Fredi Bobic will weg vom Leihspielermodell und die Eintracht fit für die Zukunft machen.
Fredi Bobic will weg vom Leihspielermodell und die Eintracht fit für die Zukunft machen.

Fast ein Jahr liegt die Präsentation von Sportvorstand Fredi Bobic inzwischen zurück. Die Frankfurter Eintracht war dem Abstieg nur knapp von der Schippe gesprungen und so kündigte der inzwischen 45 Jahre alte Ex-Profi bei seiner Vorstellung im Lindner-Hotel direkt neben dem Waldstadion an: „Wir werden jeden Stein in diesem Verein umdrehen.“ Einer typischen Floskel ließ er zusammen mit den Verantwortlichen Taten folgte. Bobic öffnete die Fenster der Geschäftsstelle und seitdem wehte einen frischer Wind durch die zuvor so versaubten Räume. Erst wurde das Team hinter dem Team ausgetauscht, kurz danach dann auch der Mannschaft auf dem Feld ein neues Gesicht verpasst. Er zeigte sich mit Blick auf die letzten elf Monate zufrieden und sagte der „Bild“: „Ich kann nur sagen, dass mir die Arbeitsweise immer mehr gefällt. Die Dinge spielen sich immer mehr ein, wie wir beispielsweise kommunizieren oder denken. Es gibt nicht mehr allzu viele Stellschrauben, an denen wir drehen müssen.“

Ein zentraler Aspekt, der sich nicht von heute auf morgen lösen lässt, ist die wirtschaftliche Situation. Bobic mahnt in diesem Bereich permanent Steigerung an und erwartet in Zukunft bessere Voraussetzungen: „Wir werden das brauchen, ansonsten werden wir uns schneller als man denkt in der Zweiten Liga wiederfinden.“ Dabei gehe es ihm weniger darum, kurzfristig 20 oder 30 Millionen Euro für eine „Shopping-Tour“ in die Hand gelegt zu bekommen. Wichtiger sei es, im Rennen um junge, hochtalentierte Spieler schneller Entscheidungen treffen zu können. „Beispielsweise, ein tolles Talent für zwei, drei Millionen zu kaufen. Da muss ich mir zurzeit noch einen Riesen-Kopf machen, ob ich den hole – obwohl ich glaube, dass der Spieler in kürzester Zeit den Wert verzehnfachen könnte. Wenn ich lange überlegen muss, ob es noch ins Budget passt, kommen schon die anderen Klubs – und der Preis für den Spieler ist explodiert“, erklärte er das Dilemma bei der Suche nach neuen Akteuren.

Leihspielermodell hat für Bobic keine Zukunft

Die Folge wurde letzten Sommer sichtbar: Bobic musste einen Überschuss generieren, damit überhaupt neue Spieler zur Eintracht geholt werden konnten. Mit Jesus Vallejo, Michael Hector, Shani Tarashaj, Guillermo Varela, Ante Rebic (hier jedoch mit Kaufoption) und im Winter Marius Wolf kamen insgesamt sechs Leihspieler zu den Hessen. Der nächste Umbruch steht demnach auf der Agenda, wobei sich Bobic von diesem Modell schnellstmöglich verabschieden will: „Das ist nicht die Zukunft von Eintracht. Das kannst du nur ab und zu machen, aber nicht jedes Jahr.“ Eine kostspielige Nachjustierung im vergangenen Winter-Transfer-Fenster sei jedoch nicht möglich gewesen, „wir haben überhaupt kein Geld gehabt.“ Eine Millionen Euro für Andersson Ordonez, knapp 100.000 Euro für Max Besuschkow und das Leihgeschäft mit Hannover 96 für Wolf – mehr war nicht drin.

Bobic rechtfertigt den Abgang von Szabolcs Huszti
Bobic rechtfertigt den Abgang von Szabolcs Huszti

Es gab allerdings Überlegungen, die Mehreinnahmen aus dem TV-Geld, die ab Sommer in die Kasse gespült werden, bereits im Winter zu investieren. Bobic hätte sich dagegen nicht gesträubt, „aber dann hätten wir einen Preis anbieten müssen, den Eintracht noch nie bezahlt hat. Dann hätten wir eine richtig gute Qualität kriegen können.“ Stattdessen verloren die Frankfurter peu à peu Qualität: Sperren, Verletzungen – und der bis heute heiß diskutierte Abgang von Szabolcs Huszti. Der Ungar war in der Hinserie im zentralen Mittelfeld ein wichtiger Baustein, zudem strahlte er mit jeweils zwei Treffern und Vorlagen Torgefahr aus. „Er hat drei Wochen nicht trainiert, er hat auch in China noch mehr als einen Monat nicht gespielt – und er hatte ein Riesen-Angebot auf dem Tisch“, sagte Bobic im Rückblick und begründete: „Die Gefahr bestand doch bei einer Ablehnung des Wechsels, dass er schlechte Laune verbreitet. Wenn Sie das Angebot aus China gesehen hätten, hätten Sie es auch angenommen.“

Finanzstarke Aufsteiger klopfen ans Tor der ersten Liga

Der Eintracht sind die Hände gebunden, wenn andere Vereine mit den Geldscheinen wedeln und Spieler abwerben wollen. Sollten der SV Darmstadt 98 und FC Ingolstadt ab- und dafür Hannover 96 und der VfB Stuttgart aufsteigen, wird es noch enger zugehen in der Bundesliga. Die beiden Zweitligatopteams besitzen nicht nur einen größeren Etat als die Hessen, sie fischen ferner im selben Teich um Neuzugänge wie die Eintracht. „Fakt ist aber auch: Frisches Geld brauchen wir, denn der Konkurrenzkampf wird immer härter. Wenn wir das nicht haben, wird es viel schneller nach unten gehen als in früheren Zeiten“, drückte Bobic seine Befürchtungen aus. Die Eintracht sei zwar noch am Anfang einer Entwicklung, allerdings kann diese nur unter den aktuellen Umständen kaum vorangetrieben werden. Der geplante Bau einer neuen Geschäftsstelle kann nur ein erster Baustein sein, weiteren Schritte müssen folgen.

Diese sollen im Optimalfall mit Lukas Hradecky zwischen den Pfosten gegangen werden. Die Verhandlungen mit dem Schlussmann ziehen sich inzwischen über mehrere Wochen hin, das Angebot der Eintracht sei, laut Bobic, „ein Riesen-Ding.“ Wenn der Finne Klarheit haben wolle, könne er diese auch haben. Sicher ist: Einen Wechsel zum Nulltarif im Sommer 2018 wird es nicht geben. „Wir werden nicht die Möglichkeit haben, Spieler mit einem gewissen Wert ablösefrei gehen zu lassen. Das können wir uns nicht erlauben“, nimmt Bobic endgültig von der Doktrin, Leistungsträger um jeden Preis halten zu wollen, Abstand. Ein Einzug ins DFB-Pokal-Finale am Dienstagabend gegen Borussia Mönchengladbach (Anpfiff: 20.45 Uhr) wäre mit Sicherheit kein schlechtes Argument in den Gesprächen mit Hradecky.

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7 Kommentare

  1. „Fakt ist aber auch: Frisches Geld brauchen wir, denn der Konkurrenzkampf wird immer härter. Wenn wir das nicht haben, wird es viel schneller nach unten gehen als in früheren Zeiten“.

    So ist es. Danke für diesen Realismus Fredi!

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  2. Herr Bobic und was wollen Sie machen, wenn Hradecky sagt ich lass mich nicht verkaufen und sitzt das Jahr aus?
    Zitat von oben, wenn man das TV-Geld schon genutzt hätte: „aber dann hätten wir einen Preis anbieten müssen, den Eintracht noch nie bezahlt hat. Dann hätten wir eine richtig gute Qualität kriegen können.“
    BITTE erklären! Gab es im Winter so viele tolle Spieler die uns sofort weitergeholfen hätten? Und dass wo wir im Winter auf Euro/CL Kurs waren? Wer hat denn da nein gesagt, der Aufsichtsrat? Was verstehe ich hier nicht?

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  3. Wenn es aus der Jugend kaum ein überdurchschnittlicher Spieler in den Profibereich schafft, dann haben nicht nur die finanzstärkeren Klubs, sondern auch die Vereine mit einer guten Jugendarbeit klare Standortvorteile gegenüber der SGE. Dann bleiben nur noch die Möglichkeiten, durch ein frühzeitiges Scouting junge Talente zu entdecken und nach Frankfurt zu lotsen. Im Übrigen sollte man es sich genau überlegen, ob man einen guten, aber nicht herausragenden Torhüter mit einem astronomischen Vertrag ausstattet statt das Geld in die wirklichen Schwachstellen, v.a. im defensiven Mittelfeld zu stecken.

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  4. Also vorweg Lukas ist ein top Torwart!
    ABER ich finde es nicht gut wenn man sich auf der Position so aus dem Fenster lehnt!
    Er ist gut, ja, nur hat er auch genug schwächen.
    Abschläge sind Glückssache, das „mitspielen“ hat er auch nicht gerade erfunden
    und das Postionsspiel bei hohen Bällen ist auch eher durchschnitt!
    Ohne Frage auf der Linie ein Bombe.
    Sollte er wirklich nicht verlängern und er sollte nicht verkauft werden wollen,
    dann tut es mir leid aber dann sollte man eine neue Nr.1 besorgen und der liebe
    Lukas hat dann halt den kürzeren gezogen!
    Das Geschäft ist sehr schnelllebig erstrecht auf der Position zwischen den Pfosten,
    wenn er Pech hat und 1 Jahr auf der Bank sitzt kann es schnell aus sein mit den großen Träumen!
    Ich würde als Verein so handeln um auch mal stärke zu demonstrieren.
    Man kann nicht nur noch der Spielball von Beratern und Spielern sein!

    Step by Step und nicht zu gierig werden lieber Lukas

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  5. Eintracht-Fans beim Reinigungsdienst in Mönchengladbach? 😉
    ‚Die von Mönchengladbach-Fans vorbereitete Choreographie für das Pokalspiel gegen Eintracht Frankfurt (20.45 Uhr) ist kurzfristig abgesagt worden. „Am gestrigen Tag wurde unsere bereits fertige Choreo im Stadion durch den Reinigungsdienst zerstört. Die knapp 3.000 qm große und viele tausend Euro teure Blockfahne wurde dabei so irreparabel beschädigt, dass die Durchführung der Choreo unter keinen Umständen mehr möglich war“, heißt es in einem Statement der Ultra-Vereinigung Sottocultura.‘ (hr)

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  6. @4
    Was soll das für eine Demonstration von Stärke sein, LH zu degradieren und auf die Bank zu setzen?
    Und dann zeig mir mal, wo genau die TWs mit Lucas‘ Reife, Erfahrung, Mentalität und Klasse Schlange stehen,
    um bei Eintracht Frankfurt Karriere zu machen.
    Dieses ganze Herumgetrampel auf Spielern, die nicht genauso funktionieren wie sich das der Eintrachtvereinsmeier
    gemeinhin vorstellt ist so dermaßen überflüssig. Das betrifft ebenso auch Seferovic und Hrgota. Wir haben momentan nur diesen Kader und diese Spieler – und wenn die als Mannschaft ins DFB-Finale kommen sollen und sich für einen einstelligen Schlusstabellenrang nochmal den A… aufreißen sollen, dann tun alle Wohlgesonnen gut
    daran, jeden Einzelnen optimal zu unterstützen.
    Die Vertragsangelegenheiten zwischen LH u. EF lösen sich demnächst von ganz alleine im besten Sinne für beide Seiten, davon bin ich fest überzeugt. Lucas und Papa Vladi sind weder gierig oder größenwahnsinnig noch grenzdebil. Sollte es Vereine geben, die Lucas einen Stammplatz auf der 1 in Aussicht stellen, werden das derzeit wohl keine Super-Topclubs sein, die eine 5-6 Mio Ablöse aus der Portokasse zahlen – und die reden im Hintergrund natürlich ständig mit. Der Junge hat jetzt potentiell die erfolgreichsten und lukrativsten 5 Jahre seiner Laufbahn vor sich; an seiner Stelle würde es mich äußerst sekundär jucken, falls ich wegen sorgsamer Zukunftsplanung bei ein paar dumpfbackigen Fans womöglich in abgrundtiefe Ungnade falle.

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