Geraldine Reuteler ist immer noch nicht ganz über die Niederlage gegen Freiburg am letzten Spieltag hinweg. Die Eintracht-Frauen verloren das Spiel im Breisgau mit 3:2. „Wir haben schon das Spiel mit dem Team analysiert und man merkt bei allen noch eine gewisse Leere danach. Eigentlich hatten wir das Spiel 90 Minuten im Griff, daher stellen wir uns die Frage, wie das passieren konnte“, sagte sie im vereinseigenen Podcast „Eintracht vom Main“. Es sei einfach „kacke gelaufen“, sodass die Gegnerinnen im Dreisamstadion noch spät zwei Tore geschossen hätten.
Nun habe man noch fünf Spiele Zeit, um das beste aus der Saison zu machen. Die 25-Jährige stellte klar: „Ich freue mich auf jedes einzelne Spiel. Vor allem gegen die Bayern im Deutsche Bank Park. Wir wollen weiterhin jedes Spiel gewinnen und werden alles dafür tun.“ So wird das Spitzenspiel gegen den amtierenden Deutschen Meister und Tabellenführer FC Bayern am 12. April steigen. Bisher wurden nach Angaben der Eintracht 15.000 Tickets verkauft. Im Schnitt waren es diese Saison rund 3.400 Zuschauer bei den Spielen der Adlerinnen. Für den Heimspiel-Rekord fehlen allerdings noch ein paar verkaufte Karten: Beim torlosen Remis gegen FC Bayern München im September 2022 kamen rund 23.200 Zuschauer in den Deutsche Bank Park. Sogar knapp 38.000 Menschen waren es 2023 beim Auswärtsspiel der Hessinnen gegen Köln in Müngersdorf.
„Finde es geil in Stadien zu spielen, wo dich alle auspfeifen.“
„Wer spielt nicht gerne vor vielen Leuten im Stadion? Ich finde es geil, auch wenn du in anderen Stadien spielst, wo dich alle auspfeifen. Ich hoffe es kommen noch ein paar Leute gegen die Bayern, damit wir den Rekord brechen“, zeigte sich die 73-fache schweizerische Nati-Spielerin zuversichtlich für das Top-Spiel im nächsten Monat. Ihr liebstes Spiel sei das Duell mit Juventus Turin gewesen. In der UEFA Women´s Champions League konnten sich die Frauen 2023 nach einem dramatischen Spiel gegen die Norditalienerinnen im Elfmeterschießen durchsetzen. Auch Reuteler trat damals an, als Vorletzte verwandelte sie. So zog man in die Play-Off-Phase ein.
Gegen Freiburg hatten die Adlerinnen ein ähnliches Problem, wie die Herrenmannschaft zuletzt. Sie kontrollierten das Spiel und machten dann den Deckel nicht drauf. Im Gegenteil: „Wir haben das 2:1 geschossen und dann aufgehört Fußball zu spielen, obwohl wir das Spiel eigentlich im Griff hatten. Du musst in so einem Spiel erwachsen genug sein, das Spiel dann über die Runden zu bringen“, zeigte sich Reuteler selbstkritisch. So gerieten auch die Eintracht-Männer zuletzt in die Kritik, weil sie gegen Union Berlin den Sack nicht zumachten. Die Damen wie Herren scheinen ähnliche Probleme zu plagen.
Reuteler spielt eine bockstarke Saison
Dennoch bewertete die Schweizerin die Saison insgesamt als gut, immerhin steht man nach wie vor auf dem zweiten Tabellenplatz. „Wir spielen unglaublich gut zusammen. Der Kern der Mannschaft spielt schon länger zusammen. Wir verstehen uns total gut untereinander, auf und neben dem Platz. Normalerweise nutzen wir auch unsere Großchancen“, analysierte sie den eigenen Erfolg. Auch die eigene Chancenverwertung war ein Grund für die Niederlage in Freiburg, denn vorne hatten die Frauen von Cheftrainer Niko Arnautis eigentlich genügend Gelegenheiten.
Géry, wie die schweizerische Nationalspielerin genannt wird, sieht ihre Position nicht als ausschlaggebend für ihre gute Torquote in dieser Spielzeit: „Ich spiele schon öfter vorne im Sturm, was die letzten Saisons oft nicht so war. Aber ich rücke während des Spiels auch mal zurück. Ich habe mehr Tore als Achterin gemacht, als im Sturm. Ich weiß nicht warum es aktuell so gut läuft, es macht einfach total viel Spaß im Moment.“ So machte sie wettbewerbsübergreifend in 22 Partien zwölf Tore und legte sechs weitere auf. Eine fantastische Quote. In der Jugend habe sie bereits als Außenverteidigerin, als Sechser, Achter und im Sturm gespielt. Sicher ist sie über ihre größte Stärke: „Mein Tempo ist schon eine Stärke von mir. Tatsächlich habe ich letzte Woche auch meinen Rekord im Sprinttraining mit 31km/h gebrochen. Das ist, glaube ich, der Topwert im Team.“
Ältere Brüder brachten sie zum Fußball
Oft mache sie auf dem Platz einfach, denke nicht zu viel nach. Das zeichne ihre Spielweise auch ein Stück weit aus. Die Schweizer Fußballerin des Jahres 2024 ist für die nächsten Wochen und Monate motiviert: „Ich will mich persönlich natürlich immer weiterentwickeln und meine Spiele analysieren, um zu gucken, was ich besser machen kann. Ich will jedes Training Vollgas geben. Ich fände es natürlich toll, wenn wir am Ende der Saison auf einem guten Platz stehen und weiter guten Fußball spielen, der Spaß macht.“
Dabei ist ihr ihre Familie sehr wichtig, für die sie mehrere von insgesamt 22 Tattoos auf der Haut hat. „Familie und Freunde sind nicht bei jedem Spiel dabei, aber die probieren so oft es geht zu kommen. Die supporten mich immer richtig cool“, sagte die ausgebildete Kauffrau. So war ihre Familie auch einer der Gründe, dass sie überhaupt anfing Fußball zu spielen. Ihre älteren Brüder haben Fußball gespielt und sie habe ihnen nacheifern wollen.
Begonnen hat ihre Karriere beim FC Luzern, unweit ihres Geburtsorts Nidwalden in der Schweiz. Dort habe sie zuerst bei den Jungs mitgespielt, bevor sie zur Damenmannschaft wechselte. Dann kam irgendwann das Angebot aus der Mainmetropole: „Ich hatte auch Angebote von Freiburg und Potsdam vorliegen, habe mir alles angeschaut, aber Frankfurt hat mir sehr gefallen. Niko Arnautis hat mich echt überzeugt und mir ein gutes Gefühl gegeben“, erinnerte sich die vertraglich bis 2026 an Frankfurt gebundene Stürmerin.
Heim-EM als persönliches Highlight des Jahres
Laura Freigang-Best Buddy Reuteler wechselte 2018 aus der Schweiz in die hessische Metropole. Damals allerdings nicht zur Eintracht, sondern zum 1. FFC. Sie erlebte die Fusion der beiden Clubs also hautnah mit. Sie kann der Entwicklung nur positives abgewinnen, wie sie verriet: „Alles ist professioneller geworden, wir haben viel mehr regenerative und athletische Möglichkeiten. Es freut mich, dass ich diese Entwicklung nach oben miterleben durfte. Vor allem die verschiedenen Plätze sind ein Unterschied. Am Rebstock war es eine Katastrophe, jetzt sind wir am Deutsche Bank Park und haben unser eigenes Trainingsgelände.“ Durch die Fusion der beiden Vereine trainieren die Frauen seit 2022, wie die Herren, auf den Sportanlagen neben dem Waldstadion.
Dieses Jahr wartet nach der Bundesliga-Saison noch ein ganz besonderes Highlight auf Harry Potter-Fan „Géry“: die Heim-EM in der Schweiz. „Ich freue mich riesig darauf, weil es zu Hause ist und die ganze Familie und Freunde kommen können. Es ist für jede Spielerin ein Traum, eine Heim-EM zu spielen“, ist sie voller Vorfreude auf das prestigeträchtige Turnier in ihrem Heimatland. Sie rechnet sich gute Chancen für ihre Schweiz aus, denn man habe eine „starke, aber machbare Gruppe“.
Sie hat ein großes Ziel für ihre Karriere: „Ich möchte noch einen Titel gewinnen.“ Bisher blieb ihr dies verwehrt, denn sie konnte in ihrer gesamten Karriere noch keinen einzigen Titel mit ihren jeweiligen Teams holen. Zeit dies zu ändern besteht also mit der schweizerischen Nati im Sommer. Ob sie in Frankfurt die Chance haben wird, steht noch nicht fest. In dieser Saison ist die Chance nach der Niederlage gegen Freiburg eher gering. Danach hat sie noch ein weiteres Jahr Vertrag am Main. Und vielleicht wird ja auch ihr Traum vom EM-Finale Schweiz gegen Deutschland wahr, dann sicherlich mit Reuteler in der Startelf.
3 Kommentare
Tja, ich denke der Titel ist futsch, für eine Herbstmeisterschaft gibt es nichts. Nach der Hinrunde waren es dann leider unnötige Niederlagen. Auch im Pokalsieg sind sie draußen. Ich schrieb schon nach der Freiburg-Niederlage und dem Dunst-Abgang: Bayern wir nur immer stärker und unbesiegbarer. Also ist der Titel auch im nächsten Jahr mehr als unwahrscheinlich. Man sieht auch, dass (neben der finanziellen Mittel) wie gegen Hoffenheim im Pokal der typische Bayerndusel bei den Frauen angekommen ist. Läuft es mal nicht so, verletzt sich halt die Torfrau bei Hoffenheim und sie drehen schnell mal einen 0:2 Rückstand. Mal sehen, ob Geraldine überhaupt noch den Vertrag erfüllt oder vorzeitig das sinkende Schiff verlässt.
Gruß SCOPE
nicht alles immer so verbissen und negativ sehen...
#Deutschermeisterwirdnurdiesge
Die Champions League-Auftritte der Bayern zeigen eigentlich nicht, so sie immer stärker und unbesiegbarer werden, genauso wie die Spiele gegen uns. Sie haben sich aber in der Liga keine Ausfälle gegen schwächere Teams geleistet. Ohne die Niederlagen gegen Bremen und Freiburg wären wir punktgleich mit den Bayern und aufgrund des besseren Torverhältnisses vorne. Dass dem nicht so ist, liegt nur an der eigenen Performance, nicht an der vermeintlichen Übermacht der Bayern.
Ich habe das Gefühl, die nächsten Wochen sind wirklich entscheidend für die Perspektive der Mannschaft in den nächsten Jahren. Denn wenn es nochmal gegen Bremen oder eine andere Mannschaft, gegen die ein Sieg Pflicht ist, einen Ausrutscher gibt oder eine deutliche Niederlage gegen die Bayern, könnte sich durchaus ein Dominoeffekt einstellen. Dann könnte tatsächlich die ein oder andere Leistungsträgerin ins Grübeln kommen, ob sie bei der SGE wirklich um Titel spielen kann oder ob sie sich nicht einem Verein mit mehr Stabilität anschließt. Geraldine Reuteler ist inzwischen sicher eine Spielerin, die für Vereine interessant ist, die regelmäßig in der Champions League spielen. Die Chance, dass sie bleibt, ist sicher größer, wenn man die Saison auf dem zweiten Platz beendet.
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