Was hatte die Eintracht in der Vergangenheit für außergewöhnliche Stürmer! Omar Marmoush, Hugo Ekitiké oder auch Randal Kolo Muani, der einen mehr als zweifelhaften Abgang hinlegte – die Liste ließe sich erweitern. Sie standen für Geschwindigkeit, Dribbelstärke und Sensationsfaktor. Bei ihnen war ab einem gewissen Zeitpunkt immer klar, dass Eintracht Frankfurt nur eine Zwischenstation in der Karriere sein würde. Zu „besonders“ war ihre Spielweise, zu einzigartig.
Die wichtigen „hässlichen“ Tore
Die Eintracht hat jetzt einen neuen Topstürmer vorne drin. 11 Spiele, 9 Tore, ein Assist: Eine brutale Quote, vor allem wenn man bedenkt, dass Jonathan Burkardt erst ab Bundesliga-Spieltag 4 anfing im Tagesgeschäft zu knipsen. Zuletzt gab es in den beiden Ligapartien jeweils einen Doppelpack. Sowohl gegen den SC Freiburg als auch gegen den FC St. Pauli am gestrigen Samstagnachmittag. Aber Burkardt ist auf eine Art ganz anders als seine Vorgänger. Er ist brillant unspektakulär, aber enorm effizient. Was negativ klingen mag, ist alles andere als negativ gemeint: Burkardt verkörpert die Standardfertigkeiten eines Stürmers sehr nahe der Perfektion. Das Stadion verfällt bei seinem Antritt nicht ins Raunen. Auch spielt er nicht mit feiner Klinge drei Gegenspieler aus. Was Burkardt aber ist, ist brutal torgefährlich. Die Eintracht hat durch ihn eine Waffe in ihrer Offensive, die sie seit dem Abgang von André Silva 2021 nicht mehr hatte: Knipserqualität! Ja, toll herausgespielte Tore sind schön anzusehen. Technisch hochwertige Abschlüsse in den Winkel lassen Fanherzen höher fliegen. Aber oftmals sind es die hässlichen „Kuddelmuddel-Tore“, die die ganz wichtigen Punkte bringen. Die Tore, wo der Stürmer irgendwie den Fuß hinhält, sodass das Spielgerät im Netz zappelt. Die Tore, bei denen man sich am Ende fragt: Wie ging der jetzt rein? Und in der Wiederholung sieht man dann erst, dass der Stürmer irgendwie mit der Schulter, der Fußspitze oder dem Hinterkopf, rein per Instinkt, den entscheidenden Impuls zum Tor gab.
Lohn für harte Arbeit
Und genau so einen Spielstil zu verkörpern ist eine unheimliche Kunst. Man muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein, antizipieren, und im richtigen Moment einen Vorteil gegen den Verteidiger herausschlagen. Burkardt bewegt sich bei all diesen Dingen nahe der Perfektion. Er ist auf Zuspiele seiner Mitspieler angewiesen, aber dann liefert er auch. Teilweise auch aus nahezu aussichtslosen Situationen. Das 1:0 gegen den FC St. Pauli beschreibt seine Qualität sehr gut. Der Ball kommt vom rechten Flügel im Spitzen Winkel in den Fünfmeterraum. Pauli-Keeper Nikola Vasilj steigt hoch und schickt sich an, den Ball zu fangen. Für 99% der Leute im Stadion und vor den TV-Geräten war die Situation damit erledigt. Nicht aber für Burkardt, der auf den Torwartfehler spekulierte. Tatsächlich rutschte der Ball durch Vasiljs Finger und Burkardt konnte zur Führung einnicken. Allerdings nicht unbedrängt! Am Ende siegt der Eintracht-Stürmer. Sein Trainer ist begeistert: „Das erste ist ein typisches Jonny-Tor. Diesen Riecher hat er, im letzten Moment vor dem Abwehrspieler zu sein und einzunicken. Dafür hat er ein unfassbar gutes Gespür“, sagt Dino Toppmöller nach dem Spiel. Dieses Tor ist kein Zufallsprodukt, denn wer den 25-Jährigen beobachtet im Spiel, der merkt, dass er hart für solche Situationen arbeitet. Unermüdlich läuft er die Gegner an, versucht Passwege zuzustellen und spekuliert auf Fehler des Gegners.
Die zwei Medaillenseiten des Jonathan Burkardt
Aber dann gibt es auch noch eine andere Seite der Burkardt-Medaille, denn es ist nicht nur so, dass Burkardt hässliche Chaos-Tore macht. Bestes Beispiel? Das 2:0 gegen den FC St. Pauli. Nach einer exzellenten Flanke von Fares Chaibi aus dem Halbfeld pflückt der Neuzugang aus Mainz den Ball an der Strafraumkante herunter. Dabei setzt er sich vollkommen alleine gegen die Hamburger Restverteidigung durch und schlenzt den Ball vorbei am Keeper in die Maschen. „Ein absolutes Traumtor. Er nimmt den Ball perfekt an und hat die Geduld, zu warten, bis der Ball runterfällt. Er stellt den Körper rein und schießt das Tor. Das Tor war eine individuelle Topleistung.“, schwärmt Sportvorstand Markus Krösche nach Abpfiff.
Burkardt ist ein eiskalter Vollstrecker mit brutalem Instinkt. Er setzt seinen breiten Körper clever zu seinem Vorteil ein und erarbeitet sich die wichtigen Tore für die Eintracht. Nein, Burkardt ist kein spektakulärer Stürmer, bei dem den Fans auf den ersten Blick die Kinnlade herunterfällt. Das braucht er aber auch überhaupt nicht zu sein und vermutlich will er das nicht mal. Was Burkardt aber ist, ist immer für ein Tor oder zwei gut, ständig am Arbeiten. Immer den Kopf oben, die erste Verteidigungslinie seines Teams und nie am lamentieren. Oder kurz gesagt: Der perfekte Neuner.






12 Kommentare
Möge er lange gesund und verletzungsfrei bleiben…🙏
WELTKLASSE!!! 101% EINTRACHT FRANKFURTER!!
Und möglichst lange bei uns bleiben!
Muani, Marmoush, Ekitike und jetzt Jonny, alles Stürmer mit unterschiedlichen Qualitäten. Spektakulär war sicherlich auch das zweite Tor von Jonny gestern.
Mich freut besonders, dass wir mit Jonny einen tollen Spieler in unseren Reihen haben, der schon mit dem Eintracht-Gen geboren wurde. Endlich mal ein Top-Spieler, der lange bei uns bleiben könnte und nicht wieder bald ins Schaufenster gestellt wird.
Jonny passt zu uns und könnte eine Identifikationspersönlichkeit werden.
Silva wird oft vergessen, aber wenn ich mich erinnern kann hat er den rekord von hölzenbein pulverisieren können.
Die Red hat in erwähnt.
Danke, stimmt, Silva auch und Jovic, Haller, Rebic haben uns ebenfalls in der "Neuzeit" ein gut Stück nach vorne gebracht.
Jonny Burkhardt ist ein fast einzigartiker Fussballspieler und ein sehr guter Mittelstürmer. Er kann Tore wie am Fliessband schiessen und bleibt immer
in Tornähe. So einen braucht die SGE.
Daher habe ich ihn im Artikel erwähnt. Silvas 28-Tore-Saison war schon beeindruckend. Damals in Kombination mit Kostic. Aber so ehrlich will ich auch sein: Erst im Gespräch mit der Redaktion kam ich auf Silva, weil ich gefragt hatte, wer der letzte richtige "Knipser" bei der SGE war. Irgendwie läuft er (zumindest bei mir)- trotz der krassen Saison - ein Stück unter dem Radar bei Namen wir Muani, Marmoush und Ekitiké.
Seine Einzigartigkeit ergibt sich daraus, dass er die "normalen" Fähigkeiten eines Frontstürmers fast alle perfekt ausfüllt. Aber genau deswegen sehe ich ihn erstmal nicht bei Real Madrid oder Manchester City. Die schauen eher nach "besonders besonderen" Stürmern. Das ist Burkardt für mich nicht. Und das meine ich null negativ, weil sein Kompetenzpaket ist brillant gut. Aber eben nicht so "special", wenn ihr wisst was ich meine. Schwer zu beschreiben.
Das Tor von Ekiteke gegen uns war schon beeindruckend. Wie er mit 7-Meilen-Stiefeln lossprintet und alle abschüttelt, das fehlt mir schon.
Aber mit Jonathan Burkardt haben wir jetzt so einen Typ wie Thomas Müller. Der verwertet eiskalt mit einem Kontakt und wixt die Dinger rein, die eigentlich schon geklärt sind. Er hat den Riecher, da zu sein, wenn jemand nicht 100% klärt. Das sind eben die Tore, die jetzt zusätzlich zu den Großchancen abfallen. Das ist seine Qualität.
Gruß SCOPE
OT: Haben wir 2022 bei Lennart Karl gepennt, war der nicht so gut, oder hatten wir keine Chance?
Jonny ist ein hervorragender Spieler, der gefühlt auch länger als unsere anderen Starstürmer da bleiben könnte.
Ich finde er könnte noch ein wenig mehr Zielstrebigkeit entwickeln. Patrik Schick finde ich in der Hinsicht ein schönes Vorbild. Der schießt und köpft aus allen Lagen mit enormer Härte bzw. guter Schusstechnik und ohne lange zu fackeln. Wenn Jonny das noch in sein Spiel hinein bekommt, könnte er wirklich ein absoluter Topstürmer werden.
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