Fantalk: „Ganz anderer Fußball im Vergleich zur letzten Saison“

Mit dem Bundesliga-Heimauftakt der Frankfurter Eintracht startet auch der SGE4EVER.de-Fantalk in die Spielzeit 2024/25! Zum Abschluss einer ereignisreichen Woche samt Auslosung der Europa-League-Ligaphase und Abschluss des Sommer-Transferfensters gastierte am gestrigen Samstagnachmittag die TSG aus Hoffenheim im Frankfurter Waldstadion. Die Adlerträger sicherten mit einem souveränen 3:1-Erfolg den ersten Dreier der neuen Spielzeit. In der Auftaktausgabe des SGE4EVER.de-Fantalks diskutierten die Teilnehmer darüber, ob die Kraichgauer angesichts der gestiegenen Erwartungen in Frankfurt vielleicht sogar eine Pflichtaufgabe darstellten, wie die Transferphase zu bewerten ist und wie Spieler wie Igor Matanovic oder Can Uzun im Mannschaftsgefüge einzuordnen sind.

Der Fantalk ab sofort auch auf YouTube

Der Fantalk erscheint während der Saison an jedem Bundesliga-Wochenende, an dem Eintracht Frankfurt ein Heimspiel bestreitet, sonntags zwischen 11:30 Uhr und 12:30 Uhr auf SGE4EVER.de und im Laufe des Tages auch auf YouTube. Ihr wollt auch einmal mit uns diskutieren? Dann bewerbt euch über das Fantalk-Bewerbungsformular und seid bei einem der nächsten Fantalks, die per Online-Videokonferenz geführt werden, dabei.

An der heutigen Debatte nehmen SGE4EVER.de-Redakteur Julian Erbs und die beiden Eintracht-Fans Heico Becker und Alexander Buck teil. Die Moderation übernimmt der stellvertretende SGE4EVER.de-Chefredakteur Marcel Storch.

These 1: „Hoffenheim ist mittlerweile kein Gradmesser mehr. Solche Spiele muss die Eintracht gewinnen, wenn sie den Ansprüchen gerecht werden will.“

Julian: „Da würde ich direkt mal widersprechen. Ich habe neulich eine Statistik gelesen, die besagt, dass die Eintracht nach Chelsea und Strasbourg den jüngsten Kader in den europäischen Top-5-Ligen hat. Daher muss die Anspruchshaltung meiner Meinung nach weiterhin relativ weit unten gehalten werden. Das Dortmund-Spiel hat gezeigt, dass noch nicht alles geht. Klar, es war das erste Saisonspiel, da ist das alles noch einmal ein bisschen anders und die Abläufe passen noch nicht so. Auch wenn Dortmund gestern gegen Bremen kein gutes Spiel gemacht hat, haben sie gegen die Eintracht schon verdient gewonnen. Spiele wie gegen Hoffenheim sind gerade für eine junge Mannschaft, die noch in der Findungsphase ist, in einer noch jungen Saison, super wichtig. Man hat gemerkt, dass das kein Sieg war, den man im Vorbeigehen mitgenommen hat. Gerade bei den Toren hat man gesehen, dass sich beispielsweise Ekitiké fast mehr über das Tor von Marmoush gefreut hat als über sein eigenes. Man sieht ganz deutlich, dass es eine sehr junge Mannschaft ist, wo solche Siege für das Selbstvertrauen sehr gut sind. Bezüglich der Ansprüche ist man, auch wenn man mit dem Europa-League-Sieg 2022 einen großen Erfolg hatte, immer noch ein Ausbildungsverein, der hauptsächlich davon lebt, viele Spieler auszubilden und die dann teuer weiterzuverkaufen. Das gestern war ein super Spiel, genau darauf sollte man aufbauen.“

Alex: „Es ist ein ganz anderer Fußball im Vergleich zur letzten Saison. Man sieht deutlich, dass sie auch im Staff nachgelegt haben. Die Spielweise hat sich geändert, es wird attraktiver. Der Kader ist natürlich relativ jung und es gilt noch einiges zu lernen, aber gerade solche Spiele sind dann wichtig. Man hat auch gesehen, dass das Kerngerüst der Abwehr steht. Pacho wurde super ersetzt. Die wichtigste Nachricht für die Offensive war, dass Marmoush bleibt. Gestern hat er auch gleich wieder gezeigt, wie wichtig er ist.“

Heico: „Ich habe sogar gewettet, dass Marmoush nicht gehen wird. Das hat zwei Gründe: Zum einen hat er gesehen, was mit Kolo Muani oder auch mit anderen Abgängen passiert ist. 90 Prozent, die weg von der Eintracht gegangen sind, sind irgendwo gescheitert. Zum anderen hat kein absoluter Topklub bei ihm angefragt. Marmoush fühlt sich wohl hier und wird sich noch beweisen.“

Julian: „Dass defensiv zumindest in weiten Teilen wieder auf die Dreierkette zurückgegriffen wurde, kam für mich etwas überraschend. Ich hätte auch nicht gedacht, dass es so gut funktioniert. Es hat aber super funktioniert. Besonders die Drei hinten mit Tuta, Koch und Theate waren sehr stark. Sie haben nichts anbrennen lassen. Auch, dass du ähnlich zur letzten Saison auf den Außen wieder die beiden Schienenspieler hattest. Man hat vielmehr das Gefühl, dass da ein Konzept dahinter ist. Sei es das Pressing- oder Abwehrverhalten. Da sind viele Faktoren, wo ich das Gefühl habe, dass es alles etwas kontrollierter stattfindet. Daher brennt auch viel weniger an. Das Gegentor gestern war sehr unglücklich, irgendwie war es gar nicht gefährlich und trotzdem lag auf einmal der Ball im Tor. Abgesehen davon hat man gestern keine Fehler gemacht. Was ich schön finde ist, dass man das System an den Gegner anpassen kann. Gegen Dortmund war es noch eine klare Viererkette. Dass man in der Lage ist, das System so an den Gegner anzupassen, finde ich taktisch einfach gut.“

Heico: „Von letztem zu diesem Jahr sieht man einfach den Fortschritt. Aus meiner Sicht war die Kritik in der vergangenen Saison zu aggressiv. Es war ein totaler Umbruch und nun sieht man den Fortschritt. Ich denke, in den nächsten fünf bis zehn Spielen wird man noch einmal einen Fortschritt sehen. Der Theate-Transfer war einfach spitze. Es fühlt sich so an, als wäre er schon ein Jahr bei uns.“

These 2: „Marmoush gehalten, Dahoud dazubekommen – damit ist der Kader der SGE komplett rund.“

Heico: „Das würde ich bestätigen. Dass Dahoud gekommen ist, finde ich einen guten Schachzug. Er wurde etwas aus dem Hut gezaubert und kam aus dem Nichts. Dass sich Hojlund verletzt hat, ist natürlich schade. Ihn hätte ich gerne noch gesehen. Er wird aber in der Rückrunde zurückkommen, davon bin ich überzeugt. Dass Marmoush bleibt, davon war ich immer überzeugt. Ich sehe den Kader sehr gut aufgestellt. Ich bin der Meinung, dass wir mit diesem Kader oben angreifen können.“

Alex: „Auch letzte Saison hatten wir von den Spielern her einen starken Kader. Mit der Taktik war es halt schwer. Das war nichts Halbes und nichts Ganzes. Jetzt sehe ich deutlich, dass da ein System dahinter steckt. Wir nutzen unsere Stärken in der Offensive aus. Ein Beispiel dafür war der Spielzug vor dem ersten Tor, als Nkounkou auf Marmoush gespielt hat und der dann rüber auf Ekitiké gelegt hat. Alleine diese Kombination. Das sieht jeder Trainer gerne. Da ist in der Sommerpause wirklich etwas passiert. Wir haben auch ziemlich für jede Position ein Backup. Kristensen ist ein Kämpfertyp. Einen solchen hatten wir auf der Rechtsverteidigerposition die ganzen Jahre nicht. Es macht unglaublich viel Spaß, das jetzt zu sehen. Die wollen kämpfen. Wenn du Leute wie Theate und Kristensen hast, ziehen die besonders auch die Jüngeren mit. Da kommt vieles zusammen und am Ende sehen wir so ein super Spiel wie gestern.“

Julian: „Es ist auf jeden Fall der ausgeglichenste Kader seit Langem. Ich habe das Gefühl, dass jede Position doppelt besetzt ist. Früher hatten wir bei Sperren oder Verletzungen einen krassen Qualitätsverlust zwischen Starter und Backup. Das sehe ich jetzt nicht mehr. Das bringt natürlich auch seine Schwierigkeiten mit sich. Es war aber auch einfach wieder „Masterclass“ von Krösche. Er hat mit Theate, Kristensen und Dahoud drei Spieler geholt, die Startelfpotentzial haben. Letztgenannten sehe ich dort auch. Er hatte auch in Dortmund noch super Zeiten. Auch wenn er zuletzt etwas abgebaut hatte, ist eine ablösefreie Verpflichtung eines solchen Spielers ein super Schachzug. Die Eintracht hat in diesem Transferfenster 33 Millionen Euro ausgegeben und 46 Millionen Euro eingenommen. Man hat damit immer noch ein Transferplus von 13 Millionen Euro und damit den Kader deutlich verbessert bzw. noch breiter gemacht. Das ist mit Blick auf die drei Wettbewerbe natürlich wichtig. Ich will nicht sagen, dass der Kader so stark ist wie noch nie, aber auf jeden Fall sehr gut.“

Heico: „Wir sind doch bekannt dafür, schwache Spieler stark zu machen. Das ist die größte Kunst, die die Eintracht hat. Dass sie aus Spielern, von denen man nichts erwartet, Riesenspieler macht. Die kommen oft aus dem Nichts und werden bei uns zu Stars oder blühen wieder neu auf. Das ist auch bei Dahoud meine Erwartungshaltung. In Richtung Krösche gibt es kein anderes Wort als „Wahnsinn“ zu sagen. Es ist ein sehr, sehr starker Kader. Auch letztes Jahr hatten wir einen starken, da hing es am System. Dieses Jahr funktioniert es. Da kann man nur nach vorne schauen.“

Alex: „Der Transfer von Dahoud wurde meiner Meinung nach nur getätigt, weil sich Hojlund verletzt hat. Daher denke ich, dass Dahoud eher eine Backup-Rolle spielen wird. Vielleicht ist das auch positiv, weil er die Erfahrung hat. Ich kann mir vorstellen, dass er im Training einen Skhiri oder einen Larsson pushen kann. Dass die merken, dass da noch etwas mehr Druck auf den Positionen ist als in der letzten Saison. Dadurch, dass Rode lange verletzt war und Hasebe dort eigentlich auch keine Option mehr war, hatten sie ihre Stammposition sicher. Es ist gut, dass nun mit Dahoud einer dahinter steht, der den Jungs etwas Druck macht. Wenn ein Skhiri in Topform ist, wie damals in Köln, haben wir eine souveräne und mega starke Mannschaft.“

Julian: „Ich glaube auch, dass Dahoud eher in einer Backup-Rolle anfangen wird. Ich denke aber trotzdem, dass dieser Transfer, der aus dem Nichts aus dem Hut gezaubert wurde, wo du auf einmal ablösefrei einen ehemaligen A-Nationalspieler hast, auf dieser Position schön Druck machen kann. Auch, dass Theate anstelle von Koulierakis, um dessen Transfer es am Ende etwas Hick-Hack gab, als Ersatz verpflichtet wurde. Über den hatte davor niemand so wirklich gesprochen. Ich lasse mich von der Euphorie der letzten zwei, drei Spiele etwas anstecken.“

Heico: „Ekitiké erinnert mich sogar ein bisschen an Okocha. Marmoush und Ekitiké haben sich gefunden. Die haben Spielfreude. Jedes Tor und jede geglückte Aktion gibt Selbstvertrauen und Geilheit auf noch mehr. Ich freue mich darauf. Lieber mehr Euphorie als weniger!“

These 3: „Matanovic, Uzun und Co. zeigen tolle Ansätze. Um ihr Potenzial richtig entfalten zu können, brauchen sie aber mehr Spielzeit mit den Stammspielern und nicht ohne sie.“

Alex: „Junge Spieler wie Matanovic, Uzun oder Brown werden in jedem Fall ihre Spielzeit bekommen. Man hat auch in der vergangenen Saison gesehen, dass Toppmöller auf die jungen Spieler setzt und ihnen viel Spielzeit gibt. Matanovic wird uns noch richtig weiterhelfen. Das hat er auch gestern wieder in Ansätzen gezeigt. Er kommt aufs Feld, steht wie eine Bank dort und kann die Bälle auch festmachen. Das zeigt, dass der Sturm noch stärker geworden ist. Irgendwann muss ohnehin rotiert werden. Da hast du mit Matanovic eine richtige Kante drin, der technisch stark ist und seine Tore machen wird. Für Uzun ist es ein Riesenschritt von der zweiten Liga in die erste. Aber auch er wird sich daran gewöhnen und uns noch sehr viel Freude bereiten. Das sehe ich auch bei Brown und den anderen. Sie werden ihre Chance bekommen. Die werden es vielleicht nicht alle direkt schaffen, aber ich denke, mindestens einer der drei genannten wird nächstes Jahr Stammspieler sein.“

Heico: „Matanovic sehe ich in diesem Zusammenhang nicht als absoluten Neuzugang. Er hat sich in Karlsruhe gut eingespielt. Für mich ist er schon für 90 Prozent drin. Bei drei Wettbewerben brauchst du diesen breiten Kader. Uzun fand ich schon während der Vorbereitung stark. Ihn sehe ich nah an der Startelf. Brown braucht noch ein bisschen. Insgesamt haben wir einen sehr starken Kader, wo die A- und B-Mannschaft ähnlich stark ist. Du kannst Eins-zu-Eins ersetzen. Spieler wie Uzun sind jung und frisch, die haben nichts zu verlieren.“

Julian: „Das mit den jungen Spielern ist eine sehr schmale Gradwanderung. Da braucht es vom Coach viel Fingerspitzengefühl. Erst neulich habe ich von einem erfolgreichen Protagonisten im Fußballbusiness gehört, der sagt, dass die erfolgreichsten Mannschaften in denen er gespielt hat, diejenigen waren, in denen es einen Stammkader von sieben, acht Spielern gab, bei denen klar war, dass sie jedes wichtige Spiel spielen. Da finde ich es super schwierig, junge Spieler langfristig an die Mannschaft heranzuführen. In den Aufzählungen vergisst man auch immer wieder Bahoya. Er ist super jung und hat extrem viel Talent. Die Eintracht hat da fast ein Überangebot an jungen Spielern, die vermutlich bei einem anderen Bundesligaverein starten oder deutlich mehr Spielzeit bekommen würden. Ein Faktor ist, dass es von Saison zu Saison immer mehr Spiele werden. Dadurch wird die Belastung höher. Es ist ein Segen, Spieler wie Matanovic oder Uzun von der Bank bringen zu können. Ob sie es aber diese Saison schon schaffen an der Startelf zu kratzen, das würde ich ein bisschen bezweifeln. Es ist ein Luxusproblem, das man von der Eintracht nicht unbedingt kennt.“

Heico: „Die wurden meiner Meinung nach aber auch nicht für die Startelf geholt. Vielmehr sollen sie langsam herangeführt werden. Krösche und Toppmöller haben im Blick, dass jederzeit jemand ausfallen oder auch gehen könnte. Die Eintracht ist ein Ausbildungsverein. Wir müssen mit Erträgen durch Transfers rechnen.“

Julian: „Trotzdem will man ja irgendwann den Schritt vom Ausbildungsverein weg machen.“

Heico: „So leid mir es tut, aber ich glaube nicht, dass wir das in den nächsten fünf Jahren schaffen werden. 2016 hatte Bobic 1,5 Millionen Euro zur Verfügung, um Spieler zu holen. Jetzt haben wir um die 15 Millionen Euro plus auf dem Konto. Das dürfen wir bei aller Euphorie nicht vergessen. Daher bin ich froh, dass wir einen solchen Kader haben mit zwei solchen Spielern auf der Bank, die Startelfpotenzial in Stuttgart oder Hoffenheim hätten.“

Alex: „Der aktuelle Weg ist alternativlos. Auch im nächsten Jahr wird uns mit Sicherheit wieder einer verlassen, wenn wir eine gute Saison spielen. Wir brauchen das Geld. Wir können jetzt aber auch in andere Schubladen greifen. Mittlerweile holen wir keine ablösefreien Spieler mehr. Wir haben einen Uzun für knapp 11 Millionen Euro geholt, einen Brown oder einen Bahoya auch für je um die 10 Millionen Euro. Das ist eine ganz andere Kategorie. Wir haben mit ablösefreien Spielern angefangen, jetzt ist das Scouting so ausgelegt, dass wir in so einer Kategorie angekommen sind. Das können andere Vereine in dieser Art nicht. Der ein oder andere Spieler wird voll einschlagen, für den dann wieder ein hohes Angebot reinkommt. In den nächsten Jahren werden wir von diesem Transferüberschusssystem nicht wegkommen. Wir brauchen das Geld nicht nur für Gehälter und Transfers, sondern auch für die Infrastruktur.“

Tipps gegen Wolfsburg:

Julian: „3:1 für die Eintracht und Koulierakis schießt ein Eigentor.“

Heico: „2:1 für uns.“

Alex: „Ein 2:1 ist auf jeden Fall drin!“