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SGE-Coach steht vor dem Jahreswechsel unter Druck. Foto: Imago / Matthias Koch

Eintracht in der Krise: Toppmöller muss im Jahresendspurt liefern

Es war gar nicht all zu lange her, vor sieben Monaten um genauer zu sein, da sprang Eintracht Frankfurts Cheftrainer Dino Toppmöller wie ein Basketballer mit geballter Faust in die Höhe und ließ seine Freude freien Lauf. Die Eintracht bezwang am letzten Spieltag der Saison 2024/25 den SC Freiburg mit 3:1. Mit diesem Triumph verstummte Toppmöller seine letzten Kritiker und beseitigte die Restzweifel an seiner Person. Schließlich gelang seiner Mannschaft die allererste Champions League-Qualifikation über die Bundesliga. Es war Party angesagt und die Euphorie war groß, anscheinend zu groß, sodass man sich von ihr offensichtlich zu sehr vernebeln ließ. Die neue Saison, der man lange entgegenfiebert hatte, begann zunächst furios mit den souveränen Siegen im Pokal, gegen Werder Bremen und TSG Hoffenheim. Start nach Maß. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde die Eintracht als potenzieller Bayern-Jäger Nummer 1 gehandelt. Mit der traditionellen Niederlage gegen Bayer Leverkusen folgte aber die erste Ernüchterung. „Vielleicht hört der Scheiß auch mal auf“, redete sich Toppmöller nach der Partie bei „Sky“ in Rage.

Die Leverkusen-Pleite, die zunächst wie ein Ausrutscher aussah, stellte sich als Beginn einer Phase heraus, in der die SGE wechselhafte Auftritte hinlegte. Unnötige Punkte ließen die Adler u. a. gegen Union Berlin, in Freiburg oder in Heidenheim liegen. Von Atletico Madrid oder Liverpool ließ man sich in der Königsklasse vorführen und selbst die knappen Siege in Mönchengladbach, in Köln und zuhause gegen Mainz fühlen sich mehr wie Rückschläge als Fortschritte an. Großes Problem in der Phase vor allem: Die Eintracht kassierte viel zu viele Gegentore und verlor die Balance zwischen den Mannschaftsbereichen. Einerseits zusammen mit RB Leipzig mit 28 Toren die zweitbeste Offensive, andererseits die schlechteste Defensive mit 29 Gegentreffern. Alarmierend! Aus den Spielen wurde man einfach nicht schlauer und die SGE entwickelte sich zu einer Wundertüte, dessen Leistungen an die aus der ersten Toppmöller-Saison erinnern.

Trotz anwachsender Kritik: Boss stärkt Toppmöller den Rücken

Die 0:6-Schmach am vergangenen Samstag in Leipzig ist nicht nur ein neuer Tiefpunkt, sondern bedeutet auch, dass die Hessen erstmals seit vielen Jahren in eine echte sportliche Krise hineinschlittern. Damit gerät auch erstmals in dieser Saison Eintrachts Coach Dino Toppmöller in die Kritik. Vor allem bei vielen Fans scheint der gebürtige Saarländer jeglichen Kredit verspielt zu haben. Geht es nach vielen Anhängern, dann stünde heute Abend in Barcelona bereits ein neuer Trainer an der Seitenlinie. „Wir haben kein Trainerthema“, stellte aber Markus Krösche auf Nachfrage der „Bild“ klar und nahm zunächst einer möglichen Trainerdiskussion den Wind aus den Segeln. Schließlich ist die SGE nicht dafür bekannt, in Aktionismus zu verfallen, wie der Eintracht-Macher selbst sagte: „Wir betreiben keinen Aktionismus.“ Im September 2024 bezeichnete Krösche bei Sky90 eine Trainerentlassung als einen einfachen Exit und plädierte dafür, Trainern die Zeit zu geben. Schließlich hat der gebürtige Hannoveraner einen Anteil an der sportlichen Misere, der in der Kaderplanung vor Saisonbeginn zu blauäugig agiert hat. Dino Toppmöller sind nach der Verletzung von Jonny Burkardt und Michy Batshuayi allmählich die Hände gebunden, zudem wurde Elye Wahi zu einem im Nachhinein ungünstigen Zeitpunkt degradiert. Im zentral defensiven Mittelfeld ist die Eintracht auf Kante genäht, mit dem Afrika-Cup (Fares Chaibi und Ellyes Skhiri) droht zeitweise Personalnot und im Abwehrzentrum wurde die Tuta-Lücke nicht geschlossen. Toppmöller also die alleinige Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre nicht gerecht. Andererseits käme es zu kurz, die aktuelle sportliche Lage nur auf die schlechte Kaderplanung zu reduzieren. Die Krise ist multifaktoriell und ein Faktor sind die Spielweise und die Ergebnisse, wofür der Trainer nun mal verantwortlich ist.

Fehlende Teamchemie

In der Defensive stehen dem Coach mit Arthur Theate, Nene Brown, Robin Koch, Rasmus Kristensen, Nnamdi Collins, Elias Baum, Aurele Amenda und Aurelio Buta dennoch genug Personal zur Verfügung. Hier muss sich Toppmöller fragen, warum er es nicht schafft, die wacklige Hintermannschaft wieder in den Griff zu kriegen. Die Gegner werden zum Toreschießen eingeladen. Das hat dann auch nichts mehr mit der Klasse von RB Leipzig zu tun. „Wir waren viel zu schlecht. Das war eine schlechte Leistung und auch eine schlechte Defensivleistung. Wir verteidigen einfach schlecht, das hat man heute gesehen. Wir machen es Leipzig zu einfach. Da war keine Kompaktheit in den Duellen und heute verloren wir zurecht mit 0:6. Wenn wir uns die Tore anschauen, muss man sagen, dass sich die Fehler individuell und in der Mannschaft häufen“, schimpfte Krösche beispielsweise. Ein Nnamdi Collins, der seit längerer Zeit außer Form ist, darf von Beginn an spielen und trug beim zweiten Gegentor eine große Mitschuld. Hier muss sich Toppmöller den Vorwurf gefallen lassen, dass er Spielern wie Amenda, Buta und Baum zu wenig bis gar keine Chancen gibt, sich zu zeigen. Ein Amenda durfte für zwei Spiele ran, jetzt ist der Schweizer wieder außen vor. Buta spielte 90 Minuten gegen die Bayern, spielt seitdem wieder keine Rolle mehr und Baum stand nicht mal einmal auf dem Rasen trotz einer furiosen Saison mit Elversberg. Das ist nicht sonderlich förderlich für die Spieler, die dadurch nicht das Gefühl haben, Teil der Mannschaft zu sein. Auch Robin Koch zeigt sich nicht von seiner besten Seite und wirkt momentan überfordert. Ein Arthur Theate spielt mal so, mal so. Hinten patzte zuletzt auch noch Michael Zetterer das ein oder andere Mal. Es stimmt vorne und hinten nicht.

Coach mit fragwürdigen Entscheidungen

Es harmoniert nicht und die Spieler lassen zu oft die Köpfe nach einem Gegentor hängen. Das sind Dinge, für die ein Trainer verantwortlich ist. Toppmöller schafft es nicht, seine Truppe richtig einzustellen, zu zaghaft, zu brav, zu ängstlich und zu naiv agiert das Team. Bestes Beispiel vor dem 0:2: Nach dem Lattentreffer von Mo Dahoud lassen sich die Adler viel zu leicht auskontern, weil sie sich über die verpasste Chance ärgern, statt den Konterangriff per taktischem Foul zu stoppen. In der Fairnesstabelle teilen sich die Hessen mit Leipzig den ersten Platz, was zwar löblich ist einerseits, aber andererseits die fehlende Wehrhaftigkeit belegt. Diese Ängstlichkeit spiegelt sich vor allem häufig in den Aufstellungen wider. Gegen einen kriselnden formschwachen Tabellenfünfzehnten, VfL Wolfsburg stellte Toppmöller keinen nominellen echten Mittelstürmer auf, obwohl Michy Batshuayi bereit stand. Gegen den FC Liverpool die gleiche Herangehensweise, obwohl Jonny Burkardt sich in bestechender Form befand, weshalb sich sogar Virgil van Dijk nach dem Spiel über die Taktik überrascht zeigte. Mit seinen Einwechslungen in den Spielen gegen Gladbach und Köln hat Toppmöller zudem die Situation komplett unterschätzt und so die Aufholjagden beider Gegner eingeläutet. Zu oft sind die Aufstellungen an den Gegner angepasst, was intern offenbar auf Unverständnis stieß. Die „Sport Bild“ berichtete vor einer Woche, dass Toppmöller bei den Verantwortlichen in die Kritik geraten ist, da seine Spielweise zu energie- und mutlos sei. Auch an seinem In-Game-Coaching müsse der Übungsleiter mehr arbeiten. Er muss mehr kommunizieren und die Mannschaft nach Gegentoren motivieren. Stattdessen lässt Toppmöller oft nach Gegentreffern den Kopf hängen. Michael Zetterer monierte nach dem Remis gegen Wolfsburg fehlende Leidenschaft und Emotionalität innerhalb der Mannschaft. Angesprochen darauf reagierte und widersprach Toppmöller schon fast dünnhäutig: „Ich muss ja nicht immer die gleiche Meinung haben wie ein Spieler.“ Doch Frankfurts Schlussmann traf damit einen wunden Punkt und sein Trainer muss die Kritik sowohl an seine Spieler als auch an seine eigene Person zulassen.

Der SGE stehen jetzt drei richtungsweisende Spiele bevor. Heute Abend beim großen FC Barcelona geht es eigentlich gar nicht um Punkte, sondern sich teuer zu verkaufen. Sprich: Schadensbegrenzung statt einem vierten Déjà-vu nach Atletico Madrid, Liverpool und RB Leipzig. Dann warten mit dem FC Augsburg und dem Hamburger SV zwar zwei anspruchsvolle aber dennoch machbare Aufgaben. Sollten da sowohl spielerisch als auch punktetechnisch keine Fortschritte zu sehen sein, könnte es für Dino Toppmöller ein ungemütliches Weihnachtsfest werden und ein erneutes klares Bekenntnis vonseiten der Führungsebene wäre nicht zu erwarten. Toppmöller und die Eintracht müssen im Jahresendspurt jetzt liefern. Jetzt oder nie.

3 Kommentare

1. Emre Erdem 09. Dezember 25, 15:27 Uhr

Wer trägt euer Meinung nach die Hauptverantwortung für die sportliche Krise?

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Fallback Avatar 2. PeKa 09. Dezember 25, 15:30 Uhr

Wenn der Sportdirektor sagt, "es gibt keine Trainerdiskussion", dann nimmt er lediglich kurzfristig den Wind aus den Segeln, was die Öffentlichkeit angeht, um in einer so schwierigen Phase etwas Ruhe zu bekommen.
Wenn es tatsächlich keine Trainerdiskussion in der Führungsetage geben, wäre das sehr verwunderlich. Die haben ja auch etwas Ahnung von Fußball und dass Dino die Sache (selbstverschuldet) überhaupt nicht mehr im Griff hat, ist offensichtlich. Außer den üblichen Phrasen gibt es keine Aussage, die mal dahingehend eine Lösung anbietet, wie es wieder besser laufen kann.

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Fallback Avatar 3. Adlermacht 09. Dezember 25, 15:47 Uhr Zitat - Emre Erdem Wer trägt euer Meinung nach die Hauptverantwortung für die sportliche Krise? Path

Dino Topmöller

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