Steht für "modernen Fußball". Pep Guardiola und der FC Bayern München
Steht für „modernen Fußball“. Pep Guardiola und der FC Bayern München

Natürlich – da sind sich alle Bundesligatrainer vor dem Saisonstart einig – ist der FC Bayern München wieder Titelkandidat Nummer 1. Im Vorfeld der neuen Saison sagte Borussia Dortmunds Hans-Joachim Watzke deshalb schon einmal trocken: „Bei Bayern kannst du ja auch nicht so viel falsch machen. Meister werden die sowieso.“ Keine Frage – der Kader der Münchener ist wieder mit absoluter Spitzenklasse gefüllt. Jede Position ist mit Spielern, die zumindest in die Kategorie „Internationale Klasse“ eingestuft werden können, doppelt besetzt. Und dann sind da noch absolute Weltklassespieler wie Manuel Neuer, Arjen Robben, Thomas Müller oder Robert Lewandowski. Auch wenn der VfL Wolfsburg oder die Dortmunder als mögliche Konkurrenten genannt werden, können sich nur die wenigsten vorstellen, dass die Schale nicht in der bayrischen Landeshauptstadt landen wird.

Mario Hirmsl, der aktuell im Leistungszentrum von Jahn Regensburg arbeitet und 2010 den Fußballlehrer als Jahrgangsbester abschloss, hebt die Rolle des Trainers im Interview mit Spox hervor: „Die Überlegenheit hängt für mich eindeutig mit der Strategie sowie der Spielidee der Mannschaft zusammen und wie diese auf dem Platz umgesetzt werden. Dabei spielt der Trainer eine große Rolle. Ein Spieler braucht Anleitung, denn auf viele Sachen kommt der Spieler bei aller Qualität von alleine gar nicht.“ Auch 11 Akteure, die so viel Klasse besitzen wie in München, brauchen klare Anweisungen und eine konkrete Spiel-Idee, die sie umsetzen müssen. Pep Guardiola ist es in München gelungen, die Fehlerquote im Spiel auf ein Minimum zu reduzieren. Sie haben lange den Ball, lassen ihn und den Gegner permanent laufen und erspielen sich so auch enorm viele Chancen. Der Gegner, oft ermüdet ob der Dominanz des Rekordmeisters, schaltet dann ab oder kommt irgendwann die entscheidenden Schritte zu spät. „Bayern ist Vorbild für modernen Fußball„, sagte Hirmsl nun anerkennend.

In den Jahren 2011 und 2012 sah das noch ganz anders aus. Da wurden Jürgen Klopp und Thomas Tuchel für ihren „Konzeptfußball“ gelobt und das „wilde Pressing und ständige Balljagen“ hervorgehoben. So ließ Tuchel während seiner Zeit beim 1. FSV Mainz 05 oft den Ball weit ins Seitenaus in der gegnerischen Hälfte schießen, damit man sofort zum Gegenpressing ansetzen konnte. Armin Veh sagte schon vor einigen Wochen, was er von dieser Spielidee hielt: „Absichtlich Fehlpässe spielen… Wenn das Fußball sein soll – das wird lustig! Bei mir werden Spieler das nicht lernen!“ Doch welcher „Matchplan“ steht nun für „modernen Fußball“? Lange Pass-Stafetten und Ballbesitz, wie ihn Guardiola in München und auch Veh bei der Eintracht prägen wollen? Oder doch das wilde Pressing, das auf Ballgewinn und dann schnelle Konter angelegt ist?

Hirmsl sieht sogar drei verschiedene Säulen, die betrachtet werden müssen: „Da gibt es erstens das Abwehrpressing mit Konteraktionen. Heißt: Hinten gut stehen und gegen die aufgerückte gegnerische Mannschaft überfallartig zum Erfolg kommen. Zweitens das Mittelfeldpressing. Heißt: Nach Ballgewinn im Mittelfeld schnell nach vorne spielen, um die Lücken auszunutzen, aber auch gut kombinieren, um enge Situationen im Mittelfeld aufzulösen, in denen ein schnelles Umschalten nicht möglich ist. Und drittens das Angriffspressing: Ständiges Anlaufen des Gegners, schon weit in dessen Hälfte in dauerhaft hohem Tempo, um vor allem lange Bälle zu erzwingen und dadurch schnell wieder in Ballbesitz zu kommen. Im Anschluss vermehrt zielgerichteter Kombinationsfußball, aber auch schnelle Umschaltaktionen bei Ballgewinn.“ Schaut man sich die drei Säulen genauer an, lässt sich die Eintracht unter Veh auf den Säulen zwei und drei einordnen.

VehDurch eine hoch stehende Viererkette soll der Gegner im Mittelfeldbereich unter Druck gesetzt und zum Ballverlust gezwungen werden. Dadurch wird noch einmal deutlich, wie wichtig die Neuzugänge Stefan Reinartz und David Abraham für das System der Hessen sind. Dank seiner Schnelligkeit wird – so hofft man es zumindest in Reihen der Eintracht – Abraham nämlich einige brenzlige Situationen schon im Ansatz ersticken können. Reinartz überzeugt weniger durch Schnelligkeit, als durch strategisches Denken und kluges Ballverteilen. Der Mittelfeldmann spielt kaum Fehlpässe und ordnet das Team sehr ruhig und sachlich. Ferner zeigt er Präsenz und schafft es dadurch, eben solch engen Situationen im Mittelfeld spielerisch zu lösen. Veh weiß, auf welch schmalem Grat seine Mannschaft in der kommenden Spielzeit wandeln wird. „Wir wollen viel am Ball sein, sicher passen. Wenn wir das gut machen, können wir den Gegner kontrollieren“, erklärte der Coach schon vor einigen Wochen, wies aber auch sofort darauf hin: „Es wird aber auch vorkommen, dass wir ausgekontert werden. Das ist so.

Es ist selten geworden, dass Trainer noch öffentlich propagieren, viel am Ball sein zu wollen. Natürlich – bei den absoluten Spitzenteams wie eben den Münchenern, Real Madrid, dem FC Barcelona oder dem FC Chelsea ist es normal, dass sie häufig den Ball wollen. Doch häufig hat man das Gefühl, dass kaum einer mehr den Ball haben möchte – und wenn man ihn mal hat, weiß man kaum etwas mit anzufangen. Veh hingegen versuchte schon in der Aufstiegssaison, die mit der erfolgreichen Qualifikation zur Europa League endete, möglichst oft den Ball in den eigenen Reihen zu behalten. Die Adler gaben nur sehr ungern den Ball her und wollten selbst in München oder gegen Dortmund spielerisch mithalten. Das Halbjahr 2012 war wohl das, was man als das „Optimum“ bei der Eintracht bezeichnen konnte. Lange Pass-Stafetten wechselten mit blitzartigen Kontern (erinnert sei nur an das 3:3 gegen den BVB in der magischen Nacht im Waldstadion…) ab. Die Hessen agierten unkontrollierbar, weil sich die verschiedenen Säulen zu einer Symbiose verschmolzen. Die reine Lehre, welche Säule nun das Symbol für den „modernen Fußball“ ist, gibt es nicht. Viel mehr müsse man dies, so findet Hirmsl, als „eine rein unterschiedliche Sichtweise auf Fußball verstehen, die anscheinend zurzeit herrscht und diskutiert wird.“ Es liegt, so kann man abschließend wohl festhalten, im Auge des Betrachters, welchen Fußball er als modern und schön bezeichnet. Aber ist der moderne Fußball denn wirklich auch schön?

Es gibt nicht wenige, die Spiele der Bayern nicht mehr anschauen, weil diese langweilig geworden seien. Viele Pässe, teilweise wenig Raumgewinn, aber die permanente Dominanz und das punktgenaue Warten auf die Lücke – Faszination strahlt dies nicht bei jedem aus. Dafür aber hatten viele Spaß am „wilden Fußball“ der Dortmunder in den Jahren 2010 bis 2012. Unbekümmert, leidenschaftlich, mit viel Tempo und unberechenbar – mit diesen Attributen spielten sich die Schwarz-Gelben in die Herzen der Fußballanhänger. Welchen Weg man auch gehen mag – Veh entscheidet sich für den Schwierigen. Himsl beschreibt: “ Natürlich ist es einfacher zu verteidigen als anzugreifen. Auch für einen Trainer ist es leichter zu sagen: Wir spielen lang und gehen auf den zweiten Ball. Man kann ja nie genau vorhersagen, was passiert. Es ist um einiges schwieriger zu sehen, welche Dinge bei Ballbesitz falsch laufen.“ Gegen den VfL Wolfsburg treffen die Frankfurter sogleich auf einen Gegner, der ebenfalls gerne und häufig den Ball am eigenen Fuß hat. Schaffen es die Hessen trotzdem auch in der Autostadt ihr Spiel durchzubringen? Sie würden ihre Fans somit wieder mit „modernen Fußball“ verwöhnen – ob er dann auch erfolgreich ist, wird sich zeigen.

 

 

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16 Kommentare

  1. Erfolgreich wäre mir am liebsten. Dann können wir auch gern wieder ein Libero einführen.

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  2. WICHTIG: Trainer muss erkennen was er für Material (tschuldigung für den Ausdruck!) er hat und es entsprechend einsetzen. Es bringt nichts, wenn ich nur eine Spielphilosophie habe, z. B. eine Ballberührung und lang nach vorne, aber meine Spieler viel zu langsam sind nachzurücken. Übrigens spielt Barca ja wohl auch keinen Tiki Taka mehr. Unsere Spieler brauchen den Ball, dass kann auch mal zäh sein, aber wenn es fluppt sieht es nach Fußball aus und nicht nach Glücksspiel.

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  3. Rischtisch, Grantler! Deshalb wurde Otto mit Griechenland Europameister.

    Vehs System zwischen den Säulen zwei und drei liegt der Mannschaft (Schaaf musste ja auf ihren Druck sein System verändern), aber Europameister werden wir wohl net.

    „hoch stehende Viererkette / Es wird aber auch vorkommen, dass wir ausgekontert werden. Das ist so.” Da wird es hier 99%ig wieder hoch hergehen 😉

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  4. @wutzespeck: Im Großen und Ganzen spielen wir in meinen Augen nicht mal mit einer Viererkette. Nimmt man es einmal ganz genau, stehen wir eher wie in einem 2-3-3-2

    Gegen den Bremer SV sah es phasenweise so aus:

    ————————————Lindner————————–
    —————————Zambrano——–Russ—————–
    —Hasebe———————–Reinartz—————Oczipka
    ———————————-Stendera————————–
    ——-Aigner———————————————-Inui——
    ———————–Seferovic————Castaignos————

    Ich habe so meine Sorgen, dass es gegen Wolfsburg so wirklich klappen könnte und wäre für eine deutlich defensivere Variante, auch wenn wir damit vielleicht das Spiel, dass eigentlich durchgezogen werden sollte, etwas aufgeben.

    —————————————-Hradecky/Lindner———————
    -Hasebe—————–Zambrano———–Abraham———-Oczipka-
    —————————–Reinartz——————-Russ——————-
    -Aigner————————–Stendera/Flum——————-Seferovic
    ————————————-Castaignos———————————-

    Stendera setze ich noch in Klammern, weil er ja gestern angeschlagen nur seine Runden lief. So aber hätten wir ein kompaktes Mittelfeld und drei, bzw. mit Stendera vier Spieler, die auch Tore schießen können. Bei Defensivstandards wären wir mit Russ, Abraham, Reinartz und Carlos ebenfalls sehr stabil besetzt. Ich bin ein großer Befürworter der Doppelspitze, aber in dieser Partie würde ich gerne mit Haris auf links noch einen robusten Mann. Castaignos ist für mich eher für die Box geeignet, auch wenn es heißt, er könnte auf den Flügel ausweichen – er erscheint mir aber deutlich weniger flexibel wie Seferovic.

    Wie dem auch sei – ich glaube wir werden einen richtig guten Auftritt in Wolfsburg erleben!

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  5. @Christopher
    also, das glaube ich mal nicht….wir werden, seien wir mal ehrlich, deutlich in VW verlieren – und zwar deshalb, weil („moderner Fussball“ hin oder her) immer noch entscheidend ist, WER auf dem Feld steht…und da muss man ganz klar sagen, dass die Qualität in Wolfsburg grösser ist – da werden wir gerade auswärts gar nix reissen….
    Is ja schön, wenn hier alle euphorisch sind (is wohl eher der Vorfreude auf die BL geschuldet) – aber einer realistischen Einschätzung entspricht das nicht !
    Wir werden es auch maximal schwer haben gegen Augsburg und auswärts gegen de VFB – da haben wir noch nie gut ausgesehen – das Auftaktprogramm is also prädestiniert für alle Meckerer und Schwarzseher – zu denen ich eigentlich nicht zähle – ich denke aber, dass sich dann die Diskussionen über den „modernen Fussball“ schnell erledigt haben – denn dann geht es eh nur wieder um schnödes Punktesammeln – was ja auch ok ist !

    WAS ich aber glaube ist, dass BH und HB sehr gut eingekauft haben und die Qualität der Mannschaft sich während der Saison durchsetzen wird –

    Gruss
    – alles egal, Hauptsache vorm FC –

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  6. @Deutz: Warum sollten wir in Wolfsburg klar und deutlich verlieren? Ja, sie sind stark, aber ich sehe unser Team so schwach nicht. Ich gehe nicht mit der Erwartung in die Partie, dort zu Punkten – das wäre vermessen angesichts deren Qualität. Aber ich traue uns zu, dass wir die in den 90 Minuten richtig ärgern und De Bruyne (sofern er denn bleibt) und Co. weh tun werden, wo es nur geht.

    Was einer realistischen Einschätzung entspricht wissen weder du, noch ich ;-). Das werden die Partien zeigen – ein erstes kleines Fazit kann man dann diesbzgl. nach 10 Spieltagen ziehen. Aber ich sehe, was die ersten drei Spiele angeht, durchaus Chancen für ein paar Punkte. Auch wenn die Spiele – wie alle 34 – maximal schwer sind :-).

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  7. Ich will nur realistisch sein, damit nicht hier wieder das Geheule losgeht und die positive Stimmung wieder in sich zusammenbricht…ich tippe auf 1 Punkt nach den 3 Spielen…:-(
    Aber – who knows…..das is ja das tolle am Fussball

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  8. @Deutz: Ich weiß was du meinst – aber das Geheule würde bei einem Punkt nach 3 Spielen auch dann losgehen, wenn hier keine Euphorie vorherrscht ;-). Aber wir haben die Latte verhältnismäßig hoch gelegt – ich persönlich finde das gut! Bruno Hübner hat gut eingekauft, die Mannschaft scheint zu harmonieren und bei Wolfsburg herrscht derzeit aufgrund des de Bruyne Themas echt Unruhe. Vielleicht können wir da doch mehr überraschen, als man heute noch denkt.

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  9. Gegen Augsburg will ich drei Punkte. Da muss Armin mal über seinen Schatten springen und Flum draußen lassen.
    .
    Der Hecking hat keine Probleme mit drei Stürmer zu spielen.
    Gegen Bayern hat er alles reingeworfen was er noch auf der Bank hatte.
    Kruse und De Brunye . Wenn die zwei zusammen spielen wirds schwer.

    Also wenn wir im 442 spielen dann könnte es ein 4 :5 geben .
    Macht kein Sinn auswärst den Schwanz einzuziehen und auf eine niedrige Niederlage zu hoffen.
    .
    Wenn wir 4:2 verlieren , dann ist es halt so.
    .
    Aber unsere Heimstärke von letzter Saison , die sollten wir schon beibehalten.
    .

    Wichtig ist vor allem das wir in der Lage sind Auswärts Tore zu schiessen.
    Mit einer zu Null Niederlage hätte ich ein Problem.
    .
    Die Wolfsburger werden uns nicht mehr unterschätzen wie letzte Saison.
    ..

    Also Spektakel. Entweder wir sind spielerisch den Wolfsburger gleichwertig auf Augenhöhe oder wir brauchen halt noch
    einen Marko Marin. 😆

    Hat denselben Spielerberater wie Seferovic und Gasinovic.

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  10. Ja da ist wieder das Gerücht von MM. Ich jedenfalls würde Ihn mit Kusshand nehmen. Wird aber leider nicht passieren, dass er zur SGE kommt.

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  11. @Ramada: Aber warum? Er hat doch – wenn man ehrlich ist – allerhöchstens in einer Hand voll Spiele gezeigt, dass er was kann. Da ist doch schon seit Jahren nichts, aber auch gar nichts mehr bei rumgekommen. Da ist mir ein entwicklungsfähiger Gacinovic wirklich deutlich lieber :-).

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  12. Genaaaaauuuu, Marin spielt dann den Linksverteidiger in Augsburg 🙂
    Er ist ja für seine kompromisslose Zweikampfführung und Robustheit bekannt *lol*

    Was will man mit diesen blöden „modernen“ Fußball??? Wir brauchen erfolgreichen Fußball und den bekommt man nicht nur weil man modern spielt, sondern weil man den Fußball spielt, der mit dem vorhandenen Spielermaterial am besten ist. Hat man die Ballmagnet-im-Fuß-haber á la Robben, Thiago und Co. mag das sinnvoll sein, bei uns bezweifle ich das. Aber dafür ist AV ja der Trainer, der das deutlich besser beurteilen kann, schließlich sieht er die Jungs täglich.
    Ich bin jedenfalls extrem gespannt!!!!

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  13. @ Christopher

    Wurde Sefe nicht schon ein paarmal (anfgangs letzter Saison) auf LA aufgestellt? Ich meine mich zu erinnern, dass das nicht so wirklich geklappt hat. Sefe ist ein Spieler der wahnsinnig viel unterwegs ist und vom Zentrum gerne auf beide (!) Aussen ausweicht. Denke, dass man ihn dieser Stärke beraubt, wenn man in auf LA stellt und damit das Angriffsspiel insgesamt statischer macht. Daher bin ich keine Fan von dieser Variante 😉

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