Als im Sommer 2022 der Transfer von Mario Götze zu Eintracht Frankfurt verkündet wurde, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Ich war absolut begeistert, einen so berühmten, vor allem national aber auch international angesehenen Spieler im Dress der Frankfurter Eintracht sehen zu können. Klar, ich wusste, dass die Karriere des Weltmeistermachers von 2014 etwas ins Stocken geraten war und er nach seinen beiden Stationen bei Borussia Dortmund und der beim FC Bayern München mit PSV Eindhoven nicht wirklich einen Karriereschritt nach vorne gemacht hatte. Nichts desto weniger aber freute ich mich sehr darüber, dass Götze in Frankfurt unterschrieb. Götze steht jetzt vor seinem 100. Pflichtspiel bei Eintracht Frankfurt. Das nehme ich mir zum Anlass, einmal auf seine Zeit bei der SGE zu blicken.
Die Tatsache, dass Götze damals bei Eindhoven anheuerte zeigt auf eine Art seinen Charakter. Ein Spieler mit seinem Namen hätte vermutlich ohne größere Probleme einen hochdotierten Vertrag bei einem Scheich-Klub bekommen können. Namen wie „Mario Götze“ lassen sich nämlich großartig vermarkten. Sicherlich war der Hype um den Spieler 2020, nach einer semi-erfolgreichen zweiten Zeit beim BVB, längst nicht mehr so stark. Aber dennoch wäre Götze für viele Vereine ein Prestige-Transfer gewesen. Götze entschied sich damals aber für Spielzeit und für den Sport und ging daher in die holländische Eredivisie. Dort war er Stamm- und Führungsspieler und stabilisierte seine negative Karriere-Kurve. Zwei Jahre später, 2022, wechselte er dann nach Frankfurt. Damals dachten viele, er käme nur, weil sich die SGE für die Champions League qualifiziert hatte. Zwei Jahre später kann man sagen: Selbst wenn das so war, dann hat die Eintracht Götze derart überzeugt, dass er auch ohne Königsklasse seinen Vertrag bis 2026 verlängert hat.
Unscheinbarere Stärken als „früher“
Im Schatten der Frankfurter Skyline wird Götze nicht von Allen immer positiv gesehen. Viele monieren, dass der 32-Jährige zu oft die Geschwindigkeit aus dem Spiel nimmt und häufig den Sicherheitspass nach hinten spielt, statt wirklich offensive Akzente zu setzen. Auch wenn diese kritischen Stimmen sicherlich nicht vollkommen falsch liegen, werden sie Götzes Leistung in Frankfurt aber nicht ganz gerecht. Götze ist der klassische Zehner, der im offensiven Mittelfeld die Offensive organisieren möchte. Diese Position existiert in dem schnellen Konter-Fußball von Trainer Dino Toppmöller allerdings nicht. Somit leidet der in Memmingen geborene Spieler etwas unter dem System. Dort kommt er zumeist als halbrechter Außenstürmer zum Einsatz. Dafür fehlt ihm eigentlich die Geschwindigkeit. Er avanciert somit zu einer sehr ballsicheren Anspielstation, die weniger über die Flügel durchdringt, sondern eher Räume für die anderen Stürmer reißt. Vergleicht man seine Passquote von 81% mit denen seiner Kollegen, so fällt auf, dass diese etwas niedriger ausfällt. Dauerbrenner Hugo Larsson weist eine Passquote von 88% auf, Ellyes Skhiri bringt 87% seiner Zuspiele an den Mann und auch Mo Dahoud liegt mit 86% ein gutes Stück vor Götze. Beim Weltmeister haben sich in den vergangenen Wochen immer mal wieder leichte Fehlpässe ins Spiel eingeschlichen, aber die Passquote rührt auch daher, dass er kreative Pässe in die Spitze spielt, die logischerweise ein höheres Risiko bürgen, beim Gegenspieler zu landen. Das belegt auch eine andere Statistik: In 12 Einsätzen gab Götze fünf Torschussvorlagen ab. Larsson gab ebenfalls fünf Torschussvorlagen, brauchte dafür aber vier Spiele mehr, genauso wie Skhiri.
Leader auf und neben dem Platz
Schon lange darf man Götze nicht mehr als Goalgetter oder Scorersammler betrachten. Scorte Götze in Eindhoven noch 36 Mal in 77 Spielen, ist diese Quote in Frankfurt weitaus geringer. Hier stehen 22 Scorer aus 99 Spielen zu Buche. Dies ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass er oftmals weiter hinten agieren muss und seine Primärposition, wie erwähnt, im Toppmöller’schen System nicht vorgesehen ist. Doch was Götze mitbringt wie kaum ein Anderer im Kader der Hessen ist die Erfahrung. Ein Faktor, der in der zweitjüngsten Mannschaft der Bundesliga nicht zu unterschätzen ist. Götze ist über sieben Jahre älter (32) als der durchschnittliche Frankfurt-Spieler (24,7). Dieser Rolle ist sich Götze bewusst. Jüngst schrieb der Spieler in einem Beitrag für „The Players Tribute“ selbst, dass er den jüngeren Kollegen „eine Orientierung auf und neben dem Platz“ geben will. Und dafür ist sein Wert unschätzbar hoch. Ein junges Team mit Perspektive zu haben, das obendrein erfolgreich spielt, ist herausragend. Es werden aber die Momente kommen, wo diese junge Mannschaft an ihre Grenzen stoßen oder aus dem Tritt geraten wird. Das ist ganz normal und ich bin mir sicher, dass solche Phasen auch noch in dieser Saison kommen werden. Genau dann ist es an Spielern wie Mario Götze, voranzugehen. Innerhalb der Mannschaft ist er hoch angesehen. Das belegt sein Amt als Co-Kapitän neben Kevin Trapp und Robin Koch und auch sein Platz im Mannschaftsrat. All das wäre er nicht, wenn er nicht auch neben dem Platz absolut vorbildliches Verhalten zeigen würde.
Am Freitagmorgen, während ich diesen Text schrieb, wusste ich noch nicht, dass der Cheftrainer wenig später meine Einschätzungen bestätigen würde:
„Mario ist für uns ein enorm wertvoller Spieler. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch in der Kabine, weil die Jungs schon auch aufgrund seiner Vita zu ihm aufschauen. Er ist ein super Junge, der trotz seiner großen Erfolge bodenständig geblieben ist. Er bring sich überragend ein in taktische Sachen. Er ist für uns auch auf dem Platz sehr wertvoll, weil er mehrere Personen bekleiden kann.“ Auch für das vermeintliche 100. Spiel bei der SGE hat Toppmöller hohe Ansprüche an seinen Schützling und stellt ihm schmunzelnd einen Einsatz in Aussicht: „Ich erwarte schon von ihm, dass er ein Tor schießt morgen. Er hat in seinem 300. Bundesliga-Jubiläum getroffen, morgen hat er ein Jubiläum beim Verein. Dann darf es gerne nochmal ein Tor sein. Diesmal mit einem anderen Ergebnis als gegen Berlin.“
Eintracht Frankfurt kann sich glücklich schätzen, einen derart verdienten und prestigeträchtigen Spieler im Kader zu haben, der obendrein gute Werte vertritt und nicht kopflos dem großen Geld nacheifert. Selbst wenn Götze eines Tages die Eintracht verlassen sollte oder seine Karriere beendet, dann wird mir das Trikot mit der „27“ an meiner Wand immer mal wieder ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern, so einen Spieler bei der Eintracht gesehen zu haben.
6 Kommentare
Super Kommentar Folke. Götze tut der Eintracht gut und umgekehrt.
Vielen Dank :-)
Götze ist nicht hoch genug zu bewerten.
Selbst in den Monaten und Jahren nach seinem WM Finaltor ist er nie abgehoben.
Es ist mega so einen Spieler un unseren Reihen zu haben.
Alles in allem ist er unser stärkster Fußballer.
Ich hoffe er bleibt noch das ein oder andere Jahr.
mario ist schon ein guter junge
und ein super fußball spieler
können froh sein ihn hier zu haben
er wird noch manches gute spiel für uns machen
heute noch mal 3 punkte und ein tor von mario
währe geil.
nur die SGE
Super Kommentar, Folke, vielen Dank!
Für mich war die Verpflichtung von Goetze sowohl emotional als auch vom Wert für den Verein Eintracht Frankfurt DER Königstransfer der letzten Jahre. Wieviele Tore Goetze schießt oder ob wir mit ihm ein Transferplus erzielen, war schon damals für mich sekundär. Ein großer Name, ein großer Spieler, der sein Land zum Weltmeistertitel geschossen hat, hat sich für die Eintracht entschieden. Wir würden Mario Goetze für Frankfurt spielen sehen! Schön, dass es anderen auch so gegangen ist.
Und Dein Kommentar, Folke, insbesondere der Abschnitt...
Toppmöller hohe Ansprüche an seinen Schützling und stellt ihm schmunzelnd einen Einsatz in Aussicht: “Ich erwarte schon von ihm, dass er ein Tor schießt morgen. Er hat in seinem 300. Bundesliga-Jubiläum getroffen, morgen hat er ein Jubiläum beim Verein. Dann darf es gerne nochmal ein Tor sein. Diesmal mit einem anderen Ergebnis als gegen Berlin.”
... ist nach dem gestrigen Samstag gleich nochmal so schön!
Ja! Ich hatte gestern auch ein dickes Grinsen im Gesicht als Götze den Ball in den Winkel geknallt hat. Wie ich schon unter der Spielinfo kommentiert hab: Ich muss einfach häufiger schreiben, dass Götze nicht mehr der Scorer ist wie früher. Das kann er ganz offensichtlich nicht auf sich sitzen lassen. 😅
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