Er hat alle Kritiker verstummen lassen: Dino Toppmöller hat in dieser Saison bisher eindrucksvoll unter Beweis gestellt, warum er der richtige Mann für den Trainerposten bei Eintracht Frankfurt ist. Dabei ist der 43-Jährige nicht der erste Toppmöller, der auf der Frankfurter Trainerbank Platz nahm. Im großen Vater-Sohn Doppelinterview bei Sports Illustrated sprechen Dino und Klaus Toppmöller über ihre Telefonate nach Spielen, in Mitleidenschaft gezogenes Mobiliar im Elternhaus und die Veränderungen im Trainerbusiness.
„Wir sind auf einem sehr guten Weg,“ erzählt Dino Toppmöller. „Wir spielten in den letzten acht Jahren sechsmal international, wenn wir uns da dauerhaft in den europäischen Wettbewerben etablieren könnten, wäre das phänomenal. Im Fußball ist vieles möglich, aber wenn wir uns über die Liga dauerhaft für die Champions League qualifizieren würden, wäre das schon ein Riesenerfolg.“ Der 43-Jährige steht mittlerweile seit Sommer 2023 an der Seitenlinie von Eintracht Frankfurt. Damit tritt er in die Fußstapfen seines Vaters Klaus, der selbst von 1993 bis 1994 Trainer der SGE war. Auch deshalb legt Dino Toppmöller nach wie vor großen Wert auf die Meinung seines Vaters. „Nach Niederlagen warte ich manchmal zwei Tage, bis ich mich bei ihm melde. Da will ich erst einmal meine Ruhe, mit gar keinem reden. Aber wenn ich es verarbeitet habe, dann ist Papa die erste Anlaufstelle. Was Fußball angeht, ist er meine engste Bezugsperson“, berichtet Toppmöller. „Mir war immer klar, dass es schwer wird, an die Leistungen meines Vaters heranzukommen. Er ist noch heute in der Geschichte des 1. FC Kaiserslautern der beste Bundesliga-Torschütze und unter allen Bundesliga-Stürmern der Geschichte unter den Top 10, was die Quote von Spielen und Toren betrifft. Mein Vater hat eine einzigartige Karriere hingelegt. Dass ich als Spieler so eine Laufbahn bei Weitem verfehlt habe, hatte nichts mit dem Namen zu tun.“ Den ein oder anderen Ratschlag hat Klaus Toppmöller nach den Partien der Eintracht immer parat. Insbesondere wenn es um die Aufstellung geht: „Manchmal schimpfe ich ihn und frage ihn: Warum hast du den Spieler xy – ich nenne hier keine Namen – ausgewechselt? Der hätte doch in der letzten Minute noch ein Tor machen können.“ Sohn Dino ist offen für die Kritik seines Vaters: „Ich bin von meinem eigenen Weg überzeugt, höre mir aber seine Anregungen und Bemerkungen immer wieder an und nehme manchmal auch etwas mit für mich. Er hatte immer schon ein phänomenales Auge dafür, was ein Spieler kann und was nicht, und konnte nach fünf Minuten sagen, ob einer was taugt. Das ist echt krass. Eine große Gabe.“
Nie weg aus Rivenich
Klaus Toppmöller wurde am 12. August 1951 in Rivenich in Rheinland-Pfalz geboren. Dort machte er auch seine ersten Schritte mit dem Fußball: „Ich bin ja in einer Gastwirtschaft aufgewachsen, da hatten wir eine große Wiese hinterm Haus, auf der ich immer rumgetobt habe“, erinnert sich der mittlerweile 73-Jährige. „Eines Tages hatten wir – wie so oft – eine Hochzeitsgesellschaft im Lokal, bei uns war ständig was los. Jeder, der im Ort etwas zu feiern hatte, ob Geburtstag, Hochzeit oder Karneval, kam zu uns. Alles war also prächtig vorbereitet, als ich draußen gegen den Ball trete und er genau durchs Fenster fliegt. Und wissen Sie, wo die Kugel landete? Mitten auf der Hochzeitstorte. So schnell wie damals bin ich nie mehr in meinem Leben gerannt. Auch nicht als Profi in Lautern.“ Für eben jenen FC Kaiserslautern lief Toppmöller zwischen 1972 und 1980 insgesamt 204 Mal auf. Mit 108 Toren ist der Stürmer mit dem Spitznamen „Toppi“ nach wie vor Rekordtorschütze auf dem Betzenberg. Nach der aktiven Karriere war er bei zahlreichen Vereinen als Trainer tätig. Bei der Eintracht coachte Klaus Toppmöller unter anderem Spieler, wie Jay-Jay Okocha und Anthony Yeboah. Bei letzterem sind dem ehemaligen Stürmer einige Anekdoten in Erinnerung geblieben: „Der kam bei unseren Waldläufen nie mit, hechelte grundsätzlich 50 Meter hinterher. Einmal hab ich auf ihn gewartet und gesagt: Tony, was ist los, so geht das nicht. Da meinte er nur: Trainer. Ich. Samstag. Tore. Dann stellte ich ihn auf, und er traf nach Belieben. Bis zu seiner Verletzung, die letztlich auch meinen Job kostete.“ Allgemein musste er in seiner Karriere die ein oder andere Entlassung wegstecken: „Trainer sein war für mich immer ein Job. Wenn du rausfliegst, kommt irgendwann der nächste Verein. Ganz einfach. Wenn du Trainer wirst, musst du damit rechnen, dass sie dich irgendwann vor die Tür setzen.“ Trotzdem hatte für ihn die Familie aber immer oberste Priorität. „Wann immer es ging, fuhr ich nach Hause. Auch unter der Woche. Aus Bochum zweimal die Woche nach dem Training, immer mitten durch den Stau rund um Köln. Selbst aus Hamburg bin ich mindestens einmal unter der Woche heim. Erst mit dem Flugzeug, bis ich merkte: Mit dem Auto bist du genauso schnell. Ich war ein sehr häuslicher Typ. Und bin es noch immer. Weg aus Rivenich wollte ich nie. Und meine Frau auch nicht.“
„Mein Vater konnte sich mehr erlauben“
Fußball war dem kleinen Dino also praktisch schon von Kindesbeinen an in die Wiege gelegt. „Fußball hat einfach schon immer unser Leben bestimmt. Auch als du noch ein Kind warst“, blickt Klaus im Interview mit seinem Sohn zurück. „Da haben wir daheim immer im Haus rumgekickt. Im Schlafzimmer und im Wohnzimmer. Wie die Bekloppten. Sehr zum Leidwesen meiner Frau. Weißt du noch, wie wir den fetten Kronleuchter kaputt geschossen haben?“ Druck wollte Klaus Toppmöller auf seinen Sohn aber nie ausüben: „Ich habe ihn nie dazu gezwungen. Wenn ihm ein anderer Berufsweg lieber gewesen wäre, ich hätte kein Problem damit gehabt. Dass er sich für Fußball entschieden hat, hat mich natürlich sehr gefreut.“ Besonders in dieser Saison läuft für den Eintracht-Trainer bisher alles rund. „Mir ist es am liebsten, wenn die Mannschaft überzeugt ist von den Ideen meines Trainerstabs und mir“, erklärt Dino Toppmöller. „Wenn es aber so wäre, dass ein Spieler zu mir kommt, wäre ich schon offen dafür. Kommt aber auch immer auf die Situation an, darauf, welcher Spieler das ist, und vor allem, welche Idee er hätte.“ Dass sich das Trainergeschäft über die letzten Jahre deutlich verändert hat, sind sich beide bewusst. Sowohl zum besseren, als auch zum schlechteren: „Du warst früher sicher besser geschützt und hattest mehr Anonymität“, erklärt Dino Toppmöller. „Mein Vater konnte sich in seinen Aussagen mehr erlauben, als ich es heute kann. Wenn der was losgelassen hat, dann war das ein kurzer unterhaltsamer Aufreger, es gab aber keinen großen Shitstorm. Man muss sicher heute mehr abwägen, was man sagt, seine Aussagen überlegter und vorsichtiger treffen.“ Klaus Toppmöller sieht die Unterschiede vor allem in der Größe der heutigen Trainerstäbe. „Manches ist für einen Trainer heute sicher leichter. Andererseits fände ich es viel zu anstrengend, mit so großen Trainerteams wie heute zusammenzuarbeiten, wo dir jeder etwas reinquatscht. Sieben, acht Mann neben mir als Assistenten, ich würde verrückt werden.“ Dino Toppmöller steht noch am Anfang seiner Trainer-Karriere und will vor allem mit der Eintracht noch einiges erreichen. Das nächste schwere Spiel steht schon am kommenden Donnerstag in der Europa League an. Gegner ist dabei Slavia Prag. Und einer wird das Spiel sicher ganz genau verfolgen: „Ich schaue alles, rauf und runter. Tag und Nacht. Ins Stadion gehe ich nicht mehr, das ist mir inzwischen zu viel Trubel“, erklärt Klaus Toppmöller. „Aber daheim auf dem Sofa: Bundesliga, Champions League, England, Spanien, alles, was geht.“
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