Ingolstadt 4Unter dem Eindruck der 90 Minuten in Ingolstadt ist man als leidgeprüfter Eintracht-Fan geneigt zu behaupten, dass man sich kaum an einen ähnlich blutleeren Auftritt in den letzten Jahren erinnern kann. Auch wenn der Hinweis auf die peinlichen Auswärtsspiele in der Vorsaison einiges relativieren mag, wird das Spiel beim wackeren, aber keineswegs starken Aufsteiger aus Bayern beim Anhang von Eintracht Frankfurt längst überholt geglaubte Ängste reaktivieren. Denn es sind nicht allein die spielerischen Mängel, die Fehlpassquote und die Ideenlosigkeit im Aufbauspiel, sondern vor allem auch die körperliche Verfassung und Antriebslosigkeit, die Anlass zur Sorge geben.

Armin Veh wird es mittlerweile bereuen, dass er das Spiel in Ingolstadt als richtungsentscheidend, als Standortbestimmung und als Schlüsselbegegnung für den Rest der Vorrunde apostrophierte. Nach einer enttäuschenden „englischen Woche“ mit nur zwei Punkten galt es, den ersten Krisenpropheten Einhalt zu gebieten und die SGE zurück in die Spur zu bringen, die ja bekanntlich nach oben führen soll. Der Aufsteiger war gut in die Saison gestartet, wartete aber bislang vergeblich auf das erste Heimtor. In den ersten 78 Minuten war auch zu erkennen, warum das der Fall ist. Die Schanzer tun sich schwer dabei, das Spiel zu machen und sind offensiv viel zu harmlos. Allenfalls durch Standardsituationen können ihre kopfballstarken Innenverteidiger das gegnerische Tor einmal in Gefahr bringen.

Der erste Durchgang bot Fußball zum Abgewöhnen. Konnte man den Ingolstädtern in den ersten zehn Minuten wenigstens noch einen gewissen Schwung nicht absprechen und das Bemühen, die Frankfurter unter Druck zu setzen, verflachte das Spiel mit zunehmender Spieldauer immer mehr. Die Hausherren standen nicht mehr so hoch, zogen sich in die eigene Hälfte zurück und überließen den Hessen den Spielaufbau. Besser gesagt: Die SGE hätte den Spielaufbau in die Hand nehmen können, wenn sie dazu in der Lage gewesen wäre. Aber weder Makoto Hasebe, der völlig von der Rolle ist, noch Stefan Reinartz mit spürbaren Mängeln in der Handlungsschnelligkeit noch Marc Stendera, dem bei allem Bestreben gar nichts gelingen wollte, setzten Impulse nach vorne. Stefan Aigner präsentierte sich gewohnt kampfstark, aber ebenso gewohnt glücklos. Das Aufbauspiel beschränkte sich auf unzählige hohe Bälle in die Spitze, die allesamt schnell zurückkamen. Luc Castaignos war kaum ins Spiel eingebunden und ließ sich zurückfallen, offenbarte dabei aber so große Defizite in der Ballbehandlung und Passsicherheit, dass er fast jeden Ball verlor und der Eintracht-Anhang die Minuten bis zu seiner Auswechselung zählten. Über die Flügel kam fast gar nichts, da Aleksandar Ignjovski in der Defensive über Gebühr mit Leckie beschäftigt war und Bastian Oczipka auf der linken Seite keine Flanke an den Mann brachte. Einziger „Höhepunkt“ des ersten Durchgangs war ein Foul von Hradecky an Leckie im Strafraum, das Schiedsrichter Graefe nicht als solches wertete.

Ingolstadt 5Die zweite Hälfte startete in der Erwartung, dass es nur noch besser werden könne. Sportdirektor Bruno Hübner brachte in der Halbzeitpause bei sky seine Unzufriedenheit zum Ausdruck: „Wir müssen versuchen, Fußball zu spielen. Wir müssen vorne mehr Bewegung reinzubringen.“ Allerdings schienen nur die Ingolstädter bei der Kabinenansprache zugehört zu haben, denn innerhalb von 120 Sekunden boten sich Hübner-Sohn Benjamin mit einem Kopfball an den Pfosten (50.) und Christiansen (52.) die ersten Großchancen der Begegnung. Armin Veh wartete bis zur 57. Minute mit einem Wechsel: Johannes Flum erlöste den völlig indisponierten Hasebe, der derzeit nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Wir wissen nicht, ob es dem „Hallo-wach-Effekt“ durch die Torgelegenheiten der Schanzer oder der Hereinnahme von Flum zu verdanken war, aber plötzlich bekamen die Hessen ein Übergewicht und näherten sich für wenige Minuten einem erträglichen Erstliganiveau an. Mit etwas gutem Willen kann man einen Schuss von Meier (72.) und einen Kopfball von Aigner (73.) als Chance werten, doch in der 78. Minute wurden die zarten Angriffsbemühungen der Hessen jäh beendet: Kein Frankfurter sah eine Veranlassung, Pascal Groß anzugreifen, sodass dieser aus 20 Meter unhaltbar für Hradecky einnetzen konnte. Veh reagierte sofort und brachte Luca Waldschmidt für Castaignos, der nach 33 Ballkontakten und einer kaum zu unterbietenden Zweikampfquote von 10 % ebenfalls erlöst wurde.

Mit dem Führungstreffer der Ingolstädter war das Spiel entschieden. Die Frankfurter mühten sich, agierten aber zunehmend unkonzentriert und kraftlos, leisteten sich noch mehr leichtfertige Ballverluste als zuvor und konnten den tapferen Hausherren nichts mehr entgegensetzen. Wurde die Ideenlosigkeit der Hessen lange Zeit nur noch durch die Harmlosigkeit der Schanzer überboten, so zeigten sich diese am Ende des Spiels eiskalt. Nach einem langen Ball verschätzte sich der bis dahin einzige Eintracht-Akteur in Normalform, Lukas Hradecky, sodass Stefan Lex den Ball nur noch in das leere Tor zu schieben brauchte.

Besorgniserregend ist nicht unbedingt die Niederlage. Auch die vielen unnötigen Ballverluste, die fehlende Ruhe im Spiel und die lahmen Flügel sind keine gänzlich neuen Phänomene im Spiel unserer Jungs. Man kann den Spielern auch nicht den Willen absprechen, Kampfgeist und Einsatzwillen sind ohne Zweifel vorhanden. Anlass zur Sorge bereitet hingegen der körperliche Zustand. Einige Spieler schienen am Ende eines nicht übermäßig schnellen Matches erneut platt zu sein. Oczipka, Stendera und Zambrano bewegten sich in der Schlussviertelstunde nur noch in Zeitlupe, als würden sie unter einem Virus leiden. Das Trainerteam wird die Länderspielpause nutzen müssen, um die Mannschaft aufzurichten, sie körperlich aufzubauen  und ihr eine neue Spielidee einzuimpfen.

Bitte denkt daran, die Leistung der Spieler zu bewerten. Hier könnt Ihr das wie immer machen.

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5 Kommentare

  1. Gute Zusammenfassung Ralf!

    Letztes Jahr hätte ich gesagt, kommendes Spiel wird leichter für unsere SGE, da war unter Schaaf jedoch auch eine klare Linie zu erkennen (gegen tierstehende Mannschaften haben wir uns schwer getan und gegen die Favoriten, die uns Räume gaben, haben wir uns reingebissen und dann gekontert. Diese Philosophie vermisse ich im Augenblick jedoch ein wenig. Das ist jetzt auch gar nichts gegen Veh, ich finde, dass er im Aufstiegsjahr grandioses geleistet hat, aber irgendwie sieht das im Moment nicht sehr ermutigend aus. Weder steht die Abwehr sonderlich gut, noch funktioniert das Mittelfeldspiel. Ein klares Spiel, ein klares Gerüst ist nicht wirklich erkennbar. Nichtmal ein System was wir wirklich beherrschen ist wirklich erkennbar und es sind jetzt acht Spieltage vorbei.

    Die kommenden beiden Heimspiele sind Gladbach und Bayern, dazwischen Auswärtsspiel in Hannover. Wir sollten aus diesen drei Spielen vier Punkte holen, sonst kann es unruhig werden.

    Was überdacht werden muss ist das Zusammenspiel zwischen Meier und Castaignos! Das sollte man nicht unterschätzen, denn beide bringen sich in das Spiel nicht groß ein. Das ist einer zuviel, denn so kann kein vernünftiges Spiel nach vorne aufkommen und nur auf Zufälle (so wie das heute aussah) sollte man sich nicht verlassen.

    Das sind alles Dinge die man anpacken kann, noch ist nichts passiert und noch hat man Zeit! Was mir jedoch Sogen bereitet ist die körperliche Verfassung der Mannschaft. Das war einer der Gründe weshalb wir damals abgestiegen sind und das sah heute schlimm aus. Die Ingolstädter haben uns zum Schluss förmlich überrannt. Ich hoffe, dass heute einige einfach einen schlechten Tag hatten (warum auch immer), denn sollte hier im Sommer nicht ordentlich gearbeitet worden sein, dann haben wir ein grundlegendes Problem. Anders als die oben genannten Punkte kann man das unter einer Saison nicht so einfach beheben.

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  2. Veh wollte doch die Mannschaft auf dies Richtungsweisende Spiel einschwören.Respekt was bei rausgekommen ist.Planlos,Kraft-Saftlos und Konzeptlos.Es spielen Woche für Woche Spieler ( u.a Hasebe,Oczipka ) für die die Note Null ( Hat das Geld nicht verdient ) noch zu gut ist.Veh siehts du das nicht? Warum musste eigentlich Abraham raus? Wegen dem Zöpfchen Russ? Sehr gut gelungen siehe 2:0.Auf MF + ST brauch man nicht eingehen.Sie waren alle nicht anwesend oder nach 20 Min.platt.

    Die Richtung geht gegen Augsburg und zwar für Veh in Ruhestand.Schlimm so eine Lutscher Truppe auf den Platz zustellen.

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  3. Noch nie ist ein Aufsteiger direkt wieder abgestiegen mit 14 Punkten am 8 Spieltag.
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    Herzlichen Glückwunsch Ingolstadt zum Klassenerhalt!

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  4. warum,warum nur war einfach klar,dass heute wieder sowas passiert?warum ist das seit jahren,wenn nicht gar jahrzehnten so in diesem verein?? es ist einfach nur zum kotzen. die chance,mit einem lewandowski oder einem breitenreiter zu arbeiten,hat man im sommer leichtfertig vertan. danke,eintracht.

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  5. Dann warte ich mal weiter auf die Ära, in der Veh seinem Gegner nicht mehr so häufig gratulieren muss…

    Sehr gut zusammengefasst. Aus den letzten 23 Spielen bloß noch 2 zu null gespielt. Bei all den Unaufmerksamkeiten, die sich da so sammeln, fehlt es zumindest mir an Ideen, wie diese Mannschaft in absehbarer Zeit zu stabilisieren wäre.

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