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Sportdirektor Timmo Hardung im Exklusiv-Interview mit SGE4EVER.de. Foto: IMAGO / Eibner

Timmo Hardung im Exklusivinterview: „Für den Abstieg übernehmen wir Verantwortung“

Die Saison von Eintracht Frankfurt gab einiges her. Sowohl die Profis als auch die U21 lieferten für viel Gesprächsstoff- Gesprächsstoff, den wir in einem Exklusiv-Interview mit Sportdirektor Timmo Hardung aufgegriffen haben. Der 35-Jährige sprach mit uns über die Saison der U21, mögliche Abgänge aus der Jugend, Leihen, die Ziele in der Hessenliga, die aufkommende Doppelbelastung durch die Youth-League und das Trainerteam.

Gude Timmo, erstmal herzlich willkommen zum Interview. Du warst Leiter der Lizenzspielerabteilung und deshalb lass uns erstmal über die U21 reden. Das war dann doch ernüchternd oder enttäuschend. Wie würdest du das sagen?

Auf die Resultate bezogen war es ernüchternd und am Ende auch enttäuschend. Wir hatten uns das natürlich anders vorgestellt. Das war nicht unser Anspruch, so ehrlich bin ich auch im Nachgang: Wir wollten nicht absteigen. Aber uns war und ist immer wichtig, dass die Entwicklung und die Förderung unserer Nachwuchsspieler im Fokus stehen. Trotzdem ist die Tabelle nur eine Seite der Medaille. Weil es eben ganz wichtig ist – und das möchte ich auch nochmal betonen: Wir reden von einer U21. Das ist keine Profimannschaft, wie andere Teams in der Regionalliga Profimannschaften sind. Und so sollte sie auch nicht bewertet werden. Sie sollte als U21 bewertet werden, als höchste Ausbildungsmannschaft, die sie von Eintracht Frankfurt ist. So sehen wir sie. Und wir sehen sie mit dem ganz großen Ziel, individuell Spieler zu fördern und zu entwickeln. Wenn man das bei der Bewertung der letzten Saison in den Vordergrund rückt, dann hat Dennis Schmitt mit seinem Trainerteam gute Arbeit geleistet, weil sie individuelle Spieler weiterentwickelt haben. Etwa Nils Ramming, als 17-jähriger Stammtorwart, Noah Fenyö, Dreh- und Angelpunkt im Zentrum, absoluter Stammspieler als eigentlich noch U19-Spieler, Aiden Harangi, Kaan İnanoğlu… viele Spieler haben sich weiterentwickelt und das ist uns sehr wichtig.  Für den Abstieg übernehmen wir die Verantwortung.  Das tut weh, erfordert manchmal auch die Kraft, solche Niederlagen als Lernmoment zu akzeptieren. Im Sinne der Entwicklung wird uns das nicht umbringen. Und im Hinblick auf die neue Saison und die bestmögliche Förderung unserer Nachwuchsspieler sind wir schon weit in den Planungen.

Du hast die Planung angesprochen: Glaubt ihr, dass ihr den Kader zusammenhalten könnt?

Das ist sehr unwahrscheinlich, hat aber vielfältige Gründe. Zum einen wollen einige Spieler eine neue Herausforderung suchen, was total legitim ist. Andererseits wollen wir als Klub auch frischen Wind reinbringen. Wir sind mit unseren Spielern in der U21 immer sehr ehrlich, teilen ihnen transparent mit, was wir von ihnen erwarten, was für eine Rolle wir für sie vorgesehen haben. Und wir wissen auch um ihre persönlichen Ziele, um ihre Historie. Von daher werden wir den Kader so nicht zusammenhalten und das ist auch für uns völlig in Ordnung. Es werden wieder einige neue Talente bei unserer U21 spielen, die wir dort fordern und fördern werden.

Stichwort Talentförderung: Hat dieser Abstieg euch als Talentförderverein vielleicht ein Haar gekrümmt und die Attraktivität gesenkt? In der Hessenliga lassen sich die Talente nicht so gut auf den Profi-Bereich heranführen, wie in der Regionalliga.

Wenn man es trivial betrachtet, könnte man das meinen. Und es gibt auch mal Bedenken, die uns gegenüber geäußert werden. Aber wir haben einen klaren Plan, den wir in den Gesprächen vorstellen. Wir sehen die Regionalliga als ‚idealste Liga‘ für die Förderung unserer Talente und wir wollen wieder da hinkommen. Nichtsdestotrotz wissen wir auch schon aus persönlicher Erfahrung, weil wir mit der U21 dort gestartet sind, dass wir auch in der Hessenliga unsere Spieler gut fördern und fordern können. Auf einem anderen Niveau, aber – gerade in der Kombination mit der Youth League – ist es eine sehr spannende Herausforderung für die Spieler, weil sie eben unter der Woche auf allerhöchstem internationalem Niveau gefordert werden. Und dann wieder am Wochenende gegen Spieler zu spielen, die erfahrener und körperlich viel weiter sind – diese Unterschiede und Herausforderungen als Spieler zu erfahren, zu durchleben und seine persönlichen Rückschlüsse daraus zu ziehen, ist eine sehr gute Kombination. Entwicklung geschieht immer an der Grenze zwischen dem Machbaren und dem Unmöglichen.

Das bedeutet, ihr seht die Youth League wirklich mehr als einen Gewinn für die nächste Saison und nicht als Doppelbelastung, die den Ligabetrieb behindert?

Es ist eine Doppelbelastung, keine Frage, denn viele unserer Spieler gehen noch parallel zur Schule. Die Jungs werden merken, wenn sie nicht 100 Prozent geben, wird es auch in der Hessenliga schwer sein, viele Spiele zu gewinnen. Das sind sehr lehrreiche Momente, die dieser Mannschaft enorm gut tun werden. Und trotzdem lernst du dann auch, den Fokus immer wieder neu zu setzen. Ich glaube, in der Youth League werden die Jungs von vornherein sehr motiviert und mit sehr viel Freude und Vorfreude in diese Spiele gehen. Ein Selbstläufer wird das allerdings nicht. Das ist das, was ich mit dem Thema Entwicklung meine: Das als 18-Jähriger schon zu durchleben, zu erfahren, wie schwer das sein kann, obwohl es das gleiche Spiel ist. Das kann und wird sehr lehrreich sein.

Ihr habt klargestellt, dass Dennis Schmitt bleibt. Jetzt sagst du, dass die Regionalliga die optimale Liga sei. Das heißt, der Aufstieg ist das Ziel?

Das ist unser Ziel, aber wir werden nicht mit der Einstellung in die Saison gehen, um jeden Preis aufsteigen zu müssen. Selbst ein zweites Jahr Hessenliga würde den Verein nicht umbringen und uns nicht von unserem Weg abbringen, Jugendspieler weiter zu fördern.

Wollt ihr dieser Jungen Mannschaft noch mehr Erfahrung hinzufügen?

Du hast es vorhin gesagt: Die Mannschaft wird so nicht zusammenbleiben. Deswegen ist das sehr hypothetisch. Eine Lehre aus der abgelaufenen Saison für uns ist, dass wir vielleicht den ein oder anderen erfahrenen Spieler gerne noch hätten, an dem man sich anlehnen kann. Da geht es aber nicht ums Alter des Spielers, sondern um die Leistung und die Performance auf dem Platz. Einfach eine stabilere Leistung über die 34 Spieltage hinweg auf einem etwas höheren Leistungsniveau. Das ist uns am Ende des Tages auch ein bisschen abgegangen.  Wenn es niemanden gibt, an dem man sich als sehr junger Spieler anlehnen kann, verliert man das ein oder andere Spiel zu viel.

Kritisch nachgefragt: Im Winter hattet ihr die Chance, das Team nochmal zu verstärken. Das habt ihr zu wenig gemacht. Warum? Was waren die Gedankengänge dahinter?

Die Gedankengänge dahinter sind einfach erklärt. Wir waren bis dahin mit der Art und Weise, wie wir Fußball über die 90 Minuten hinweg gespielt haben, im Großen und Ganzen zufrieden. Natürlich noch mit Fehlern, natürlich noch mit Phasen, in denen es bei weitem nicht perfekt war. Konkreter gesagt: Gerade gegen den geordneten Gegner oder auch im geordneten Verteidigen haben wir das häufig sehr gut gemacht. Was nicht gut war, waren diese einzelnen Momente, diese einzelnen Täler unserer Spieler. Mal haben wir ein unnötiges Standardgegentor bekommen, mal ein Eckballtor, ein Freistoßtor oder einen unnötigen Konter. In vielen Spielen waren wir vor dem Tor nicht effizient genug Du kannst in einem Regionalligaspiel nicht fünf, sechs Großchancen vergeben.  Wir hatten das Gefühl, dass wir uns noch schneller entwickeln können und eben in der Rückrunde die paar Punkte mehr holen, die wir in der Hinrunde unnötigerweise haben liegen lassen. Die Rückrunde war schon besser, auch v mit Blick auf die Resultate, aber leider am Ende nicht gut genug.

Das Trainerteam hast du auch angesprochen. Wie hast du die Rolle von Makoto Hasebe in dem Trainerteam so erlebt?

Er ist ein ganz wichtiger Teil des Teams, denn gerade die beiden Co-Trainer achten enorm auf die individuelle Talentförderung und gehen ganz spezifisch darauf ein. Das heißt: Mit vielen Spielern individuell Stärken und Potenziale trainieren. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch per Videoanalyse. Es ist Makotos erste Trainerstation und er hat viel mitgenommen. Darüber hinaus ist er ja auch noch Co-Trainer der japanischen Nationalmannschaft. Er hat viele Rückschlüsse für sich gezogen und in seinem ersten Trainerjahr viele interessante Dinge erlebt.

Blicken wir nochmal auf die Talentförderung: Jetzt durfte mit Niko Ilicevic ein sehr junger Spieler mit der Mannschaft spielen. Markus Krösche hatte sich dazu schon geäußert, aber aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: Welche Vorteile bringt es, einen so jungen Spieler so früh mit der Mannschaft spielen zu lassen?

Es passt zu unserem Weg im Nachwuchsbereich. Mit Alexander Staff, Gaul Souza und Ebu Bekir Is hatten wir die jüngsten Spieler der Regionalliga eingesetzt. Alexander geht nun bei der U17 in Albanien für Deutschland auf Torejagd. Er musste sich gegen Spieler durchsetzen, die teilweise über zehn Jahre älter sind als er, schon Drittliga-, vielleicht auch Zweitliga-Erfahrungen gemacht haben. Das bringt einem Talent natürlich ungemein viel und ist genau dieser entscheidende Teil unserer Ausbildung in der U21. Wir sind der Meinung, dass es hilfreich ist, wenn ein junger und talentierter Spieler frühestmöglich Herrenfußball erlebt.  Wir achten darauf, die Jungs in diese Situation zu packen, wenn wir der Ansicht sind, dass sie dafür bereit sind. Wenn sie Fehler machen, dann ist das okay. Sie sollen aber nicht um jeden Preis bei den Profis mitspielen. Wenn es dann passiert, ist es unter athletischen und medizinischen Aspekten bestmöglich vorbereitet und geschieht über eine gesunde Entwicklung.

Bei der Eintracht gibt es viele junge Spieler, die bei den Profis mitspielen durften. Ich schaue da genau auf Noah Fenyö. Die Hessenliga empfinde ich als einen Schritt zurück für ihn. Denkt ihr da an eine Leihe?

Ja, das ist denkbar. Noah ist einer der Spieler, bei dem es einige Möglichkeiten und Gedankenspiele gibt. Auch wenn sie noch nicht ganz konkret sind, aber es gibt bereits diverse Überlegungen. Bei ihm würde eine Leihe im Sinne der Entwicklung und der Ausbildung durchaus Sinn ergeben. Es müsste jedenfalls ein Klub sein, der gewillt ist, mit Noah zu arbeiten und auf ihn zu setzen, dann hat er das Talent und das Potenzial, ein besonders guter Spieler zu werden.

Ihr habt noch Lukas Sonnenwald verpflichtet, der euch in der Hessenliga verstärken soll. Ist er als klare Verstärkung für die U21 vorgesehen, oder soll er mit Weitsicht auch den Sprung zu den Profis schaffen?

Wir glauben prinzipiell, wenn wir einen Spieler verpflichten, dass er potenziell im Profi-Fußball ankommen kann. Ob es am Ende für Eintracht Frankfurt reicht, ist schwer zu sagen. Lukas hat schon einige Jahre in der Regionalliga erlebt, war darüber hinaus in der 3. Liga und Hessenliga aktiv. Er hat schon viel Erfahrung gesammelt. Lukas bringt Stärken und Potenziale mit. Wenn man mit ihnen individuell arbeitet, ihm die richtigen Werkzeuge an die Hand gibt, dann kann er den Sprung in den Profifußball schaffen. Das ist wie erwähnt Teil unseres Credos: Wir wollen die Jungs für den Profifußball ausbilden. Wir wollen ihr persönliches maximales Potenzial ausschöpfen.

Im zweiten Teil des Interviews wird es um seinen Aufgabenbereich, die Zusammenarbeit mit Markus Krösche, Vertragsgespräche, einzelne Akteure der Eintracht und seine Zukunft gehen!

5 Kommentare

Fallback Avatar 1. frankfurtaller 28. Mai 25, 16:34 Uhr

Bei Noah Fenyö sehe ich auch großes Potenzial, vielleicht sucht Elversberg noch jemand im Austausch ;)

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Avatar Der User hat SGE4EVER.de mit mind. 25 € finanziell unterstützt, als es um den großen Relaunch 2024 ging. 2. Boris 29. Mai 25, 00:13 Uhr

Wär doch irgendwie ne schöne Sache, wenn es mit Ayden Harangi ein anderer deutscher Ami, im Gegensatz zu Timmy ein LV, in den Profikader schaffen würde, Abschiedsspiel dann beide gemeinsam aufm Platz. :)

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Fallback Avatar 3. drobbe 29. Mai 25, 00:34 Uhr

Danke für das Interview! Schön, daß der U21 viel Platz eingeräumt wurde.

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Fallback Avatar 4. hadabambata 29. Mai 25, 11:14 Uhr

Natürlich sehr schade, dass unsere U21 abgestiegen ist und tatsächlich habe ich mich auch gewundert, dass im Winter nicht mit erfahrenen Spielern nachgelegt wurde.

Andererseits bin ich begeistert von unserem Ansatz mit so einer jungen Truppe professionell Fußball zu spielen und denke, dass wir damit viele Talente überzeugen können.

Unser Verein hat eine Philosophie, die sich durch alle Strukturen zieht und das ist ungemein wertvoll.

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Fallback Avatar Der User hat SGE4EVER.de mit mind. 100 € finanziell unterstützt, als es um den großen Relaunch 2024 ging. 5. rob 29. Mai 25, 12:32 Uhr

Dass im Winter zum Klassenerhalt nicht noch 1-2 Profis dazugeholt wurden, wird als Fehler ja eingeräumt. Aber nachher ist man immer schlauer. Das passt schon. Und durch die Youth League finde ich können wir die Saison in der Hessenliga gut auffangen. Da ls gibt uns Argumente, dass wir die Jungs halten. Aber die Achse sollte definitiv stabiler werden. Je ein erfahrener Profi in der Abwehr, im Mittelfeld und im Sturm. Oder halt einer vergleichbare Halbposition. Dazu dann sieben junge Wilde. Das dann durchziehen.

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