärtner auf hr-online zitieren.

Die Scouting-Abteilung der Eintracht musste sich oftmals den Vorwurf gefallen lassen, man würde nur mit dem jeden Sommer erscheinenden Kicker-Sonderheft arbeiten. Legien verriet im April dem Kicker, dass doch etwas mehr hinter dieser Arbeit stecke. „Scouting ist keine Zauberei, sondern harte Arbeit, bei der man sich so manche Nacht um die Ohren schlägt.“ Es sei optimal, wenn ein Scout sich fünf bis sechs Partien die Woche live anschaue. Bei der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen sei die Livebetrachtung – allen technischen Möglichkeiten zum Trotz – unverzichtbar. Neben dem geschulten Auge bedienen sich die Hessen allerdings auch seit der letzten Spielzeit aus der Datenbank Scout 7, die über Angaben zu 100.000 Spielern aus 135 Ländern verfügt. Ferner sind die Frankfurter Kunde bei Wyscout. Dort gibt es Videos von fast allen Spielern weltweit, die auf gehobenen Niveau kicken.

Schnelle Ergebnisse aber, wie Legien bei jeder Gelegenheit betonte, seien nicht zu erwarten. „Scouting ist nicht so, dass man sagt, wir fangen heute an und morgen funktioniert es„, mahnte er bei EintrachtTV zur nötigen Geduld. Trotzdem habe er zusammen mit seinem sieben Mann umfassenden Team schon wichtige Prozesse angestoßen – ein echter Wandel, wenn man etwas weiter zurückblickt: „In welche Richtung es gehen sollte, war früher wohl nicht immer eindeutig. Das haben wir erkannt und geändert. Jetzt läuft es so, wie Scouting aus meiner Sicht funktionieren soll.“ Die ersten Resultate lassen sich durchaus jetzt schon erkennen. Potentielle Neuzugänge werden zuvor schon beim Training – und nicht bei Spielen – beobachtet, damit man erkennt, ob das Gesamtpaket wirklich passt. So wurde etwa Torhüter Lukas Hradecky sehr intensiv gesichtet und der Deal geduldig über einen längeren Zeitraum hinweg eingefädelt. Auch der neue Angreifer Luc Castaignos saß schon im Mai auf der Tribüne gegen Bayer 04 Leverkusen, um zu sehen, was ihn in Frankfurt erwarten wird. Knapp 4,5 Millionen Euro nur haben die beiden Neuzugänge gekostet – und schon nach vier Spieltagen lässt sich erkennen, dass sie der Eintracht nicht nur Kurz-, sondern auch Langfristig weiterhelfen können.

Messerscharfer Analyst! Marcel Daum.
Messerscharfer Analyst! Marcel Daum.

Neben Legien spielt auch der Name Marcel Daum in diesem sensiblen Bereich eine wichtige Rolle. Der Videoanalyst ist das Überbleibsel aus dem kurzen Intermezzo von Vater Christoph im Frühjahr 2011. Hier arbeitet einer akribisch daran, dass die Taktik weiter optimiert wird. Unter Ex-Trainer Thomas Schaaf, der sein eigenes Trainer- und Scoutingteam mitbrachte, spielte der Videoanalyst keine große Rolle. Armin Veh aber schätzt die Qualitäten Daums und greift gerne auf diese zurück. „Wir überwachen die verschiedenen Trainingseinheiten und haben zu jedem unserer Spieler spezifische Daten. Unsere Schlüsse daraus stellen wir dem Trainerteam zur Verfügung. Wie diese Erkenntnisse genutzt und auch interpretiert werden, ist bei jedem Trainer unterschiedlich. Wir geben ihm zusätzliche Informationen zur Bewertung der Mannschaft oder eines Spielers mit auf den Weg. Das alles sind Hilfestellungen, um die Mannschaft insgesamt zu verbessern und individuell auf die Spieler eingehen zu können„, beschrieb der Videoanalyst, der seit dieser Saison mit Laptop und Livebildern bei Spielen auf der Tribüne sitzt, einst die Aufgabe in einem Interview mit bundesliga.de.

Legien und Daum – es sind zwei Namen, die an wichtigen Schnittstellen arbeiten und Hoffnung machen, dass die Deals mit Hradecky und Castaignos keine Eintagsfliegen bleiben. Sie sind das Zünglein auf der Waage, wenn es darum geht, die neue Transferpolitik – Spieler billig einkaufen und teuer verkaufen – voranzutreiben. Flops – so sagte es auch ein kurzer Bericht in der gestrigen Sendung des Doppelpasses – dürfen sich die Hessen nicht mehr erlauben. Man hat das Gefühl, dass die Eintracht es in diesem Bereich geschafft hat, das Risiko der Fehlschläge immerhin zu minimieren.

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6 Kommentare

  1. Also soweit gehe ich aber noch nicht. Wir haben jetzt einfach mal Glück gehabt das unsere neuen Spieler direkt einschlagen. In den letzten Jahren war dies nicht der Fall.

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  2. sehe ich genauso,alpi! zumindest ein urteil zu den neuen kommt zu früh! wobei ich natürlich hoffe,dass sie alle langfristig ihre leistungen bestätigen.

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  3. Naja. Haris, Luc und Lucas , das ist schon mehr als Glück. Das ist auch gut so Dazu noch Trapp, Hasebe und Reinartz, Carlos und Aigner. Asu der Jugend Stendera, Kittel , Waldschmidt und Joel. Die Gesamtbilanz stimmt. Natürlich müssen wir uns da noch weiter verbessern, aber ich habe da ein gutes Gefühl. Faszinierend ist, dass sie jetzt schon wieder die nächsten Deals eintüten , ohne das wir davon etwas mitbekommen. Der Weg ist gut.

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  4. „Glück“ ist oft das Produkt von sehr viel Fleiß und harter Arbeit (siehe z.B. AM14FG).

    Danke für diesen Artikel, Christopher

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  5. @Adlerron und Joe der Adler: Das sehe ich genauso. Das mit „Glück“ abzuschieben wäre nicht fair. Man hat anscheinend erkannt, dass auf dieser Ebene zu viel schief lief, wie die ganz oben im Beitrag aufgezählten Namen (und das war wirklich nur ein kleiner Ausschnitt) zeigten. Inzwischen scheint es doch so, dass man endlich die Spieler danach aussucht, was ins System passt und nicht wieder das System umwirft, nur um neue Spieler holen zu können. Reinartz, Hradecky, Abraham, Castaignos und auch Lindner – jeder Deal hat auf seine Art und Weise Sinn gemacht. Und daher bin ich auch der Überzeugung, dass uns Gacinovic ab der Rückrunde richtig weiterhelfen wird. Das hat alles wenig damit zu tun, dass man nur „Glück“ hatte – natürlich spielt auch dieses Thema eine gewisse Rolle – aber genausowenig, wie das jett nur „Glück“ war, waren Caio, Fenin, Bellaid, etc. reines „Pech“.

    Der Verein dreht momentan einfach an den richtigen Stellschrauben (Stichworte: Scouting, engere Verzahnung Leistungszentrum – Profis, breitere Aufstellung des Vorstands). Die Bundesliga befindet sich aktuell enorm in Bewegung, gerade im Bereich der Mittelfeldmannschaften. Man merkt einfach – die Topplätze sind – nimmt man die Top 3 aus München, Dortmund und Wolfsburg einmal heraus – nicht unantastbar. Nicht mal Bayer Leverkusen wirkt so gefestigt, dass ich hier einen vierten Platz sofort blind unterschreiben würde, ähnlich bei Schalke 04.

    Ich bin froh, dass die SGE so gute Arbeit leistet aktuell und hoffe, die Jungs auf dem Rasen sorgen weiterhin für solche Furore, wie in den vergangenen drei Wochen.

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  6. Als wir die EL-Quali geschafft haben, waren wir ja auch schon mal lange ( zumindest rechnerisch ) im Bereich der CL-Quali.

    Wenn wir zur Saisonmitte noch so gut sind wie es jetzt zu Beginn der Fall ist ( ja ich weiß, sind erst 4 Spieltage), dann könnte das mit der EL klappen. Wir sollten besser nicht in die CL kommen, sonst brauche ich Urlaub und eine Spender-Leber;-) Aber das ist ja auch reine Utopie 😉

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