Omid Nouripour, Vorsitzender des EFC bundesAdler in Berlin
Omid Nouripour, Vorsitzender des EFC bundesAdler in Berlin
Wer glaubt, in der Bundeshauptstadt Berlin müsse man sich fußballerisch zwischen rechten Hertha-Fröschen und der alternativen Union-Szene entscheiden, täuscht sich. Seit langem gibt es zahllose Eintracht-Fans, die unorganisiert oder beim EC Adler Berlin aktiv ihre Mannschaft unterstützen. Und schließlich existiert noch ein ganz besonderer Fanclub, der sich aus Mitgliedern des Bundestages und seinen Mitarbeiter/innen zusammensetzt: Der EFC bundesAdler wurde 2012 gegründet und umfasst derzeit rund 60 Mitglieder. SGE4EVER.de hat sich im Deutschen Bundestag mit dem Vorsitzenden des EFC, Omid Nouripour (Bündnis 90/Die Grünen), getroffen und mit ihm über seine Leidenschaft für die Eintracht und die Aktivitäten eines parlamentarischen Fanclubs  gesprochen.
SGE4EVER.de: Omid Nouripour, wie ist es zu der Gründung des EFC bundesAdler gekommen?
Omid Nouripour: Als wir uns Anfang 2012 zusammengetan haben, sind wir die ersten gewesen. Es gab damals noch keine Fanclubs im Bundestag. Jetzt kommen sie wie Pilze aus dem Boden geschossen und machen das, was sie immer machen: die Eintracht kopieren. Die Initiative zur Gründung des EFC bundesAdler ging von mir aus und ist schnell auf großes Interesse gestoßen. Das Wichtigste war, dass wir das nicht parteipolitisch aufladen. Von jeder Fraktion muss jemand dabei sein, das steht in der Satzung. Ich bin mal gespannt wie es wird, wenn die AFD in den Bundestag einzieht …
Das wäre die nächste Frage gewesen …
Dazu fällt mir immer ein Wahnsinns-Zitat von Maradona ein: „Am Ende bleibt der Fußball unbefleckt.“ Das ist meine vorläufige Antwort …
Man spricht ja auch immer von der integrativen Kraft des Fußballs. Vielleicht kann man auch die AFD in die Gesellschaft integrieren …
(lacht): Ich glaube, auch religiöse Ausstrahlungen wie die der Eintracht haben Grenzen. In unserer Satzung steht aber auch – und das ist mir wichtig –, dass im Vorstand nicht nur
Abgeordnete, sondern auch Mitarbeiter vertreten sein müssen. Das ist wichtig und notwendig. Wir sind ja kein exklusiver Fanclub. Die Bayern-Snobs haben so einen reinen Abgeordneten-Verein gemacht; da gibt es keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Arbeit wird deshalb schwieriger, weil die kulturellen Horizonte über die Frage, wo man sich im Stadion aufzuhalten hat, weit auseinander gehen – auch schon bei meinem Stellvertreter Franz-Josef Jung (CDU, ehem. Bundesverteidigungsminister, Anm. d. Red.) und mir. Das ist beim Fußball-Gucken nicht anders. Da gibt es Leute, die wollen in der Parlamentarischen Gesellschaft mit einem Glas Wein das Spiel sehen, und dann es gibt es andere, die haben völlig andere Vorstellungen. Das ist nicht so einfach, das alles auf eine Kette zu bekommen. Aber vier Jahre lang ist es uns ganz gut gelungen.
Wie ist denn die Frauenquote innerhalb der Mitgliedschaft? Im Vorstand haben wir leider keine Frauen gefunden …
Nein, im Vorstand haben wir leider keine Frauen. Bitte nicht den Grünen verraten (lacht). Aber es gibt mehrere super-aktive Frauen, die immer kommen. Eine Mitarbeiterin beispielsweise geht immer mit ins Stadion, und wenn wir einmal sagen, wir gehen nicht alle zusammen ins Stadion, dann beschwert Victoria sich auch laut. Es ist noch keine Quote von 50 %, aber wir sind auf niedrigem Niveau nah dran (lacht).
Sie sind ja praktisch der „Kapitän“, der Vorsitzende des EFC bundesAdler. Wie schwierig ist es, die unterschiedlichen Temperamente zusammenzuhalten?

Es gibt einen Klassiker. Wir bemühen uns zu Jahreshauptversammlungen, so alle zwei Jahre, einen Vertreter der Eintracht zu bekommen. Wir waren glücklich und stolz, dass Heribert Bruchhagen zur Gründung kam. Als der Vorstand letztes Jahr wiedergewählt wurde, war er wieder da und hat sich verabschiedet. Ich rede bei solchen Gelegenheiten beispielsweise gerne über Fankultur. Aber unsere Hauptaufgabe besteht darin, Sascha Raabe (Bundestagsabgeordneter der SPD, Anm. d. Red.) davon abzuhalten, dem Bruchhagen und anderen Vorstandsmitgliedern zu erklären, wen er als nächstes kaufen soll und wie die Eintracht ihre Trainingseinheiten zu gestalten habe. Das mag zwar schräg rüberkommen, aber der Sascha ist halt ein normaler Fan, und so sind wir alle. Das ist gut so.

Omid Nouripour und SGE4EVER.de-Redakteur Ralf Mulot
Omid Nouripour und SGE4EVER.de-Redakteur Ralf Mulot

Und dieses Verhalten gilt parteiübergreifend, auch bei Franz-Josef Jung?
Ja sicher. Volker Kauder (Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Anm.
d. Red.) und ich sind die beiden einzigen auf der Welt, die behaupten können, dass Franz-Josef Jung ihr Stellvertreter ist. Es gab einmal ein sensationelles Erlebnis. Wir waren auf der Waldbühne, das war eine Riesen-Ehre. Die aus dem Vorstand Anwesenden sind hoch – das waren Paul Schäfer von den Linken, der immer noch im Vorstand sitzt, obwohl er nicht mehr im Bundestag ist, Franz-Josef Jung und ich. Ich stand in der Mitte, und die beiden anderen hatten vor allem das Ziel, nicht mit dem jeweils anderen auf ein Foto zu kommen. Die sind fast von der Bühne heruntergefallen. Das war sehr komisch. Aber so ist das in dem Verein, und die Adler stehen für Vielfalt.

Ich sehe, da funktioniert die soziale Integration auch von Abgeordneten … Eine
andere Frage: Wie andere Vereine haben Sie eine jährliche Mitgliederversammlung?
Ja, alle zwei Jahre wählen wir, und einmal im Jahr haben wir eine Mitgliederversammlung. Da wird erzählt, was wir machen. Wir versuchen auch, Leute aus dem Verein einzuladen. Wir hatten auch schon die Fanbeauftragten zu Gast, die uns über aktuelle Entwicklungen berichteten.

Gibt es so etwas wie einen Stammtisch, zu dem sich alle Mitglieder treffen?
Wir haben ein Hauptproblem. Wir können eigentlich nur zusammen Spiele anschauen, wenn eine englische Woche und eine Plenarwoche zusammenfallen. Sonst sind die meisten Leute nicht in Berlin. Wir versuchen, zweimal im Jahr ins Stadion zu gehen und mindestens
zweimal im Jahr zusammen ein Spiel im Fernsehen zu betrachten, wie in dieser Woche gegen Ingolstadt. Da fällt wieder einmal alles zusammen. Das ist quasi wie ein „Moon junction“. Wenn wir ins Stadion gehen, treffen wir uns in der ersten Halbzeit auf der Gegengerade. Das ist die neutrale Zone, auf die wir uns einigen konnten. Nach der Halbzeit zieht es mich woanders hin. Franz-Josef Jung übrigens auch …(lacht).

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5 Kommentare

  1. na ja über die Partei kann man sich streiten aber Er scheint in Ordnung zu sein
    noch nie zuvor von diesem Fan Club gehört geile Geschichte gerade das Partei übergreifende 🙂

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  2. … immerhin war der Mann gut vorbereitet. Hatte so ziemlich alle Neuzugänge auf dem Zettel.

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  3. Klasse Interview Ralf & Omid.
    Sehr erfrischend heute um 6uhr im Zug.
    Und jetzt ist die Hertha „dran“.
    Niko kann über Wasser laufen!
    VG
    Paul

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  4. Bleibt nur noch die Frage offen, ob es sich bei der CSU in diesem Fall um ganz normalen Fraktionszwang handelt, oder ob es eine (heimliche) Fan-Obergrenze von NULL für externe Vereine gibt. 🙂

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