Bisher noch nicht eingesetzt und doch nah an den Teamkollegen: Yanni Regäsel.
Bisher noch nicht eingesetzt und doch nah an den Teamkollegen: Yanni Regäsel.

Es gab Zeiten, in denen ein Ausfall aus der vermeintlichen Stammformation die Eintracht vor große Probleme gestellt hätte. Insbesondere in der letzten Saison wurden bis zum Trainerwechsel immer die gleichen 13-14 Spieler eingesetzt. Manche Spieler schienen völlig außen vor zu sein, wenn man beispielsweise an Timothy Chandler denkt. Unabhängig von der Trainingsleistung unter der Woche oder im letzten Spiel konnte man sich im Umfeld leicht ausrechnen, welche Elf die SGE am Wochenende auf den Rasen schicken würde. Dies mag einerseits an einer ganz anderen Kaderzusammenstellung gelegen haben, andererseits ist es aber auch etwas Grundsätzliches, was sich seit dem Amtsantritt von Eintracht-Coach Niko Kovac geändert hat.

„Ich gebe den Jungs das Gefühl, dass keiner links liegen gelassen wird. Der einzige, der ein bisschen hinten dran ist, ist Yanni (Regäsel, Anm. d. Red.), aber wir können nur 18 Mann auf den Spielberichtsbogen schreiben“, schildert der Kroate seine Philosophie.
Auch überraschende und unangenehme Entscheidungen scheut der Trainer nicht. Im Hinblick auf die taktische Ausrichtung und die anstehende englische Woche entschied sich Kovac dafür, Kapitän Alex Meier in Hamburg nur auf die Bank zu setzen. „Wir haben drei Spiele in einer Woche, da brauchen wir frische Kräfte“, begründete er. Unerwartet stand neben Branimir Hrgota in der Sturmspitze auch Mijat Gacinovic seit längerer Zeit wieder in der Anfangsformation und Shani Tarashaj feierte sein Startelfdebüt. Alle drei machten ihre Sache außerordentlich gut. Hrgota sprach nach dem Spiel davon, dass er unter der Woche gut trainiert habe und glaube, dass der Trainer das gesehen habe. „Wir jungen Spieler haben gezeigt, dass wir mehr spielen wollen“, schickte der Schwede auch gleich noch eine kleine Kampfansage an die Konkurrenz hinterher. Seinen Respekt vor dem Torjäger Meier sollten diese Aussagen allerdings nicht schmälern, wie er klarstellte: „Ich weiß, dass Alex Meier ein sehr guter Spieler ist, aber ich bin jung, spritzig und ich will so viel wie möglich spielen.“ Auch die anderen Teamkollegen wie Gacinovic oder Tarashaj hätten ihre Chance genutzt und gezeigt, dass sie gut sind.

Eine Luxussituation für Kovac, der auf fast jeder Position viele nahezu gleichwertige Möglichkeiten hat und sich Woche für Woche nach seinem Gefühl und den Trainingsleistungen entscheiden kann. In der Innenverteidigung steht beispielsweise mit Michael Hector ein weiterer guter Innenverteidiger in den Startlöchern und auch Marco Russ wird in der Rückrunde langsam wieder angreifen können. Im defensiven Mittelfeld streiten sich mit Makoto Hasebe, Omar Mascarell und Szabolcs Huszti drei etablierte Kräfte um zwei Startelfplätze. Noch extremer ist es in der Offensive, wo allein in der Sturmspitze mit Meier, Hrgota und dem wieder treffsicheren Haris Seferovic drei Stürmer parat stehen. Diese neue Flexibilität und Ausgewogenheit im Frankfurter Kader nutzt der Trainer konsequent. Bis auf Yanni Regäsel, Youngster Enis Bunjaki, Heinz Lindner und dem Nachwuchstorhüter Leon Bätge wurden bisher alle Spieler berücksichtigt und eingesetzt. Joel Gerezgiher, Marc Stendera, Bamba Anderson, Slobodan Medojevic, Marco Russ und Johannes Flum sind verletzt oder wegen Verletzungen noch nicht auf dem nötigen Leistungslevel. Nachwuchsspieler wie Furkan Zorba und Aymen Barkok sollen ohnehin erst ganz langsam an die Bundesligamannschaft herangeführt werden. Kaum auszudenken, welche Möglichkeiten sich für den Trainer ergeben, wenn auch noch die Identifikationsfiguren Russ und Stendera wieder auf den Platz zurückkehren können. Diese neue Konkurrenzsituation treibt die Mannschaft auf ein höheres Leistungslevel und jeder im Kader weiß, dass er bei Nachlassen um seinen Platz fürchten muss, während jeder, der nicht gespielt hat, weiß, dass er bei entsprechender Leistung im Training seine Chance erhalten wird.

Eintracht-Trainer Niko Kovac beobachtet die Trainingsleistungen genau.
Eintracht-Trainer Niko Kovac beobachtet die Trainingsleistungen genau.

Auch Pausen, die früher kaum denkbar gewesen wären, sind nun möglich: „Wir sind in der Breite gut aufgestellt, sodass wir dem ein oder anderen Spieler eine Pause gönnen können“, stellt Sportdirektor Hübner fest. So wurde beispielsweise Hasebe nach der Länderspielpause und seiner persönlichen „Weltreise“ geschont. Erholt und ausgeruht lieferte der Japaner dann gegen den HSV eine sehr ordentliche Leistung und nahm in der ersten Halbzeit seinen Gegenspieler Alen Halilovic gänzlich aus der Partie. Auch Sportvorstand Fredi Bobic empfindet den eingeschlagenen Weg der konsequenten Aufstellung nach Leistung für den Richtigen. „Wichtig ist, jeden zu belohnen für seine Leistung auf dem Trainingsplatz. Die Jungs bieten sich an.“ Und auch innerhalb der Mannschaft sieht man, dass dieser Weg von jedem mitgetragen wird. Es wurde keine große Diskussion über die Nichtberücksichtigung Meiers entfacht und auch sonst gibt es keinen Spieler, der die neue Konkurrenzsituation nicht annehmen würde. Im Gegenteil: die Mannschaft hat einen Teamgeist entwickelt, den man lange in Frankfurt vermisst hat. Jeder kämpft für jeden und die Jubeltrauben auf dem Spielfeld sind auch für den Coach als Sinnbild zu interpretieren: „Man sieht das bei unseren Toren: Da ist eine Traube von zehn Spielern“, sagte der Kroate und fügte an, dass dem Torhüter Lukas Hradecky der Weg „zu weit“ sei, sonst wäre auch er gewiss in der Traube. Tarashaj bestätigte Kovacs Eindruck und hob ebenfalls den Teamgeist hervor: „Die einzelnen Spieler funktionieren wirklich als Team. Egal ob man jetzt auf der Bank sitzt und dann reinkommt, oder spielt, oder gar nicht spielt, jeder hat eine gute Einstellung und das ist glaube ich auch wichtig.“ Es ist letztlich wie im wahren Leben in der Bankenmetropole: Konkurrenz belebt das Geschäft und so entstehen eben auch unerwartete Leistungssteigerungen. Man darf sicher sein, dass auch im Pokal gegen den FC Ingolstadt 04 wieder die ein oder andere Überraschung in der Mannschaftsaufstellung zu finden sein wird.

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2 Kommentare

  1. Ich kann mich nicht erinnern, dass gesamte Wochenende gelächelt zu haben wenn ich auch nur irgendwas mit Fußball wahrgenommen habe.
    Das liegt naturlich am Ergebnis vom Freitag, was nach dem Gesetz der Eintracht nicht möglich War aber auch das Auftreten der Spieler, als bei Sefes Tor alle zu ihm liefen u ihm gratulierten. Die Äusserungen unserer Trainers mit Sätzen wie „Marco gehört zu uns wie Attila zur Eintracht“ und alle weiteren Äußerungen am Freitag. Den Respekt den er dem Gegner gegenüber hat und damit auch die Aussendarstellung unserer Vereins nicht unerheblich positv beeinflusst.
    Off topic
    In der Fr wird wieder mal die Posse um Alex Meier und seinen Platz auf der Bank auf gemacht. Wenn man nix zu meckern hat, denkt man sich was aus. Kopfschüttel!!
    Die versuchen seit Veh die Trainer vor die Flinte zu kriegen.

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  2. @1 (Kafka): Die FR sollte man vielleicht in FSB = Frankfurter Scheuklappenblick umbenennen 😉

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