Stefan Aigner und Haris Seferovic feiern den Sieg über Bremen
Stefan Aigner und Haris Seferovic feiern den Sieg über Bremen

Allerorten war die Erleichterung spürbar: Ob Trainerteam, Spieler oder Funktionäre – alle atmeten nach dem 2:1-Erfolg gegen Werder Bremen erst einmal tief durch und verabschiedeten sich befreit von mancher Last in die Weihnachtsferien. Beim Anblick der Akteure nach dem Spiel auf dem Platz offenbarte sich der Druck, der auf den Schützlingen von Armin Veh lastete und man bekommt einen Eindruck von den Konsequenzen, die einer neuerliche Niederlage gehabt hätte. Was bedeuten aber diese drei Punkte für die weitere Entwicklung von Eintracht Frankfurt? Welche Erkenntnisse können wir aus dem gestrigen Auftritt ziehen? In einer ersten Spielanalyse wollen wir thesenartig unsere Beobachtungen zur Diskussion stellen.

1. Die Mannschaft lebt. Man durfte gespannt sein, mit welchem Gesicht und welchem Auftreten die Jungs von Armin Veh ihrer enttäuschten Anhängerschaft gegenübertreten würden. Abgeschottet von der Öffentlichkeit galt es, sich auf das vielleicht nicht wichtigste Spiel der Saison, aber zumindest ein wahrhaftig richtungweisendes einzuschwören. Das Gepäck, das das Team mit sich herumschleppte, war nicht zu unterschätzen: Gezeichnet von einer Niederlagenserie, verunsichert, verhöhnt von einem großen Teil der Anhängerschaft, angezählt vom eigenen Trainer, gebeutelt von Verletzungen und Formkrisen war der Druck immens. Wir haben keine Ahnung, welche Gespräche geführt wurden, welche Methoden angewandt und welche rituelle Beschwörungen zu Hilfe genommen wurden. Das Ergebnis war jedenfalls mit dem Anpfiff sichtbar: Wach und konzentriert traten die Spieler auf, von Verunsicherung keine Spur. Sie stellten sich dem Fight, suchten die Zweikämpfe, waren aber nicht übermotiviert und bemühten sich, die Bremer unter Druck zu setzen. Das, was Armin Veh als „neuen Geist“  beschworen hatte, wurde aber erst dann deutlich, wenn die Fernsehkamera die Gesichter als Großaufnahme in den Fokus nahm. Am deutlichsten war der unbedingte Wille vielleicht bei Marc Stendera und Marco Russ zu erkennen. Dem außenstehenden Beobachter, der mit seiner Eintracht bangt und zittert, bot sich gestern ein eindrucksvolles Bild der Entschlossenheit, das – so mögen Kritiker zurecht einwerfen – früher hätte zutage treten sollen, aber zumindest zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt gerade noch rechtzeitig das Licht der Öffentlichkeit fand.

Der Torschütze zum 1:1, Alexander Meier, bedankt sich bei dem Vorlagengeber, Aleksandar Ignjovski
Der Torschütze zum 1:1, Alexander Meier, bedankt sich bei dem Vorlagengeber, Aleksandar Ignjovski

2. Charaktertest bestanden. Vor dem Hintergrund des oben näher skizzierten Drucks und aller Probleme im Rucksack gegen eine Mannschaft in Rückstand zu geraten, die vor wenigen Tagen erst gegen Mönchengladbach gezeigt hatte, wozu sie fähg ist, beförderte bei nicht wenigen Fans Panikattacken. Doch wie sich das Team aus dieser Bredouille befreite, war eindrucksvoll und überraschend. Ohne die Ruhe zu verlieren, ohne hektisch zu werden, steckten die Jungs um Kapitän Alex Meier den Rückstand weg und schlugen umgehend zurück. Sicherlich: Der Ausgleich kam zum genau richtigen Zeitpunkt und half dabei, die Unterstützung der Fans wieder aufleben zu lassen. Doch wie das Team mit diesem Nackenschlag umging, kann Hoffnung auf den weiteren Verlauf der Saison machen.

3. Alte Stärken neu entdeckt. Das vielleicht Erstaunlichste an dem gestrigen Auftritt war die Erkenntnis, dass längst vergessen geglaubte Stärken nach wie vor vorhanden sind und nur abgerufen werden müssen. Das Spiel von Stefan Aigner und Makoto Hasebe erinnerte sehr stark an ihr Auftreten in der Vorsaison. Haris Seferovic war von seinen Gegenspielern nie unter Kontrolle zu bringen und muss einzig aufgrund seiner Abschlussschwäche Abzüge in der Gesamtbewertung hinnehmen. David Abraham und Bastian Oczipka machten beide das wohl beste Spiel in dieser Saison und Alexander Meier verteilte als zurückgezogene Spitze die Bälle in zum Teil bester Spielmachermanier.

4. Stendera  ist die Seele des Frankfurter Spiels: Bleibt noch Marc Stendera: Wie der Youngster Kilometer auf Kilometer schrubbte, sich in jeden Zweikampf warf und bei hohen Bällen sogar noch in ein zum Scheitern verurteiltes Privatduell mit Felix Wiedwald verbiss, war erstaunlich. Sein Stellenwert in der Mannschaft wird auch dadurch deutlich, dass Armin Veh ihn selbst dann, als er sich in den letzten Spielminuten am Ende seiner Kräfte manchen Ballverlust erlaubte, nicht auswechselte. Ohne Pathos kann deshalb behauptet werden, dass Stendera mit seinen spielerischen und kämpferischen Qualitäten die Seele des Frankfurter Spiels ist und derzeit nicht zu ersetzen ist.

5. Alte Schwächen bestehen fort. Der positive Ausgang des letzten Hinrundenspiels darf allerdings über nach wie vor vorhandene Defizite nicht hinwegtäuschen. Das Experiment mit Vaclav Kadlec auf der linken Offensivposition ging gründlich schief und wurde gerade noch rechtzeitig korrigiert. Auch wenn Gacinovic etwas mehr Belebung brachte, ist dem früheren Eintracht-Torhüter Uli Stein zuzustimmen, dass die linke Seite derzeit fast nicht vorhanden ist. Auch auf der rechten Defensivposition kann Aleksandar Ignjovski nur eine Notlösung sein. Er steigerte sich zwar nach der Pause und kämpferisch ist ihm ohnehin nichts vorzuwerfen, doch gingen alle gefährlichen Aktionen der Bremer von seiner Seite aus. Schließlich sollen auch noch die vielen unnötigen Ballverluste in der Vorwärtsbewegung nicht unerwähnt bleiben, die eine stärkere Mannschaft als Bremen sicherlich ausgenützt hätte.

So sieht Erleichterung aus: Trainer Armin Veh jubelt nach dem Schlusspfiff mit Sportdirektor Bruno Hübner
So sieht Erleichterung aus: Trainer Armin Veh jubelt nach dem Schlusspfiff mit Sportdirektor Bruno Hübner

6. Blutauffrischung ist nötig. Man konnte sich des Eindrucks nichts erwehren, als seien die Eintracht-Spieler gestern an ihre Grenzen und darüber hinaus gegangen, als hätten sie ihre letzten vorhandenen Kräfte in dieses Spiel gelegt. So erfreulich das war, so unbestreitbar ist auch, dass das spielerische Element gestärkt und die Qualität des Kaders gesteigert werden müssen. Für das Spiel der SGE nach vorne wäre es hilfreich, wenn nicht alles auf den noch schmalen Schultern von Stendera lasten müsste. Insofern macht die wohl nahzu perfekte Verpflichtung von Marco Fabián Sinn. Auch im Hinblick auf die starke Verletzungsanfälligkeit von Zambrano und Russ kann man das Interesse an einem weiteren Innenverteidiger nachvollziehen. Und schließlich soll ja auch noch eine zweite Offensivkraft kommen …

7. Fazit. Der Sieg war unheimlich wichtig und sorgt wohl erst einmal für Ruhe im Umfeld. Trainer und Mannschaft können in der Winterpause in Ruhe arbeiten und die Neuverpflichtungen integrieren. Sollten alle Beteiligten die richtigen Lehren aus der Hinrunde ziehen, an den wichtigsten Stellschrauben drehen und bei den Verstärkungen ein glückliches Händchen beweisen, kann die Eintracht dem Abstiegskampf in der Rückrunde rechtzeitig entgehen. Es gibt keinen Grund, in Euphorie ausbrechen zu wollen, aber immerhin konnten uns gestern die größten Ängste genommen werden.

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10 Kommentare

  1. Kämpferisch war das auf jedenfall besser als die letzten Wochen. Aber spielerisch? Haris kann nur froh sein das wir zu diesem Zeitpunkt 2:1 geführt haben bzw am Ende gewonnen haben. Sonst hätte man ihn bitter verflucht. Gab von mir auch eine Note 5. Von drei 1gg1 Situationen muss man als Stürmer mind. 1 machen!
    Uns kam auch zu Gute das Werder auch gewinnen musste und sich somit doch ein paar Freiräume aufgetan haben. Zu feiern gibt es wahrlich gar nichts!

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  2. Endlich mal wieder Sonntag mit nem Grinsen aufgewacht!

    Gute Zusammenfassung!

    Bin ebbes versöhnt und positiv gestimmt, dass wir DA, Werder und Hannoi hinter uns lassen. Im Sommer wechselt die Fee in den Vorstand und ein junger hungriger Coach – gerne Keller – wirds richten!

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  3. So, jetzt ist der Kopf endlich frei für Weihnachten.
    Zum Schluß noch ein flottes Spiel, vor allem spielerisch recht ordentlich, was so bei den Voraussetzungen dieser Partie nicht zu erwarten war.
    Iggy mal wieder mit einer sehr guten Leistung (einer seiner regelmäßigen Spitzen nach oben, gefolgt in der Regel von einer Serie schlimmer Spiele), Alex macht das, was er kann und nur er kann, Aigner schiebt endlich mal wieder die Pille in die Maschen. Stenda wieder einer der Besten, Abraham sehr konzentriert, Hradecky ein absolut souveräner Hund (großes Kompliment zum besten Einkauf seit langem), und Haris… was soll man zu diesem Vollblut-Fußballer schreiben? Macht alles richtig, nur seine Effektivität gestern war ein Lacher. Paradox, aber wahr.
    Dank an das Team für das Ergebnis, was mir nun eine gute Übergangszeit bis zur RR verschafft. Dank an die Fans im Stadion, die gezeigt haben, dass sie nicht nachtragend sind und bereit sind sofort wieder so hinter der dem eigenen Team zu stehen, wie es in der Liga nur selten anzutreffen ist – und Dank an an Führung, die mit Neuzugängen die Vorfreude auf das erste Heimspiel gegen die Wölfe noch steigen lässt (so weit keine Fumpen kommen, gell Bruno).
    Machts gut hier, bis in 4 Wochen

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  4. Super wichtiger und nicht unverdienter Sieg und ein ordentliches Spiel.

    Nach ordentlichen ersten zehn Minuten haben die Bremer ein wenig das Zepter übernommen (haben die nächsten 15 Minuten dominiert) und sind durch Ujah immer wieder gefährlich bzw. im Ansatz gefährlich geworden. Folgerichtig viel dann das 0 zu 1. Unser Glück war, dass wir quasi im Gegenzug den Ausgleich erzielt haben, ansonsten hätte es ein bitterer Nachmittag werden können. Aber egal, das war sehr schön herausgespielt. Stendera hat sich im Mittelfeld durch eine mutige Aktion prima durchgesetzt und Iggy gut eingesetzt, der wiederum eine sehr gute Flanke auf Meier schlug. Sehr gut gemacht. In H2 waren wir dann überlegen und hätten noch höher gewinnen können.

    Knackpunkt war wie gesagt der schnelle Ausgleich. Der Sieg gestern war ein Sieg des Willens!

    Beste Spieler: Stendera, Abraham

    Stendera hat mit präzisen Aktionen immer wieder für Struktur und eine Linie gesorgt, ganz stark, wie er das mit seinen 19 Jahren hinbekommt. Er ist im Moment unser Taktgeber! Abraham hat nach hinten mit seiner Schnelligkeit einige Male ausgebügelt, da wäre es sonst brenzlig geworden. Auch prima bespielt haben Aigner, Seferovic und Iggy die allesamt kämpften wie die Löwen. Seferovic wird die Dinger nächstes mal machen, gut ist, dass er die Chancen hat.

    Ansonsten bleibt festzuhalten, super wichtige Punkte!! Das gibt nun ein wenig mehr Ruhe. Aus dieser Ruhe sollte man nun trotzdem intern genauestens analysieren woran es in der Hinrunde lag und die Fehler abstellen. Denn die Rückrunde wird hart. Stuttgart wird, wie immer, hinten rauskommen, die sind individuell einfach zu stark besetzt. Hoffenheim eigentlich auch. Hannover wird aufrüsten…einzige Mannschaft bei der ich mir nach wie vor sicher bin dass sie runtergehen wird, ist Darmstadt, ansonsten ist alles offen.

    Schauen wir mal was kommt und freuen uns nun über diesen Sieg!!

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  5. Mann, mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.
    Habe in den letzten Jahren mit meinen Freunden hier
    den HSV Alptraum live miterlebt.
    Müssen wir wirklich nicht haben.
    Also, ob für oder gegen Veh, jetzt sagen wir dem Team incl.
    Trainer erst einmal Danke und Glück für 2016.
    Was macht eigentlich Ball 99 ?

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  6. Gibt es eigentlich eine Statistik wieviel Kommentare man hier schon geschrieben hat? 🙂

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