Eintrachts kommender EL-Gegner: so tickt der Adler vom Bosporus

Adler auf der Brust, schwarz-weiß sind die Vereinsfarben, große Namen wie Mario Gomez oder Ricardo Quaresma gingen für diesen Club auf Torejagd im Hexenkessel vom Bosporus: Eintracht Frankfurts kommender Europa-League-Gegner BJK (Beşiktaş Jimnastik Kulübü – bekannt als Besiktas Istanbul) ist einer der prestigeträchtigsten und erfolgreichsten Vereine der Türkei, der auch international das ein oder andere Mal für Furore sorgte. SGE4EVER.de beleuchtet den Gegner genauer.

Gegründet wurde der Club am 19.03. 1903 von einer Gruppe junger Menschen im Istanbuler Stadtteil Besiktas und ist somit der älteste Sportverein des Landes. Dies geschah zur Zeit des osmanischen Reichs, in der Sportvereine verboten waren, weil der frühere Sultan Abdülhamid II. die Befürchtung hatte, dass sich dadurch Aufständische zusammentun. Dennoch stieg schnell die Zahl der Mitglieder. Zuerst wurden hauptsächlich Sportarten wie Boxen, Ringen, Gewichtheben sowie Leichtathletik und Turnen ausgeübt. Nach der Abschaffung des Verbots wurde der Verein offiziell am 13.01.1910 unter dem Namen Besiktas Osmanli Jimnastik Kulübü neu gegründet. Damit gab es den ersten offiziell registrierten Sportverein in der Türkei. Durch einen Zusammenschluss mit zwei Fußballvereinen etablierte sich die Fußball-Abteilung zur Hauptsportart, wenngleich am heutigen Namen „Besiktas Jimnastik Kulübü“ die Wurzeln des Vereins erkennbar sind.

Besiktas feiert nationale und internationale Erfolge

Der traditionsreiche Club aus Istanbul trägt seine Heimspiele seit 2016 im „Tüpras Stadyumu“ aus. Das Stadion umfasst eine Gesamtkapazität von 42.445 Plätzen. Die Vereinsfarben sind schwarz und weiß und sein Maskottchen ist ein Adler, weshalb der Verein den Spitznamen „die Schwarzen Adler“ trägt. Besiktas ist seit der Gründung der „Süper Lig“, der höchsten türkischen Spielklasse 1959 fester Bestandteil der Liga. Mit 16 Meisterschaften, 11 Pokalsiegen und 10 Superpokalsiegen gehört Besiktas zu den erfolgreichsten Vereinen des Landes. Lediglich Rekordmeister Galatasaray Istanbul und Fenerbahce Istanbul haben mehr Meistertitel aufzuweisen, weshalb die „Schwarzen Adler“ als dritte Kraft hinter ihren zwei Rivalen gesehen werden können. Gemeinsam bilden die drei Klubs aus Istanbul „Die drei Großen“ der Türkei. Im Gegensatz zu Galatasaray fehlt den Schwarz-Weißen jedoch ein internationaler Titel, seine größten Erfolge verzeichnete Besiktas immerhin in den Jahren 1987, 2003, und 2017. 1987 marschierte man in der Champions League bis ins Viertelfinale. 2003 und 2017 erreichte „BJK“ ebenfalls jeweils das Viertelfinale, allerdings in der Europa League.

Auf nationaler Ebene wartet Besiktas seit der Saison 2020/21 auf eine Meisterschaft, die letzte Saison verlief mehr als enttäuschend, in der man nur den sechsten Platz belegte. Auch der Trainerstuhl war ein großer Schleudersitz, sechs Trainer standen beim Traditionsklub an der Seitenlinie. Als kleiner Trost gewann Besiktas immerhin den Pokal. Mit diesem Schwung wollen sie nach langer Durststrecke Rivale Galatasaray nach zwei hintereinander gewonnenen Meistertiteln wieder entthronen. Das erste Duell konnte Besiktas bereits für sich entscheiden und gewann im Supercup mit 5:0 gegen ebenjenen. Mit Neuzugängen wie Rafa Silva, Ciro Immobile, Felix Uduokhai und Neu-Trainer Giovanni van Bronckhorst konnte der Verein gut aufrüsten und ist bereit für den Meisterschaftskampf.

Hexenkessel in Besiktas: Das lauteste Stadion der Welt?

Nicht nur beim Blick auf die Zahl der Meistererfolge zieht Besiktas gegenüber seinen zwei Kontrahenten den Kürzeren, auch bei den Fans muss sich der Club hintenanstellen, zumindest was die Anzahl der Anhänger betrifft. Denn dafür hat der Verein die lautesten Fans, das behaupten zumindest sie selbst und ein Indiz könnte dafür eine Messung im Spiel gegen den FC Liverpool 2007 in der Champions League sein. Beim 2:1-Sieg der Türken wurde eine Lautstärke von 132dB gemessen. Das entspricht ungefähr einem abhebenden Militär-Jet. Leidenschaft kann man den Anhängern definitiv nicht absprechen. Zu spüren bekam das Timo Werner, der 2017 mit RB Leipzig zu Gast in Istanbul war. Aufgrund der hohen Lautstärke der Fans bekam Werner während der ersten Halbzeit Kreislaufprobleme und wurde von seinem damaligen Trainer Ralph Hasenhüttl ausgewechselt. Auch die Kommunikation unter den RB-Spielern war nahezu unmöglich. Aus neutraler Sicht wird es somit spannend zu beobachten, wenn mit den Fans der Eintracht am Donnerstagabend zwei leidenschaftliche Fanlager aufeinander prallen. Nicht umsonst bezeichnete Niko Kovac als Bayern-Trainer die Anhänger der Hessen als „die besten Fans der Liga“.

Der Adler, der nach dem großen Fisch greift

Auch wenn es „nur“ Besiktas respektive „nur“ der türkische Fußball ist, schaffen es die „Schwarzen Adler“, für türkische Verhältnisse aus dem Teich die großen Fische zu krallen. So wechselte der Spanier Guti Hernandez für die Saison 2010/2011 an den Bosporus, ehe er seine Karriere beendete. 2018 kehrte der gebürtige Madrilene für eine Saison sogar als Co-Trainer zu seinem letzten Verein in seiner aktiven Laufbahn zurück. Portugal-Star Ricardo Quaresma schloss sich 2010 dem türkischen Club an und schnürte drei Jahre lang seine Schuhe für Besiktas. 2015 kehrte der Portugiese wieder zurück und ging für weitere vier Jahre ebenda auf Torejagd. Mit seiner berühmten Außenrist-Technik avancierte er zur absoluten Besiktas-Legende und zum Volkshelden. 2016 und 2017 feierte der Publikumsliebling zwei Meisterschaften und da man mit Portugiesen gute Erfahrungen machte, angelte man sich den nächsten. Cristiano Ronaldo war es nicht, das wäre zu viel des Guten, aber Vereins- und Nationalmannschaftskollege Pepe verließ 2018 Real Madrid und streifte sich das schwarz-weiße Trikot über, blieb aber nur eine Saison. Bei den Deutschen bedient sich Besiktas auch gerne, für die Spielzeit 2015/2016 konnte man Bayern-Star und Nationalspieler Mario Gomez von einer Leihe überzeugen. In der Saison schoss Gomez 26 Tore und trug maßgeblich zum Gewinn der Meisterschaft bei. Loris Karius, Andreas Beck, Stefan Kuntz und Roberto Hilbert sind weitere Deutsche, die bei Besiktas unter Vertrag standen. Mit Felix Uduokhai haben sie im aktuellen Kader einen weiteren aus Deutschland.

SGE & BJK: ungewollte Verbundenheit

Am Donnerstagabend kommt es zu einem Novum: zum ersten Mal treffen Eintracht Frankfurt und Besiktas Istanbul aufeinander. Zuletzt gegen eine türkische Mannschaft spielte die SGE 2022 in der Gruppenphase gegen den Erzrivalen Fenerbahce. Borussia Dortmund ist das letzte deutsche Team, mit dem es Besiktas in der gleichen Saison in der Königsklasse zu tun bekam. Jetzt kommt es zum ersten Duell gegeneinander und trotzdem besteht zwischen beiden Clubs eine Bindung: Akteure, die beide Adler auf der Brust trugen. Der leider vor kurzem verstorbene Christoph Daum trainierte sowohl Besiktas als auch die Hessen. Mit Besiktas kürte er sich zum Meistertrainer 2003, an seine Eintracht-Zeit dürfte er weniger gute Erinnerungen gehabt haben. Ein prominenter Name ist Pokalheld Prince Boateng, der nach dem Pokalerfolg mit der Eintracht und über Umwege für ein halbes Jahr 2020 an Besiktas ausgeliehen wurde. Ein weiterer ehemaliger Schalker, der für beide spielte, ist Jermaine Jones. Der gebürtige Frankfurter wechselte nach seinen glorreichen Zeiten bei Königsblau für ein halbes Jahr nach Istanbul, bevor er die Türkei wieder verließ und in den USA seine Karriere fortsetzte.

Rebic wird bei Besiktas nicht glücklich

Michael Fink machte es auf direktem Weg und wechselte nach drei Jahren in Frankfurt 2009 zu BJK und stand dort für zwei Jahre unter Vertrag. Der prominenteste Name unter allen Ehemaligen dürfte zweifelsfrei Eintracht-Legende und Pokalheld Ante Rebic sein. Nach der Auflösung der berühmten Büffelherde zog es ihn zum AC Milan weiter, wo er nach einem recht erfolgreichen ersten Jahr, nicht mehr Fuß fassen konnte, sodass er sich für einen Wechsel zu Besiktas zur vergangenen Saison entschied. Aber auch dort wurde der Kroate nie glücklich, sodass es leider nicht zum Wiedersehen kommt, Rebic ging zurück nach Italien und geht mittlerweile für den US Lecce auf Torejagd. Ein Wiedersehen wäre auch mit Cenk Tosun möglich gewesen, der nach der letzten Saison seinen abgelaufenen Vertrag bei Besiktas nicht verlängerte und stattdessen mit Stadtrivale Fenerbahce die Farben von schwarz und weiß in gelb und blau tauschte. Tosun wurde im 70 Kilometer entfernten Wetzlar geboren und kickte sowohl in der Jugend als auch bei den Profis für die Frankfurter Eintracht. 2011 verließ er den Verein und wechselte erstmals in die Türkei, zunächst zu Gaziantepspor und drei Jahre später schließlich zu Besiktas. Dort hatte er seine beste Zeit, nach einer Zwischenstation in England kehrte er 2021 wieder zurück. Er stieg zur Legende und Publikumsliebling auf, mit dem Wechsel zu Fenerbahce aber dürfte der Türke diesen Status wohl bei vielen Anhängern zerschmettert haben.

Van Bronckhorst will Revanche

Schaut man auf beide Kader, wird man keinen mit einer Vergangenheit des jeweiligen Gegners finden, trotzdem hat der 16-fache türkische Meister mit Milot Rashica und Felix Uduokhai zwei Ex-Bundesligalegionäre, die die Eintracht bestens kennen dürften. Uduokhai stand zuvor sogar angeblich auf der Liste der Frankfurter, nachdem Konstantinos Koulierakis ihnen eine Absage erteilte. Europa-League-Finale 2022 in Sevilla, Giovanni van Bronckhorst musste mit ansehen, wie Rafael Borre den letzten Elfmeter souverän verwandelte und seine Mannschaft zum großen Triumph schoss. Genau dieser van Bronckhorst ist seit Beginn dieser Saison neuer Trainer und soll jetzt die Türken wieder in die Erfolgsspur bringen. Der Niederländer weiß um die Stärken der Eintracht und hat noch eine Rechnung offen. Er dürfte besonders motiviert sein, sich bei den Frankfurter Adlern zu revanchieren.