23.08.2014, Fussball, 1. BL, Eintracht Frankfurt - SC FreiburgDie Bundesliga verschließt sich nicht weiter vor der Einführung der Torlinientechnologie. Mit 15:3 Stimmen wurde für das britische System HawkEye abgestimmt. Zur kommenden Spielzeit 2015/16 wird die Technik installiert und an den Start gehen.

Nicht nur Christian Seifert, Vorsitzender der DFL, war überrascht, als im März diesen Jahres der erste Antrag für die Einführung der Torlinientechnologie krachend durchfiel. Nur neun Erstligisten und drei Zweitligisten votierten für diesen Schritt, die restlichen 24 Vertreter ließen die Hände unten. Heribert Bruchhagen freute sich damals noch, der „Fußball-Romantiker“ hatte in diesem Moment gesiegt. Auch Horst Heldt, Sportdirektor beim FC Schalke 04, sprang dem Vorstandsvorsitzenden zur Seite, die Technologie sei nicht ausgereift und würde zu viel kosten. Die Hoffnung der „Revolutionäre“ sank weiter, Liga-Präsident Reinhard Rauball ging davon aus, dass sich dieses Thema bis auf weiteres erledigt habe.

Knackpunkt Pokalfinale

04.02.2010, Präsidiumssitzung DFBZu diesem Zeitpunkt konnte noch niemand wissen, dass das Pokalfinale in Berlin zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern München durch eine gravierende Fehlentscheidung entschieden werden sollte. In der 64. Minute köpfte Mats Hummels zum vermeintlichen 1-0 für die Gelb-Schwarzen auf das Tor und der Ball wurde, nach Ansicht mehrerer Zeitlupen, eindeutig von Dante hinter der Linie geklärt. Für das menschliche Auge nur schwer erkennbar, ließ der Assistent die Fahne unten und die Partie ging weiter. Letztendlich gewann der deutsche Rekordmeister mit 2:0 und holte so das Double, während die Dortmunder die zweite Saison in Folge ohne Titel abschließen mussten. Als dann auch noch die Münchener, die von einer Fehlentscheidung profitierten, dieser Ungerechtigkeit entgegentreten wollten und sich für die Einführung der Technik aussprachen, wurde die Debatte neu aufgerollt. „Wenn Borussia Dortmunds Vorstandschef Joachim Watzke oder ein Vertreter eines anderen Klubs die Torlinientechnik erneut vorschlagen, werde ich das befürworten„, sagte Rauball sodann im Mai dem Spiegel. Der Ausspruch „bis auf weiteres“ ließ sich nur ganze zwei Monate aufrecht erhalten.

WM-Tor beseitigt Zweifel

Ist die Technik aber wirklich schon so ausgereift, dass sie fehlerfrei eingesetzt werden kann? Bei der WM zumindest konnten große Zweifel beseitigt werden. In der Partie Frankreich gegen Honduras schloss Karim Benzema in der 48. Minute beim Stand von 1:0 für die Equipe Tricolore ab, vom Pfosten rollte der Ball die Linie entlang und erst durch den Torwart, der den Ball retten wollte, lag der Ball hinter der Linie. Für das menschliche Auge kaum wahrnehmbar, erkannte die Kamera, dass der Treffer tatsächlich regulär war. Es war eine Zentimeter-Entscheidung und ein erster Paukenschlag, der die Skeptiker und Gegner mächtig in den Hintergrund treten ließ. In der englischen Premier League wurde sich schon ein halbes Jahr zuvor für die Einführung der Technologie zu Beginn dieser Saison ausgesprochen und auch in Deutschland war die Diskussion somit wieder eröffnet.

Heiße Diskussionen im kühlen Dezember

HeidelIn den letzten Wochen deutete sich dann schon an, dass die Befürworter der Torlinientechnik Oberwasser erlangt haben. „Fußball lebt von Toren. Wenn es also technisch nachweisbar ist, ob der Ball hinter der Linie war oder nicht, dann bin ich dafür„, sagte etwa Mainz-Manager Christian Heidel vor einigen Tagen im Kicker. Bruchhagen ahnte schon im September, dass das Nein zur technischen Einführung wohl schnell kippen könnte: „Die Medien haben sich dafür entschieden, dass das zeitgemäß ist„, sagte der Ostwestfale damals bei der Konferenz «Sponsors Sports Venue Summit» in Hamburg. „Und wann haben sich die Medien schon mal nicht durchgesetzt?“ Der 66-Jährige sollte Recht behalten. Heute stimmten ausschließlich die 18 Vereine der Bundesliga ab – und das Ergebnis fiel deutlich aus: Mit 15 zu 3 Stimmen setzten sich die Befürworter der Torlinientechnik durch. „Das ist ein klares Votum, dem wir uns natürlich beugen werden„, so Bruchhagen. Neben den Hessen sollen auch noch der SC Paderborn und der FC Schalke 04 gegen das HawkEye – wie die Kamera heißt – abgestimmt haben. Ab dem 1.7.2015 wird das „Falkenauge“, welches 8.000 Euro pro Spiel kosten wird, seinen Dienst verrichten.

Wie funktioniert das HawkEye?

Das britische HawkEye ist schon aus anderen Sportarten bekannt, insbesondere aus dem Tennis. Im Sommer 2012 wurde das System von der FIFA lizenziert und testweise eingesetzt. Die Position des Balles wird über eine am Stadiondach installierte Kamera kontrolliert. Diese erfassen den Spielball in Tornähe ständig aus verschiedenen Winkeln, auch wenn nur ein kleiner Teil des Balls zu sehen ist, so dass die exakte Position des Balls berechnet wird. Ist der Ball hinter der Torlinie, sendet das System ein entsprechendes Signal an die Armbanduhr des Schiedsrichters. Und die Sicherheit des System ist gewährt. „Die FIFA lässt eine Toleranz von 1,5 Zentimetern zu. Der jetzige Anbieter liegt deutlich unter einem Zentimeter„, so DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig, der eine positive Bilanz zieht: „Wir bedanken uns für dieses eindrucksvolle Votum, und freuen uns, dass wir ab Juli die neue Saison mit Hawk-Eye beginnen können.“

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14 Kommentare

  1. Jetzt kann entschieden werden, dass der Ball über der Linie war, aber die Abseitsposition oder das vorausgehende Offensiv-Handspiel bleibt ungeahndet.

    Entweder man lässt den Fußball ohne diese technischen Eingriffe, oder man bevorzugt eine umfassendere Lösung, wie bei manch anderen Sportarten schon lange üblich. Sollte jetzt mit einer Politik der kleinen Schritte argumentiert werden, ist das bei den heutigen Möglichkeiten zu dünn. Was jetzt kommt, ist weder Fisch, noch Fleisch.

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  2. Ich habe es gerade bei Spox kommentiert:

    Wir beheben das Problem der Fehlentscheidung mit der Einführung eines Systems, welches den geringsten Teil der Fehlentscheidungen abdeckt. Abseits, Fouls haben einen wesentlich höheren Anteil der Fehlentscheidungen.

    Wenn man von Gerechtigkeit sprechen will, muss eine lückenlose Überwachung erfolgen, so wie es beim Football der Fall ist. Ist dann Fussball immernoch der Fussball den wir lieben? Oder schauen wir uns dann alle 2 Minuten die Werbung an?!

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  3. Ich weiß, dass die Führung der SGE zumindest bei letzter Abstimmung vor Wochen dagegen war (Ergebnis heute liegt wohl noch nicht vor), aber ich bin absolut FÜR die Einführung.
    Was kann an dem Umstand, eine Garantie hinsichtlich einer Aussage über einen regulär erzielten Treffer zu geben, denn diskussionswürdig sein?
    Und bezüglich der anderen Entscheidungen: da bleibt halt alles beim Alten und somit haben die Nostalgiker ebenfalls ihren Wunsch erfüllt bekommen.
    Fußball sollte man in der Tat nicht zu sehr verändern, aber gegen logische und kaum ins Spiel eingreifende Neuerungen sollte man sich nicht entscheiden.

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  4. Was für ein Aufwand für etwas, das pro Saison nur ein paar mal vorkommt.

    Jede BL- Spiel wird von einem Dutzend Kameras erfasst und der Zuschauer weiß meist schon bei der ersten Zeitlupe, ob der Schiri richtig oder falsch lag.

    Daher immer noch der Vorschlag, jeder Mannschaft pro Halbzeit 2x die Möglichkeit (mit dem 4. Offiziellen?) eine Wiederholung der strittigen Szene anzusehen. Geht also nicht oft, dauert nicht lang und hätte uns diese Saison dick Punkte gebracht.

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  5. @wutzespeck: Es ist aber mal ein Anfang! Ich persönlich finde diese Entscheidung elementar und bin froh, wenn wir 5-6mal in einer Saison genau wissen, ob der Ball drin oder nicht. Dazu werden v.a. die Linienrichter entlastet, denn sie müssen sich nicht mehr darauf konzentrieren, sondern können einzig und allein schauen, was in der Mitte passiert ohne dann in sekundenschnelle noch sehen zu müssen, ob der Ball hinter der Linie war oder nicht!

    Mir wird diese wichtige Entscheidung viel zu klein geredet, indem man sagt, es geht hier nur um ein paar Törchen in der Saison! Es ist wichtiger Anfang – und warum sollte man nicht hier jetzt auch Häppchenweise weitergehen? Aber eins nach dem anderen – es geht nicht darum, den Fußball innerhalb von 2-3 Tagen komplett zu revolutionieren – aber man muss doch auch mal Vertrauen in Neuerungen gewinnen. Und dann wird in den nächsten Jahren auch noch mehr eingeführt werden, da bin ich jetzt schon sicher!

    LG
    Christopher

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  6. Dann müsste man nun auch die Regel einführen das der Trainer 1x pro HZ das Hawkeye nutzen darf. Ob nun bei einem Abseitstor oder sonst etwas. Dann würde die Technik auch zur Geltung kommen

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  7. Meiner Meinung nach eine dumme Entscheidung. Wie schon von anderen angesprochen, wird hier nur ein kleines Teil der Fehlentscheidungen korrigiert.
    Entweder sollte man sagen, der Schiri ist ein Mensch, irren ist menschlich und das gehört zum Spiel dazu. Oder man sagt, wir wollen kein Fehlentscheidungen. Dann muss man sich aber nicht nur einen Teil davon aussuchen. Durch den Videobeweis für jede Szene hätte man keinerlei größere Kosten.
    Wenn nun ein weiterer Schiri sich die Videoaufzeichnungen anschauen kann und ER dann den Schiri kontaktieren kann, würde damit auch verhindert, dass ein Trainer den Beweis als taktisches Mittel einsetzt.
    Die Ansicht, dass sich die LR auf das Geschehen im Strafraum konzentrieren können, hat sich bei der WM nicht bestätigt. Zwar gab es keine Fehlentscheidung bzgl. Tor oder nicht Tor, aber Elfmeter und Abseitsentscheidungen wurden in schöner Regelmäßigkeit falsch entschieden.

    Durch diese Entscheidung kommt man zwar der Wahrheit näher, aber sie verhindert meiner Meinung nach einen richtigen Durchbruch. Denn nach dieser Einführung wird bald kaum eine weitere Veränderung kommen.

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  8. Kleiner Hinweis an die Redaktion: Der letzte Frankfurter Nationalspieler war nicht Horst Heldt, sondern Sebastian Jung, er hat immerhin 19 Minuten spielen dürfen, als er noch bei der SGE war. Nur als Hinweis und Feststellung, keine Kritik. 🙂 Steht ganz oben.

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  9. @Adler1969: Stimmt, irgendwie war Sebi Jung da nur leider gefühlt schon beim VfL Wolfsburg :-(. Aber du hast natürlich Recht, wurde korrigiert.

    @mikeaefer: Danke, auch dieser Fehler wurde korrigiert. Bei den ganzen Jahreszahlen kommt man inzwischen echt ins schwimmen :).

    Viele Grüße
    Christopher

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