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Heribert Bruchhagen sieht Fangewalt als „gesellschaftliches Problem“

Am Freitag veröffentlichte Innenminister Boris Rhein die polizeiliche Einsatzbilanz für die Saison 2012/13. Insgesamt begleiteten die Polizisten in diesem Zeitraum 164 Spiele in den ersten vier Ligen. Obwohl dies 22 mehr als in der Vorsaison waren, sanken die eingeleiteten Strafverfahren von 410 auf 368. In der Vorsaison musste die Polizei 136 Personen in polizeiliches Gewahrsam nehmen. In der abgelaufenen Spielzeit waren es 50, was einen Rückgang von mehr als 63 Prozent bedeutet. Diese Tatsache bewertet Boris Rhein positiv: „Die gewalttätigen Ausschreitungen von sogenannten Fußballfans und die hierdurch erforderlichen polizeilichen Maßnahmen bewegen sich zwar seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau. Allerdings zeigen die Rückgänge bei den eingeleiteten Strafverfahren und insbesondere bei den verletzten Personen einen erfreulichen Trend„, wird der Innenminister auf der Homepage des hessischen Ministeriums des Inneren des Sports zitiert.

Heribert Bruchhagen nahm dies gelassen zur Kenntnis: „Wir haben die Genese der Prävention vollständig durchgearbeitet.“ In der FNP verwies der 65-Jährige verwies darauf, dass der Bundesligist zuletzt einen zusätzlichen Fanbeauftragten eingestellt und überhaupt sehr viel Geld ausgegeben habe, um Ausschreitungen einzudämmen. Sorge bereitet aber die Gewalt gegen Polizeibeamten. Zwar registrierte die Polizei, dass die Anzahl der Verletzten von 216 auf 74 Personen zurückgegangen sei – jedoch waren darunter nun 41, statt zuvor 27 verletzte Beamten. Allein beim Spiel Eintracht Frankfurt gegen den 1. FC Nürnberg am 21. Spieltag gab es 19 verletzte Polizisten. „Das ist eine alarmierende Entwicklung, die ich mit Sorge beobachte. Es kann und darf nicht sein, dass die Beamtinnen und Beamten – die täglich im wahrsten Sinne des Wortes ihren Kopf für unsere Gesellschaft hinhalten, gezielten Angriffen von Chaoten ausgesetzt sind. Sie schaden mit ihren Aktionen nicht nur unseren Polizistinnen und Polizisten. Sie schaden damit insbesondere dem Fußball. Die Gewalt gegen Polizeibeamte muss aufhören. Deshalb strebe ich nach wie vor einen gesonderten Schutzparagraphen für Schutzleute an. Wünschenswert wäre zudem eine zeitnahe Verfolgung erkannter Straftäter nach dem Grundsatz: Die Strafe muss auf dem Fuß folgen„, so Boris Rhein.

Bei den 17 Heimspielen von Eintracht Frankfurt wurden insgesamt 4117 Polizisten eingesetzt, wodurch Kosten in Höhe von 87.742 € pro Begegnung entstanden. Heribert Bruchhagen räumte in der FNP ein, dass es sehr schwierig sei, die Auswüchse der Ultra-Bewegung in den Griff zu bekommen: „Das ist ein soziales Problem, ein gesellschaftliches Problem – das weiß Boris Rhein auch.“ Der Innenminister lobt daher auch die Arbeit der Hessen: „Kein Mensch hätte damit gerechnet, dass einmal ein Pyro-Paragraf in die Satzung aufgenommen wird bei der Eintracht.“

Dabei sind die Kosten für die Polizeieinsätze bei Eintracht Frankfurt im hessischen Raum nicht am höchsten. Beim Drittligisten SV Darmstadt kostete jeder Einsatz der Polizei 114.500 €. Und bei den Kickers aus Offenbach 60.665 €.

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7 Kommentare

Fallback Avatar 1. Istvan58 05. Januar 14, 11:15 Uhr

Ich stimme Heribert Bruchhagen absolut zu. Ich behaupte seit Jahren, dass die Gewalt in den Stadien ausschließlich soziale Ursachen hat. Ursachen, die in ökonomischen Zwängen begründet sind, z.B. Hartz IV, aber auch überschwappendes Geltungsbewusstsein von Wohlstandskindern oder einfach nur kriminelle Energien, die sich ihr Ventil suchen.
Für mich haben diese Auswüchse nichts mit Fanverhalten zu tun. Gerade deshalb ist hier auch ein Verein nur bedingt schuldfähig. Um so mehr ist im Grunde genommen die Politik gefragt, die es sich m. E. viel zu leicht macht, wenn sie jegliche Schuld immer wieder nur den Vereinen aufbürden will. Natürlich ist dies der einfachere Weg, weil es ja so offensichtlich erscheint, dass der Verein die Sache nicht im Griff hat. Doch die Wahrheit ist manchmal etwas komplizierter. Und deshalb ist der Staat nicht aus der Verantwortung zu entlassen, sondern hat sich gefälligst selbst an die Nase zu fassen und Ursachenforschung zu betreiben und daraus Konsequenzen zu ziehen
Doch wir alle wissen, dass die Herrschaften in der Politik sich mit treuseligen Augen nur all zu gerne die Hände in aller Unschuld waschen. Es wird sich daran auch nichts ändern, solange die Menschen in diesem Land solche Handlungs- und Verhaltensweisen der sog. Volksvertreter klaglos über sich ergehen lassen. Und so wird sich auch in den Fußballstadien nichts ändern, solange die Menschen sich nicht massiv für ein gerechteres soziales System einsetzen.

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Fallback Avatar 2. 65428-supporter 05. Januar 14, 13:27 Uhr

Woooooord !!! @ Istvan

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Fallback Avatar 3. tumleh51 05. Januar 14, 13:56 Uhr

Ich stimme den Ausführungen von „Istvan58“ uneingeschränkt zu. Ja, es handelt sich bei diesen Menschen niemals um Fans unserer Fußballvereine, sondern vielmehr zum großen Teil um unzufriedene Menschen in dieser Gesellschaft, die ihren Frust in den Blick der Öffentlichkeit bringen wollen. Das bedeutet in der richtigen Konsequenz, dass sofort die Finger in die Wunde des gesellschaftspolitischen Versagens aller unserer Entscheidungsträger in ihrer „rein globalisierten Denkweise“ gelegt werden müssen. Denn die stets zunehmenden negativen Auswüchse in und um unsere Stadien herum durch hauptsächlich junge Menschen spiegelt die Unzufriedenheit derselben mit ihrem Leben wider: Viele haben schlechte oder gar keine Schulabschlüsse, sind in deren Folge arbeitslos und werden zwangsläufig an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Sie passen nicht in das öffentliche Bild, sagen - insbesondere hinter vorgehaltener Hand - Politiker, Kirchen, Schulen, ja letztendlich die integrierten Bürgerinnen und Bürger insgesamt. Sind wir aufrichtig: Wir alle haben uns bis heute doch wirklich nicht ernsthaft mit dieser zunehmenden Problematik und deren Entstehungsgründen befasst. Eine ehrliche und ernst gemeinte und vor allem zielführende Diskussion, wie man den Menschen, die sich auch durch nicht eigenes Verschulden am Rand der Gesellschaft befinden, nachhaltig helfen kann, muss unverzüglich beginnen. Eine andere Möglichkeit der Rückführung von Eskalationen gibt es aus meiner Perspektive nicht. Drakonische Strafen für Fußballvereine, ausgesprochen vom DFB und uneingeschränkt unterstützt und flankiert von unserer unfähigen Politikerklasse, bewirken im Endeffekt nur eine weitere Verschärfung dieser Vorkommnisse. Auf den DFB ist in dieser Hinsicht kein Verlass; er schielt ohnehin offenbar ausschließlich nach Geldeinnahmen aller Art. Hauptsache die Kasse klingelt! Ich halte es für äußerst wichtig, ja für unabdingbar, dass sämtliche Profivereine federführend diese Diskussion eröffnen und dabei zusammen mit dem DFB und der DFL die Politik in Bund und Ländern quasi dazu zwingen müssen, den jungen Menschen gute, zumindest bessere Zukunftsaussichten als derzeit in unserer Gesellschaft zu geben. Dabei sehe ich auch für die Presse eine herausragende und nicht zu unterschätzende Aufgabe: Sie muss vermittelnd tätig werden, darf nicht weiterhin Steigbügelhalterin für die in dieser wichtigen Sache fadenscheinigen Politikeräußerungen sein und hat vor allem auch auf einseitige Schuldzuweisungen zu verzichten.

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Fallback Avatar 4. SGEBadSoden 05. Januar 14, 14:11 Uhr

Hier wurde bisher sehr sachlich viel Sinnvolles zum Thema geschrieben.
Ich möchte aber anmerken, dass es unter diesen "Problem-Fans" eine Reihe von gut gebildeten Personen (mit Uni-Abschluss) gibt, die einfach den besonderen Kick suchen. Dieser Drang in Kombination mit übermässigen Alkohol-Kosum fürt dann.
Die wirtschaftliche Notlage sehe ich nicht als zwingende Erklärung. Das Geld reicht ja anscheinend für Auswärtsfahrten und größere Mengen Alk.
Interessant wäre auch eine Analyse, warum es Vereine/Städte gibt, wo es mehr Probleme gibt, als in anderen Stadien, Bahnhöfen etc. Und das, obwohl wir dort die gleichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen haben.

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Fallback Avatar 5. SGEBadSoden 05. Januar 14, 14:12 Uhr

Korrektur zu oben: "führt dann zu solch einem Verhalten".

Sorry

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Fallback Avatar 6. Istvan58 05. Januar 14, 14:23 Uhr

@ tumleh51
Danke für Deine Ergänzungen. Dem ist von meiner Seite nichts mehr hinzuzufügen!!!!

@SGEBadSoden
Deine Anmerkungen sehe ich genauso. Das hatte ich in meinem Kommentar mit 'überschwappendem Geltungsbewusstsein' gemeint. Du hast es aber besser erklärt.

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Fallback Avatar 7. theshorttimer 05. Januar 14, 20:12 Uhr

Im Darmstädter Echo (glaub ich) wurde diese Statistik auch kommentiert. Als Gründe dafür, daß es in manchen Städten teurer ist, obwohl teilweise weniger Leute kommen (z.B. eben bei den Lilien im Vergleich zur SGE), wurden infrastrukturelle Probleme genannt. Die Stadien sind teilweise baulich nicht geeignet, Fangruppen zu trennen, so müssen beispielsweise Polizisten Zäune ersetzen. Außerdem sind manche Stadien so ungünstig gelegen, daß Auswärtsfans von der Polizei häufig und durch die halbe Stadt eskortiert werden müssen. Das ist in Frankfurt z.B. nicht so das Problem, da kommen alle gut und voneinander relativ ordentlich getrennt hin.

Das Problem hat viele Dimensionen, und ich glaube schon, daß die Hauptursache gesellschaftlicher Art ist. Ob das jetzt eher daran liegt, daß die niederen Klassen in einem fehlgeleiteten Aufschrei gegen das System aufbegehren, oder ob doch was dran ist an der Theorie, daß manche Leute sich betrunken halt einfach zu geil finden, sei mal dahingestellt. Mit dem Sport selber hat das wenig zu tun, und wenn sich die Idioten net im Stadion prügeln würden, würden sie's wohl vor der Disco ihrer Wahl oder in einer günstig gelegenen Fußgängerzone samstags nachts um drei tun, oder meinetwegen (wie aktuell in Berlin) bei Streitigkeitigen im Straßenverkehr handgreiflich werden.

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