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Botschaft in Abwesenheit: "Was auch immer passiert. Eintracht Frankfurt heißt Kämpfen und Siegen." Wer hätte ahnen können, dass die Abwesenheit rund zwei Jahre dauern wird? Foto: IMAGO / HMB-Media

Heute vor fünf Jahren: gespenstische Stille und leere Kurven

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Für gewöhnlich hallen weit vor Anpfiff und nach Abpfiff die Fangesänge der Nordwestkurve durch das Waldstadion. Angestimmt vom Capo auf seinem Podest am Fuße der Stehplatzränge, singen danach Zehntausende inbrünstig und versuchen die Adler zum Sieg zu schreien. So sollte es auch am 12. März 2020 sein, als Eintracht Frankfurt gegen den FC Basel im Achtelfinale der Europa League antrat. Doch dazu kam es nicht: Heute vor fünf Jahren fand das erste Geisterspiel der SGE statt, das durch die weltweite Covid-19-Pandemie ausgelöst wurde.

SGE4EVER.de-Redakteur Folke Müller, der an diesem Tag live vor Ort war, erinnert sich: „Ich war erst ein Jahr lang Redakteur bei SGE4EVER.de und es war das erste Mal, dass ich selbstständig, ohne Vorgesetzten im Stadion war. Der Gegner hieß FC Basel in der Europa League. Als nomineller Favorit war ich eigentlich guter Dinge. Dabei war kurz vor dem Spiel noch unklar, ob das Spiel komplett abgesagt würde oder nicht. Der Corona-Virus wütete in einer seiner ersten Hochphasen und nach einer Neubewertung der Situation wurde entschieden, dass das Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden würde. Dabei hatte das Gesundheitsamt nur einen Tag vorher noch grünes Licht gegeben für ein Spiel mit Zuschauern. Geisterspiel also. Ich ging mit gemischten Gefühlen in dieses Europa League-Achtelfinale. Einerseits eine interessante Erfahrung, andererseits irgendwie erschreckend. Damals hatte ja keiner eine Ahnung, wie sich das mit der Pandemie entwickeln würde. Das Spiel selbst war einfach katastrophal. Die Eintracht war absolut harmlos und unterlag völlig verdient mit 0:3. Aber die Atmosphäre war – tatsächlich – gespenstisch. Bei internationalen Partien explodierte das Waldstadion normalerweise vor Stimmung. An diesem Tag jedoch herrschte Stille. Nur das Kommunikations-Geschrei der Spieler auf dem Platz war zu hören. Bei den Toren von Basel jubelte zwar die Bank der Gästemannschaft, aber auch das ging irgendwie unter in diesem riesigen, leeren Stadion. Skurril in Erinnerung geblieben sind mir die Stadiondurchsagen, die durchgeführt wurden, als wären Fans im Stadion gewesen. Das wirkte seltsam. Generell bin ich froh, mal die Erfahrung gemacht zu haben, an einem so besonderen Spiel im Stadion gewesen zu sein. Immerhin war ich einer der ganz Wenigen, die an diesem Tag live dabei sein konnten. Dennoch hoffe ich inständig, so etwas nicht nochmal erleben zu müssen. Die Begleitumstände waren furchtbar und wirklich Spaß hat dieser Stadionbesuch auch nicht gemacht. Unter ‚Erfahrung‘ ist es verbucht, mehr aber nicht.“

Geisterspiele: Pandemie hatte Fußball fest im Griff

Eigentlich sollte das Rückspiel am 19. März 2020 stattfinden. Die Pandemie hatte die Welt aber in ihrem festen Griff und machte auch vor König Fußball keinen Halt. Nationale wie internationale Wettbewerbe wurden ausgesetzt, weil die Weltgesundheitsorganisation das neuartige Corona-Virus am 11. März zu einer weltweiten Pandemie erklärte. Die Bundesliga kehrte erst am 16. Mai unter strengen Hygienevorschriften und ohne Zuschauer zurück. Alle Spieler mussten mehrmals wöchentlich getestet werden. Hier endete die SGE mit 45 Punkten auf dem neunten Platz. Das Rückspiel in Basel fand erst am 6. August statt. Man verlor auch dieses mit 1:0. Wieder vor leeren Rängen.

Zu diesem Zeitpunkt war längst klar, was anfangs abwegig erschien. Dieser Virus wird den Erdball und damit auch den Fußball wohl länger als ein paar Wochen oder Monate beschäftigen. Auch die Saison 2020/21 war stark geprägt durch Einschränkungen. So fanden die ersten beiden Bundesliga-Heimspieltage in Frankfurt unter Abstimmung mit dem örtlichen Gesundheitsamt mit Zuschauern statt. Ausschlaggebend waren die regionalen Infektionszahlen, weshalb die Spiele gegen Bielefeld (1:1) und Hoffenheim (2:1) nur 6.500, beziehungsweise 8.000 Menschen im Stadion verfolgten. Um die ab Oktober anrollende zweite Corona-Welle abzubremsen, beschloss die Bundesregierung neue Maßnahmen. Die Liga musste die Testphase mit begrenzten Zuschauerzahlen beenden. Zurück zu Geisterspielen also. Wegen der dritten Infektionswelle im Frühjahr 2021, änderte sich dieser Zustand für den Rest der Saison auch nicht mehr. Die Adler konnten sich über Rang 5 in der Liga freuen.

„SGE durch Pandemie stärker betroffen.“

Bereits im Vorfeld der Saison 2021/22 blickte Vorstandssprecher Axel Hellmann mit Sorge auf die finanzielle Situation des Vereins: „Ein zweites Jahr können wir das alles nicht schultern, ohne an unser Tafelsilber zu gehen.“ Klar, durch die Zuschauerausschlüsse seit fast anderthalb Saisons, verlor der Club wichtige Einnahmen. Hellmann sollte Recht behalten.

Bereits in der Saison 2019/20 verzeichnete man Verluste von knapp neun Millionen Euro. In den darauffolgenden beiden Saisons sollten es je 36,1 Millionen und 31,9 Millionen Euro sein. Dadurch schmolz das Eigenkapital im Sommer 2022 auf 5,9 Millionen Euro und die Finanzschulden wuchsen auf 62,9 Millionen Euro an. Der damalige Finanzvorstand Oliver Frankenbach resümierte im Nachhinein: „Wir sind ein Klub, der durch die Pandemie stärker betroffen war, als der eine oder andere Klub um uns herum, weil wir sehr stark von Zuschauern abhängig sind. Wir sind mit einem blauen Auge aus der Pandemie herausgekommen.“

Infektionszahlen bestimmten Zuschauerzahlen

Grund zur Hoffnung bestand zu Beginn der Saison 2021/22 dennoch. Die Impfquote war auf über 50 Prozent angestiegen und der teilweisen Zuschauerrückkehr in die Stadion wurde stattgegeben. Die Hälfte der Stadionkapazitäten durfte wieder ausgelastet werden, gedeckelt bei maximal 25.000 Fans. So spielten die Hessen 0:0-Unentschieden gegen den FC Augsburg im ersten Heimspiel der neuen Saison vor rund 22.000 Anhängern. Bei der Heimspiel-Niederlage gegen die Hertha aus Berlin durften sogar 32.000 Fans das Spiel live verfolgen.

Doch die Pandemie machte dem Fußball erneut einen Strich durch die Rechnung. Gegen Ende des Jahres schwappte die neue Omikron-Variante auf Europa über und eine vierte Welle rollte über die Bundesrepublik. „Ich finde es hochproblematisch, was wir beim Fußball sehen. Die Menschen infizieren sich nicht im Stadion, aber die Anreise und die Feiern nach dem Spiel sind die Infektionsherde. Daher sind Spiele in vollen Stadion aktuell nicht akzeptabel“, bewertete Gesundheitsminister Karl Lauterbach die Situation in den deutschen Stadien. Die Regeln wurden also wieder verschärft und die Zuschauerzahlen strenger den Infektionszahlen entsprechend angepasst. Seinen traurigen Höhepunkt fand dies im Januar 2022 beim Spiel gegen Borussia Dortmund (2:3), als nur circa 500 Zuschauer dem Spiel beiwohnen durften.

Rückkehr der Fans endete in historischem Triumph

Spanien ließ seine Beschränkungen früher als die Bundesrepublik fallen, weshalb die aktive Fanszene im März zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder ein Spiel der Eintracht besuchte. Beim 1:2-Auswärtssieg gegen Real Betis Sevilla waren insgesamt rund 3.000 Gästefans aus Hessen anwesend. Doch lange sollte es auch in Deutschland nicht mehr dauern: Am 20. März 2022 fielen alle tiefgreifenden Corona-Schutzmaßnahmen auf Bundesebene weg. Somit war der Weg wieder frei für volle Stadien. Und auch die aktive Fanszene um Ultras Frankfurt konnte wieder in das Waldstadion zurückkehren. Vorher weigerten sie sich, weil durch Zugangsbeschränkungen nicht alle reindurften.

Vor 50.500 Zuschauern und einer zurückgekehrten Nordwestkurve spielte die SGE am 28. Spieltag torlos Unentschieden gegen Greuther Fürth. Gerade so pünktlich, um dem Verein den historischen Europapokal-Triumph mit Hilfe des 12. Mannes zu ermöglichen. Die legendäre Auswärtsreise nach Barcelona, der Platzsturm nach dem Halbfinal-Sieg gegen West Ham United oder die magische Final-Nacht von Sevilla. Endlich konnten wieder Zehntausende die Adler zum Sieg schreien.

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2 Kommentare

Fallback Avatar 1. schursch 12. März 25, 10:52 Uhr

Nicht zu vergessen: "Der alle oder keiner"-Schwachsinn der Ultras. (Ging da ohnehin eher um Anonymität bei der Ticketvergabe.)

Man sollte den Eintrachtfans, die der SGE damals die Treue gehalten haben, ohnehin ein Denkmal setzen. Bedankt hat sich die SGE mit unverschämten Ticketpreiserhöhungen und Nichtberücksichtigung bei Auswärtsfahrten. Aber, man darf ja solidarisch die Weskurve subventionieren bzw. die Zündeleien mitfinanzieren. Wertschätzung sieht anders aus.

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Fallback Avatar 2. ruhrpottler 12. März 25, 12:19 Uhr

Bin zwiegespalten über den Inhalt dieses Rückblickes einerseits ist es intressant die sichtweise von jemand zu lesen der im Stadion dabei war, anderseits na wie drück ich es mal aus, Der Autor diese Arktikels braucht sich wohl kein Bademantel zu kaufen!

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