Peter Fischer blickt zufrieden auf das Eintracht-Jahr 2017 zurück.

Seit fast genau 17 1/2 Jahren steht Peter Fischer als Präsident an der Spitze von Eintracht Frankfurt. In dieser Zeit hat der heute 61-Jährige mit seinem Verein und seiner „Eintracht-Familie“ quasi alles durchgemacht: Auf- und Abstiege, Existenzängste, bittere Niederlagen, aber auch Europapokalspiele und stolze Siege mit viel Begeisterung in den Reihen der Fans. Oft rutscht ihm ein Satz heraus, bei dem andere Verantwortliche zusammenzucken würden – aber genau das ist das, wofür ihn ein Großteil der Eintracht-Anhänger schätzt: Er trägt sein Herz auf der Zunge und lebt „seine Eintracht“ mit jeder Faser. Wieder einmal nahm sich der Präsident nun Zeit, um mit SGE4EVER.de-Redakteur Florian Bauer zu sprechen und dabei diesmal auf das „Eintracht-Jahr 2017“ zurückzublicken.

SGE4EVER.de: Danke, dass Sie wieder gemeinsam mit uns auf das SGE-Jahr 2017 zurückblicken. Das Jahr ging nach der starken Hinrunde gut los, man gewann das erste Spiel im neuen Jahr auswärts auf Schalke und daheim im Derby gegen Darmstadt. Dadurch stand man nach 19 Spieltagen auf Platz 3. Wie real war der Traum vom Europapokal?
Peter Fischer: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht von einem sechsten oder siebten Platz geträumt hätte. Alles andere wäre nicht ehrlich. Eines sagen wir aber auch offen: Träumen ist immer erlaubt, doch der Bezug zur Realität muss bleiben.

Es folgten zehn sieglose Spiele in der Bundesliga. Viele sahen im Abgang von Szabolcs Huszti einen Grund darin. War es im Nachhinein vielleicht ein Fehler, ihn gehen zu lassen?
Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber es hat nicht nur am Abgang von Szabolcs Huszti gelegen. Ich habe ihn menschlich sehr geschätzt. Gleichzeitig war für uns ganz klar, dass wir ihn gehen lassen mussten. Er war seinerzeit für kleines Geld zu uns gekommen, um uns zu helfen. Und das Angebot, dass er damals aus China bekommen hat, war verlockend. Wir mussten uns fair gegenüber dem Sportler Szabolcs Huszti verhalten. Seine auch aufgrund seines Alters große Erfahrung war für die Mannschaft enorm wichtig, aber es war nachvollziehbar, dass er diese einmalige Chance des lukrativen Angebots aus China nutzen wollte. Wir wollten ihm keine Steine in den Weg legen oder verantwortlich dafür sein, dass die Tür später für ihn verschlossen ist. Von daher haben wir seine Entscheidung respektiert und dem Transfer zugestimmt. Ich sehe weiterhin keinen Fehler darin, wie wir uns verhalten haben, und denke, dass wir immer wieder so entscheiden würden.

Trotz dieser langen Serie ohne Sieg hat man die Saison gut zu Ende gespielt, hatte mit dem Abstieg nichts zu tun. Im Gegensatz zur Saison vorher, als man in der Relegation spielte, eine erfolgreiche Saison?
Auf jeden Fall! Man muss nämlich sehen, dass wir viele Veränderungen auf unterschiedlichen Ebenen vorgenommen haben. Diese greifen selbstverständlich nicht von heute auf morgen, sind daher in der aktuellen Saison in Teilen schon deutlicher spürbar und werden sicher zukünftig noch stärker zum Tragen kommen. Die vergangene Saison war – trotz einer schwierigen Rückrunde – aus meiner Sicht gelungen und gut, zumal sie mit dem sensationellen DFB-Pokalfinale in Berlin endete. Das waren mit die größten Tage, die ich im Fußball erleben durfte.

Marco Russ feiert gegen Hessen Dreieich heute sein Startelfdebüt.
Die Einwechslung von Marco Russ nach seiner Krankheit war wohl der emotionalste Eintracht-Moment 2017.

Einer der emotionalsten Momente des Jahres war Ende Februar das DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Arminia Bielefeld, als Marco Russ auf den Platz zurückkehrte. Lassen Sie uns bitte an Ihrer Gefühlswelt in dem Moment teilhaben.
Ich kenne Marco schon lange, schließlich hatte er schon als kleiner Bub im Nachwuchsbereich am Riederwald sein sportliches Zuhause und für die Eintracht gespielt. Die aktuelle Geschichte fing bereits im Vorjahr an, als ich gemeinsam mit Marco auf die Ergebnisse der Dopingkontrolle in Bremen wartete. Als die Diagnose kam, war direkt klar, dass Marco zum Arzt muss. Nach dem Dopingrecht mussten wir die Ergebnisse der Untersuchungen direkt an die Staatsanwaltschaft weitergeben. Die anschließenden Erlebnisse inklusive Haus- und Hotelzimmerdurchsuchung waren heftig und für mich schwer verständlich.

Warum wurden damals, obwohl klar war, dass Marco Russ schwer erkrankt ist, solche Dinge vollzogen?
Die Begründung war, er könne Krebs haben und trotzdem dopen. Nach der Diagnose folgte das Spiel gegen Nürnberg, in dem er die gelbe Karte sah. Dadurch für das Rückspiel gesperrt war und zudem das Eigentor machte. Keine zwölf Monate später läuft er dann gegen Bielefeld wieder auf – das war einfach unglaublich und löste Emotionen pur aus. Da hatte wohl fast jeder feuchte Augen. Das Fußballgeschäft darf nie so kalt sein, dass man menschliche Tragödien oder Schicksale außen vor lässt. Ich bin wahnsinnig froh, dass das alles so ausgegangen ist und Marco für uns wieder auflaufen kann.

War das für Sie der Eintracht-Moment des Jahres 2017?
Emotional war es sicher die eben besprochene Einwechslung von Marco Russ. Denn man konnte mit solch einem Comeback nicht unbedingt rechnen. Wenn ich jetzt noch daran denke, wie er mit seinen Kindern nach dem Abpfiff Richtung Kurve gegangen ist und dort gefeiert wurde, bekomme ich eine richtige Gänsehaut.

In Mönchengladbach zog man nach einem wahren Krimi ins Finale des DFB-Pokals. Die Euphorie war riesig. Was bedeutete das für den Klub?
Unglaublich viel. Ich bin gemeinsam mit Axel Hellmann nach Gladbach gefahren. Wir waren aufgrund schwieriger Verkehrsverhältnisse eine gefühlte Ewigkeit unterwegs. Aber für diese Momente würde ich jedes Mal wieder so lang fahren. Meine Gefühlswelt während der Partie glich einer Achterbahnfahrt, ich habe oft gar nicht mehr hinschauen können. Während der Verlängerung und dem Elfmeterschießen hatte ich natürlich Angst, dass der Traum von Berlin so knapp vor dem Ziel platzt.

Wie war es dann, als es geschafft war?
Es ist von uns allen eine unglaubliche Last abgefallen. Dieses Gefühl kann man kaum mit Worten beschreiben. Alle haben sich umarmt und waren einfach glücklich. Da flossen auch Freudentränen.

Wie war der Tag des Finals für Sie? Die Dortmunder waren der klare Favorit, wie groß war Ihre Hoffnung auf eine Überraschung? Was ging Ihnen nach dem Spiel durch den Kopf? Auch in Bezug auf die Fans.

Die Unterstützung der Eintracht-Fans im DFB-Pokal-Finale wurde in ganz Deutschland gefeiert.

Der Tag des DFB-Pokals war einfach wunderbar. Ich war auf dem Alex-Meier-Platz und habe mit unzähligen Fans gesprochen. Man konnte keinen Meter durch Berlin laufen, ohne einen Eintrachtler zu sehen oder angesprochen zu werden. Das war der Hammer. Mit jeder Faser war die Vorfreude unserer gesamten Anhängerschaft zu spüren. Und es hat sich sogar so angefühlt, als ob alle Berliner an diesem Tag wirklich Frankfurter sind. Wir haben zwar das Fußballspiel nicht gewonnen, aber alles andere davor oder danach war großartig. Wir haben viel erlebt und neue Sympathien gewonnen.

War die Eintracht trotz der sportlichen Niederlage der Sieger des Tages?
Auf jeden Fall. Auch die Dortmunder haben uns Respekt gezollt und uns zu dem Tag gratuliert. Mich haben internationale Presseleute angesprochen, die eigentlich nichts mit der Eintracht zu tun haben, und mir erzählt, dass sie so etwas auch noch nie erlebt hätten.

Waren diese Stunden eine besondere Motivation für die Vorbereitung der aktuellen Saison?
Selbstverständlich. Jeder von uns will noch einmal nach Berlin und solch ein Finale wieder erleben. Im Dezember haben wir sogar gesehen, dass wir in Berlin auch gewinnen können (lacht). Natürlich können wir die Dinge nicht planen, aber jeder sehnt sich danach.

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8 Kommentare

  1. Auch ich wünsche allen für 2018 nur das Beste und der Eintracht stets den Sieg. Spezieller Dank allen SGE4Ever Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Top-Job wie der Lateiner sagt 😉 Auch Danke für das nötige Fingerspitzengefühl, denn schließlich ist der Grantler ohne gelbe oder gar rote Karte hier durch Forum gesprungen! Wir sehen uns beim Finale in Berlin, mit AMFG`s Entscheidungstreffer!

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  2. Grantler, wahrlich ich sage dir, selten zuvor konnte ich deine Worte so vorbehaltlos abnicken wie diese obigen Zeilen.
    Möge der Fußballgott (Nr. 14) mit uns sein. Euch allen einen gesunden Rutsch ins Jahr 2018 und dem SGE4EVER-Team weiterhin viel Spaß, Lust und Kraft beim täglichen Arbeiten.

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  3. Flo, tolles Interview mit Peter Fischer :-).

    Wünsche Dir, meinem gesamten ehemaligen Team und allen Usern einen guten Rutsch ins neue Jahr.

    VG
    Christopher

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  4. @3 danke für den Torunarigha-Artikel 😉
    Wünsche auch allen nen guuden Rutsch!

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  5. Ein gesundes neues Jahr an alle auf der Liste, mein besonderer Dank an die sge4ever-Redaktion mit der hervoragenden journalistischen Arbeit. Macht weiter so.

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  6. Auch allen vom SGE4Ever Team und allen Usern ein gut’s Neues,
    auch dir @3 Christopher.

    Wünsche mir für unsere SGE Euroliga Teilnahme. Hab einfach mächtig Lust auf europäische Städtereisen.

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  7. Alles Gute und Gesundheit im Neuen Jahr
    an alle User
    und natürlich an das
    gesamte SGE4Ever-Team
    (großartige Arbeit – weiter so)

    Gruß aus dem Lipperland

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  8. Beste Wünsche auch von mir für 2018 an alle Leser, Schreiber und Redakteure.
    Bleibt gesund und friedlich!
    Auf ein geiles Fußballjahr……ForzaSGE

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