Die Heimniederlage der Eintracht gegen Union Berlin schwingt weiter nach. Das Umfeld ist unruhig geworden, öffentlich wird diskutiert, ob die SGE nun die Königsklasse verspielt. „Die Fehler müssen wir knallhart ansprechen, das darf sich nicht wiederholen. Wir werden Tacheles reden. Es ist extrem ärgerlich“, redete Sport-Vorstand Markus Krösche nach dem Spiel Klartext. Eine eher ungewöhnlich drastische Formulierung von ihm.
Der Erfolgsmanager tritt sonst eher gelassen in der Öffentlichkeit auf, strahlt eine gewisse Unaufgeregtheit aus. Ähnlich äußerte er sich gegenüber „Bundesliga – Das Magazin der DFL“: „Ich agiere losgelöst von Ergebnissen.“ Er wolle im Misserfolg Halt geben und Spielern wie Trainer Vertrauen vermitteln. „Wir leben in einem People’s Business, da musst du eine Fehlertoleranz haben. Ich habe auch schon genug Fehler gemacht“, gab der 44-Jährige zu.
Unaufgeregt zum Erfolg
Dass der Chefeinkäufer unaufgeregt handelt, sich nicht von Emotionen und Diskussionen im Umfeld treiben lässt, zeigte zuletzt auch die Entscheidung vor der Saison, mit Trainer Dino Toppmöller weiterzumachen. Dies folgte einer schwierigen ersten Saison des damaligen Trainer-Neulings. Zwar lief es ergebnistechnisch, doch der gespielte Ball wirkte oft bieder. Vor der Saison gab es einen offenen Austausch, beide Seiten äußerten was besser laufen muss. Und so entschied man sich, am eingeschlagenen Weg mit Toppmöller festzuhalten. Laut Krösche ist Kontinuität ebenfalls ein Schlüssel zum Erfolg. Auch wenn Fehler passieren können. „Aus negativen Erlebnissen ziehst du am meisten raus“, weiß er.
So wolle der studierte Betriebswirtschaftler unaufgeregt handeln: „Es ist mir nicht wichtig, was die Leute denken, ob sie Entscheidungen gut oder schlecht finden. So habe ich den Mut, Dinge durchzuziehen.“ Als Führungskraft wolle er respektvoll auftreten und alle seine Mitarbeitenden gleichbehandeln, ihnen Verantwortung und Vertrauen übertragen. Das motiviere dann auch zu besseren Leistungen.
Will SGE finanziell stabil oben etablieren
Bestleistungen auf allen Ebenen braucht es, um die Pläne der SGE einzuhalten. Der Club will sich regelmäßig für den internationalen Wettbewerb qualifizieren, also unter den besten Sechs in der Bundesliga landen und diesen Weg möglichst nachhaltig gehen. Negativbeispiele aus Hamburg und Gelsenkirchen zeigen allzu gut, was passiert, wenn man den Erfolg zu schnell und mit aller Macht forcieren will.
Es sei sein Ziel, den Verein finanziell stabil zu entwickeln. Dadurch habe man Rücklagen, wenn die internationalen Plätze mal nicht erreicht würden. Doch nicht nur aus dem internationalen Wettbewerb ziehen die Frankfurter wichtige Einnahmen. Auch der regelmäßige Verkauf der besten Spieler ist ein Geschäftsmodell am Main. Das letzte Beispiel stellt Omar Marmoush dar.
Kurzfristige für langfristige Ziele geopfert?
Durch den Verkauf riskierten die Verantwortlichen die kurzfristigen Saisonziele. Einerseits wird man so rund 75 Millionen Euro Ablöse von Manchester City kassieren, sichere Einnahmen also. Doch andererseits drohen so die enormen Mehreinnahmen durch eine Qualifikation zur Champions League flöten zu gehen, falls die Adlerträger die ersten vier Plätze verfehlen. Freilich wäre ein Verbleib des Ägypters keine Garantie gewesen, aber hätte die Chancen erhöht. Dieses Risiko sei in der Ablöseforderung „eingepreist“, so der ehemalige Paderborn-Profi Krösche.
Laut der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ rechnen die Verantwortlichen der SGE mit Einnahmen in Höhe von rund 45 Millionen Euro bei Erreichen von Europas höchstem Klubwettbewerb. Weit weniger Geld gibt es etwa in der Europa League und Conference League. Finanziell wäre das Verpassen der Königsklasse also schmerzhaft und Marmoush musste ebenfalls ersetzt werden. So bezahlte man schätzungsweise 30 Millionen Euro für die beiden Neuzugänge. Somit hat man den Weg der sicheren Einnahmen genommen, mit dem Risiko so den Geldregen des internationalen Wettbewerbs zu verpassen.
Zu berücksichtigen gilt, dass der dribbelstarke Spieler gerne nach England wollte. Fraglich was passiert wäre, hätte man ihm diesen Wunsch verwehrt. Zum einen hätte es seine sportlichen Leistungen beeinträchtigen können, zum anderen hätte es kein gutes Licht auf den Verein im Gesamten geworfen. Die Hessen legen Spielern, die sich schneller als der Verein entwickeln, keine Steine in den Weg, sagte Krösche „Bundesliga – Das Magazin der DFL“. Das ist eines der Argumente, um junge Talente von einem Wechsel in die Bankenstadt zu überzeugen. Natürlich müssten die Konditionen für den Wechsel stimmen.
„Holen Spieler, um sportliche Ziele zu erreichen.“
Die Stadt, die Fans und die Atmosphäre im Umfeld spielen ebenfalls eine gewichtige Rolle, um neue Spieler zu beeindrucken. Der ehemalige Leipzig-Sportdirektor ist stolz: „Talente sehen unseren Club als einen super Karriereschritt.“ Im Umfeld beschweren sich die Anhänger immer wieder darüber, dass Spieler zu schnell abgegeben werden und der Verein nur ein Sprungbrett für junge Spieler sei. So fehle die Identifikation des Teams mit dem Club. „Wir holen Spieler vorrangig, um sportliche Ziele zu erreichen“, stellte der Sport-Vorstand jedoch klar. Die SGE sieht sich also nicht ausschließlich als Sprosse in der Karriereleiter, sondern möchte die Strategie Spieler zu verbessern auch für die eigene Entwicklung nutzen.
Seine Transferbilanz gibt dem Sport-Vorstand Recht: Ein sattes Transferplus von schätzungsweise 135 Millionen Euro steht zu Buche. Sowas ist nur möglich, wenn man verheißungsvolle Jungprofis schneller findet als andere, sie dann entwickelt und gewinnbringend verkauft. Hierfür haben Krösche und Kollegen eine gut geölte Maschinerie entwickelt. Die benötigt es, begründete der gebürtige Hannoveraner: „Weil wir nicht die Mittel haben wie andere Clubs, müssen wir schneller und effizienter sein.“
Gutes Scouting ist das Zauberwort. Dabei setze die Abteilung vor allem auf die datenbasierte Entwicklung von benötigten Profilen für die Spielidee, auf Grundlage von Algorithmen. Dafür habe die Eintracht drei Datenwissenschaftler und einen Mathematiker beschäftigt. Dadurch ergebe sich eine Kandidatenliste. Über detailliertes Video-Scouting siebe man dann die geeigneten Spieler aus, die Scouts in zehn Spielen live beobachten. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse würden sieben bis acht Personen entscheiden, wer interessant sein könnte. So hat das Team um Krösche so schon Spieler wie Jesper Lindström, Willian Pacho oder Hugo Larsson entdeckt.
Rund 40 Experten sollen Profis besser machen
Neu im Team der Mitentscheider ist der ehemalige SGE-Spieler Pirmin Schwegler. Der ehemalige defensive Mittelfeldspieler schnürte zwischen 2009 und 2014 die Schuhe für den Bundesligisten. Heute ist der mittlerweile 38-Jährige als Direktor Profifußball angestellt. Selbige Position hatte er vorher bei seinem Ex-Verein aus Hoffenheim inne. Krösche schätzt seinen neuen Kollegen für seine oftmals konträre Meinung: „Um gute Entscheidungen zu treffen, brauchst du gute und starke Leute mit unterschiedlichen Fähigkeiten. Ich mag eine Diskussionskultur. Leute, die mir auch mal eine andere Meinung sagen.“
Im Hintergrund der Profi-Mannschaft, quasi unsichtbar für den Fan, werkelt eine Vielzahl an Personen am sportlichen Erfolg. Denn die Hessen beschäftigen neben dem Trainerteam rund 40 weitere Experten, die die Leistungen der Profis auf und neben dem Platz verbessern sollen. Darunter Ernährungscoaches, einen Schlafcoach, einen Mentalcoach, die medizinische Abteilung sowie fünf Mitarbeiter in der Abteilung „Player Cares“, die sich um Belange der Spielerfamilien kümmern. Es wird also nichts dem Zufall überlassen: An allen Stellschrauben, die Einfluss haben könnten, wird gedreht.
Krösches letzter Fund auf dem Lieblingsmarkt Frankreich, konnte bisher noch nicht so zünden, wie erhofft. Elye Wahi wollte er bereits mehrmals verpflichten, es kam aber nicht dazu und so wechselte er erst diesen Winter. Der 44-jährige Niedersachse lässt den Kontakt zu interessanten Spielern nie abreißen und ergreift dann seine Chance. „Er hat unheimliche Fähigkeiten. Das hat er in seiner Karriere schon bewiesen. Wir wollen ihn in Ruhe ankommen lassen. Elye wird für uns noch Tore schießen und vorbereiten“, verteidigte er seinen Neuzugang nach dem Union-Spiel. In dieser Causa bleibt der Manager mal wieder unaufgeregt, steht zu seiner Entscheidung und schenkt Vertrauen.
24 Kommentare
„Es ist mir nicht wichtig, was die Leute denken.“
Völlig recht hat der Mann. Er muss nur auf dem Platz schauen, was passiert und analysieren, was das für Ursachen hat. Und dann irgendwann einen Strich drunter machen und agieren. Und wenn er gerade Mal nix vor hat, kann er ja Mal Kumpel Roger anrufen, fragen wie der Urlaub ist und was er so in naher Zukunft vor hat ...
"ich habe auch schon genug Fehler gemacht“
diese selbstreflektion in verbindung damit, dass er auch fehler zugibt. eben dieses wird DT oft vorgeworfen, da von dino sowas nie kommt.
Ich wollt das gleiche schreiben, als ich das gelesen habe…
„Ich habe mich heute für die falsche Taktik entschieden“. Würde ihn schon viel Kredit bei den Fans geben
Wegen mir muss Dino keine Fehler zugeben. Mir würde völlig reichen, wenn er sie nicht ständig wiederholt.
Krösche raus! Wer so einen Trainer holt kann gar nix und soll gleich mitgehen! Der sollte hier lieber mal mitlesen und dementsprechend agieren. Was ne Pfeife, sitzt da schön im VIP, wahrscheinlich im Massagesitz und lässt sehenden Auges unsere Eintracht untergehen. Erinnert mich an den Käptn der Titanic, Gorch Fock etc
Die Spieler, die er holt können auch nix. Man nehme Chaïbi, Nkounkou, Tuta.. ach außer Marmoush und Kolo waren das doch größtenteils Nulpen, da stehen bei mind. zwei anderen Vereinen wesentlich talentiertere Spieler auf dem Platz. Nun also Wahi, die nächsten Eintracht-Millionen verballert. Der Junge hat doch auch wieder zwei linke Füße..der sollte sich in der zweiten Mannschaft warmspielen, für die Erste bei uns reicht das einfach nicht.
Brutale Nichtleistung von Krösche in dieser Saison. Er soll jetzt endlich Toppmöller rauswerfen und ähnlich wie in der Wirtschaft bestimmt der nächste Trainer, ob Krösche unsere Eintracht wirklich verdient hat. Bisher iss das nix..kann gehen.
Ich glaube es ist gerade egal, welcher Artikel hier kommt. Es wird jedes mal genutzt um auf unserem Trainer drauf zu hauen. Echt traurig und es sind jedes mal die gleichen Argumente! Welcher Trainer in der Bundesliga wäre denn aktuell besser? Wir sind so erfolgreich wie seit Jahren nicht mehr! Und das Neuzugänge nicht sofort zünden, Leistungsträger ausfallen und die jungen Spieler nicht jedes Spiel überperformen ist Teil unserer Ausrichtung! Mich nervt diese Diskussion, sie bringt nichts und am Ende der Saison werden sich die Verantwortlichen wieder zusammensetzen und weiter entscheiden.
Das gute ist...wenn man " aus negativen Erlebnissen das meiste rauszieht " haben wir in den letzten Wochen dermaßen gut gezogen, dass alle ab jetzt explodieren müssen.
@ braumer: Ich lese da eine gehörige Portion Ironie raus, richtig? Klär mich auf, ob ich damit richtig liege...:-)
DT ist gefühlt ständig in der Kritik...seit er da ist...im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die teilweise vergöttert wurden...Kovac und Glasner aufgrund der Erfolge...Hütter aufgrund der Spielweise?..zwischen DT und Umfeld scheint es aber nicht so...trotz guter Platzierungen und fördern der Jugendspieler...eigentlich was man sich immer gewünscht hat......man hat das Gefühl, dass einfach irgendwas nicht passt
MK muss seinen Job machen, klar und den macht er gut. Dass es ihm nicht wichtig ist, was die Leute denken, ok.
Aber, welche Leute meint er eigentlich?
Logisch ;) Witzig, wenn Leute sowas dann tatsächlich ernst nehmen. Meist mach ich n Zwinkersmiley oder so. Diesmal so stehen gelassen ;)
Ich glaube das Tuta vor Krösche da war.
Ich denke die Leute hier im Forum. Und recht hat er.
5:
Endlich mal ein ironischer Kommentar ohne Ironiehinweis. Danke! Daumen hoch!
Mein Wunsch wäre, dass die ganzen Analysten, Mathematiker, Scouts, Vorstände, Direktoren, Schlafcoaches, familycareholder usw usw auch mal die Leistungen von Topmöller analysierten. Das Ergebnis würde wahrscheinlich erschreckend ausfallen, lieber Herr Krösche.
Der ist wohl unantastbar.
Danke für die Info, dein Insiderwissen hat nicht jeder.
Och nicht dafür 😂😂
Stimmt, ansonsten wäre ja der ganze Stab zu hinterfragen. Krösche kann ja tun und machen, was er will, solange er Erfolg hat. Dafür ist er aber dann auch in erster Linie verantwortlich. Er hat die SGE kontinuierlich besser gemacht, wenig Fehler, Stand jetzt. Übrigens, Eintracht Frankfurt ist zurecht stolz auf uns über 150 000 Mitglieder und die unzähligen Fans darüber hinaus. Das ist Eintracht Frankfurt.
Nur manchmal könnte man meinen das hier auch Kickers-Fans schreiben. 🤔
Das weiss ich nicht, aber falls du mich meinen solltest, wäre dies eine bodenlose Unterstellung.
Aber, wenn manchen die Argumente ausgehen, sie sich nicht inhaltlich auseinander setzen können, werden sie halt flach, billig und kindisch.
Übrigens, ich bin Fanclub-Gründer, Eintracht-Mitglied, Dauerkarteninhaber seit Jahrzehnten. Soviel zum Thema.
Mal kurz eine Anmerkung zur Krösches Aussage. Sicherlich hat er damit nicht unrecht, und sollte sich nicht von außen und jedem reinreden lassen, wie er seine Arbeit zu tun hat.
Jedoch kassiert die Eintracht mittlerweile über 11Mios. nur durch die Mitgliedschaftsbeiträge. Schon alleine deshalb, sollten die treuen Fans auch respektiert und gehört werden, ansonsten bekommen wir Verhältnisse eines Baronherrscher ala Hoeneß aus München. Der duldet auch nix von außen und behandelt seine Mitglieder wie Dreck, sofern sie sich ihm nicht beugen. Und so etwas möchte ich nicht in meinem Verein haben.
Nein, ich meine nicht dich. Aber deine Reaktion ist schon ein wenig flach, billig und kindisch...
Naja, wenn du, anstatt inhaltlich zu argumentieren, polemisch wirst, ohne Bezug zu meinem Kommentar, einfach mal nur so einstreust, dass hier Kickers Fans faken und dies direkt an mich adressierst, dann ist das nicht in Ordnung. Dass du dann erneut so reagierst und dazu noch meine Worte benutzt, naja, wenn dir halt nichts eigenes einfällt. Dann ist es halt dein Problem. Man kann unterschiedlicher Auffassung sein, das macht das Forum auch aus, auf unsinnige Kommentare habe ich keine Lust. Denk mal drüber nach.
@21 la bestia blanca. Ja, das sehe ich genauso. Natürlich muss MK seine Entscheidungen treffen, er hat das Mandat und die Kompetenz.
Deshalb wäre es natürlich gut zu wissen, dass er mit seiner Aussage (es ist mir nicht wichtig, was die Leute denken) nicht die Fan-Gemeinschaft gemeint hat. Wir Fans stehen für unsere Eintracht, feuern sie im Stadion an, freuen uns, leiden mit ihr. Natürlich haben wir kein Insiderwissen und vertrauen in die Entscheidungen der Verantwortlichen. Deshalb sollte MK vermeiden, dass solche Aussagen nicht den Eindruck entstehen lassen können, dass diese auf die Fans bezogen sind.
Es wäre also gut zu wissen, wen er damit tatsächlich gemeint hat. Um mehr ging es mir nicht. Dass du und ich dafür Daumen nach unten bekommen haben, ist unverständlich. Denn jeder Fan sollte doch auch als Fan wahrgenommen und so respektiert werden. Denn eines ist klar, Funktionäre kommen und gehen, Fans bleiben. Und ohne Fans kein Fußball, die zuschauerfreie Coronaphase war schon trist genug.
Du musst eingeloggt sein, um einen Kommentar zu schreiben.