NOVEMBER – TIEFE DEPRESSION UND UNVERHOFFTER AUFSCHWUNG

Der Ton wurde langsam rauer im Umfeld der Mannschaft. Den Tiefpunkt stellte mit Sicherheit die Auseinandersetzung zwischen Marco Russ und der Eintracht-Legende Jürgen Grabowski dar. Dieser bemängelte vor allem die wackelnde Defensivleistung der Mannschaft und erklärte, dass die Eintracht „offen wie ein Scheunentor“ sei. Mit dieser Kritik hatte Grabowski offensichtlich bei Russ einen wunden Punkt getroffen und der konterte postwendend: „Es bringt nichts, wenn so ein Voll-Experte wie Grabowski, der 1920 Fußball gespielt hat, sein Maul aufmacht, und ihr schreibt dann so eine Scheiße.“ Es brannte also nicht nur lichterloh in der Defensive, sondern auch im Umfeld.

Mit einer faustdicken Überraschung beeindruckte Thomas Schaaf dann alle beim Auswärtsspiel in Hannover. Kittel, Stendera und Kinsombi spielten von Beginn an, konnten aber auch an der Leine keine Punkte mit nach Hause bringen. Es wirkte wie ein verzweifelter Versuch der Trainerriege, etwas Neues auszuprobieren, und doch brachte es nichts ein. Auch Sportdirektor Bruno Hübner erklärte gegenüber den Medien: „Natürlich schauen wir nach unten.Wir sind ja nicht doof und wissen: Von sieben der nächsten Gegner sind fünf Kandidaten für die Champions-League. Das ist ein schweres Programm.“ Der Blick auf die Tabelle hatte sich geändert. Stand die SGE nach dem Sieg gegen die Kölner noch auf einem Europapokalplatz, waren es nach der Partie in Hannover nur noch fünf Punkte bis zum Tabellenschlusslicht aus Bremen.

aignerUnd der nächste Gegner versprach keine Besserung, denn kein geringerer, als der FC Bayern München gastierte im Waldstadion. Zwar spielte die Mannschaft mutig auf und zeigte, dass man nichts zu verlieren habe, doch ein überragender Thomas Müller erlegte die Frankfurter mit einem Dreierpack fast im Alleingang. Es war ein deutlicher Klassenunterschied zu sehen und doch hatte man als Fan kurioserweise das Gefühl, dass die Mannschaft einen Schritt in die richtige Richtung getan hatte. Laufbereitschaft, Zweikampfstärke und ein unbändiges Wir-Gefühl zeugten davon, dass Thomas Schaaf seine Jungs wieder in die richtige Bahn gebracht hatte.

Bruno Hübner und sein Cheftrainer brachen in der anschließenden Länderspielpause zu einer Japan-Reise auf, deren Ziel es war, „Kooperations- und Orientierungsmöglichkeiten wahrzunehmen„, so der Sportdirektor. Der Abschluss im fernen Asien bestand im Länderspiel zwischen Japan und Honduras (Endstand: 6:0), bei dem beide Japaner der Eintracht eine sehr gute Partie ablieferten. Takashi Inui gelang sogar ein Doppelpack, der ihm wieder half, Selbstvertrauen zu tanken. Doch schon bald stand das nächste Bundesligaspiel gegen die Borussia aus Mönchengladbach an. Es sollte Wiedergutmachung geben für das Pokal-Aus, und doch glaubte niemand so richtig, dass die Adler den Fohlen eins auswischen könnten. Und so geriet die SGE auch standesgemäß früh in Rückstand, als Havard Nordtveit mit einem abgefälschten Schuss zur Führung traf. Was dann allerdings am Niederrhein vor sich ging, konnte keiner ahnen: Es folgten 16 Minuten, in denen die Eintracht ihren Gegner förmlich überrannte und so binnen kürzester aus einem 0:1-Rückstand eine 3:1-Führung zauberte. Als der Unparteiische die Partie abpfiff, herrschte große Erleichterung und die zuvor verbreitete Herbst-Depression schien auf einen Schlag verpufft zu sein.

30.11.2014, Fussball, 1. BL, Eintracht Frankfurt - Borussia DortmundAn die Leistung aus dem Spiel gegen die Borussia galt es im nächsten Duell anzuknüpfen. Nach der Borussia ist vor der Borussia hieß das Motto. Der kriselnde Champions-League-Finalist von 2013 war zu Gast und im kompletten Umfeld spürte man, dass man eine Chance habe, weitere drei Punkte einzufahren. Mit einem überzeugenden Auftritt fuhr die Eintracht auch hier einen nicht unverdienten 2:0 (1:0)-Sieg ein und bewies, dass der aufsteigende Trend der letzten Partien keine Eintagsfliege war. Es entstand der Eindruck, als habe die Mannschaft endlich „ihr“ System gefunden und könne mittlerweile auch spielerisch Probleme lösen und Gegner in Schwierigkeiten bringen. Vor allem aber konnte man sich auf Trapp-Ersatz Felix Wiedwald verlassen, der eine unglaublich überzeugende Leistung gegen die Dortmunder brachte. Und besser als Haris Seferovic konnte es niemand auf dem Punkt bringen: „Wir sind ein Team geworden, wir feuern uns an, wir pressen vorne. Wenn einer einen Fehler macht, sagen wir: Es geht weiter.“ Der Schweizer entwickelte sich immer mehr zu einem festen Bestandteil auf dem Platz und bewies auch außerhalb des Fußballfeldes, dass er ein absolutes Vorbild ist (Anm. d. Red.: T-Shirt-Widmung an die tragisch verstorbene Tugce).

Besonderes:

Paukenschlag beim VfB Stuttgart
Das Kapitel VfB Stuttgart war für Ex-Eintracht-Trainer Armin Veh früher als gedacht beendet. Nach nur neun Punkten aus zwölf Spielen trat der gebürtige Augsburger von seinem Amt zurück. Kurioserweise wurde er seitdem mehrfach als Nachfolger von Heribert Bruchhagen als Vorstandsvorsitzender der Eintracht ins Gespräch gebracht.

Alexander Schur übernimmt die U19
Eintracht Frankfurt reagierte auf die Talfahrt der U19 mit sechs Punkten aus elf Spielen und entließ am 24. November Trainer Daniyel Cimen. Zu seinem Nachfolger wurde Alexander Schur ernannt – ein Entscheidung, die sich auszahlen sollte. Mit zwei Siegen zum Jahresende konnte der Anschluss an die Nichtabstiegsplätze hergestellt werden.

Axel Hellmann bleibt Vorstandsmitglied
Im November verlängerte der Aufsichtsrat von Eintracht Frankfurt den Vertrag von Finanzvorstand Axel Hellmann vorzeitig bis zum 30. Juni 2019.

Bahnstreik gefährdert Bayern-Spiel
Ausgerechnet vor dem Spiel gegen Bayern München rief die Lokführergewerkschaft GDL zu einem Streik auf. Zeitweilig sah es so aus, als müsse das Spiel abgesagt werden, doch wie so oft erwies sich auch diese Befürchtung als Sturm im Wasserglas. Das Spiel fand statt – und ging 0:4 (0:1) verloren.

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